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Insgesamt 1581 Bewertungen
Bewertung vom 07.08.2023
Rattensommer
Pickel, Juliane

Rattensommer


ausgezeichnet

Ein Jugendroman, so schwer, wie die Teenagerzeit – aber auch so wunderbar!

Sonny und Lou sind beste Freundinnen, seit sie denken können. Dieser in jeder Hinsicht extreme Sommer verändert aber schlicht alles – die Hitze, der Gestank, die Gefühle und die Tatsache, dass Hagen Bender aus dem Gefängnis entlassen wurde. Bender, der Sonnys Mutter ermordet hat. Sonny, die das noch längst nicht verarbeitet hat, und noch mehr aufdreht auf als sonst. Im stillgelegten Freibad sind Sonny und Lou in ihrer eigenen Welt, doch die ist gerade dabei, auseinanderzubrechen.

Dieser Jugendroman packt so vieles in relativ wenige Seiten, dass mir fast der Atem stockt. Dabei ist jeder Satz ein kleines Kunstwerk für sich. Juliane Pickel trifft das Gefühlschaos von Teenagern außerordentlich gut und weiß auch gekonnt, Extremsituationen zu schildern. Das alles lässt sie von der 15jährigen Lou erzählen, sodass es noch gewaltiger beim Leser ankommt. Juliane Pickel zeigt die Stärke, die in jedem Jugendlichen steckt, auch wenn dieser sich klein und schwach fühlt. Sie zeigt, dass Mut Kraft verleiht und Angst keine Schwäche ist. Das alles in einer Sprache, die für mich wahre Poesie ist.

Wirklich sympathisch verhält sich Sonny in dieser Geschichte nicht, doch kann ich ihr Verhalten verstehen. Sie hat ein Trauma erlebt, von dem sich Erwachsene nur schwer erholen, da ist es kein Wunder, dass sie als Teenager überfordert ist. Wie sie ihre Wut und Angst kanalisiert, ist nicht immer richtig. Doch ist richtiges Handeln nicht immer leicht und ohne Hilfe – gerade in ihrem Fall – schon gar nicht.

Der Ort, in der die Geschichte spielt, bleibt ohne Namen. Das gefällt mir, denn so kann sich jeder Leser ohne Probleme selbst einen Ort ausdenken. Den eigenen, einen Nachbarort, ganz weit weg – egal!

Es wird eine ganze Reihe von schwergewichtigen Themen im Buch angeschnitten. Das macht es zu einer nicht wirklich leichten Lektüre, dennoch liest sie sich weg wie nix. Jede einzelne Figur im Buch hat ihr Päckchen zu tragen, da ist niemand ohne Sorgen und Probleme. Wie im richtigen Leben, oder? Keine heile Welt, aber eine Welt, die trotz allem ihre schönen Seiten hat. Die Spannung ist durchgehend hoch, bis zu einem fulminanten Ende, das noch mal ganz heftig aufdreht.

Das Ende ist stimmig, aber nicht das klassische Happy End. Genau passend zum Buch, würde ich behaupten. Genau deshalb finde ich es von Anfang bis Ende gelungen, rund und einfach nur perfekt. Obwohl ich weit von der Zielgruppe der Leser ab 14 Jahren entfernt bin, habe ich das Buch absolut genossen. Es regt zum Nachdenken und Hinsehen an, es bewegt, geht unter die Haut und hallt stark nach. Von mir deshalb ganz klare fünf Sterne!

Bewertung vom 06.08.2023
Das Klippenmädchen (MP3-Download)
Childs, Jill

Das Klippenmädchen (MP3-Download)


sehr gut

Das schweigende Mädchen

Seit vielen Jahren sind Caroline und Sophie Freundinnen. Auch als Caroline in Hongkong lebt, bleiben sie per Mail in Kontakt. Auch wenn die Mails seltener werden, so ist da doch dieses Band, das beide verbindet. Genau deshalb nimmt Sophie Carolines Einladung an, sie in ihrem neuen Zuhause zurück in England zu besuchen und so lange zu bleiben, wie sie möchte. Im Herrenhaus an der Küste ist viel Platz. Da Sophie gerade eine schwere Zeit durchmacht und noch dazu auf die Regelung des Nachlasses ihrer Eltern wartet, nimmt sie an. Erstaunt stellt sie fest, dass Caroline diese Einladung wohl vergessen hatte, denn niemand holt sie ab. Sie nimmt ein Taxi und als sie ankommt, vermutet sie, dass sie gar nicht willkommen ist. Doch die kleine Lucy, Carolines Tochter, scheint sie zu brauchen und so bleibt Sophie.

