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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1368 Bewertungen
Bewertung vom 26.09.2021
Der schwarze Winter
Lindemann, Clara

Der schwarze Winter


ausgezeichnet

Überlebenskampf zweier Schwestern in der Nachkriegszeit
1946. Der Zweite Weltkrieg ist endlich beendet, doch nun beginnt die eigentliche Herausforderung für die besiegte Bevölkerung Deutschlands, denn der Mangel an allem Lebensnotwendigen, Hunger und erbarmungslose Kälte fegt durch das Land. Die Schwestern Silke und Rosemarie Bensdorf sind auf einem Bauernhof untergebracht, wo sie von morgens bis abends den Repressalien des Eigentümerehepaars unterwerfen müssen. Als der Bauer dann Rosemarie auch noch an die Wäsche will, flüchten die beiden Schwestern nach Hamburg, um sich dort auf Arbeitssuche zu begeben und sich irgendwie durchzuschlagen, vor allem aber ihre kleine Schwester wiederzufinden. Doch die Hansestadt ist völlig ausgebombt, und die britischen Besatzer erlauben niemandem mehr den Zugang zur Stadt. So sind die zwei gezwungen, sich über den Schwarzmarkt mit dem Nötigsten zu versorgen, obwohl auch das ein Glücksspiel ist. Ein einigermaßen sicherer Schlafplatz, die Begegnung mit dem Schwarzmarkthändler Egon Tönnes und Hans Meiser sowie ihr unermüdlicher Überlebenswille lässt sie bald Erfolg haben auf dem Schwarzmarkt, der es ihnen ermöglicht, schon bald eine Bar zu führen. Aber der Ärger ist schon vorprogrammiert…
Clara Lindemann hat mit „Der schwarze Winter“ einen sehr unterhaltsamen, aber auch berührenden historischen Roman vorgelegt, der sich intensiv mit den ersten Nachkriegsjahren und dem Leben der damaligen Bevölkerung beschäftigt. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil schleust den Leser sofort ins vergangene Jahrhundert, wo er sich mit den Schwestern Rosemarie und Silke vor großen Herausforderungen sieht, die es zu bewältigen gilt. Lindemann bedient sich einer bildreichen, aber auch spannenden Schilderung der damaligen Lebensumstände, denen sich die Menschen nach dem Krieg gegenüber sahen. Einer der härtesten Winter muss durchgestanden werden, während die Lebensmittel sehr knapp sind, alles in Trümmern liegt und kaum Heizmaterial zu kriegen ist. Unterkünfte sind schwer zu bekommen, zudem ist die Bevölkerung der Willkür der Besatzer ausgesetzt, sie müssen sich selbst helfen, und dabei ist sich jeder selbst der nächste. Der Schwarzmarkt ist zwar verboten, treibt aber weitreichende Blüten und nicht wenige vertauschen hier ihr letztes Hab und Gut für einen alten Kanten Brot. Die Not der Menschen spaltet sie auch in zwei Lager: in die, die geschäftstüchtig und hart genug sind und diejenigen, die sich kaum zu wehren wissen und am Leben verzweifeln. Wunderbar fügt Lindemann ihre Protagonisten in diese sehr düstere Kulisse ein und jagt den Leser dabei durch ein wahres Gefühlsbarometer, denn auch die beiden Schwestern haben ihre ganz eigenen Päckchen zu tragen, während sie sich in Hamburg durchschlagen und das Elend mit jeder Pore spürbar ist.
Die Charaktere sind lebendig inszeniert, bestechen durch glaubwürdige Ecken und Kanten, wodurch sie den Leser schnell an sich binden, der ihnen nicht von der Seite weicht, bis die letzte Seite gelesen ist. Silke und Rosemarie sind so gegensätzlich wie Feuer und Wasser. Silke handelt eher pragmatisch und überlegt, wägt alles ab, zeigt Willensstärke und Durchsetzungskraft. Sie hadert damit, sich dem NS-Regime zugewandt zu haben und muss mit sich erst einmal ins Reine kommen. Rosemarie dagegen ist den Nazis nie auf den Leim gegangen, sie wirkt unbeschwerter und vorlaut, vor allem aber sehr stur und rechthaberisch. Friseur Hans Meiser ist ein gewieftes Schlitzohr, er hortet alles, was sich verkaufen lässt. Ebenso können Schwarzhändler Egon Tönnes und Gustav überzeugen.
„Der schwarze Winter“ überzeugt mit farbenfrohem Schreibstil und einer unterhaltsamen Geschichte vor historischem Hintergrund, in deren Mittelpunkt zwei starke Frauen ums Überleben kämpfen. Absolute Leseempfehlung!

