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Raumzeitreisender
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 739 Bewertungen
Bewertung vom 03.03.2018
Er ist wieder da
Vermes, Timur

Er ist wieder da


weniger gut

Eine moderne Eulenspiegelei

Im Kern handelt es sich bei diesem Roman um eine Parodie auf unsere Mediengesellschaft. Autor Timur Vermes instrumentalisiert Hitler, um der modernen Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Was Quote bringt ist gut. Und das gilt im doppelten Sinne sowohl für die fiktive Romanwelt als auch für die Realität. Durch die Selbstbezüglichkeit handelt es sich um eine moderne Eulenspiegelei.

Hitler wirkt, auch wenn er pausenlos rechtslastige Sprüche und Reden von sich gibt, verfremdet. Seine realen Eigenschaften werden parodistisch aufgearbeitet. Der Einstieg in die Geschichte ist gelungen, jedoch plätschert sie nach dem ersten Viertel ohne wirkliche Höhepunkte dahin und wirkt ein wenig farblos. Hitlers absurde Vorstellungen treffen auf unkritische Medien und ein konsumorientiertes Publikum. Es geht um moralische Grenzen der Medien und um Verführung. Sieben Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg ist „Er ist wieder da“ ein gewagter Versuch einer Polit-Comedy.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.03.2018
Gott schläft in Masuren
Kirst, Hans H

Gott schläft in Masuren


ausgezeichnet

Ein Meister der Erzählkunst

Hans Hellmut Kirst schreibt über seine ostpreußische Heimat und über den aufkeimenden Nationalsozialismus, den er in seiner Jugendzeit kennen gelernt hat. Handlungsort ist das masurische Dorf Maulen. In diesem von seinen Traditionen geprägten Dorf gibt es einen unaufgeklärten Todesfall, über den niemand sprechen will. Es handelt sich um den Raufbold und Säufer Materna. Gendarm Thiele wird nach Maulen versetzt, um den Todesfall aufzuklären und staatliche Ordnung in das Dorf zu bringen. In Maulen herrscht fast uneingeschränkt der Gutsbesitzer Leberecht und Ortsrecht steht über Landesrecht. Die Menschen sind es gewohnt, ihre Probleme selbst zu lösen.

Es ist ein Roman über sich entwickelnde Freundschaften, über Hass, Intrigen und Pflichtbewusstsein. Die Protagonisten verändern sich, abhängig von den äußeren Umständen. Zu diesen Umständen zählt der Nationalsozialismus. Je mehr die fest gefügte Ordnung ins Wanken gerät, umso mehr verändern sich die Menschen und die Beziehungen zwischen den Menschen. Kirst überzeugt mit der Darstellung der Charaktere und der gesellschaftlichen Veränderungsprozesse. Die Leser erhalten einen ungeschminkten Einblick in ein Dorfleben während der NS-Zeit. Über Ostpreußen liegt ein Schatten, der Unheilvolles ankündigt. Und nur wenige Menschen erkennen ihn.

Bewertung vom 26.02.2018
Im Anfang war der Wasserstoff
Ditfurth, Hoimar von

Im Anfang war der Wasserstoff


ausgezeichnet

Die Entwicklungsgeschichte des Universums vom Urknall bis zum Homo sapiens

Gibt es in unserer Welt Geist ohne Gehirn? Damit ist nicht „ein die Natur transzendierender ordnender Geist“ (15) gemeint, sondern eher die Beschreibung von in der Welt von Anfang an erkennbarer Eigenschaften wie „Lernfähigkeit, das Sammeln von Erfahrungen, Phantasie, tastendes Probieren, spontaner Einfall und ähnliche(r) Kategorien“. (15)

Die Reise beginnt vor ca. 13 Milliarden Jahren mit einer kosmischen Explosion und sie endet voraussichtlich nach ca. 80 Milliarden Jahren, wobei niemand weiß, ob das Ende nicht wieder einen Neuanfang nach sich zieht. Wir befinden uns aktuell in der Frühphase der Entwicklung des Universums. Wissenschaftsjournalist Hoimar von Ditfurth (HvD) zeichnet die Geschichte anhand wichtiger Entdeckungen nach, wozu auch der Nachweis der kosmischen Hintergrundstrahlung durch Penzias und Wilson im Jahr 1965 gehört. (19)

