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Ele
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Insgesamt 416 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2019
Der Zopf meiner Großmutter
Bronsky, Alina

Der Zopf meiner Großmutter


sehr gut

Der Zopf meiner Großmutter, Roman von Alina Bronsky, 224 Seiten, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch.
Ein Roman über eine Frau, die versucht, in einer Gesellschaft Fuß zu fassen, die ihr entgleitet.
Eine russische Familie, bestehend aus den Großeltern und dem kleinen Maxim, wandern als Kontingentflüchtlinge nach Deutschland aus. Im Flüchtlingsheim, das den schönen Namen „Zur Sonne“ trägt, wird die Großmutter zur gnadenlos bösen Tyrannin. Vor ihren bitterbösen Sprüchen ist niemand sicher. Nur gut, dass die meisten Bewohner sie nicht verstehen, denn Deutsch lernt sie nicht. Den kerngesunden Max hält sie für einen geistig beschränkten und auch noch totkranken Idioten, der ständig umsorgt werden muss. Sie kocht und püriert, salzlos, zuckerlos und lauwarm. Dabei schikaniert sie ihn mit dem Duft und dem Anblick der leckeren Speisen die sie sich selber gönnt. Sogar seine Geburtstagstorte darf er nur mit den Augen verschlingen. Sie will ihn stets vor amerikanischen Päderasten, Zigeunern und der chinesischen Organmafia bewahren. Die Schimpftiraden der Großmutter treffen jeden. Sexismus, Antisemitismus, Homophobie. Die Türken kriegen ihr Fett ab, die Schwulen, die Juden sowieso. Als Schrumpfkopf, Dumpfbacke, Idiot, Asiatische Fresse, alter Sack, Krüppel und formloser Rotz werden Großvater und Max ständig tituliert. Doch Mäxchen fühlt sich abgehärtet gegen jede Peinlichkeit. Denn er und auch sein Opa wissen, dass es Margo tief in ihr Inneren nicht so Böse meint. Als der Großvater sich in Nina, eine jüngere Russin verliebt, könnte das Ganze in ein Eifersuchtsdrama abgleiten. Doch wieder überrascht Oma alle.
224 Seiten aufgeteilt in kurze Kapitel die mit einer, den Inhalt des Kapitels, zusammenfassenden Überschrift versehen sind. Humorvolle zum Teil bitterböse Dialoge machen das Buch lebendig. Alina Bronsky beschreibt ihre Charaktere sehr gut, mir haben Sätze wie folgender sehr gefallen: „Das Klavier war alt. Die vergilbten Tasten erinnerten mich an die Zähne meiner Großmutter.“ Der Erzählstil in der Ich-Form, aus der Sicht des anfangs 6jährigen Maxim, ist gut gewählt, denn dadurch merkt man, dass Mäxchen keinesfalls so dumm ist, wie seine Oma behauptet. Obwohl Maxim der Erzähler ist, ist aber Margo, die Großmutter die eigentliche Protagonistin. Sie, die ehemalige Tänzerin, ist plötzlich abhängig von einem Kind. Das stellt sie vor ein Problem. Sie selbst ist nicht in der Lage, sich zu integrieren, deshalb beschneidet sie den Enkel, um ihre Einsamkeit zu überdecken, vermute ich. Immer wieder musste ich bei der Lektüre lachen. Sätze wie: „Alle dicken türkischen Mädchen sind schon dort, in rosa Tutus.“ Oder: „Hätte er dem Schwein nicht die Zigarette aus dem Maul reißen und sie ihm in den Hintern stopfen können?“ fand ich im Zusammenhang durchaus lustig.
Meine Lieblingsfigur natürlich der Erzähler Maxim, ein kluger und aufgeweckter Junge, der zum Glück durch die Behandlung seiner skurrilen Großmutter keinen größeren Schaden bekommen hat. Auch Tschingis, der Großvater, der schon lange zu sprechen aufgehört hat war mir sympathisch. Einzig Vera, die Tochter von Nina fand ich gemein und gehässig.
Die dominante Großmutter lässt die anderen Figuren im Buch blass erscheinen. Einige Seiten mehr und etwas mehr Informationen hätten dem Buch gut getan. Für den Preis, hat das Buch für meinen Geschmack zu wenig Umfang, denn es ist viel zu schnell gelesen.
Mir hat das Buch gefallen und mir einen lustigen Lesenachmittag beschert. Deshalb möchte ich es gerne weiterempfehlen und vergebe 4 Sterne.