Ein wenig zieht sich die Story, bis sie weit in der Mitte so richtig in Fahrt kommt. Bis auf die kleine Lucy lockte mir sehr lange niemand Sympathien heraus. Bei Caroline schwankte ich lange Zeit und auch ihre Krankheit war für mich unerklärlich. Da sollte doch ein Arzt helfen können, dachte ich mir. Da dies erst sehr spät aufgeklärt wird, störte das meine Konzentration doch sehr. Caroline war mir lange Zeit einfach zu devot, ihr fehlt komplett jedes Selbstvertrauen. Das Schweigen von Lucy kennt man als Thrillerfan und möchte daher alle Figuren im Buch (es sind übrigens erstaunlich wenige, was ich sehr zu schätzen weiß!) schütteln, sie fragen, was mit ihnen los ist, wenn sie nicht merken, dass die Kleine ein Trauma erlebt haben muss.

Die Perspektiv- und Zeitenwechsel sind manchmal nicht ganz so leicht zu überblicken. Nur langsam kommt die Story in Fahrt. Die Hinweise und kleinen Wendungen kommen immer ein klein wenig zu spät, es wird für meinen Geschmack zu viel zu sehr in die Länge gezogen, ohne dass es der Story dienlich ist. Ich habe die ganze Zeit überlegt, was mit Caroline nicht stimmt, worin all die seltsamen Vorfälle begründet liegen könnten. Das klingt nach Spannung, doch war dieses Band wirklich bald überdehnt. Der Schluss dagegen ist wirklich grandios und hätte besser kaum sein können.

Alles in allem bin ich nicht hochbegeistert, aber auch alles andere als enttäuscht. Für mich ist dies ein Thriller, der an der einen oder anderen Stelle gestrafft werden könnte, aber insgesamt vier Sterne verdient. Jasmin Shaudeen hat ihren Job gut gemacht. Ohne sie hätte ich möglicher Weise weniger Spaß an der Story gehabt.

Bewertung vom 31.07.2023
Dunkle Tiefen
Kay, Elizabeth

Dunkle Tiefen


weniger gut

Vier rothaarige Mädchen

Die drei Schwestern Jess, Ella und Lydia, die seit langem keinen Kontakt mehr zueinander haben, treffen sich nach vielen Jahren auf dem Cottage wieder, an dem vor zwanzig Jahren ihre jüngste Schwester Rosa den Tod fand. Doch wer hat die Einladungen geschrieben? Keine der drei will es gewesen sein. Zudem geschehen merkwürdige Dinge und die Nachbarin scheint auch nicht gerade gut auf die drei zu sprechen zu sein. Jede der Schwestern hütet ein Geheimnis, das wird schnell klar. Doch wozu das Treffen?

Der Klappentext hat mich gelockt und anfangs schien auch ein toller Plot auf mich zu warten. Doch leider wurde ich sehr schnell aller Illusionen beraubt. Die Geschichte verläuft sehr wirr und unzusammenhängend, rein gar nichts ergibt einen Sinn und sympathisch ist mir nicht eine Figur! Die Zeitsprünge, die mal in die Vergangenheit, mal in ein paar Tage zuvor führen, machen das Wirrwarr nicht gerade besser. Die Geschichte in die Weihnachtszeit zu verlegen, ist ein Kniff, der bei mir schon mal gar nicht ankommt. Der immer wieder erwähnte Geist war irgendwann einfach nur noch lächerlich und nervig. Sehr lange tritt die Story auf der Stelle, weil im Grunde alle Figuren von wunderbar zu unerträglich stilisiert werden, jede ihr eigenes Drama in sich trägt und als Entschuldigung vorbringt und die vielen schlimmen Geheimnisse einfach nur noch nerven.

Die Autorin hat hier viel gewollt und leider nichts davon erreicht. Da hilft auch das stürmische Wetter nicht mehr weiter, um die Dramatik und Spannung zu erzeugen, die ein Thriller benötigt. Noch dazu ging es mir schon bald wie der Nachbarin – die drei Schwestern auseinanderzuhalten ist mir immer wieder misslungen. Das Ende ist unbefriedigend und auch nicht ganz vollständig. Es fehlen doch einige Auflösungen – aber das war mir dann schon egal, denn ich war froh, dass es endlich vorbei war.