HvD erläutert Theorien zur Entstehung der Planeten. Die Indizien sprechen dafür, dass die Erde „auf kaltem Wege“ (68) durch die Konzentration interstellarer Staubmassen entstanden ist. Vulkanismus verursachte die Weltmeere sowie eine Atmosphäre aus gasförmigen Substanzen. Es gab mehrere Atmosphären und HvD beschreibt die besondere Rolle des Sauerstoffs bei der Entwicklung des Lebens. „Der Sauerstoff in der heutigen Atmosphäre machte eine Wiederholung dieser Phase der Evolution des Lebendigen [Ur-Zeugung] ein für allemal unmöglich.“ (75)

Wie ist das Leben auf der Erde entstanden? HvD stellt die Experimente von Stanley Miller vor, der in einem mit den chemischen Stoffen der Uratmosphäre gefüllten Glaskolben und unter Zuführung elektrischer Energie, Aminosäuren und damit Bausteine des Lebens entstehen ließ. (120) Er unterstreicht, dass es keine starre Grenze zwischen unbelebter und belebter Materie gibt. (136) Anhand von Untersuchungen am Enzym Cytochrom c wird nicht nur die Verwandtschaft aller biologischer Spezies belegt (172), sondern auch der Zeitpunkt der biologischen Trennung (175).

HvD spannt den Bogen von den Molekülen über die Einzeller bis hin zu den Mehrzellern. Mit den Mehrzellern tauchte die Sterblichkeit auf, denn Einzeller altern nicht und sterben nicht aus inneren Ursachen (262), zudem erfolgte eine Arbeitsteilung auf Zellebene (264), die sich als erfolgreiches Überlebensprinzip bewährte. Warum Lebewesen eines Tages den Sprung vom Wasser aufs Land unternommen haben, ist nicht bekannt, Fakt ist, dass das Land, zunächst als Kaltblüter, später als Warmblüter, erfolgreich als Lebensraum erschlossen wurde. Am (vorläufigen) Ende dieser Entwicklung steht der Mensch.

In der Anatomie und in den Funktionen des menschlichen Gehirns sind die Entwicklungsstufen der Evolution erkennbar. Die Evolution hat Spuren hinterlassen, wozu auch programmierte Verhaltensweisen (Instinkte) gehören, die beim Menschen durch die Vernunft (nicht immer erfolgreich) überlagert werden. Die Zusammenhänge hat HvD ausführlich in seinem Buch „Der Geist fiel nicht vom Himmel“ dargestellt. Welche Richtung die Evolution künftig einschlagen wird, ist nicht prognostizierbar. Insofern ist HvDs „galaktischer Überorganismus“ als Zukunftsvision zu verstehen.

HvD weicht schwierigen Fragen nicht aus und beschäftigt sich im Zuge seiner Ausführungen immer wieder mit Sinnfragen. So thematisiert er den Konflikt zwischen Theologie und Naturwissenschaft (134), relativiert den Zufall in der evolutiven Entwicklung (179), erläutert seine Vorstellungen von „Geist ohne Gehirn“ (238) und philosophiert über Tendenzen der Evolution (291). Natürlich hat sich die Naturwissenschaft, insbesondere die Mikrobiologie, weiterentwickelt. Das Buch ist wegen der verständlichen Gesamtschau dennoch lesenswert. HvD war auf unnachahmliche Weise in der Lage, isolierte Erkenntnisse der Spezialisten in einem interdisziplinären Gesamtzusammenhang darzustellen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.02.2018
Vom Schlechten des Guten oder Hekates Lösungen
Watzlawick, Paul

Vom Schlechten des Guten oder Hekates Lösungen


sehr gut

Die Versuchung der Gewissheit

„Nun also hatte er [Protagonist aus dem ersten Kapitel] sozusagen vom Baum der Erkenntnis gegessen, aber nur seine Unkenntnis erkannt.“ (14/15) Die Suche nach Gewissheit und Sicherheit führt in die Ungewissheit und Unsicherheit. Das Buch handelt von den Grenzen und Paradoxien unserer Erkenntnis- und Handlungsfähigkeit und ist damit sowohl hinsichtlich des Titels als auch hinsichtlich des Inhalts ein typischer Watzlawick.

