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Readaholic

Bewertungen

Insgesamt 357 Bewertungen
Bewertung vom 09.08.2018
Das rote Adressbuch
Lundberg, Sofia

Das rote Adressbuch


ausgezeichnet

Liebe - ein Leben lang
Die 96jährige Doris ist geistig noch voll auf der Höhe, doch aufgrund ihrer körperlichen Gebrechen ans Haus gefesselt. Sie lebt ein sehr einsames Leben, hat nur Kontakt zu ihren Pflegerinnen und der einzigen lebenden Verwandten, der Großnichte Jenny, die mit ihrer Familie in den USA lebt. Mit ihr skypt sie einmal pro Woche. Nach diesen Gesprächen, in denen sie Einblick in das laute, lebhafte Familienleben von Jenny erhält, ist ihr die Stille in ihren eigenen vier Wänden noch mehr bewusst.
In ihrer Kindheit bekam Doris von ihrem Vater ein rotes Adressbuch geschenkt, das sie wie einen Schatz ihr ganzes Leben aufbewahrt hat. Die darin enthaltenen Namen sind fast alle durchgestrichen mit dem Vermerk „tot“. Sie beschließt, ihr Leben und ihre Verbindung zu diesen Menschen für Jenny aufzuschreiben. Der Leser erfährt von ihrem harten und abenteuerlichen Leben, das sie von ihrer Heimat Stockholm nach Frankreich, Amerika, England und wieder zurück nach Schweden führt.
Dabei wechselt die Perspektive von Doris als junger Frau zurück zu der gebrechlichen Doris der Jetztzeit, die eigentlich nur noch auf den Tod wartet. Doris’ Lebensgeschichte ist spannend und geprägt von der Begegnung mit Allan, der Liebe ihres Lebens, den sie in den Wirren des zweiten Weltkriegs aus den Augen verloren, doch nie vergessen hat.
„Das rote Adressbuch“ ist ein melancholischer und sehr berührender Roman, dessen Ende für meine Begriffe zwar ein bisschen dick aufgetragen ist, was dem Lesegenuss aber keinen Abbruch tut. Ich habe ihn jedenfalls verschlungen.

Bewertung vom 26.07.2018
Nichts ist verziehen
Schulman, Ninni

Nichts ist verziehen


weniger gut

Enttäuschend
Ein Klassentreffen nach 30 Jahren und alle kommen. Die Starken, die die anderen schikanierten, deren Opfer und alle anderen. Wie damals bei ihrem Abschlussfest findet das Treffen in der Hütte ihres ehemaligen Lehrers Sune statt. Sogar eine Gespensterwanderung wie damals ist vorgesehen.
Zu vorgerückter Stunde, als sie zu der Wanderung aufbrechen, sind alle schon ziemlich betrunken. Dann wird eine übel zugerichtete Leiche gefunden. Es handelt sich um Jack, einen der Anführer aus der Schulzeit, der mittlerweile eine bescheidene Karriere als Teilnehmer in einer Realityshow gemacht und von dem Plan gesprochen hat, demnächst seine Memoiren zu veröffentlichen. Wer hat ihn genug gehasst, um ihn zu ermorden? War das geplante Buch der Grund, weshalb er sterben musste? Der Kreis der Verdächtigen ist groß, da Jack keine sehr nette Person war. Doch dann geschehen weitere Todesfälle...
Die Idee des Buchs fand ich spannend, doch die Umsetzung war für meine Begriffe nicht sehr gelungen. Der Anfang des Buchs liest sich wie ein Telefonbuch, unzählige Namen, die es auseinanderzuhalten gilt. Neben den Ermittlungen zu den Mordfällen gibt es jede Menge Nebenschauplätze: untreue Ehepartner, Eifersucht, unerfüllter Kinderwunsch, Alkoholprobleme und damit einhergehende Gedächtnislücken, um nur ein paar zu nennen. Die Autorin streut jede Menge falsche Spuren, was in einem Krimi ja nichts Ungewöhnliches ist, doch manche davon sind wirklich absurd.
Was mir das Lesen dieses Krimis zusätzlich erschwert hat, ist, dass immer wieder ohne irgendwelche Erklärungen auf Personen und alte Geschehnisse Bezug genommen wird, was ziemlich nervt, wenn man, wie ich, die Vorgängerbände nicht kennt.
Für mich war dieses Buch ziemlich mühsam zu lesen, auf keinen Fall der spannende Krimi, den ich erwartet hatte.