Schade. Das ist eins dieser Bücher, die ich doch besser hätte abbrechen sollen, um die Lesezeit für ein anderes, gutes Buch zu nutzen. Viel schlechter kann ein Thriller kaum sein. Zwei Sterne.

Bewertung vom 29.07.2023
Kochen zu zweit. Band 2
Trettl, Daniela;Trettl, Roland

Kochen zu zweit. Band 2


ausgezeichnet

Es geht lecker weiter!

Schon der erste Band hat mich total begeistert. Dieser steht dem ersten in nichts nach. Da Dani und Roland Trettl so ein tolles Paar abgeben und beide unfassbar sympathisch sind, ist es echt schade, dass es bei ihnen beziehungstechnisch nicht mehr klappt und sie da getrennte Wege gehen. Ich fände es toll, wenn sie beruflich noch ein Team bleiben könnten.

Die beiden haben das Buch diesmal ein klein wenig anders unterteilt. Nach einem Blick hinter die Kulissen folgen die Themen Snacks; Vorspeisen; Salate & Suppen; Pasta & Co; Hauptdarsteller Geflügel; Hauptdarsteller Schwein & Rind; Hauptdarsteller Fisch & Meeresfrüchte; Hauptdarsteller Gemüse; Nachspeisen.

Ich mag die kleinen Frotzeleien zwischen den beiden sehr. Das ist nie giftig, sondern richtig liebevoll und mit Verständnis. Auch wenn’s insgesamt schief ging, daran lag es sicher nicht. Die Fragen und Antworten machen die beiden nahbar und man findet sich auch öfter mal selbst darin. Super sympathisch, nicht abgehoben, bodenständig und vor allem genussfreudig.

Es werden einige relativ exotische Zutaten verwendet. Ich habe davon natürlich nicht alles da und möchte sie auch nicht unbedingt alle zukaufen. Deshalb habe ich es Dani gleich getan und sie ersetzt, also das Rezept dann entsprechend umgewandelt. Geht fast immer gut, vor allem, wenn es sich, wie beim Rührei Spezial, um Rehpfeffersalami handelt. Die habe ich durch meine Lieblings Pfeffersalami ausgetauscht. Auch bei den Pilzen habe ich geschummelt, den Knoblauch durch frischen ersetzt und die Gewürz- und Pfeffermischung ebenfalls ausgetauscht. Mir hat’s trotzdem super geschmeckt!

Bei den Fotos und Rezepten läuft mir einfach das Wasser im Munde zusammen – selbst bei den Rezepten, die Zutaten enthalten, die ich persönlich nicht mag. Dazu gehören Avocado, Schweinefleisch (und auch Schinken, Speck und Würstchen), Pilze außer Champignons und Meeresfrüchte. Die beiden zaubern tolle Speisen und ich habe kein Problem damit, mir die vorgenannten Zutaten weg- und Ersatz dazu zu denken. Klappt beim Umsetzen auch immer mehr oder weniger perfekt.

Ein wenig stören mich die Zutaten und Gewürze, die man ganz subtil am Ende zum Bestellen findet. Das ist mir nach reiflicher Überlegung aber keinen Sterneabzug wert, denn ich bin kreativ genug, selbst zu würzen, andere Mischungen zu machen oder zu kaufen. Auch dass die eine oder andere Zutat exotischer ist, als man sich das wünscht, schmälert die Freude an diesem wunderschönen Kochbuch bei mir nur marginal. Darum bleibt es bei mir bei fünf Sternen!

Bewertung vom 24.07.2023
Mord & Croissants / Ein Brite in Frankreich Bd.1
Moore, Ian

Mord & Croissants / Ein Brite in Frankreich Bd.1


sehr gut

Ein Engländer in Frankreich

Richard Ainsworth lebt in Frankreich, wo er ein kleines Bed & Breakfast führt, obwohl er eigentlich gerne lange schläft. Er hat seine Hühner nach Diven alter Filme benannt hat. Haustiere duldet er nicht in seiner Pension, doch dann steigt Valerie d’Orçay mit ihrem „Taschenwolf“ Passepartout bei ihm ab, ein Gast verschwindet spurlos und Ava Gardner (die Henne, nicht die Schauspielerin) wird ermordet. Das ist zu viel für Richard, aber er ist gezwungen, auf eigene Faust zu recherchieren. Valerie ist sofort mit dabei und die beiden so unterschiedlichen Individuen finden Erstaunliches heraus!