In zwölf Kapiteln stellt Paul Watzlawick verschiedene Perspektiven auf diese Grundproblematik vor. In Anlehnung an Goethe treibt den Menschen „eine Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse schafft“. (42) In diesem Sinne müssen dem Leser bei der „Kettenreaktion des Guten“ (57) Zweifel aufkommen. Watzlawicks Ausführungen zur schönen digitalisierten Welt (71) klingen modern. „Was immer existiert, existiert in einer Quantität und kann daher gemessen werden.“ (77)

Das Buch besteht aus übersichtlichen Kapiteln, ist aber recht anspruchsvoll. In einem verständlichen Schreibstil wird unverständliches verkündet. Der Meister der Kommunikation und Paradoxie ist in seinem Element. Angereichert mit bewährter Ironie wird dem Leser zunächst der Boden unter den Füßen weggezogen, um ihn anschließend auf diesen zurückzuwerfen. Die „zeitlose Fülle des gegenwärtigen Augenblicks“ (128) ist dem Menschen nur selten vergönnt.

Bewertung vom 18.02.2018
Unser blauer Planet. Die Entwicklungsgeschichte der Erde.
Haber, Heinz

Unser blauer Planet. Die Entwicklungsgeschichte der Erde.


sehr gut

Die Entwicklung der Erde

Der Physiker und Astronom Heinz Haber wurde in den 1960er und 1970er Jahren bekannt durch seine naturwissenschaftlichen Fernsehsendungen und populärwissenschaftlichen Bücher. Sein Themenschwerpunkt lag in der Vermittlung von Grundlagen der Astronomie. Er verstand es, komplexe Zusammenhänge für ein breites Publikum verständlich aufzuarbeiten.

Das Buch gliedert sich in acht Kapitel. Die Palette reicht von der Entstehung der Erde, dem Ursprung der Atmosphäre, der Entwicklung des Klimas, der Entstehung des Lebens, bis hin zu Prognosen über die künftige Entwicklung des Planeten. Die Basis für das Buch bildet der Text einer Hörfunksendung zum gleichen Thema. Der Stoff wurde danach für eine gleichnamige Fernsehserie verarbeitet.

Das Buch ist von 1965 und entspricht inhaltlich nicht mehr dem Stand der Wissenschaft. Insbesondere gilt das für die Expansionstheorie zur Erklärung der Kontinentaldrift (Kapitel 3). Diese Theorie wird heute nicht mehr vertreten, stattdessen gelten Konvektionsströme im Erdmantel als Erklärung. Auch weiß man heute durch die Raumfahrt mehr über die Struktur und den Aufbau der Nachbarplaneten.

Insofern eignet sich das Buch aus heutiger nicht dazu, sich über den aktuellen Stand der Wissenschaft zu informieren. Es ist eher eine historische Betrachtung, die den Zeitgeist der 1960er Jahre widerspiegelt. Beispielhaft bleiben Aufbau und Struktur des Buches. „Unser blauer Planet“ dient als Blaupause für die Konzeption populärwissenschaftlicher Bücher.

Bewertung vom 17.02.2018
Das Prinzip Selbstverantwortung
Sprenger, Reinhard K.

Das Prinzip Selbstverantwortung


ausgezeichnet

Aufforderung zum Perspektivwechsel

In seinem Klassiker "Mythos Motivation" ("Alle Motivierung zerstört die Motivation") [1] demaskiert Reinhard K. Sprenger Beeinflussungstechniken und verändert damit die Sicht auf die Arbeitswelt. In "Das Prinzip Selbstverantwortung" beschreibt er die Grundlagen dieser Sicht und setzt auf Eigeninitiative und Selbstverantwortung ("Macht hat, wer macht." (16)).