Bewertung vom 19.07.2019
Aufbruch in ein neues Leben / Hebammen-Saga Bd.1
Winterberg, Linda

Aufbruch in ein neues Leben / Hebammen-Saga Bd.1


sehr gut

Aufbruch in ein neues Leben, Die Hebammen-Saga von Linda Winterberg, 400 Seiten, erschienen im Aufbau-Verlag.
Auftakt- und erster Band zur Hebammen-Saga
Berlin 1917, der erste Weltkrieg wütet schon seit Jahren, die Versorgungslage ist sehr schlecht. Schrecken, Verstümmelung, Tod, Hunger, Schmutz und Verwahrlosung treffen wie überall, besonders die Ärmsten und Schwächsten. Am 1. Juli 1917 wird in der Provinz Brandenburg, ein Hebammen-Lehranstalt und Frauenklinik eröffnet.
Luise Mertens, Edith Stern und Margot Bach gehören zu den neuen Schülerinnen. Schon zu Beginn ihrer Ausbildung, befreunden sich die jungen Frauen und begleiten und unterstützen sich durch ihre Lehrzeit, obwohl sie aus unterschiedlichen Verhältnissen stammen. Edith ist die Tochter eines jüdischen Kaufmanns, der ein riesiges Kaufhaus besitzt. Ihre Berufswahl hat das Brechen mit ihrer Familie zur Folge. Margot Bach ist im vierten Hinterhof eines heruntergekommenen Viertels aufgewachsen, sie ergreift die Chance die ihr die Förderung der Fürsorge bietet, Hebamme zu werden. Die dritte im Bunde Luise Mertens aus einem kleinen Ort in Ostpreußen, wird von ihrer Oma, die als ausgebildete Hebamme arbeitet, auf an die Lehranstalt geschickt um den Beruf von Grund auf und mit den nötigen Zeugnissen zu erlernen. Linda Winterberg erzählt berührend und authentisch von diesen drei unterschiedlichen jungen Frauen und ihrem schweren Weg in die Unabhängigkeit.
Alle 41 Kapitel sind in einer angenehmen Leselänge. Zum Teil mit Ortsangabe und Datum überschrieben, wodurch der Überblick bewahrt werden kann. Die Autorin hat es geschafft, mich durch ihren bildmalerischen, emotionalen Erzählstil wunderbar zu unterhalten. Atmosphärisch dicht und gut recherchiert ließ mich das Buch in die letzten Jahre des Kaiserreiches und Ende des ersten Weltkriegs eintauchen. Winterberg wählte die auktoriale Erzählweise, dadurch ist es möglich bei den Handlungen aller drei Hauptfiguren „dabei“ zu sein und ihre aufregende Geschichte direkt mitzuerleben. Trotz Sterben Elend und Not kann der Leser durch das werdende Leben und die Geburt zu jeder Zeit einen Funken Hoffnung erkennen. Auch der Ausbruch der spanischen Grippe, die zwischen 1918 und 1920 Millionen Menschenopfer forderte, wurde zum Thema gemacht. Tatsächlich habe ich bei der Lektüre öfters geweint als gelacht. Die Charaktere sind äußerst sympathisch und ihre Handlung unbedingt nachvollziehbar. Auch einige Nebencharaktere hoffe ich in den Folgebänden wieder zu treffen. Mir ist aufgefallen, dass die Neugeborenen hauptsächlich Mädchen waren. Mäßige Spannung ist vorhanden, jedoch wurden die Nöte und Gefahren für meinen Geschmack immer viel zu schnell behoben. Die Autorin überrascht jedoch am Ende mit einer unvorhergesehenen Wendung. Immer wieder ist es mir trotzdem gelungen in dieser Zeit zu versinken nicht zuletzt weil einige reale Figuren im Buch vorhanden sind, der Spartakusbund, mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, Leo Jogiches und Max Reichpietsch, alles Figuren die Geschichte gemacht haben. Auch der Leiter der Frauenklinik Professor Hammerschlag ist real. Dies zeigt Authentizität und zeugt von guter Recherchearbeit. Auch am Ende bleibt ein bittersüßer Geschmack, denn als zum Ende des Buches sich alle über das Ende des Krieges und der Beginn der Republik freuen, ist der Leser sich schon bewusst, was auf die junge Republik und auch die Charaktere, vor allem Edith, in den weiteren Büchern noch alles zukommen wird. Ich will auf alle Fälle dabei sein. Von mir eine Leseempfehlung und 4 Sterne.