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.09.2021
Die letzte Tochter von Versailles
Stachniak, Eva

Die letzte Tochter von Versailles


sehr gut

Ein Sittengemälde Frankreichs zu Zeiten Ludwig XV.
1755 Versailles. Die 13-jährige Véronique Roux, die in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist, erweckt aufgrund ihrer vielgerühmten Schönheit schon bald das Interesse eines Angestellten König Ludwigs XV., der sich schnell mit Véroniques Mutter über den Preis einig ist. Ludwig, der eigentlich mit Madame de Pompadour eine adäquate Geliebte hat, trifft sich inkognito mit Véronique und macht sie zu seiner Mätresse. Die junge Frau hat keine Ahnung, dass sie dem König von Frankreich zu Willen ist. Doch ihr Schicksal nimmt abrupt einen bösen Verlauf, als sie ein Kind erwartet, denn sie wird gnadenlos durch eine neue junge Geliebte ersetzt.
Viele Jahre später macht Marie-Louise, die erst bei Bediensteten am königlichen Hof aufwuchs, in Paris eine Ausbildung zur Hebamme. Ihre leibliche Mutter hat sie nie kennengelernt und hat auch keinerlei Informationen. Als sie mit dem Anwalt und Königsgegner Pierre die Ehe eingeht, ahnt sie nicht, dass dieser schon bald wegen ihrer unbekannten Mutter nicht nur seine Karriere, sondern auch sein Leben verlieren könnte…
Eva Stachniak hat mit „Die letzte Tochter von Versailles“ neben einer unterhaltsamen Geschichte ein opulentes Sittengemälde Frankreichs im 18. Jahrhundert gezeichnet, dass sich über einen Zeitraum von 40 Jahren zieht. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser in die Geschichte eintauchen, wobei er im ersten Abschnitt das Leben der jungen Véronique sowie ihre Zeit bei Hofe kennenlernt. Im zweiten begegnet der Leser Marie-Louise und deren Lebensumständen, um im dritten dann den Sturz des Königs und das Ende der Monarchie sowie die Große Revolution mitzuerleben. Véronique ist eine unschuldige junge Frau, die von ihrer eigenen Mutter aufgrund der großen Armut an einen Bediensteten des Königs verkauft wird. Schon diese Prozedur geht ans Herz, weil damit das Schicksal von Véronique praktisch besiegelt ist. Deren Gefühls- und Gedankenwelt werden dem Leser auf berührende Art offenbart, so dass ihn der Verlauf ihrer Geschichte kaum kalt lässt, als sie in Schwierigkeiten gerät. Ihre Tochter Marie-Louise hat ihre Eltern nie kennengelernt, denkt aber oft über sie nach. Die Ungewissheit führt sie eines Tages dazu, eigene Nachforschungen anzustellen. Die Autorin hat ihre recherchierten historischen Fakten sehr gut mit ihrer Handlung verknüpft und gibt einen guten, wenngleich auch sehr widerlichen, Einblick in die Praktiken am königlichen Hof sowie den ungeschönten Blick auf die Bevölkerung, die sich in jeder Hinsicht der Monarchie zu beugen hatte. Stachniak ruft mit ihren Beschreibungen geradezu eine brutale Ernüchterung beim Leser hervor, der statt königlichem Pomp eher eine unterdrückende, gezwungene und grausame Atmosphäre erlebt, die manchmal nur schwer zu verdauen ist.
Die Charaktere sind detailliert ausgestaltet und wissen den Leser mit ihren individuellen Attributen zu überzeugen. Dieser lässt vor allem Véronique und Marie-Louise nahe an sich heran, denn ihr Schicksal bewegt. Fast noch ein Kind, muss Véronique sehr schnell erwachsen werden, wird in eine Rolle hineingezwungen, hat gefügig zu sein und bei der geringsten Schwierigkeit wird sie entsorgt, ist auf sich allein gestellt. Marie-Louise ist stärker und härter als ihre Mutter, schon als Kind wie ein Wanderpokal herumgereicht, doch mit genug Neugier ausgestattet, den Dingen auf den Grund zu gehen. Ludwig XV. ist ein Mann seiner Zeit, was ihn trotzdem widerlich erscheinen lässt. Monsieur Durand spiegelt die Arroganz des Königshauses wieder. Aber auch Marie-Louises Sohn Jean-Louis sowie ihr Ehemann Pierre haben wichtige Rollen in diesem Stück.
„Die letzte Tochter von Versailles“ lässt den Leser nicht nur die Zeit der französischen Revolution miterleben, sondern vor allem an dem traurigen Schicksal von Véronique und Marie-Louise teilhaben. Opulent, atmosphärisch-dicht und farbenfroh erzählt, ist dieser Roman eine verdiente Leseempfehlung für alle Histofans!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.09.2021
Jahre der Hoffnung / Kinderklinik Weißensee Bd.2
Blum, Antonia