Das Buch gliedert sich in drei Teile. Zu Beginn benennt Sprenger Missstände in Unternehmen. Dazu zählen Unzuständigkeiten, Entlastungsversuche und archaische Führungsstrukturen. Sein Gegenentwurf besteht darin, selbst in die Verantwortung zu gehen. Das impliziert ein freiwilliges, engagiertes und kreatives Handeln. Wie ist das zu erreichen?

Sprenger definiert im ersten Hauptteil die philosophische Basis für das „Prinzip Selbstverantwortung“, welche stark vom Konstruktivismus geprägt ist. Wir haben uns freiwillig für die Situation entschieden, in der wir uns heute befinden. Das zu erkennen erfordert einen Perspektivwechsel. Infolgedessen können wir uns auch freiwillig für das engagieren, was wir wollen.

Der Konstruktivismus erhebt die Subjektivität aller Erfahrung und allen Wissens zum Leitsatz. Im Sinne des Konstruktivismus gibt es keine Objektivität und keine Wahrheit. Der Absolutismus wird ersetzt durch einen Relativismus. Der Mensch ist verantwortlich für seine eigene Wirklichkeit. Subjektivität und Nützlichkeit sind zielführender als Objektivität und Wahrheit.

Im zweiten Hauptteil thematisiert Sprenger, wie dieser Perspektivwechsel erreicht werden kann. Wer schon einmal in seinem eigenen Umfeld Thesen aus diesem Buch diskutiert hat, weiß, wie schwierig das ist. Zu den Thesen zählen „Führung ist Beziehung“ (162), „Selbstverantwortung ist eine Einstellung“ (171), „Wer ein Problem hat, hat auch immer eine Lösung“ (178), um nur Beispiele zu benennen.

Sprenger rüttelt auf, stellt infrage und provoziert. Das Buch ist ausgesprochen anregend und enthält nützliche Thesen, die weit über das Berufsleben hinausgehen, wie Sprenger selbst in seinem späteren Buch „Die Entscheidung liegt bei Dir!“ [2] deutlich macht. Ob Menschen zur Selbstverantwortung fähig sind, ist umstritten. Letztlich ist Selbstverantwortung Voraussetzung für Freiheit.

[1] Reinhard K. Sprenger: Mythos Motivation, Seite 69
[2] Reinhard K. Sprenger: Die Entscheidung liegt bei Dir!

Bewertung vom 11.02.2018
Innenansichten eines Artgenossen
Ditfurth, Hoimar von

Innenansichten eines Artgenossen


ausgezeichnet

Hoimar von Ditfurth (HvD), bekannter Wissenschaftspublizist und Moderator naturwissenschaftlicher Sendungen, legt hier seine persönliche Bilanz vor. Die Geschichte seines Lebens beginnt am 15. Oktober 1921 in Charlottenburg als "Ankunft aus dem Nichts". (8) Bei diesem Buch handelt es sich nicht um eine herunter geschriebene Chronologie wichtiger Ereignisse seines Werdegangs, sondern um eine selbstkritische Autobiografie.

Sein Bezug zur Evolutionstheorie und ihrer philosophischen Bedeutung wird bereits im ersten Kapitel erkennbar, wenn er deutlich macht, dass geistige Freiheit durch das biologische Fundament begrenzt wird. Dabei handele es sich nicht um Biologismus, sondern um die angemessene Berücksichtigung des Einflusses hierarchisch angeordneter Seinsebenen. Damit beugt HvD einer ideologischen Blickverengung vor.