Bewertung vom 15.07.2019
All das zu verlieren
Slimani, Leïla

All das zu verlieren


weniger gut

All das zu verlieren, Roman von Leila Slimani, 224 Seiten, erschienen im Luchterhand Verlag
Roman über eine Arztfrau die sich in ihrer Sexsucht verliert.
Adele schön, gutaussehend, stilvoll könnte eigentlich mit ihrem Leben zufrieden sein. Sie hat einen kleinen Sohn Lucien, der ihr lästig ist. Ihr Mann ist Chirurg, sie leben in einem angesehenen Pariser Viertel, in der Nähe von Montmatre. Sei reisen viel, er beschenkt sie. Nebenbei arbeitet sie als Journalistin bei einer Pariser Tageszeitung. Sie ist trotz allem nicht mit ihrem Leben zufrieden. Und obwohl sie weiß, dass sie alles verlieren könnte gibt sie sich wildfremden Männern hin. Es ist wie eine Sucht.
Ich bin wirklich ratlos über dieses Buch. Ich verstehe die Protagonistin nicht, ich verstehe auch nicht was die Autorin mit dieser Geschichte ausdrücken will. Das Buch hat mich absolut nicht erreicht. Eher fühle ich mich immer wieder vom Verhalten der Protagonistin angewidert, die kultivierte schöne Frau hat es nicht nötig sich, von zum Teil von sogar sehr abstoßenden Männern, so erniedrigend benutzen zu lassen. Obwohl immer wieder Szenen aus ihrer Kindheit und Jugend beschrieben werden, konnte ich für ihre Promiskuität keine Ursache finden. Ihr Mann kann ihr seine Liebe nicht so richtig zeigen, trotzdem stößt er sie nicht von sich. Die Szenen sind unpornografisch dargestellt. Mich hat das Buch traurig gestimmt. Selbst die Spannung ist hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben. Das Ende wirft mehr Fragen auf als es beantwortet. Der Vergleich mit der „Bovary“ hält bei mir nicht stand, die einzige Parallele konnte ich nur durch die Gegebenheit erkennen, dass es sich bei beiden um Arztfrauen handelt die sexsüchtig sind. Es fehlt in dieser Erzählung einfach an Tragik und auch an Romantik. Auch hätte man aus den Figuren mehr herausholen können. Weil es sich um kurze Kapitel und eine niedrige Seitenzahl handelt, hatte ich das Buch an einem Tag ausgelesen. Da ich vor einiger Zeit schon ein Buch von Slimani gelesen habe, welches mir gefallen hat. (Dann schlaf auch du) Bin ich überhaupt erst auf diesen Band aufmerksam geworden. Es hat sich nicht gelohnt.