Jahre der Hoffnung / Kinderklinik Weißensee Bd.2


sehr gut

Der Tanz mit dem Teufel - die Spanische Grippe
1918 Berlin. Nach ihrem Studium der Kindermedizin leistet Marlene Lindow als Ärztin ein 12-monatiges Praktikum an der Kinderklinik Weißensee ab, bevor sie als ausgebildete Medizinerin gilt und sich ab dann diese Rolle in einer von Männern dominierten Welt erst recht erkämpfen muss. Seit vier Jahren ist sie mit dem Arzt Maximilian von Weilert verlobt, der allerdings von seinem Kriegseinsatz als völlig anderer Mann zurückgekehrt ist aufgrund der Gräueltaten, die er dort miterleben musste. Marlenes Schwester Emma, die sich als Kinderkrankenschwester einen guten Ruf erworben hat, muss sich als alleinerziehende Mutter um ihren kleinen Sohn Theodor kümmern. Als die Spanische Grippe sich rasant unter den Menschen ausbreitet, ist auch Emmas Sohn Theodor davon betroffen. Doch während sie mit ihrer Schwester Marlene in der Klinik mit ihren Patienten alle Hände voll zu tun haben, muss sich Emma gleichzeitig mit Theodors plötzlich auftauchendem Vater Tomasz auseinandersetzen…
Antonia Blum hat mit „Jahre der Hoffnung“ den zweiten Band ihrer historischen Trilogie um die Kinderklinik Weißensee vorgelegt, der nahtlos an den Vorgängerroman anschließt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil der Autorin lädt den Leser erneut zu einer Zeitreise ein, wo er sich alsbald im vergangenen Jahrhundert wiederfindet und sich an die Fersen der beiden Lindow-Schwestern Marlene und Emma heftet, während rundherum nicht nur der Erste Weltkrieg tobt, sondern auch die Spanische Grippe in Berlin Einzug hält. Die Autorin hat den historischen Hintergrund recherchiert und die damals herrschenden gesellschaftlichen sowie politischen Umstände gut mit ihrer Handlung verwoben. Gerade Marlene als frischgebackene Ärztin muss am eigenen Leib immer wieder erfahren, welche Rolle ihr von der Gesellschaft zugedacht ist und dass die tragenden Positionen den Männern vorbehalten bleiben. Blum gibt dem Leser zudem einen guten Einblick in die damalige Kinderheilkunde und Pflegetätigkeiten an der Klinik, die sich um die kleinen Patienten kümmert. Aber auch die Zustände rund um die Spanische Grippe, die viel Improvisation nötig machte, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren und der Epidemie Herr zu werden. Schlimm ist das Schicksal der Frauen, die in den Kriegsjahren alles am Laufen hielten, um dann ihren Arbeitsplatz räumen zu müssen für die männlichen Kriegsheimkehrer.
Die Charaktere sind realistisch mit menschlichen Zügen in Szene gesetzt, so dass der Leser sich unter sie mischt und sie bei allem auf Schritt und Tritt verfolgt. Marlene ist nach ihrem Studium nun Ärztin im Praktikum und krempelt die Ärmel hoch, um nicht nur ihren kleinen Patienten das Leben zu erleichtern, sondern sich auch gegen ihre männlichen Kollegen zu stemmen und sich um ihren Verlobten Max zu kümmern. Sie ist mutig, aber vor allem kämpferisch und weiß, was sie will. Emma ist im Gegensatz zu ihrer Schwester eher zurückhaltend und einfühlsam. Sie kümmert sich neben ihrem Beruf auch noch um ihren Sohn und steht vor einer weitreichenden Entscheidung, wie das Leben von ihnen beiden weitergehen soll. Tomasz hat Emma lange allein gelassen und denkt nun, er braucht nur vor der Tür zu stehen, um mit offenen Armen empfangen zu werden. Aber auch Kurt und Maximilian sowie einige andere Protagonisten machen mit ihren Episoden die Handlung unterhaltsam und kurzweilig.
„Jahre der Hoffnung“ ist eine gelungene Fortsetzung der Trilogie und beschreibt eindrucksvoll die damaligen Zustände während des Krieges in Berlin sowie die Aufgaben in der Kinderklinik, Liebe und einiges an Dramatik. Verdiente Leseempfehlung!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2021
Jahre des Widerstands / Die Alster-Schule Bd.2
Kröhn, Julia

Jahre des Widerstands / Die Alster-Schule Bd.2


ausgezeichnet

„Erinnern, das ist vielleicht die qualvollste Art des Vergessens und vielleicht die freundlichste Art der Linderung dieser Qual.“ (Erich Fried)
1938-1947. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs läutet eine düstere Zeit in Hamburg ein, die bei vielen Ungläubigkeit und Entsetzen hervorruft, während andere sich dem braunen Filz der Nazis und ihren Parolen nur zu bereitwillig anschließen. Felicitas Marquardt bangt um ihren Freund Levi Cohn, der aufgrund von Denunziation von der Gestapo verhaftet wurde. Während Levi durch die grausamen Mühlen der Nazis gehen muss, reiten Anneliese und Emil regelrecht auf der Welle des herrschenden Regimes, was eine Distanz zu ihrer Beziehung zu Felicitas schafft. Diese versucht erfolglos alles menschenmögliche, um Levi zu helfen und hält dabei an ihren Idealen und Wertvorstellungen fest, an die sie glaubt, denn die Ideologie der Nazis ist ihr zuwider. Ein Flugblatt der Weißen Rose aus München, das ihr zufällig in die Hände fällt, bestärkt sie darin, sich dem Widerstand anzuschließen…
Julia Kröhn hat mit „Jahre des Widerstands“ den zweiten Band ihrer historischen „Alster-Schule“-Dilogie vorgelegt, der nahtlos an den ersten Teil anschließt und über eine Spanne von 9 Jahren die schrecklichen Kriegsjahre in Hamburg wieder lebendig werden lässt. Der flüssige, bildgewaltige und berührende Erzählstil bringt den Leser schnell zurück in die Vergangenheit, wo er sich erneut an der Seite von Felicitas wiederfindet und mit ihr die düsterste Zeit der deutschen Geschichte hautnah miterlebt. Die Autorin überzeugt nicht nur durch akribische historische Recherche, sondern vermittelt gleichzeitig mit den Bombenhageln auf Hamburg die damaligen Zustände so bildhaft, dass der Leser während der Lektüre die Handlung vor dem inneren Auge regelrecht vorbeiziehen sieht und ihn dabei durch eine Achterbahn der Gefühle jagt. Anhand der Beziehung zwischen Anneliese, Emil und Felicitas wird deutlich, wie unterschiedlich die Menschen auf das damalige Regime reagierten. Während Anneliese und Emil von der braunen Ideologie völlig vereinnahmt werden und erst sehr spät der Realität ins Auge blicken, ist Felicitas von Beginn an angewidert, weshalb sie auch den dringenden Wunsch verspürt, etwas dagegen zu unternehmen. Vor allem auch Levis Schicksal in Buchenwald ist allzeit präsent und geht einem ans Herz. Gerade die Beschreibungen der Gefühls- und Gedankenwelt ihrer Protagonisten sind der Autorin wunderbar gelungen und lassen den Leser das Buch kaum aus der Hand legen, so sehr berührt ihn die Fassungslosigkeit und Ohnmacht, während ihn gleichzeitig die Nazianhänger und deren Tun zutiefst anwidern. Neben Mut gehört auch das Wissen um die Gefahr, sich in den Widerstand zu begeben, und auch heute noch verdienen diejenigen den größten Respekt, die diesen Weg gegangen sind, um sich dieser menschenverachtenden Ideologie entgegen zu stellen.
Liebevoll und tiefgründig ausgearbeitete Charaktere können mit ihren individuellen Ecken und Kanten von Beginn an überzeugen und lassen den Leser in sie hineinschauen. Felicitas macht zwar gute Miene zum bösen Spiel, aber innerlich ist sie sich selbst treu geblieben. Mutig und sich der Gefahr bewusst wagt sie den Schritt in den Widerstand. Anneliese ist lange Zeit geblendet von den Nazis, doch auch ihr geht irgendwann ein Licht auf. Levi muss durch ein Tal aus Leid und Schmerz, nur weil er der falschen Religion angehört. Emil ist fast zu einem armen Würstchen verkommen, während Paul durch sein Engagement beeindruckt.
„Jahre des Widerstands“ ist ein gelungener und fesselnder Abschluss der Alster-Schule-Dilogie. Er überzeugt neben einer hervorragenden Recherche vor allem mit ausdrucksstarken Charakteren und einer berührenden Geschichte, die dem Leser unter die Haut geht und noch lange nachhallt, nachdem die letzte Seite gelesen ist. Absolute Leseempfehlung für eine großartige Lektüre, die einen nicht loslässt! Chapeau!!!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2021
Weihnachten auf der Archer Ranch
Witemeyer, Karen