Aufgewachsen in einer preußischen Offiziersfamilie, kommt für ihn nur ein geisteswissenschaftliches Gymnasium infrage. Dennoch findet er bereits in jungen Jahren Zugang zu den Naturwissenschaften. Auslöser sind ein altes Mikroskop, gefunden auf dem elterlichen Dachboden, und eine im gleichen Haus wohnenden Biologielehrerin, die sich Zeit nimmt für den jungen Hoimar. (63)

HvD beschreibt seine Jugend während des Nationalsozialismus. Dabei ist er ehrlich mit sich selbst, wenn es um das Schicksal seines begabten Klassenkameraden Wilhelm Stumpf geht (133) oder um den fehlenden Mut, sich dem aufkeimenden Rassismus entgegenzustellen. Er erläutert, wie es die Nazis geschafft haben, archaische Instinkte ihrer Mitmenschen zu wecken und die sie überlagernde Vernunft auszuschalten.

Astronomische Phänomene beschäftigen HvD schon in jungen Jahren und prägen auch seine schriftstellerische Arbeit. Wie klein der Schritt von der Astronomie zur Psychiatrie (sein Studienfach) ist, beschreibt HvD ausführlich. Er mündet in der Erkenntnis, dass wir nicht in der Welt leben, sondern in dem Bild, welches wir uns von der Welt machen. (246) Hier fließen Naturwissenschaft, Erkenntnistheorie und Psychiatrie zusammen.

HvDs Weg führt von der Würzburger Universitätsklinik über den Mannheimer Pharmakonzern Boehringer, wo er seine Liebe zum Schreiben entdeckt, hin in die freie Schriftstellerei. Dafür gibt er einen Managerposten in der Industrie auf. Seine populärwissenschaftlichen Bücher und Fernsehsendungen rechtfertigen diesen radikalen Schnitt.

Das Buch wäre unvollständig, wenn HvD nicht auch zur Ökologie Stellung beziehen würde. Das Verhalten der Menschheit gleiche einem "Tanz auf dem Vulkan". (390) Die Ignoranz der Politiker vergleicht HvD mit dem Kapitän der "Titanic", der nach dem Zusammenstoß mit dem Eisberg die Passagiere beruhigt und die Gefahr leugnet. (393)

HvD ist ein gläubiger Mensch, jedoch steht sein Glaube in Opposition zur Lehre der christlichen Kirche. Wenngleich die in der Bergpredigt propagierte Feindesliebe an die "Grenzen des Menschenmöglichen" (432) stößt, sei sie für das Überleben der Menschheit unabdingbar. Die Menschheit stehe nicht am Ende der kosmischen Evolution. Sie sei aber Teil dieser für menschliche Verhältnisse unvorstellbaren Entwicklung.

Bewertung vom 30.01.2018
Dimensionen des Lebens. Reportagen aus der Naturwissenschaft
Ditfurth, Hoimar von und Volker Arzt

Dimensionen des Lebens. Reportagen aus der Naturwissenschaft


ausgezeichnet

Reportagen aus der Naturwissenschaft

In „Dimensionen des Lebens“ fasst Volker Arzt die Ergebnisse der ZDF-Reihe Querschnitt aus den 1970er Jahren auf Basis der Manuskripte und des Bildmaterials von Hoimar von Ditfurth, der die Sendungen seinerzeit vorbereitet und moderiert hat, zusammen. Die Sendungen dienten der naturwissenschaftlichen Aufklärung und waren sehr erfolgreich. Von Ditfurth wurde durch die Fernsehreihe und seine populärwissenschaftlichen Bücher einem breiten Publikum bekannt.

Die Themen sind vielfältig und überwiegend zeitlos. Über außerirdisches Leben wissen wir heute nicht mehr als wie vor vierzig Jahren. Entsprechendes gilt für Reisen in den Kosmos bzw. für Zeitreisen. Dennoch haben wir aktuell z.B. über den Mars aufgrund von Sonden genauere Kenntnisse als in den 1970er Jahren. Dagegen verfügen wir auch heute nicht über Raketenantriebe, die der Menschheit interstellare Reisen ermöglichen würden. Die Dimensionen des Raumes sind unüberwindbar.