Bewertung vom 13.07.2019
Unbarmherzig / Gina Angelucci Bd.2
Löhnig, Inge

Unbarmherzig / Gina Angelucci Bd.2


ausgezeichnet

Unbarmherzig, Kriminalroman von Inge Löhnig, 384 Seiten, erschienen im Ullstein Verlag.
Gina Angelucci ermittelt in ihrem zweiten Fall.
Die Kommissarin Gina Angelucci ist nach ihrer Elternzeit wieder ins Kommissariat „Cold Cases“ für ungeklärte Altfälle, K12 zurückgekehrt. Dort gibt es jede Menge zu tun, doch Skelettfunde in Altbruck etwas nördlich von München lassen sie nicht los. Gegen den Widerstand des Oberstaatsanwalts beginnt sie zu ermitteln. Die erste Spur führt in das neu ausgewiesene Gewerbegebiet der Gemeinde, wo sich zur Zeit des Nationalsozialismus eine Munitionsfabrik befand. Das männliche Skelett scheint zu einem jungen Mann zu gehören der aus der Nähe kam und in den letzten Kriegsmonaten verschwunden ist, das weibliche Opfer jedoch, welches aus dem Baltikum zu stammen scheint, gibt Rätsel auf. Könnte es sich um die sterblichen Überreste einer jungen Lettin handeln die zeitgleich mit dem jungen Mann verschwunden ist? Gina will es sich zur Aufgabe machen, den Toten ihre Identität wieder zu geben. Doch nicht alle Bewohner des Dorfes sind an einer Lösung des Falls interessiert.
Schon im Prolog ist der Leser dabei als ein Liebespaar erschossen wird, die Spannung setzt also unmittelbar bei Beginn des Buches ein. 51 Kapitel in angenehmer Länge, lebhafte Dialoge, zum Teil im Dialekt, was mir besondere Freude machte, bildhafter Schreibstil und hervorragend gezeichnete Charaktere waren der Grund, warum ich sofort in Lesefluss kam und ungern die Lektüre unterbrach. Bis der Fall geklärt und der letzte Satz gelesen war fiel es mir schwer, das Buch überhaupt aus der Hand zu legen. Die Autorin verwendete die auktoriale Erzählweise, der Leser ist also immer nah am Geschehen und etwas besser informiert als die ermittelnden Beamten. Es handelt sich um einen Plot in zwei Zeitebenen, zum einen kursiv geschrieben und somit deutlich hervorgehoben, der Rückblick ins Jahr 1944, als Tagebucheintrag der Lettin Kairi. Zum anderen die Gegenwart, die die Ermittlungsarbeit und das nicht minder aufregende Privatleben der Kommissarin aufzeigt. Gleichzeitig wird auch ein langjähriges Eifersuchtsdrama, und eine daraus resultierende, mir sehr zu Herzen gehende, Familienfehde erzählt. Löhnig hat mich mit diesem atmosphärisch dichten Kriminalroman hervorragend unterhalten, obwohl ich den Vorgängerband nicht gelesen habe hatte ich keinerlei Mühe der Geschichte zu folgen. Besonders anrührend fand ich die Bestrebungen der Protagonistin, den Familien der Opfer, nach so vielen Jahren noch die Gewissheit über das Schicksal ihrer Lieben zu geben. Das wurde auch im Buch zu einem zufriedenstellenden Abschluss gebracht. Die Charaktere sind gut gelungen. Gina war natürlich meine Lieblingsfigur, eine gute Polizistin und Mutter. Den beiden verfeindeten Cousinen Lisbeth und Toni gehörte meine Sympathie, wie auch der jungen Zwangsarbeiterin Kairi. Ihre Notizen im Tagebuch haben mich zu Tränen gerührt. Inge Löhnig gibt allen Figuren ihre Geschichte, selbst den eher unbedeutenden. Ein überaus ergreifender Plot aus der Nazi-Zeit und die Spannung aus den gegenwärtigen Ermittlungen ,dazu der private Stalker-Fall. Ich bin begeistert und der Vorgängerband steht nun ganz oben auf meiner Leseliste.
Ich hoffe, dass es noch weitere Gelegenheiten gibt, Gina Angelucci, ihre sympathische Familie und die tüchtigen Kollegen, bei weiteren Fällen zu begegnen. Eine absolute Leseempfehlung für die Fans von Inge Löhnig. Ein mitreißender Krimi, der alles hat, was eine fesselnde Geschichte braucht, deshalb von mir 5 Sterne.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.07.2019
R.I.P. / Kommissar Huldar Bd.3
Sigurdardóttir, Yrsa