Bewertung vom 19.07.2018
Kampfsterne
Hennig von Lange, Alexa

Kampfsterne


ausgezeichnet

Die Idylle trügt
Das Buch handelt vor allem von zwei Familien, die in den 1980er Jahren in einer Vorortsiedlung in ihren kleinen, schön eingerichteten Häusern mit hübschen Gärten irgendwo in Deutschland leben. Allen geht es materiell gut, die Männer arbeiten, die Frauen sind zuhause und widmen sich ihren Kindern und Hobbies. Nach außen die absolute Idylle, doch wenn man hinter die Kulissen blickt, sieht es ganz anders aus.
Jedes Kapitel wird von einem anderen Familienmitglied erzählt, oft werden dieselben Szenen aus unterschiedlichen Perspektiven geschildert. Rita, eine durch und durch verbitterte und berechnende Frau vergleicht sich und ihr Leben ständig mit anderen. Sie hat einen erfolgreichen Mann (zu schwach, kein Rückgrat, langweilig in seinen Cordanzügen) und zwei Kinder. Das Mädchen ist nicht so hübsch wie die Nachbarstochter Lexchen, weshalb Rita Lexchen regelrecht hasst. Der Sohn ist in sich gekehrt und Rita weiß nichts mit ihm anzufangen. Mutterliebe scheint Rita fremd. Ganz anders Ulla, die mit ihren beiden Töchtern Lexchen und Cotsch ein beinahe symbiotisches Verhältnis hat. Ihr Mann Rainer neigt dazu auszurasten und schlägt sie sogar vor den Töchtern. Da sie um nichts in der Welt so schwach und unterwürfig wie ihre Mutter sein möchte, schläft sich Cotsch durch die Reihen ihrer Verehrer, nur um sie danach schnellstmöglich wieder loszuwerden. Lexchen wiederum ist der reinste Sonnenschein, ein immer gutgelauntes kleines Mädchen, das mit seinen acht Jahren noch aussieht wie fünf.
Die Interaktion zwischen all diesen Menschen ist äußerst spannend. Im Laufe des Romans entdeckt man neue Seiten an ihnen, sie entwickeln sich weiter, oft in eine andere ganz Richtung als gedacht. Für mich ein Lesehighlight dieses Sommers!

Bewertung vom 17.07.2018
Der Kreidemann
Tudor, C. J.

Der Kreidemann


sehr gut

Kreidezeichen
Im Alter von 12 Jahren erlebt Eddie einen Albtraum. Auf dem Jahrmarkt erlebt er hautnah einen schrecklichen Unfall mit, bei dem ein junges Mädchen verstümmelt wird. Zusammen mit Mr. Halloran, der, wie sich herausstellt, im nächsten Schuljahr an seiner Schule unterrichten wird, leistet Eddie erste Hilfe.
Mr. Halloran erzählt ihm von Kreidezeichen, die er mit seinen Freunden in der Kindheit als Kommunikationsmittel verwendete. Eddie gefällt die Idee und er beginnt, mit seinen Freunden ebenfalls auf diese Weise zu kommunizieren. Eines Tages tauchen Kreidezeichen auf, die die Jungen direkt in den Wald zu einer Leiche führen...
Schnell gerät Mr. Halloran als Verdächtiger ins Visier der Leute, doch Eddie weiß etwas, was die anderen nicht wissen, nur traut er sich nicht, darüber zu reden.
30 Jahre später, Eddie lebt inzwischen mit einer Untermieterin immer noch im Haus seiner Kindheit, tauchen wieder mysteriöse Kreidezeichen auf...
Die Sunday Times lobte diesen Debütroman über den grünen Klee („Wenn Sie dieses Jahr nur ein Buch lesen – lesen Sie dieses!“), dieser Lobeshymne kann ich mich nicht ganz anschließen. Die Story liest sich flüssig und ist trotz einiger Längen spannend und auch durchaus humorvoll. Was ich nicht so mag, ist, wenn sich im Nachhinein vieles anders herausstellt, als es ursprünglich dargestellt wurde. Das Ende ist allerdings richtig gut gelungen. Auf jeden Fall ein unterhaltsamer Roman!