Weihnachten auf der Archer Ranch


ausgezeichnet

"Das Wunder ist des Augenblicks Geschöpf. "(Johann Wolfgang von Goethe)
24. Dezember 1893, Palestine/Texas. Die vier Archer-Brüder finden sich mitsamt ihren Familien wieder einmal auf der Archer-Ranch ein, um das Weihnachtsfest gemeinsam zu feiern. Jim und Cassie allerdings bereitet diese eigentlich festliche Jahreszeit immer eine schmerzliche und melancholische Stimmung, denn sie haben an diesem Tag ihren einzigen Sohn vor 3 Jahren kurz nach der Geburt verloren und diesen Schmerz bis heute nicht verwunden. Ablenkung erfährt Cassie nach ihrer Ankunft durch ihre Nichten, die sie für das als Überraschung geplante Krippenspiel einspannen und mit denen sie sich für Proben ins Schulhaus begibt. Dort schon bald ist Cassie Teil einer gefährlichen Situation, aus der ihr nur die gesamte Familie heraushelfen kann…
Karen Witemeyer gönnt ihren Lesern mit „Weihnachten auf der Archer Ranch“ wieder einen historischen Kurzbesuch bei der liebenswerten Großfamilie, die sich schon durch die Vorgängerromane ins Leserherz gestohlen haben und wieder einmal für eine erholsame kleine Auszeit sowie spannende Lesemomente sorgen werden. Der flüssige, farbenfrohe und anrührende Erzählstil lässt den Leser schnell auf der Ranch einziehen, wo er sich unter die Familienmitglieder mischt und die laut lärmende Schar beobachten darf, die voller Vorfreude auf das Weihnachtsfest ist. Dabei fallen Cassie und ihr Mann Jim natürlich auf, die etwas verhaltener und weniger enthusiastisch sind, haben sie doch immer noch an einem herben Verlust zu knabbern. Witemeyer transportiert die Gefühle ihrer Protagonisten so gekonnt, dass der Leser diese selbst zu spüren glaubt. Doch bei all ihrem Schmerz sind sie liebevolle Menschen, deren Gegenwart anderen nicht nur Freude bereitet, sondern die sogar ein großes Herz für hilfsbedürftige Fremde haben und kein Risiko scheuen, diese zu unterstützen. Die Handlung spiegelt nicht nur den christlichen Gedanken, gerade zum Weihnachtsfest, wieder, sondern die Autorin verbindet auf wenigen Seiten neben dem Gefühl von Wohlgefühl, Familiensinn, Zusammenhalt und Nächstenliebe auch eine spannende Krimieinlage, die den Leser zu fesseln weiß.
Liebevoll ausgestaltete Charaktere wurden lebendig in Szene gesetzt und mit glaubhaften menschlichen Eigenschaften und Werten ausgestattet, die sie dem Leser sofort ans Herz wachsen lassen. Cassie ist eine warmherzige und starke Frau, die einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften hat, der sie ein Leben lang nicht loslassen wird. Trotzdem wirkt sie voller Hoffnung und Vertrauen. Auch Jim trauert noch immer, doch die Liebe zu seiner Frau ist stark wie nie zuvor. Er würde alles für sie tun. Aber auch die restliche Archer-Familie hält fest zusammen, unterstützt sich gegenseitig und ist immer füreinander da – einer für alle, alle für einen.
„Weihnachten auf der Archer Ranch“ ist ein wunderschöner und berührender Kurzroman, der nicht nur hervorragend die Bedeutung von Weihnachten wiederspiegelt, sondern den Leser daran erinnert, das Herz für ein Wunder immer weit geöffnet zu halten. Absolute Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2021
Flut
Pettrey, Dani