R.I.P. / Kommissar Huldar Bd.3


ausgezeichnet

R.I.P., Thriller von Yrsa Sigurdardottir, 444 Seiten, erschienen im btb-Verlag.
Kommissar Huldar, seine Chefin Erla und die Psychologin Freyja ermitteln wieder.
Das Mädchen Stella wird in einem Kino in dem sie arbeitet, überfallen. Der Täter lässt sie um Verzeihung flehen, erschlägt sie auf brutalste Weise und schleppt sie aus dem Kino. Kurz darauf wird ihre Leiche in einem Hinterhof gefunden, dabei ein Blatt mit der Ziffer zwei darauf. Kurz darauf wird in seinem Elternhaus ein weiterer Jugendlicher zusammengeschlagen, diese Tat wird ebenso, wie die Tat an Stella, über Social Media an seine Klassenkameraden und Freunde weitergeleitet, er wird in einem Container gefunden, dabei ein Blatt mit der Nummer drei. Kommissar Huldar und sein Team nehmen die Ermittlungen auf. Wer ist der Mörder der die jungen Menschen so eiskalt und brutal ermordet und was haben sie verbrochen um den Tod zu verdienen? Auf der Suche nach dem Opfer Nummer eins und dem Täter, stoßen die Ermittler auf menschliche Abgründe. Die ermordeten Schüler haben auf gemeinste Weise Mitschüler gemobbt.
42 aufregende Kapitel in angenehmer Leselänge, lebendige Dialoge, ein auktorialer Erzählstil, bildhafte Beschreibung des Settings und der Personen machten die Lektüre zu einem wahren Lesevergnügen. Wie auch der Vorgängerband hat mich R.I.P. bestens unterhalten.
Ich habe das vorangehende Buch gelesen, was aber m. E. zum Verständnis des vorliegenden Bandes nicht nötig ist. Huldar hat sein angespanntes Verhältnis zu den Damen in seinem Team noch nicht klären können, Erla ist auf ihn sauer und Freyja geht ihm immer noch aus dem Weg was den Plot belebt aber die Nachforschungen auch etwas behindert. Der Anfang ist gut beschrieben und ich hatte keine Mühe sofort in Lesefluss zu kommen. Die Ermittlungen sind logisch und die Polizeiarbeit ist interessant erklärt. Der Spannungsbogen zieht sich vom ersten Kapitel bis zur letzten Seite. Die Taten sind schonungslos, jedoch gut beschrieben. Die Personen sind hervorragend charakterisiert und handeln nachvollziehbar. In der Mitte der Geschichte meinte ich den Täter ausgemacht zu haben, doch die Autorin hat es geschickt verstanden, den Leser auf die Falsche Fährte zu locken und immer wieder unerwartete Wendungen einzubauen, die Lösung des Falls hat mich letztendlich total verblüfft. Da die einzelnen Abschnitte oft mit einem Cliffhänger enden, hat mich die Geschichte einfach nicht losgelassen ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Die Blogeinträge von „Vala“ in kursiver Schrift, die dazwischen eingestreut waren, haben mich betroffen gemacht, das Thema „Mobbing“ vor allem in sozialen Medien, das auch den Taten zugrunde liegt, wurde im Buch hervorragend herausgearbeitet. Wieder einmal hat es Sigurdardottir geschafft einen erstklassigen, spannenden und unterhaltsamen Thriller vorzulegen. Ich bin begeistert und hoffe, dass ich den „Hauptdarstellern“ in einem weiteren Islandthriller begegnen werde. Eine absolute Leseempfehlung für die Genießer von skandinavischen Krimis und vor allem für die Fans der Autorin. Dafür verdiente fünf Sterne.