Dies ist ein Cozy Crime, der so cozy ist, dass man fast schon zu sehr entspannt. Es gibt eine Menge lustiger Szenen, die an Klamauk grenzen. Auch sind die Figuren sehr stark überzeichnet. Natürlich ist das gewollt, wirkt aber insgesamt dann doch etwas bemüht. Hier merkt man dann, dass der Autor Ian Moore ein Comedian ist.

Viele der Figuren sind extrem klischeehaft gezeichnet, aber auch hier erkennt man insgesamt die Absicht dahinter. Das ist dann mehr Humor als Krimi und sollte dann auch so deklariert werden, um Enttäuschungen zu vermeiden. Spannung ist vorhanden, aber nicht sehr hoch gehalten. Kleine und feine Wendungen wiegen hier mehr und machen den Charme des Buches aus.

Insgesamt ist dies kein echter Pageturner und auch nicht unbedingt ein hitverdächtiges Buch, aber für die nette Auszeit vom Alltag mit ein bisschen Seele baumeln lassen und humorvoller Lektüre ist es genau richtig. Ich gehe zudem davon aus, dass sich die Reihe im Laufe der Zeit insgesamt steigern wird und dieser Auftakt nicht alles Potenzial verbraucht hat, das darin steckt. So einige lose Fädchen wollen doch weitergesponnen werden, allen voran die Sache mit dem Buch, das Richard schreiben möchte und seiner Ehefrau, die in England geblieben ist. Daher gebe ich vier Sterne, zu denen auch Johannes Steck mit seiner Art, das Hörbuch einzulesen, stark mit beiträgt.

Bewertung vom 19.07.2023
Scurry 1
Smith, Mac

Scurry 1


ausgezeichnet

Vielversprechender Anfang

Der Winter ist hart und außergewöhnlich lang, die Menschen verschwunden und die Kolonie Mäuse und Ratten kämpft in einem der verlassenen Häuser ums Überleben. Wilde Katzen, Raubvögel und die Monster aus dem Wald machen ihnen die Nahrungssuche schwer. Pict versucht im Haus ihr Bestes, um ihrem Vater zu helfen, die Kolonie zusammenzuhalten und vor den Plänen von Resher zu schützen, Wix will als Späher den ominösen Truck suchen, der angeblich voller Nahrung ist.

Die Bilder sind mit unbeschreiblich viel Liebe zum Detail und dem Malen selbst gestaltet. Wenn man bedenkt, dass Mac Smith ein Autodidakt ist, erstaunt das umso mehr. Sie erinnern mich an die hohe Qualität früherer Disney-Zeichentrickfilme und erfreuen mein Herz entsprechend. Man kann sich nicht sattsehen und findet immer wieder neue Details. Sei es nun der Titel eines Buches, auf dem Orim thront, ein Windspiel auf der Veranda oder das Fliesenmuster – ich finde diese Feinheiten ganz besonders wichtig und bemerkenswert.

Die Story selbst ist düster und natürlich kurz. Immerhin findet sie auf weniger als 90 Comic-Seiten statt. Da es drei Bände sind und jedes Buch mehr als zwanzig Euro kostet, ist das schon eine Ansage und nicht für alle Fans des Genres so ohne weiteres machbar. In diesem ersten Band erfährt man nicht allzu viel, vor allem nicht, wo die Menschen sind und warum sie nicht mehr da sind. Es wird nur klar, dass Mäuse und Ratten zusammen in Kolonien leben, die weit übers Land verteilt sind, die Katzen der böse Feind sind (aus Mäuse- und Rattensicht ganz logisch) und im Wald Monster lauern vor denen beide Spezies große Angst haben. Diese scheinen mir Wölfe zu sein und da ich persönlich Katzen und Wölfe faszinierend finde, mag ich diese Einstufung nicht so sehr – aber ich liebe die Bilder!

Der Interpretationsspielraum ist hier groß. Die dystopische Geschichte zeigt in Form einer Fabel, wie die Menschheit sich verhält und wie falsch sie damit handelt. Aber sie zeigt auch, dass Mensch und Tier eng miteinander verbunden sind – ob uns das nun gefällt oder nicht.