Flut


sehr gut

Spannender Auftakt mit kleinen Schwächen
Finn Walker ist Special Agent der Küstenwache und ist mit Noah Rowley auf die Aufklärung der Morde an seinen Kollegen Will und Sam angesetzt. Was ihm dabei so gar nicht in den Kram passt, ist die Tatsache, dass er den Babysitter für die Noahs Schwester, die Journalistin Gabby spielen muss, die durch eine veröffentlichte Story in Schwierigkeiten geraten ist und mit der ihn eine alte Liaison verbindet. Als Gabby spitz kriegt, welchen Fall Finn gerade bearbeiten muss, kann sie natürlich nicht wiederstehen, sich einzumischen. Die Story ist zu verlockend, um sie sich entgehen zu lassen. Leider bringt sie mit ihren ständigen eigenmächtigen Ermittlungen nicht nur sich, sondern auch andere in große Gefahr. Darauf scheint der Drogenboss Xavier Fuentes nur zu warten…
Dani Pettrey hat mit „Flut“ den Auftakt ihrer neuen Küstenwachen-Ermittlerserie vorgelegt, der dem Leser von Beginn an ein rasantes Tempo vorgibt. Der flüssig-leichte und packende Erzählstil der Autorin raubt dem Leser schon von Beginn an den Atem, denn er wird sofort in die Handlung hineingesogen und erlebt alles hautnah mit. Wechselnde Perspektiven und kurze Kapitel puschen die Spannung immer weiter in die Höhe, stellen den Leser aber auch vor die Herausforderung, sich schnell mit den einzelnen Protagonisten und ihrer Position vertraut zu machen, um der Geschichte folgen zu können. Gut und Böse wechseln sich ab, sind oftmals nicht genau zuzuordnen, sodass der Ausgang der Handlung bis zum Ende nicht vorhersehbar und für den Leser in einer Überraschung endet. So folgt der Leser in dem brisanten Fall nicht nur Finn bei seinen Ermittlungen, sondern heftet sich auch an Gabbys Fersen, die ihren eigenen Kopf hat und nichts aus den Schwierigkeiten ihrer letzten Enthüllungsstory gelernt hat, sondern unbedingt die nächste Geschichte aufdecken will, koste es, was es wolle. Finn steckt in einem echten Dilemma, denn er muss seine Konzentration aufteilen, einerseits, um seine Arbeit professionell zu erledigen, die Täter aufzuspüren und dingfest zu machen, andererseits muss er den Bodyguard für Gabby spielen, die sich mit einem Artikel in den Fokus gefährlicher Leute gerückt hat. Diesmal wird der Leser regelrecht durch die Handlung gehetzt, die mit parallel laufenden Fällen einiges an Kombinationsgabe erfordert und zum Miträtseln animiert. Die eingewebte Liebesgeschichte ist diesmal nicht so überzeugend, da die dazugehörigen Charaktere irgendwie nicht so gut zusammenzupassen scheinen. Dafür ist der christliche Gedanke in dieser Geschichte immer präsent, wenn auch nicht aufdringlich eingearbeitet.
Die Charaktere sind differenziert und vielschichtig ausgestaltet, der Leser hat die Qual der Wahl, sie alle im Auge zu behalten und herauszufinden, wer gut und wer böse ist. Finn ist ein pragmatischer, verlässlicher und durchtrainierter Zeitgenosse einer guten Kombinationsgabe. Gabby ist mutig, abenteuerlustig, stur und sucht den Nervenkitzel, wobei sie außeracht lässt, dass sie andere ebenso in Gefahr bringt. Noah ist ein Familienmensch, der seine Lieben vor allem beschützen will. Aber auch Rissi, Mark, Kenzie, Paul und Xavier tragen zur Spannung in diesem Roman bei.
„Flut“ ist ein rasanter Mix aus Krimi und Liebesgeschichte, der den Leser in Atem hält und am Ende noch mit einer Überraschung aufwartet. Spannende Geschichte, die qualitativ allerdings nicht ganz an ihre vorherigen Werke heranreicht. Da geht noch was. Verdiente Empfehlung!

11 von 15 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.09.2021
Für Glück ist es nie zu spät
Abidi, Heike