Bewertung vom 19.12.2018
Gangsterblues
Bausch, Joe

Gangsterblues


ausgezeichnet

Gangsterblues, Sachbuch von Joe Bausch, 240 Seiten, erschienen bei Ullstein extra
Harte Geschichten aus dem härtesten Gefängnis in Deutschland.
Das Buch ist in zwölf Kapitel eingeteilt, jedes Kapitel ist mit einem Titel passend zum Inhalt überschrieben. Am Anfang ist eine Inhaltsangabe eingefügt, die die Übersicht erleichtert, es ist möglich die einzelnen Erzählungen schnell zu finden. Medizinische Fachausdrücke und Begriffe der Juristensprache sind kursiv gedruckt und werden dadurch deutlich hervorgehoben.
Zwölf außergewöhnliche Geschichten – erzählt von Bestsellerautor Joe Bausch. Er ist der „Hausarzt“ von Mördern, Dieben, Vergewaltigern, Betrügern und Drogendealern. Sie sitzen langjährige Haftstrafen ab und eines Tages wollen sie reden. Das Buch befasst sich mit dem Alltag in deutschen Gefängnissen. Die geschilderten Fälle beschreiben keine lebenden oder toten Personen, sie hätten sich aber so zutragen können.
Zwölf Geschichten die Gefangene dem Gefängnisarzt Joe Bausch, Tatort-Fans bekannt als Kölner Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth, in der Justizvollzugsanstalt Werl anvertraut haben, als sie der „Knast-Blues“ erwischt. Erst im Vorwort erfährt der Leser, dass es sich im Buch um fiktive Erzählungen handelt und nicht wie im Klappentext beschrieben um „Wahre Geschichten, die unter die Haut gehen. Was in den Stories der Wahrheit entspricht und wie viel der Phantasie des Autors entsprungen ist, ist egal. Wichtig ist, dass es sich so oder ähnlich zugetragen haben könnte. Und das ist von Bausch glaubhaft und äußerst spannend dargestellt. Keine unnötigen Längen und in deutlicher Sprache, zuweilen im Knastjargon und urteilsfrei erzählt der Autor flüssig und prägnant. Ich fühlte mich gut unterhalten und konnte das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Einige der Geschichten haben mich betroffen gemacht. Z.B. die Geschichte „Auf die Knochen“. Hier handelt es sich um den jungen Fußballstar aus Ghana, dessen erhoffte Karriere aus gesundheitlichen Gründen zu Ende ist bevor sie begann. Das Kapitel Mörderkind hat mich auch nachdenklich gemacht. Wie fühlt sich eine Zeugin, wenn der, durch ihre Aussage, verurteilte Mörder aus dem Gefängnis entlassen wird? Teilweise sogar humoristisch wurde es als drei „alteingesessene“ Knastbrüder entlassen werden und sie so schnell wie möglich wieder in ihre vertraute Umgebung „hinter Gitter“ kommen wollen. Egal was die Insassen auf dem Kerbholz haben, sie sind für ihn zuallererst Patienten, um die er sich kümmert, so gut er kann. Auch wenn es manchmal darum geht nur zuzuhören und dabei zwischen den Zeilen zu lesen, was dem Patienten auf dem Herzen liegt. Wie im Fall des Psychopathen, dessen Entlassung auf eigenes Bestreben und zur Verhinderung einer neuen schrecklichen Straftat verhindert werden konnte.
Dieses Buch hat mir einen guten Einblick verschafft, wie es im Gefängnisalltag zugeht, fernab von diversen Knastserien. Wie Gefangene „ticken“ und ihre sympathischen und auch menschlichen Seiten, obwohl sie „Schwerverbrecher“ - und in Sicherheitsverwahrung untergebracht sind. Dies hat der Autor durch die Anonymisierung geschafft, ohne anzuprangern, oder zu werten, alleine durch seinen sachlichen emotionslosen Schreibstil bleibt es auch dem Leser erspart über die Insassen zu urteilen.
Ich kann dieses Buch nur jedem Leser empfehlen. Sehr informativ, sehr interessant und unterhaltsam, dazu schnell und flüssig gelesen. Joe Bausch ist nicht nur ein guter Schauspieler, hier beweist er erneut, dass er auch als Schriftsteller erfolgreich ist. Volle Punktzahl 5 Sterne.