Bewertung vom 16.07.2018
Ans Meer
Freund, René

Ans Meer


gut

Carla will Meer
Anton wollte schon als Kind Busfahrer werden und hat sich diesen Traum erfüllt. Nur dass ihm sein Beruf inzwischen nicht mehr wie ein Traumberuf vorkommt. Tagein, tagaus, fährt er dieselbe Route mit denselben Leuten. Immerhin hat er den Schülern beigebracht zu grüßen.
Doch eines Tages äußert die krebskranke Carla den Wunsch, noch einmal nach Italien ans Meer zu fahren, an den Ort ihrer Kindheit. Anton, der gerade Liebeskummer hat, weil er auf dem Balkon seiner Nachbarin Doris, in die er verliebt ist, ein Männerhusten gehört hat, und darüber hinaus davon ausgeht, dass er sowieso bald gekündigt wird, beschließt kurzerhand, über seinen eigenen Schatten zu springen und mit dem Linienbus nach Italien zu fahren. An Bord alle Passagiere, die Lust haben mitzukommen.
Dabei ist unter anderem auch die senile Frau Prenosil, die sich während der Fahrt einnässt und beim ersten Halt auf einer Raststätte beschließt, auf der Autobahn spazieren zu gehen. Lustig? Na ja.
Der Vater von zwei Kindern, die ebenfalls mit von der Partie sind, ortet das Handy der Kinder und schaltet die Polizei ein, die prompt mit einem Großeinsatz Jagd auf den Bus macht. Doch Anton und seine Passagiere schaffen es mit Hilfe von Doris, die – den modernen Ortungsdiensten sei Dank – inzwischen auch zu der Gruppe gestoßen ist, Carlas letzten Wunsch zu erfüllen und das Meer zu erreichen.
Die Geschichte dieses 140 Seiten langen Märchens für Erwachsene hört sich ganz amüsant an, doch leider hält sie nicht, was sie verspricht. Ich zumindest bin von der Lektüre enttäuscht. Das Buch ist nicht schlecht, aber die Idee nicht wirklich neu: ein Roadtrip, bei dem nicht nur Anton, der Busfahrer, über sich hinauswächst und sich verändert, sondern auch seine Passagiere ein Gefühl des Miteinanders entwickeln. Ich hätte mir allerdings ein bisschen mehr Tiefgang gewünscht.

Bewertung vom 09.07.2018
Helle Tage, helle Nächte
Baier, Hiltrud

Helle Tage, helle Nächte


sehr gut

Reinen Tisch machen
Die über 70jährige Anna, die nach ihrer Pensionierung an den beschaulichen Ort ihrer Kindheit auf der schwäbischen Alb zurückgezogen ist, erfährt, dass sie Krebs hat. Da sie die Behandlungen schlecht verträgt, beschließt sie, diese abzubrechen und sich in das Unvermeidliche zu fügen. Doch vor ihrem Tod will sie noch reinen Tisch machen. Viel zu lange trägt sie schon ein Geheimnis mit sich herum. Deshalb tritt sie mit einer ungewöhnlichen Bitte an ihre Nicht Frederike heran: Diese soll einen Brief nach Lappland bringen und ihn dort persönlich einem gewissen Petter übergeben.
Frederike, die sich nach der Scheidung von ihrem Mann erst einmal eine Auszeit genommen hat, findet die Bitte im Zeitalter moderner Kommunikation zwar seltsam, da sie aber merkt, wie wichtig es ihrer Tante ist, sagt sie schließlich zu.
Frederike hat keine Ahnung, wer Petter ist, und Anna will sich nicht näher dazu äußern. Schon auf der Fahrt in den Norden wundert sich Frederike darüber, wie gut sie Schwedisch versteht. Erinnerungen an einen Sommer während ihrer Kindheit steigen in ihr hoch.
In Lappland angekommen, überreicht sie den Brief in der Absicht, sich so schnell wie möglich wieder auf die Heimreise zu machen. Am nächsten Morgen ist Petter ohne Erklärung verschwunden und Frederike sitzt mitten in der Einsamkeit Lapplands fest. Schlechtes Wetter und unpassende Ausrüstung machen die erste Zeit zur Herausforderung, doch dann beginnt Frederike immer mehr, sich mit der Situation abzufinden und die wunderschöne Gegend zu erkunden und zu genießen. Ohne Ablenkungen der modernen Zivilisation beginnt sie, sich mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Als Petter schließlich zurückkommt, ist sie eine andere als zuvor.
Hiltrud Baier, die selbst aus Süddeutschland stammt und in Lappland verheiratet ist, hat mit „Helle Tage, helle Nächte“ einen sehr schönen, entschleunigten Roman geschrieben, in dem sie dem Leser die Stille und menschenleere Schönheit Lapplands nahebringt. Auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und die Frage „Was zählt im Leben?“ sind wichtige Themen. Ein berührender Roman, der mir gut gefallen hat.

Bewertung vom 04.07.2018
Miss Gladys und ihr Astronaut
Barnett, David M.