Wie bei jeder Story, so sind auch hier die Charaktere das Maß aller Dinge. Sie sind herrlich dargestellt und man entwickelt sofort Sympathien und Antipathien. Die Galerie am Ende des Buches macht echt Spaß. Die Neugier auf die Folgebände ist ganz klar geweckt. Preislich eine Herausforderung, qualitativ in jeder Hinsicht aber topp. Ich mag Wix und Pict sehr und gebe fünf Sterne, nicht zuletzt, weil ich mich ein kleines bisschen an „Watership Down“ erinnert fühle, auf sehr positive Art.

Bewertung vom 17.07.2023
Vom Ende der Nacht
Daverley, Claire

Vom Ende der Nacht


ausgezeichnet

Besondere Verbindungen

Rosie und Josh sind Zwillinge. Sie sind auf besondere Weise miteinander verbunden, leben dennoch ihre Leben eigenständig. So kommt es, dass Rosie Joshs Freund Will erst wirklich auffällt, als dieser bei ihnen übernachtet, weil in der Zeit, in der Will Josh Nachhilfe gab, viel zu viel Schnee gefallen ist, als dass er in der Nacht noch nach Hause fahren könnte. Die beiden merken, wie gut sie sich verstehen und obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, ist da diese Anziehungskraft. Fortan versuchen sie, herauszufinden, wie sie damit umgehen sollen. Rosie kann Will nicht gehen lassen, aber sich auch nicht fallen lassen. Dann schlägt das Schicksal erbarmungslos zu und alles wird noch schwieriger – für beide.

Ich bin überrascht, wie sehr mich diese Geschichte bewegt, berührt und auch auf gewisse Weise still werden lässt. Ich hatte so oft eine kleine Wut auf Rosie und wollte sie schütteln, doch endlich zu tun, was sie wirklich möchte, nicht immer nur das, was irgendwer für richtig halten könnte. Dennoch habe ich einfach nur still abgewartet, ob sie selbst drauf kommt. Sowohl Rosie als auch Will mochte ich von Anfang an, trotz der Schwächen und Fehler, die beide haben. Wer hat denn keine? Viel wichtiger sind die Stärken, die sie haben und die eher zwischen den Zeilen zu finden sind.

Die Nebenfiguren tragen sehr viel zum Charme des Buches bei. Selbst jene, die mir weniger sympathisch sind, finde ich sehr gut gezeichnet und platziert. Vor allem ist sehr schön zu sehen, wie sehr auch – oder gerade – diese Rosies Verhalten prägen. Claire Daveley hat wunderschön eingefangen, wie Menschen in den unterschiedlichen Phasen ihres Lebens und auf Schicksalsschläge reagieren und agieren. Dabei werden sehr viele Themenbereiche angeschnitten und angesprochen, denen wir uns alle im Laufe unseres Lebens stellen müssen, aber auch einige, von denen wir alle hoffen, dass wir niemals damit in Berührung kommen werden.

Ich hätte nicht erwartet, dass mich diese Story so sehr in ihren Bann zieht und es schafft, dass ich völlig anders als gewohnt auf eine Liebesgeschichte reagiere. Das liegt wohl daran, dass die Ereignisse drumrum so viel schwerer wiegen und die Liebe hier fast schon zum Beiwerk wird. Oder es liegt daran, dass man mit 50+ auf vieles zurückschauen kann und die Story von Rosie und Will daher mit anderen Augen sieht? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich „Vom Ende der Nacht“ einfach großartig finde, mein Herz aufgegangen ist und ich hoffe, selbst weniger darauf achten werde, was andere erwarten und mehr tue, was ich selbst möchte. Wirklich möchte.

Jeder muss nur sich selbst gefallen und Rechenschaft ablegen. Und das ist oft schwerer, als es anderen recht zu machen. Fünf Sterne!

Bewertung vom 15.07.2023
Feuer und Funken
Schäferhoff, Felix

Feuer und Funken


ausgezeichnet

Mehr als einfach nur Grillen!

Gestartet wird mit ein wenig Sachkunde rum um Qualität und Grillmethoden, bevor es an die Rezepte zu Rubs, Marinaden, Butter, Soßen, Coleslaw und Buns und Brote geht. Danach geht es dann quer durch alle Fleischarten bis zu Specials, Vegetarischem und Nachspeisen. Wirklich an alles ist gedacht, sodass für jeden etwas dabei ist.