Bewertung vom 13.12.2018
Tödlich ist die Versuchung
Jacobsen, Gina

Tödlich ist die Versuchung


weniger gut

Tödlich ist die Versuchung, Thriller von Gina Jacobsen, E-book, 300 Seiten, erschienen im FeuerWerke-Verlag.
In diesem Erotik-Thriller zieht sich das Thema „Wie Männer ticken“ durch die Handlung.
Emanuela hat seit dem Tod ihres Bruders und dem Verschwinden ihrer Jugendliebe Rasmus ein Trauma. Dies will sie nun mit dem bekannten Beziehungstherapeuten Bernhard Rett aufarbeiten. Doch der Beziehungscoach schickt sie in gewagte sexuelle Abenteuer mit verschiedenen Männern. Als plötzlich einer nach dem anderen an einer mysteriösen Grippe stirbt, gerät auch Emanuela in Gefahr. Ist Rett, in den sie sich verliebt hat gefährlich, oder wird er sie retten?
Dieses Werk lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Zuerst einmal finde ich die Bezeichnung Thriller, auf dem Cover verwirrend. Es handelt sich hier eindeutig um einen Erotik-Thriller. Der Crime Anteil im Buch ist der Autorin gut gelungen. Spannender Plot, Cliffhanger und unvorhergesehene Wendungen besonders am Ende, haben mich gut unterhalten. Der Fall wurde plausibel und vollständig aufgelöst. Der auktoriale Erzählstil, besonders die Szenen aus der Sicht eines Stalkers erzeugten Spannung.
Dazwischen und besonders zum Anfang dachte ich schon, ich müsste das Buch abbrechen. Zu abrupte Szenenwechsel, der Leser erfährt stets nur Bruchstücke, zu viele für die Handlung unwichtige Charaktere, ließ mich nur schlecht in Lesefluss kommen. Der Plot enthält für mich weder schöne, noch romantische Sexszenen, zum Teil sogar gewalttätige. Ich kann einfach nicht akzeptieren, dass eine Frau bei einer "Vergewaltigung" und das war es für mich, plötzlich Spaß oder Erregung verspürt. Ich lese davon, bin entsetzt - und dann steht geschrieben „Emanuela begann langsam daran Gefallen zu finden“ das geht für mich gar nicht. Ganz schlimm finde ich auch, dass die Protagonistin bei ihren promiskuitiven Vergnügungstouren nie ein Kondom benutzt. Selten konnte ich das Verhalten der Protagonistin nachvollziehen, eine selbstbewusste Frau und Wissenschaftlerin, die sich von einem „Beziehungscoach“ peinliche Sex-Hausaufgaben geben lässt, und dann auch noch ihre Studenten mit Aufgaben dieser Art betraut, ist für mich nicht plausibel. Wirklich sympathisch fand ich keinen der handelnden Personen.
Ich fürchte die Autorin hat in ihrem Werk einfach zu viel gewollt, Erotik, Thrill, interessante Charaktere, psychologische Ansätze, es war einfach zu viel des Guten. Letztendlich ist sie keinem Teil befriedigend gerecht geworden. Von mir, auch wegen des wunderschönen Covers, 2 gutgemeinte Sterne von 5 möglichen.

Bewertung vom 06.12.2018
Schöne Bescherung!
Lahayne, Olaf

Schöne Bescherung!