Miss Gladys und ihr Astronaut


ausgezeichnet

Galaktisch guter Roman
Zuerst hat mich der Titel des Buchs ein wenig abgeschreckt, und auch das Coverbild: ein kleiner Astronaut in einer großen Teetasse. Es ist zwar ein echter Hingucker, aber beides kam mir ein wenig albern vor. Doch dann fing ich an zu lesen und war sofort begeistert.
Tom Major ist ein alter Griesgram, der sich nur deshalb ins All schießen lässt, weil er niemanden auf der Welt hat. Von seiner Familie lebt keiner mehr, und als sich seine Frau von ihm scheiden lassen will, ist das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die Medien sind begeistert, dass sich am Todestag von David Bowie ein „Major Tom“ für die Marsmission meldet.
Durch Zufall lernt Major am (Satelliten-)Telefon die alte Dame Miss Gladys kennen, die Alzheimer hat. Als sie ihren Enkelkindern James und Ellie von dem Telefonat mit dem Astronauten erzählt, glauben diese ihr natürlich nicht. Nach und nach lernt man die Lebensgeschichten von Tom und Miss Gladys und ihrer Familie kennen. Obwohl vieles tragisch ist, was sie erlebt haben, ist die Geschichte auch teilweise urkomisch und herzerwärmend.
Durch die Bekanntschaft mit Miss Gladys und ihren Enkeln entwickelt Tom Major plötzlich Empathie mit anderen Menschen, ein Gefühl, das ihm, zumindest in den letzten Jahren, fremd war. Er wächst über sich selbst hinaus, wagt sich sogar an die Reparatur einer Satellitenschüssel, für die ein Weltraumspaziergang erforderlich ist. Nicht, weil sein Arbeitgeber, die britische Space Agency, nur so mit ihm in Kontakt bleiben kann, sondern weil Miss Gladys’ Enkel James dringend seine Hilfe benötigt...
Ein Buch, das mich ein wenig an "Ein Mann namens Ove" erinnert und mir von der ersten bis zur letzten Seite großen Spaß gemacht hat.

Bewertung vom 25.06.2018
Das Haus der Mädchen / Kerner und Oswald Bd.1
Winkelmann, Andreas

Das Haus der Mädchen / Kerner und Oswald Bd.1


ausgezeichnet

Mörderisches Hamburg
An ihrem ersten Abend in Hamburg lernt Leni ihre Zimmernachbarin Vivien kennen, die wie sie ein Zimmer über die Internetplattform BedtoBed.com gemietet hat. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein, Leni, ein schüchternes Mädchen aus der Kleinstadt, und die aufgetakelte Vivien, deren Ziel es ist, sich in Hamburg einen reichen Mann zu angeln. Trotzdem freunden sie sich an. Als Vivien plötzlich verschwindet, schrillen bei Leni alle Alarmglocken, da sie für den Abend mit Vivien verabredet war.
Sie geht zur Polizei, wo sie zunächst nicht ernst genommen wird, doch dann stellt sich heraus, dass Vivien nicht die erste junge Frau auf Besuch in Hamburg ist, die spurlos verschwindet.
Ein Obdachloser war Zeuge eines Mordes, die Polizei glaubt, dass es einen Zusammenhang zwischen den vermissten Mädchen und diesem Mordfall gibt. Obwohl der Mann im Visier des Mörders ist, beteiligt er sich an der Suche nach Vivien, nachdem er Leni kennengelernt hat. Hat der Chef des Verlags, in dem Leni ein Praktikum macht, etwas mit der Sache zu tun? Immerhin besitzt er einen weißen Kastenwagen wie ihn der Mörder gefahren ist. Oder der wohlhabende Hausbootbesitzer ten Damme, mit dem Vivien sich am Abend vor ihrem Verschwinden getroffen hatte?
Das Haus der Mädchen ist ein spannender und richtig gut konstruierter Krimi, der bis zum Schluss für Überraschungen sorgt. Nichts frustriert mich mehr als ein Krimi, dessen Ende so absurd und unglaubwürdig ist, dass es mir das gesamte Buch vergällt. Dies ist hier ganz und gar nicht der Fall. Für mich war das der erste Krimi von Andreas Winkelmann, aber sicher nicht der letzte.