Zwischen den tollen Rezepten verstecken sich acht unterschiedliche und auch unterschiedlich schwierige DIY-Projekte rund ums Grillen. Nicht jeder kann und will alle nacharbeiten, das ist klar. Wer kein ganzes Schwein grillen möchte, der braucht natürlich auch kein Asado-Rack. Aber eine Dutch-Oven-Station kann man definitiv immer brauchen und nutzen – also die Männer damit beschäftigen und mit den Mädels Füße hochlegen! Klar, wir Frauen können das auch wuppen, aber wenn die Männer etwas zu tun haben und am Ende stolz sein können, ist das doch prima!

Alles ist immer wunderbar übersichtlich und klar aufgebaut, sodass man sich nicht durchsuchen muss, um zu wissen, welcher Schritt wann getan werden muss. An manchen Stellen werden Fertigprodukte verarbeitet. Das ist an sich nicht schlimm oder verwerflich und spart auch Arbeit, aber ich hätte mir da doch gewünscht, dass diese nur als Alternative erwähnt werden und es Rezepte für diese Produkte gibt (z.B. Markklößchen, Teriyaki-Soße). Statt Granulat verwende ich lieber frischen Knoblauch und frische Zwiebeln (außer bei Gewürzmischungen natürlich). Das ist jedoch zugegebenermaßen Meckern auf hohem Niveau! Da manche Rezepte besonderes Zubehör erfordern, ist die saubere Listung aller Zutaten und benötigten Dinge sehr hilfreich. Da wird man nicht mittendrin überrascht und steht vor einem Problem! Und noch ein Vorteil: Da sieht man, was man sich zum nächsten Fest wünschen kann, um die Ausrüstung komplett zu bekommen!

Projekte wie Rezepte sind sehr gut verständlich beschrieben und dargestellt. Gerade bei den Projekten gibt es super viele und aussagekräftige Fotos. Ich bin ein optisch ausgerichteter Mensch und beachte Rezepte ohne Foto gar nicht erst. Hier bekomme ich zu wirklich jedem Rezept ein ganzseitiges Foto, das nicht nur Appetit, sondern schon Hunger macht!

Sehr gut gefallen mir auch die kleinen Portraits der an diesem Buch Beteiligten. So hat man meiner Meinung nach gleich eine ganz andere Vorstellung von der Qualität der Rezepte und DIY-Projekte. Es schafft auch eine gewisse Verbindung zu den Autoren und das finde ich wichtig und schön.

Bei uns ist die Rollenverteilung tatsächlich recht klassisch – der Mann werkelt (ich assistiere auch mal) und steht am Grill, die Frau macht die Feinheiten. Ich mag das gern so und genieße es auch! Mein Mann ist immer an neuen Ideen rund um den Grill interessiert, sowohl von Technik als auch Rezepten. Daher ist dieses Buch ein doppelter Volltreffer. Wir sind beide als Ganzjahresgriller total begeistert und geben fünf Sterne.

Bewertung vom 15.07.2023
Abgrund (MP3-Download)
Goacher, Lucy

Abgrund (MP3-Download)


sehr gut

Erst zu gemächlich, dann fesselnd und rasant

Clementine, genannt Clemmie, kommt seit dem Selbstmord ihrer kleinen Schwester nicht mehr in die Spur. Es sieht für sie so aus, als hätte sie ihre Schwester retten können, wäre sie nicht bei deren Anruf durch ihr Date abgelenkt gewesen. Sie hat ihr Studium auf Eis gelegt und jobbt in einer Helpline. Darüber lernt sie Daniel kennen, der seit zwei Jahren vergeblich versucht, die Polizei davon zu überzeugen, dass seine Schwester ermordet wurde und sich eben nicht selbst das Leben nahm. Daniel gibt Clemmie Grund zur Annahme, dass auch deren Schwester nicht freiwillig in den Tod ging. Gemeinsam gehen sie auf Spurensuche und entdecken Zusammenhänge, die ihnen den Atem rauben.

Die Story ist sehr gut aufgebaut, auch wenn sie sich am Anfang ein wenig zieht, bis sie in die Gänge kommt. Clemmie erscheint mir da etwas zu sehr in Selbstmitleid und Selbstvorwürfen versunken. Dadurch war sie mir erst relativ spät sympathisch. Als sie endlich aufwachte und in Fahrt kam, mit Enthusiasmus nach der Wahrheit suchte, verlor sie viel ihrer Naivität und gewann mächtig Punkte. Die eingebauten Twists und Sackgassen, Spuren und falsche Fährten haben mir weitgehend sehr gut gefallen. Gegen Ende hat es die Autorin doch etwas übertrieben und das Motiv fand ich für all die Mühe und den Aufwand dann doch etwas platt und unbefriedigend. Vom langsamen Anfang zum turbulenten Ende hat sowohl die Story, als auch Clemmie eine erstaunliche Wandlung vollzogen. Dennoch ist genau dies stimmig und realistisch.

