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Benutzername: 
sabisteb
Wohnort: 
Freiburg

Bewertungen

Insgesamt 1375 Bewertungen
Bewertung vom 29.03.2012
David Copperfield
Dickens, Charles

David Copperfield


sehr gut

Circa 15-30 Jahre begleitet der Leser David durch die Höhen und Tiefen der Kindheit und Jugend. Man ist dabei, als David sich verliebt und um seine Angebetete wirbt. Ein durchaus abwechslungsreiches Leben, das in längeren Episoden auszugsweise ausführlich beschrieben wird, um sich nach größeren Zeitsprüngen dem nächsten Lebensabschnitt zu widmen. Der Leser begleitet David und seine Freunde und Bekannte durch kleine und große Katastrophen und Skandale und begegnet dabei vielen Charakteren, die zum literarischen Allgemeingut geworden sind wie Mr. Wilkins Micawber, Uriah Heep, Dora Spenlow (Davie und Dora begegnen einem z. Bsp. Als Zwillinge in der Anne of Green Gables Reihe wieder) und vielen mehr.
Die große Stärke des Autors alles detailreich und lebensnah zu beschreiben, ist leider auch seine größte Schwäche. Einerseits ist das Leben Davids sehr detailreich und spannend beschrieben. Der Autor verarbeitet dabei eigene Jugenderlebnisse. Andererseits weiß man als Leser, dass jeder Figur (teils krampfhaft) eine Funktion und Aufgabe zugewiesen ist, was die Geschichte teilweise sehr berechenbar macht und ist damit weiterhin in der erzählerischen Tradition eines Walter Scott, bei dem auch klar ist, dass sich irgendwann alle Handlungsstränge verknüpfen werden und jede Person auch ihre Rolle zu spielen hat. Die Vorausblicke des Autors, in denen er kommende Katastrophen andeutet, wohl im Wunsche damit Spannung zu erzeugen, machen die Handlung für den heutigen Leser einfach nur vorhersehbar und töten oft jedes bisschen Spannung. Teilweise kommen einige der Erklärungen regelrecht mit dem Holzhammer daher, falls sie jemand tatsächlich überlesen haben sollte. Streckenweise plätschert die Handlung dann wieder recht idyllisch vor sich hin und man kann das Buch ohne Reue eine Weile zur Seite legen.
Was einen jedoch letztendlich bei der Stange hält sind die Figuren, die Dickens geschaffen hat. Die Personen haben ihre Ecken und Kanten, sie sind schrullig, unbeholfen oder böse, ohne dabei jedoch archetypisch zu werden. Eine moderne Frau wird Dora wohl hassen, Dora wird ihr unglaublich auf die Nerven gehen, aber das ist die Kunst, Dora ist einem nicht egal. Aber auch das ist typisch Dickens, er greift zeitlose Probleme auf, die auch heute, 200 Jahre später noch immer genauso aktuell sind. David hat in Agnes die perfekte Partnerin, die beste Freundin, heiratet aber ein dummes Püppchen, so dass er letztendlich beide Frauen weiterhin hat, die eine als Gattin, die andere als Beraterin. Der Klassiker eben, eine kluge, unkomplizierte Frau landet auch heute auf der Kumpelschiene, während das dumme Püppchen als Ehefrau Einzug hält.
Man merkt durchaus, dass dieser Roman, wie auch die anderen Romane von Dickens, als Fortsetzungsgeschichten erschien, denn die Lieferungen funktionieren auch soweit für sich alleine und haben genug Situationskomik, dass man sie auch außer der Reihe lesen und genießen konnte, ohne den ganzen Roman lesen zu müssen. Viele Szenen sind einfach nur für sich alleine witzig und unterhaltsam.

Zum Übersetzer Gustav Meyrink:
Gustav Meyrink (1868-1932), war zu seiner Zeit selbst ein sehr bekannter Schriftsteller und sein Roman Der Golem ist auch heute noch ein Klassiker. Es spricht für sich, dass diese Übersetzung auch heute noch weiterhin gedruckt und verwendet wird.

Fazit: Ein Klassiker und das zu Recht. Aber kein Buch, das einen vor Begeisterung mitreißt. Sprachlich wunderbar, voller skurriler Gestalten und Situationskomik, dennoch meist vorhersehbar mit deutlichen Längen.