Die Autoren erläutern den Werdegang einer Sonne, beschreiben die Eiszeit, erläutern den Einfallsreichtum der Pflanzen und versetzen die Leser beim Thema Mimikry in Staunen. Auf der anderen Seite gibt es DDT in der westlichen Welt nicht mehr und der einstige Großrechner ILLIAC IV spielt nur noch in den Annalen der Computertechnik eine Rolle. Über die Hirnforschung wissen wir heute mehr als vor vierzig Jahren, dennoch könnten wir keinen Schaltplan des Gehirns konstruieren.

Die Autoren beschäftigen sich mit den Sinnesorganen und dem Gehirn und machen an Beispielen deutlich, warum wir anfällig sind für optische Täuschungen. Sie thematisieren die brisante Frage, inwieweit Begabungsunterschiede anerzogen oder ererbt sind. Das Gehirn oder genauer gesagt das Bewusstsein bleibt trotz großer Fortschritte bei den physiko-chemischen Analysen rätselhaft. Die Frage des letzten Kapitels „Was ist Leben?“ hat schon den Physiker Erwin Schrödinger in seinem gleichnamigen Klassiker fasziniert.

Das Buch ist übersichtlich gestaltet, enthält anschauliche Bilder und am Ende der Kapitel jeweils Zusammenfassungen. Trotz des Alters sind die Beiträge lesenswert. Eine Rückschau spiegelt auch immer den jeweiligen Zeitgeist wieder. Das Buch bietet einen guten Einstieg in die Themen, sollte aber nicht die einzige Informationsquelle bleiben. Die Ausführungen entsprechen zwar nicht dem aktuellen Stand der naturwissenschaftlichen Forschung, dennoch werden sie durch Zeitablauf nicht unrichtig.

Bewertung vom 27.01.2018
Origin / Robert Langdon Bd.5
Brown, Dan

Origin / Robert Langdon Bd.5


sehr gut

Das Alpha und das Omega

Dan Brown behandelt in Origin, wie schon der Titel andeutet, elementare Fragen der Menschheit, dazu zählen die Fragen nach deren Ursprung (Woher kommen wir?) und deren Ziel (Wohin gehen wir?). Die Antworten rütteln am Selbstverständnis des Menschseins und versetzen die Vertreter der Religionen in Aufruhr. Im Kern geht es um das Spannungsfeld Naturwissenschaft versus Religion.

Origin ist nicht der typische Thriller mit pausenlosen Verfolgungsjagden und permanenter Lebensgefahr. Dafür ist Origin philosophischer als seine Vorgänger. Es entsteht der Eindruck, dass der Autor selbst einen Reifungsprozess durchgemacht hat und sich auf den Kern des Menschseins fokussiert. Wie im Roman fiktiv dargestellt, würden sich auch in der realen Welt viele Millionen Menschen von den Antworten fesseln lassen.

Robert Langdon, bekannter Professor für Symbologie, wirkt, wie auch schon in früheren Romanen, ein wenig farblos. Charakterstudien gehören nicht zu den Stärken von Autor Brown. Diese Schwäche wird durch Ausflüge in Wissenschaft, Religion und Kunstgeschichte ausgeglichen. Origin ist mehr als ein Thriller. Ausführliche Beschreibungen der Schauplätze und Hintergründe gehören bei Brown einfach dazu.

Das spanische Königshaus erscheint absurd und unglaubwürdig. Was ist Thronfolger Julián für ein Mensch? Gut das es da die vielen Sicherheitskräfte gibt, die echt wirken und durch den Autor in den Vordergrund gerückt wurden. Mein Highlight in Origin ist aber Edmond Kirschs Vertreter der Künstlichen Intelligenz Winston. Er wirkt beruhigend, ist humorvoll, ja er hat menschliche Züge. Sein Einsatz lässt manchen Protagonisten verblassen.

Es geht in Origin weniger darum Codes unter Zeitdruck und Lebensgefahr zu knacken, obwohl auch das notwendig wird, sondern der Spannungsbogen wird durch die Erwartung auf die Antworten auf die Urfragen der Menschheit aufrecht erhalten. Und das Besondere besteht darin, dass diese Antworten nicht nur theoretisch reflektiert werden, sondern der Roman als ein Ausblick auf diese Antworten verstanden werden kann.