Der Stil insgesamt ist gut und vor allem für ein Debut gelungen. Potenzial ist vorhanden und ich denke, hier ist eine Steigerung nicht nur möglich, sondern garantiert. Ich wurde gut unterhalten –nicht zuletzt durch die sehr gute Leistung von Rebecca Veil - und gebe vier Sterne.

Bewertung vom 04.07.2023
Das Glück der Geschichtensammlerin (MP3-Download)
Page, Sally

Das Glück der Geschichtensammlerin (MP3-Download)


ausgezeichnet

Gewöhnliche Menschen mit ungewöhnlichen Fähigkeiten

Janice ist Putzfrau, und zwar eine sehr gute. Da ihr Mann keinen Job lange behält, muss sie für ein gesichertes Einkommen sorgen. Sie macht das gerne, auch wenn nicht alle ihre Kunden nett sind. Als sie bei der alten Lady Mrs. B. anfängt, die noch dazu die Mutter eines der weniger netten Kunden ist, stellt Janice fest, dass ihre Leidenschaft, das Geschichtensammeln, wichtiger ist, als sie dachte. Und Mrs. B. macht Janice klar, dass auch sie eine Geschichte hat, die erzählt werden muss.

Mir hat dieser Roman sehr gefallen. Er ist sehr sanft, sehr vorsichtig, gefühlvoll und zart. Kein Reißer, sondern ein Tröster, ein Heiler, ein Helfer. Janice ist eine Person, die sich viel zu viel gefallen lässt, immer schweigt und alles erduldet. Tief in ihrem Innern weiß sie aber, dass nicht alles gerecht ist, was ihr widerfährt und dass sie sich wehren sollte. Warum sie sich dazu nicht traut, wird im Laufe der Geschichte klar. Doch das Leben hilft einem manchmal auf die Sprünge, wenn man nicht von selbst etwas ändert und so ist es auch bei Janice.

Mir gefällt, wie Sally Page die Personen durch Janice beschreibt. Selbst für die unangenehmsten Charaktere hat Janice noch Verständnis, was es leicht macht, sie ins Herz zu schließen und ihr zu wünschen, endlich mal an sich selbst zu denken und auf der Sonnenseite des Lebens zu sein. Die kleinen Vorstöße, die sie hin und wieder wagt, sind sehr vorsichtig und passen zu ihr. Auch ihre langsame Entwicklung, die Veränderungen, die sie zulässt, sind stimmig und nicht zu krass. So oft hätte ich sie gerne an die Hand genommen und ihr geholfen, dem einen oder anderen Fiesling deutlich gesagt, was ich von ihm halte. Janice Weg war länger und sanfter, aber sie ist am Ende an ihrem Ziel, angekommen, ohne – wie ich es getan hätte – laut zu poltern. Somit habe ich von ihr und ihren Geschichten, die sie sammelte und auch ihrer eigenen, viel lernen können. So unscheinbar Janice wirkt, so großartig ist sie.

Am Ende stellt man fest, dass in diesem Roman eine Menge Themen angesprochen werden, die düster, schwer, hart und belastend sind. Dennoch ist der Roman nicht düster und schwer, sondern unterhaltsam, mit einem Hauch von Melancholie durchzogen, aber immer voller Hoffnung und Mut. Man kann sich in vielen Dingen – auch den weniger schönen – selbst erkennen und etwas für sich herausziehen. Die Aussage, dass es nie zu spät ist, etwas (oder auch sich selbst) zu ändern, finde ich sehr wichtig. Auch finde ich es großartig, dass das Ende nicht zu kitschig, rosig und traumhaft ist.

Sandra Voss hat Janice sehr gefühlvoll und passend ihre Stimme geliehen und damit dem Roman von Sally Page auch noch so eine extra Portion Gefühl gegeben. Für mich passt hier alles und ich habe sehr gern ganz still zugehört und Janices Wandlung genossen. Ich mochte diesen so stillen, aber doch so vielsagenden Roman mit der wichtigen Aussage sehr. Fünf Sterne!