sehr gut

Schöne Bescherung, Anthologie von Olaf Lahayne, 136 Seiten.
Ein handliches Buch mit sehr stabilem Einband, das sehr hochwertig wirkt. Am Anfang ist ein Inhaltsverzeichnis platziert, dadurch kann man seine Lieblingsgeschichte sehr leicht finden. Jede einzelne Geschichte ist mit einer zum Text passenden Überschrift versehen, hier hätte ich mir gewünscht, dass der Abstand zwischen Überschrift und Text etwas größer gewesen wäre, es macht leider einen etwas zusammengedrückten Eindruck.
Das Buch enthält 12 Erzählungen rund um das Thema Weihnachten. Krimi Mystische Erzählungen Historie und Satiren sind in der bunten Mischung enthalten. Eine Reise durch die Zeit, angefangen beim Geschehen in Bethlehem, in der Gegenwart bis in die Zukunft. Eine Winterreise vom Nordpol über Europa bis in die Judäische Wüste.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, ich wurde bestens unterhalten, es ist immer möglich gewesen auch zwischendurch, eine der Geschichten zu genießen, denn sie sind in einer übersichtlichen Länge gehalten. Zu jeder Zeit konnte ich der Handlung folgen, die Charaktere handelten nachvollziehbar und logisch. Die einzelnen Geschichten haben mich unterschiedlich angesprochen, am besten hat mir die Story „Kommet ihr Hirten“ gefallen, die mich noch einige Zeit nach der Lektüre beschäftigt hat. Lahayne hat es geschafft, weihnachtliche Erzählungen zu schreiben, die völlig ohne Kitsch auskommen.
Dieses Büchlein kann ich nur empfehlen, es ist für jeden Geschmack und für jeden Leser geeignet, der eine Geschichtensammlung abseits von Friede Freude Eierkuchen sucht. Sehr gut eignet sich der Band auch zum Vorlesen, da die einzelnen Erzählungen eine angemessene Länge aufweisen.

Bewertung vom 30.11.2018
Mein Haferhorde Weihnachtsbuch
Kolb, Suza

Mein Haferhorde Weihnachtsbuch


ausgezeichnet

Mein Haferhorde Weihnachtsbuch, Adventskalenderbuch von Suza Kolb, 67 Seiten, erschienen im Magellan-Verlag, empfohlenes Alter 8-10 Jahre
Was für ein bezauberndes, hübsch gestaltetes, lustiges Buch für die Vorweihnachtszeit und noch darüber hinaus. Allein die Bilder und Zeichnungen von Nina Dulleck, sind in tollen Farben gedruckt und wunderschön anzuschauen. Der Umschlag ist robust und das Format in einer handlichen Größe. Die Texte sind kindgerecht und auch für „Leseranfänger“ geeignet, wenn ein Erwachsener ein wenig Anleitung gibt. Am Ende des Buches sind die Auflösungen der Rätsel angegeben. Einige der Texte und auch Rätsel sind etwas schwieriger, da können die Eltern oder ein größeres Geschwister ein wenig mithelfen. Treffend geeignet um die lange Wartezeit bis Heiligabend kurzweiliger zu gestalten. Für jeden Tag im Dezember gibt es eine eigene Doppelseite, sowie für den 1. Und auch zweiten Weihnachtsfeiertag. Eine besondere Überraschung war, dass auch für Silvester noch eine eigene Doppel-Seite eingefügt war. Geschichten, Mitmach-Spiele, Rezepte, Rätsel, etwas zum Zeichnen, ankreuzen und Basteleien. Oder auch Animation zum Schreiben von Geschichten. Ein Buch welches sicher Eltern, wie auch Kindern Freude macht. Nebenbei erfahren die Kleinen auch wie in anderen Ländern Weihnachten gefeiert wird. Am liebsten hätte ich selbst in das Buch gemalt oder geschrieben und hätte es gerne behalten. Natürlich freue ich mich, dass ich es nun an meinen Neffen und die Nichte weitergeben kann. Ich bin sicher, dass ich den Beiden sehr viel Freude mit diesem Buch bescheren werde.
Gerne empfehle ich dieses Buch zum Verschenken, als Adventskalender. Eine passende Alternative zu den, mit Süßigkeiten gefüllten Adventskalendern, die oftmals phantasielos gestaltet sind. Eine Bereicherung für Kinder und Eltern in der Vorweihnachtszeit. Ich bin sicher, dass dieses Werk auch schon Leseanfängern bis zu den 10jährigen eine riesige Freude machen kann. Geeignet für Jungen wie auch Mädchen, die Tiere mögen. Ein tolles Buch wohlverdiente 5 Sterne - volle Punktzahl.