Für Glück ist es nie zu spät


ausgezeichnet

Die Zeit ist reif, das Leben spielt jetzt…
Mit Anfang 50 findet sich Johanna auf der Beerdigung ihres verstorbenen Ehemannes René wieder, mit dem sie sich schon seit Jahren nichts mehr zu sagen hat und sich in einer unglücklichen Ehe gefangen fühlte. Nun ist sie frei und weiß doch nicht so recht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Nach der Beisetzung findet sie bei der Durchsicht der Trauerpost einen lieben Brief ihrer alten Freundin Ines, dem ein Notizbuch beigelegt ist. Ines, zu der der Kontakt schon lange eingeschlafen ist, bringt Johanna mit ihrem gut gewählten Geschenk auf eine Idee. So beginnt sie, ihre Gedanken, Gefühle und Träume in dem Büchlein festzuhalten, wobei sie nicht nur ein Lebensresümee zieht, sondern auch Zukunftspläne verfasst, die sie schon bald in die Tat umsetzt. Dabei läuft ihr auch ihre alte Affäre Henry über den Weg…
Heike Abidi hat mit „Für Glück ist es nie zu spät“ einen wunderschönen und lebensnahen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur in Johannas Welt eintauchen lässt, sondern mit seiner Tiefgründigkeit auch zum Nachdenken anregt. Der flüssig-leichte, warmherzige und gefühlvolle Erzählstil bringt den Leser an Johannas Seite, wo er mit ihr gemeinsam die Beerdigung durchsteht, um sich danach umso tiefer anhand ihrer Aufzeichnungen ihrer Gedanken- und Gefühlslage zu widmen. Dabei lässt die Autorin ihre Protagonistin nicht nur ein neues Tagebuch schreiben, sondern auch in ihren alten Büchern stöbern, wobei man so einiges aus Johannas Vergangenheit, ihren Lebensträumen und –vorstellungen erfährt. Es ist fast so, als wenn man zwei verschiedene Personen vor sich hat. Zum einen eine junge Frau mit viel Elan und Lebensfreude, zum anderen die 50-jährige, die alles in einer Kammer tief verschlossen und sich in den vergangenen Jahrzehnten irgendwann verloren hat. Die Zeit allein mit sich macht ihr immer mehr klar, dass sie die Ärmel hochkrempeln und ihr Leben auf Neustart bringen muss. So kommt langsam der Elan zurück, alles Alte und Unbequeme wird abgestreift, um Dingen Platz zu machen, die Freude bringen. Auch die Begegnung mit ihrer alten Affäre Henry bringt Farbe in ihr Leben, lässt sie Dinge tun, auf deren Idee sie allein nicht gekommen wäre. Und neue Bekanntschaften sowie vor allem ihre alte Freundin Ines bringen zusätzlichen frischen Wind in Johannas Leben, das sich immer leichter anzufühlen scheint. Abidi hat die Verwandlung von Johanna wunderbar realistisch und mit viel Empathie geformt, so dass der Leser regelrecht an den Seiten klebt und sich selbst in vielen Dingen auch wiederfindet.
Die Charaktere sind liebevoll ausgeformt und lebendig in Szene gesetzt, überzeugen mit Authentizität und Glaubwürdigkeit. Der Leser wird von Beginn an mit in die Geschichte hineingenommen, wo er über Johannas Schulter schauen darf. Johanna ist eine sympathische Frau, die sich im Verlauf der letzten 30 Jahre selbst verloren hat. Früher fröhlich und voller Tatendrang erkennt sie nun, dass sie nur noch ein Schatten ihrer selbst ist. Es ist sowohl befreiend als auch erfrischend, wie sie aufblüht, während sie in alten Tagebüchern schmökert, über ihr Leben resümiert und dann langsam anfängt, Pläne für die Zukunft zu schmieden. Henry ist ein toller Kerl, der genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort erscheint. Freundin Ines ist eine liebevolle Seele mit weisen Ratschlägen. Aber auch Pauline, Maxi und weiter Protagonisten lassen diese Geschichte zu einem echten Seelenwärmer werden.
„Für Glück ist es nie zu spät“ ist eine wunderschöne Geschichte wie aus dem wahren Leben entsprungen. Aufmunternd, nah an der Realität, und vor allem mit viel Hoffnung, dass es nie zu spät ist, nochmal einen Neustart hinzulegen, wenn man sich ein Herz fasst. Absolute Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.09.2021
Die vier Winde
Hannah, Kristin