Bewertung vom 29.03.2012
Ready Player One
Cline, Ernest

Ready Player One


ausgezeichnet

Das Buch hat ein großes Problem: Man muss durch die ersten 100 Seiten durch, bis es einen packt, und das ist eine ziemliche Durststrecke. In den ersten 100 Seiten wimmelt es von Anspielungen an obskure Musik, Filme und Regisseure aus den 1980er Jahren. Ich habe diese Zeit erlebt und ich konnte trotzdem mit vielen der Anspielungen nichts anfangen, teilweise vielleicht, weil sie sich auf die amerikanische Popkultur der 1980er bezog, die in Deutschland mit neuer Deutscher Welle anders ausgeprägt war. Ich glaube nicht, das Oingo Biongo, Dead Man's Party, MCA Records 1985 in Deutschland im Radio lief, von John Hughes (Regisseur) oder Filmen wie Heathers habe ich auch noch nie gehört, ganz zu schweigen von den vielen, vielen (Arcade) Computerspielen und Textadventures, ihren Bugs, Programmieren und Wettbewerbern. Man kann nun argumentieren, dass dies Atmosphäre und Authentizität schafft, mir war es zu viel unnützes, nerdiges Geschwafel über Pen und Paper Rollenspiele, irrelevante alte Schinken und Computerspiele und Wettbewerbe dazu (Earthworld- Wettbewerb von Atari) und Hacker der 70er Jahre, die mich einfach nicht interessierten. Das Buch beginnt also mit 100 Seiten purer Langeweile und ich war kurz davor es wegzulegen.
Ein weiteres Problem ist, dass man vielleicht selber einmal Adventures gespielt haben und sich ein wenig mit AD&D auskennen sollte. Ich hatte diesen Hintergrund zum Glück, so dass mir klar ist, was ein +5 Schwert ist und ich durchaus mit Insiderwitzen, wie dem Hinweis, dass das Abschlachten von Eichhörnchen keine Erfahrungspunkte bringt, etwas anzufangen weiß. Aus eigener Rollenspielererfahrung kann ich sagen, auch das Ausrotten von streunenden Hunden und Katzen gehört in diese Kategorie sinnloser Rollenspieleraktionen, die keine Erfahrungspunkte bringen, die jede Gruppe aber ausprobiert.
Prinzipiell ist dieses Buch eine Erzählung eines klassischen Adventures. Man muss Gegenstände finden und Rätsel lösen, viel mehr passiert nicht. 500 Seiten wird das Easter Egg gejagt, zwischendurch das klassische Rollenspielengeplänkel und nebenbei taucht man im RL unter, weil 101 die Spieler sucht. Aufgewertet wird dieses Buch jedoch, durch die immer wieder eingestreute Sozialkritik an unserer Zeit. Die Flucht aus der Realität in die virtuelle Welt, die schon heute stattfindet. Aber auch die Internetzensur, der derzeitige Versuch der Beschneidung der Meinungsfreiheit und die massive Kommerzialisierung wird durch 101 ins Spiel gebracht.
Auch die Macht der Konzerne, die heutzutage immer mehr zunimmt, wird angeprangert. So kann 101 Kunden, die beim Konzern verschuldet sind, einfach als Zwangsarbeiter einziehen, bis sie ihre Schulden abbezahlt haben, was bei den geringen Zwangsarbeiterlöhnen zu lebenslanger Sklavenarbeit werden kann. Bei der hohen Arbeitslosigkeit, wir das euphemistisch als Zwangsverpflichtung: vom Schuldenberg zum Berufserfolg angepriesen.
Und was natürlich zu guter Letzt in einem Roman über virtuelle Realität nicht fehlen darf: Kann man sich in jemanden verlieben, denn man noch nie persönlich gesehen hat und sind Freundschaften, die man online geschlossen, hat auch in die Realität übertragbar?
Einen fetten Logikfehler gab es dann leider auch noch: Donnerstag findet Waden den ersten Schlüssel (Kapitel 008), das Wochenende ist frei, den Freitag verschläft er und geht doch samstags zur Schule (Kapitel 0012).

Fazit: Die 80er Jahre sind gerade wieder in Mode, das merkt man auch im Radio immer wieder. Der Autor hat sehr gut recherchiert, möglichweise auch, weil er die Zeit selber als Teenager erlebt hat. Ob die Kinder und Jugendlichen von heute mit den vielen Hinweisen auf die 80er, die teilweise für deutsche Leser wirklich sehr obskur sind, noch was anzufangen wissen, bezweifle ich. Da hat der Autor es teilweise einfach ein wenig zu gut gemeint. Ein Buch für Nerds und Geeks und Leser ab 35 aufwärts würde ich sagen.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2012
A Princess of Mars: A Library of America Special Publication
Burroughs, Edgar Rice