Bewertung vom 17.06.2018
Hoffnung und Schicksal / Die Charité Bd.1
Schweikert, Ulrike

Hoffnung und Schicksal / Die Charité Bd.1


ausgezeichnet

Geschichte aus einer Zeit, als ein entzündeter Blinddarm einem Todesurteil gleichkam

Elisabeth, eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen, beschließt, in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts als Wärterin (wie Pflegerinnen damals hießen) an der Berliner Charité anzufangen. Der Lohn ist karg, doch sie hat freie Kost und Logis.
Gleich an ihrem ersten Arbeitstag lernt Elisabeth die Grauen der einzelnen Abteilungen kennen: die Abteilung für Syphilis- und Krätzekranke, die Gebärstation, die Salivationsstube... Alle haben sie gemeinsam, dass die hygienischen Zustände haarsträubend sind. Die Behandlungsmethoden grenzen zum Teil an Folter. So wird eine geisteskranke Frau mit Krätze infiziert, um auf diese Weise ihren Geist wiederzuerwecken.
Die Kenntnisse über die Verbreitung von Krankheiten sind zu dieser Zeit sehr rudimentär. Als die Cholera ausbricht, wird deren Ursprung in sogenannten Miasmen gesucht, üblen Dämpfen, die aus dem Fluss aufsteigen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Wärtern, für die ihre Arbeit eine ungeliebte Pflicht ist, der sie oft genug nur sehr nachlässig nachkommen, kümmert sich Elisabeth aufopferungsvoll um ihre Patienten und erwirbt sich bald einen Ruf, einen beruhigenden Einfluss auf die Patienten auszuüben. Auch Dr. Dieffenbach und seinem Subchirurgen Heydecker fällt Elisabeth positiv auf, obwohl sie sich nicht scheut, den Ärzten zu widersprechen, wenn sie deren Behandlungsmethoden nicht gutheißt. Heydecker fühlt sich immer mehr zu der jungen Frau hingezogen, und auch Elisabeth empfindet etwas für den jungen Arzt. Doch dann muss Heydecker als Militärarzt zur Armee und verlässt die Charité. Daraufhin trifft Elisabeth eine folgenschwere Entscheidung.
Das Buch ist interessant und flüssig geschrieben, wenngleich manches für mich sprachlich hart an der Grenze zum Kitsch ist. Doch die interessanten Charaktere und die beschriebenen Entwicklungen in der Medizin machen dieses kleine Manko wett. Besonders interessant finde ich, dass einige der Personen historisch belegt sind und sich die beschriebenen Ereignisse tatsächlich zugetragen haben. Auf jeden Fall ist das Buch gut recherchiert und obwohl das eine oder andere vorhersehbar ist, sehr spannend zu lesen. Historische Romane sind sonst nicht mein bevorzugtes Genre, doch dieses Buch hat mich wirklich gefesselt.

Bewertung vom 07.06.2018
Alles Begehren
Jones, Ruth

Alles Begehren


gut

Wie man schnell und effektiv seine Ehe zerstört
Der verheiratete Lehrer Callum lernt in der Bar seines Bruders die sehr viel jüngere Kate kennen. Die beiden haben eine heiße Affäre bis Belinda, Callums Frau, ihnen auf die Schliche kommt. Vor die Wahl zwischen Kate und Belinda gestellt, entscheidet sich Callum für seine Frau, die sich allerdings nicht sicher ist, ob sie ihm verzeihen kann. Was er zu dem Zeitpunkt nicht weiß, ist, dass Kate von ihm schwanger ist.

17 Jahre später, Kate ist inzwischen eine erfolgreiche Schauspielerin, treffen sich Callum und Kate durch Zufall wieder und ihre Anziehung zueinander ist ungebrochen. Anstatt dem Schicksal dankbar zu sein, dass Belinda ihm nach dem ersten Mal eine zweite Chance gab, setzt Callum erneut alles aufs Spiel und die beiden treffen sich wieder heimlich. Kate ist inzwischen ebenfalls verheiratet und hat eine kleine Tochter. Ihr Ehemann Matt tut alles für sie, doch Kate behandelt ihn nicht sonderlich gut, auch schon vor dem Wiedersehen mit Callum, in dem sie den Mann ihres Lebens sieht. Dieses Mal ist es Matt, der die beiden in flagranti erwischt.

Alles Begehren ist ein Buch über irrationales, alles verzehrendes Begehren, ohne Rücksicht auf Konsequenzen. Kate ist eine sehr rücksichtslose, egoistische Person, die glaubt, sie habe ein Anrecht auf Callum. Dass sie eine bislang glückliche intakte Ehe zerstört und den Kindern ihren Vater wegnimmt, stört sie nicht.
Callum wiederum ist schwach und extrem geschmeichelt, dass eine junge, schöne und erfolgreiche Frau sich für ihn interessiert. Was er für diesen Kick opfert, wird ihm erst bewusst, als es zu spät ist.

Im Verlauf des Buchs wurden mir Kate und Callum zunehmend unsympathisch, ihre Ehepartner hingegen immer sympathischer. Ein Buch, das mich teilweise sehr frustriert und mit gespaltenen Gefühlen zurückgelassen hat.