Die vier Winde


ausgezeichnet

"Die Hoffnung hilft uns leben." (Johann Wolfgang von Goethe)
1934 Texas. Die 24-jährige Elsinore Wolcott, genannt Elsa, ist in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie aufgewachsen, doch wurde sie als Familienmitglied nie wertgeschätzt, im Gegenteil, tagtäglich sah sie sich den Beleidigungen und Beschimpfungen ihrer Eltern ausgesetzt und zu allem Übel wurde ihr suggeriert, dass sie kränklich sei. All dies führt dazu, dass sie kaum das Haus verlässt, sich in Bücherromanzen flüchtet und sich schon dem Schicksal als alte Jungfer ausgeliefert sieht. Doch dann trifft sie am Abend vor ihrem Geburtstag auf den 18-jährigen Italiener Raffaelo „Raf“ Martinello und mit ihm die Liebe. Schnell wird Elsa schwanger und muss erleben, wie ihre eigenen Eltern sie verstoßen und an ihre Schwiegereltern nach Texas abschieben. Elsa muss sich erst einmal zurechtfinden, scheut keine harte Arbeit und lebt sich schließlich in ihrer neuen Umgebung ein, die ihr endlich mit Zuneigung und Liebe begegnet, Gefühle, die sie bisher kaum erleben durfte. Doch Jahre voller Sandstürme und Dürreperioden bescheren ein hartes Leben, so dass Raf der Familie den Rücken kehrt. Auch Elsa entschließt sich irgendwann, mit ihren beiden Kindern Loreda und Anthony nach Kalifornien zu flüchten, die Naturkatastrophen und das Elend hinter sich zu lassen…
Kristin Hannah hat mit „Die vier Winde“ einen eindrucksvollen, tiefgründigen historischen Roman vorgelegt, der den Leser durch eine wahre Achterbahn der Gefühle jagt. Der flüssige, teilweise schon poetisch anmutende, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser gedanklich ins letzte Jahrhundert reisen, um während des Zeitrahmens von 1921 bis 1936 das Schicksal von Elsa genau kennenzulernen. Schon die Behandlung, die Elsa durch ihre eigenen Eltern erfährt, grenzt an Misshandlung und lässt den Leser großes Mitgefühl für die junge Frau empfinden. Es ist unbegreiflich, wie abwertend und gefühlskalt Vater wie Mutter mit Elsa umspringen, ihr sämtliche Makel suggerieren und sie dadurch praktisch ans Haus fesseln für ihre in Hintergedanken geformten eigenen Zwecke. Elsas Ausbruch aus diesem Gefängnis war längst überfällig, auch wenn sie sich an den falschen Mann hängt, der sie schon bald fallen lässt. Doch dessen Familie nimmt sie auf, dort kann sie sich beweisen und erfährt zum ersten Mal, was es heißt, geliebt zu werden. Die gewaltige Natur allerdings sorgt dafür, dass sie jahrelang ums nackte Überleben kämpfen. Auf Dauer war diese Qual für viele Menschen nicht mehr durchzuhalten, die sich nach Normalität sehnten und sich gerade deshalb nach Kalifornien flüchteten. Aber auch dort sind sie vom Regen in die Traufe gekommen, wurden ausgebeutet oder fanden überhaupt kein Auskommen. Hannah beschreibt all dies sehr düster, doch gleichzeitig auch so atmosphärisch und bildhaft, dass man als Leser zum Teil der Geschichte wird und praktisch als Elsas Schatten fungiert.
Die Charaktere sind sehr detailliert gezeichnet und in Szene gesetzt, sie wirken glaubwürdig und authentisch. Der Leser folgt ihnen gern und nimmt regen Anteil an ihrem Schicksal. Zu Beginn ist Elsa eine zurückhaltende und schüchterne Frau, die sich kaum aus dem Haus traut. Doch im Verlauf der Geschichte wird sie mutig, gewinnt immer mehr an Stärke und Selbstbewusstsein und kämpft wie eine Löwin für ihre Familie. Ihre eigenen Eltern sind an Lieblosigkeit fast nicht zu überbieten. Raf ist ein Traumtänzer und wenig verlässlich. Loreda ist eine kleine Rebellin, was vor allem ihre Mutter Elsa zu spüren bekommt.
„Die vier Winde“ ist ein tiefgründiges Buch gespickt mit amerikanischer Historie, Familiengeschichten und –dramen sowie Protagonisten, die einem ans Herz wachsen. Ein Roman mit sehr aktuellen Themen, über harte Zeiten, neue Chancen und die Hoffnung, dass sich alles doch noch zum Guten wendet. Sehr empfehlenswert.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.09.2021
Das Parfum der Liebe
Caspian, Hanna

Das Parfum der Liebe


ausgezeichnet

Wie Adam und Eva im Garten Eden
1904. Viola hat sehr an ihrer geplatzten Verlobung zu knabbern. Um sie diese Schmach vergessen zu lassen und auf andere Gedanken zu bringen, lädt ihr Onkel Nepomuk sie auf eine Expeditionsreise nach Ecuador ein, um ihm dort zur Hand zu gehen. Als Apotheker sucht er nach seltenen Pflanzenarten und Viola soll diese in Zeichnungen festhalten. So begibt sich Viola von Dresden aus nach Südamerika, wo sie mit ihrem Onkel in einer landestypischen Hacienda untergebracht ist, wo sie schon bald durch ein Missgeschick den Hamburger Parfümhersteller Adrian de Vries kennenlernt. Adrian, der sich dort auf die Suche nach neuen außergewöhnlichen Düften machen möchte, ist Viola von Anfang an ein Dorn im Auge, hält sie ihn doch für einen eingebildeten, reichen Lackaffen. Doch schon bald weckt nicht nur Adrians „Duftsuche“ ihr Interesse, auch der Mann selbst hat für sie eine besondere Anziehungskraft. Auch Adrians Interesse für Viola ist schnell geweckt, allerdings gibt es da ein Problem…
Hanna Caspian hat mit „Das Parfum der Liebe“ einen farbenprächtigen Kurzroman vorgelegt, der den Leser nicht nur zu einem Kurzurlaub nach Südamerika einlädt, sondern auch mit einer romantischen Geschichte das Leserherz erwärmt. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil der Autorin lässt keine Wünsche offen, katapultiert den Leser an den Anfang des vergangenen Jahrhunderts in die wunderschöne exotische Kulisse Ecuadors, projiziert traumhafte Bilder der dortigen Landschaft mit ihrer Blütenvielfalt und kitzelt dabei des Lesers Nase mit vielen verschiedenen Duftkomponenten. Caspian versteht es meisterlich, ihre Leser mit farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen ebenso zu fesseln wie mit einer liebevoll verzwickt gestalteten Liebesgeschichte, beides lässt die Seiten nur so durch die Finger fliegen.
Die Charaktere sind lebendig und facettenreich gestaltet, so dass sie sich sofort im Leserherz einnisten. Viola ist offene junge Frau, deren Interessen breit gefächert sind und die viel Lebensfreude und Kraft ausstrahlt. Onkel Nepomuk ist ein ebenso interessanter wie weiser Mann mit einem großen Herzen. Adrian de Vries wirkt auf den ersten Blick wie ein vermögender Geck, doch entpuppt er sich als überaus sympathischer Zeitgenosse, der erst lernen muss, was für ihn das Beste ist. Florence ist eine Giftnatter, die sich für den Nabel der Welt hält, um den sich alles zu drehen hat. Egozentrisch wie arrogant zieht sie die Strippen nach ihrem Gusto, um ihren Willen zu bekommen.
„Das Parfum der Liebe“ überzeugt durchweg mit einer warmherzigen, spannenden und sehr farbenfrohen Geschichte vor historischem Hintergrund, die dem Leser neben einem exotisch angehauchten Kurzurlaub auch Sonnenstrahlen fürs Herz gönnt. Wunderbar erzählt und genau richtig für die immer dunkler werdenden Tage. Prädikat „ausgezeichnet“!!!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.09.2021
Als wir an die Zukunft glaubten / Die Hafenschwester Bd.3
Metzenthin, Melanie

Als wir an die Zukunft glaubten / Die Hafenschwester Bd.3


ausgezeichnet

"Ein Traum ist unerlässlich, wenn man die Zukunft gestalten will." (Victor Hugo)
1923 Hamburg. Die 45-jährige Krankenschwester Martha und ihre Familie haben den Ersten Weltkrieg mehr schlecht als recht überstanden und nun in der Weimarer Republik aufgrund der Hyperinflation all ihre mühsam ersparten Rücklagen verloren. Während Ehemann Paul seine Arbeit als Ingenieur im Hafen verrichtet, kümmert sich Martha in der Klinik liebevoll um ihre Patienten. Ihre drei Kinder Rudi, Ella und Fredi sind inzwischen erwachsen. Obwohl Ella von einem Studium als Ärztin träumt, muss sie zugunsten ihres Bruders Rudi zurückstecken und eifert ihrer Mutter mit einer Ausbildung zur Krankenschwester nach. Rudi hat sich zu einem Filou und Lebemann entwickelt, der sich immer wieder in Schwierigkeiten bringt und dann auch noch die Familie mit hineinzieht. Fredi hat sich bei der Polizei in die Mordkommission hochgearbeitet. Und während die Nazis Deutschland erobern, steht er schon bald vor der schwierigen Entscheidung, seinem Bruder Rudi aus der Patsche zu helfen, wobei er sich in brandgefährliche Situationen begibt…
Melanie Metzenthin hat mit „Als wir an die Zukunft glaubten“ den finalen Band ihrer „Hafenschwester“-Trilogie vorgelegt, der wie seine Vorgänger erneut mit viel Spannung, Familiengeschichte und exzellent recherchiertem historischem Hintergrund überzeugen kann. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil katapultiert den Leser in die Zeit zurück ins letzte Jahrhundert, wo er sich zum letzten Mal in Marthas Familie einnistet, um dort die Entwicklungen in einem Zeitrahmen von der Weimarer Republik bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges mitzuerleben. So findet man sich mal mitten in der Hyperinflation wieder, in der viel alles verlieren, die Arbeitslosigkeit wächst und das Leid der Hamburger Bürger immer unerträglicher wird. Aber auch die Machtgewinnung der Nazis, die Bombardierung Hamburgs und daraus resultierende Feuersbrunst werden von der Autorin hautnah zum Leser transportiert, während sie ihre Geschichte rund um Martha und ihre Familie spannend ausformt. Martha und Paul überlassen ihren Kindern die Hauptbühne, die sich alle in unterschiedliche Richtungen entwickeln, gleichzeitig aber auch den Zeitgeist wiederspiegeln. Ella muss als junge Frau hinter ihrem älteren Bruder Rudi zurückstecken und eine Ausbildung machen, obwohl sie lieber studiert hätte. Rudi jedoch weiß das Opfer wenig zu schätzen, treibt sich lieber rum statt zu studieren und bringt seine Familie aufgrund seiner Nichtsnutzigkeit in große Schwierigkeiten, die sein Bruder durch gewagtes Eigenengagement abzuwenden versucht. Metzenthins Erzählkunst ist fabulös, nicht nur der wunderbar mit der Handlung verwebte historische Hintergrund überzeugt, sondern auch die Familiengeschichte in all ihren Facetten. Der Spannungslevel ist deshalb durchweg auf hohem Niveau und lässt den Leser regelrecht an den Seiten kleben.
Liebevoll und detailliert gestaltete Charaktere schleichen sich sofort ins Leserherz, denn sie wirken mit ihren menschlichen Eigenschaften sehr glaubwürdig und überzeugend. Martha ist der Fels in der Brandung: stark, mutig, fleißig und mit einem Kämpferherz ausgestattet, die alles für ihre Lieben tut. Mit Ehemann Paul geht sie durch dick und dünn. Elli ist eine sympathische junge Frau, die ihren Traum erst einmal begraben muss, aber ihn nicht vergisst, denn sie hat den Kampfgeist ihrer Mutter geerbt. Rudi ist ein Tunichtgut, der es sich auf Kosten der Familie gutgehen lässt. Er gerät immer wieder in Schwierigkeiten, für die andere die Kohlen aus dem Feuer holen müssen. Fredi ist ein cleverer und zuverlässiger junger Mann, der für seine Familie einiges auf sich nimmt.
Mit „Als wir an die Zukunft glaubten“ ist Metzenthin ein wunderbares Finale ihrer Trilogie gelungen, dass sich durch eine wunderbare historische Hintergrundrecherche sowie einer mit viel Gefühl und Spannung gespickten Familiengeschichte auszeichnet. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner de

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