A Princess of Mars: A Library of America Special Publication


gut

John Carter ist ein ganzer Kerl. Captain der Konföderationsarmee, dennoch von den Sklaven geliebt und verehrt, unsterblich oder zumindest sehr langlebig und ein echter Kerl. Arbeitslos nach dem Krieg wird er Goldsucher, denn er hat ein ernsthafter Problem "My mind is evidently so constituted that I am subconsciously forced into the path of duty without recourse to tiresome mental processes. However that may be, I have never regretted that cowardice is not optional with me. " Er ist ein Fachidiot und Kopfarbeit ist nicht gerade seine Stärke (es sei denn, er rammt diesen jemanden in den Bauch). Auf der Flucht vor pösen, pösen Idianern, die seinen Mienenpartner mit Pfeilen gespickt haben, verirrt sich Carter in eine Höhle, die anscheinend mit giftigen Gasen gefüllt ist, verliert das Bewusstsein und wacht auf dem Mars wieder auf. Wie er dahin kam? Keine Ahnung, immerhin, er ist nackt und muss somit nicht mehr täglich darüber nachdenken, wie man Schürsenkel bindet, denn während er auf dem Mars lebt (10 Jahre lang) bleibt er im Adamskostüm, genau wie die Frauen (nur im Evaskostüm).
Auf dem Mars ist Carter ein echter Supermann. Aufgrund der geringeren Anziehungskraft ist er stärker und kann springen wie ein Grashüpfer, dumm nur, dass er trotzdem gleich am ersten Tag von grünen Marsianern gefangengenommen wird. Aber Carter hat mehr Glück als Verstand. Aus Versehen tötet er immer mal wieder ranghohe Marsianer und erbt dadurch deren Rang und Besitztümer, was zu einer seltsamen Konstellation führt: Er ist ein Gefangener, dennoch darf er befehlen und man muss ihm gehorchen. Er ist ein Außerirdischer aber dennoch auch Klanchef. Die grünen Marsianer können ihn ach ihrem Ehrenkodex also nur auf zwei Arten töten: durch Befehl des Oberzampanos Tal Hajus im Zweikampf oder in Selbstverteidigung. Was für ein Glück für Carter, denn die grünen Marsianer stehen auf langsames Foltern als abendliche Unterhaltung.
Nachdem Carter binnen weniger Tage schnell mal die Sprache der Marsianer in Perfektion gelernt hat lernt er die Liebe seines Lebens kennen: Dejah Thoris, Tochter von Mors Kajak von Helium. OK, die ist eine eierlegende Außerirdische, aber trotzdem sexy, auch wenn sie eher wie eine Rothaut, denn eine ordentliche Europäerin aussieht. Klar tut Carter alles, um Dejah für sich zu gewinnen und wunder sich "I verily believe that a man's way with women is in inverse ratio to his prowess among men."

Am etwas ätzenden Tonfall der Zusammenfassung merkt man schon, das Buch ist aus heutiger Sicht, streckenweise nervig und dümmlich, voller Logikfehler und eher für männliche Leser. Klar, grüne Marsianerinnen sind auch gefährliche Kämpferinnen, gefährlicher als die männlichen, dennoch sind sie es die Kochen, reparieren und Waffen herstellen. Dejha, eine rote Marsianerin ist ein Männertraum: sexy, extrem leicht bekleidet und nicht sonderlich helle. Auch sie hinterfragt nicht, wie Carter auf den Mars kam, denn "why should I trouble my poor head with such a problem, when my heart tells me that I believe because I wish to believe!"
It was good logic, good, earthly, feminine logic, and if it satisfied her I certainly could pick no flaws in it.
Und so geht es in einem fort. Carter ist der strahlende Möchtegernheld. Er will Dejha befreien und wieder nach Hause bringen und stellt sich dabei nicht sonderlich helle an. Es geht von einer Gefangenschaft zur nächsten. Carter befreit sich und rettet die Situation durch reine Muskelkraft
Dazu noch ein wenig Sozialkritik und böser, böser Sozialismus "Owning everything in common, even to your women and children, has resulted in your owning nothing in common", um so was wie Anspruch und Sozialkritik anlingen zu lassen und nicht ganz wie ein Groschenheft daherzukommen.

Fazit: Handlungsarm, milde ausgedrückt. Heute stehen Frauen auf sexy Außerirdische, damals standen Männer auf leichtbekleidete sexy Außerirdische und Vampire, das ist echte Emanzipation.

Bewertung vom 29.03.2012
Game of Thrones - Die komplette 1. Staffel (5 Discs)

Game of Thrones - Die komplette 1. Staffel (5 Discs)


ausgezeichnet

Vor vielen Jahren wurde der wahnsinnige König Aerys II von Eddard Stark und seinem Freund Robert Baratheon vom Thron gestoßen. Viele Jahre sind seitdem vergangen und die beiden Jugendfreunde haben sich aus den Augen verloren. Robert ist König der sieben Königreiche und Eddard regiert den Norden. Nach dem Tode seines Beraters Jon Arryn, dem väterlichen Freund Eddards und Roberts, beruft König Ronbert seinen besten Freund als Hand des Königs. Ned soll mit ihm an den Hof reisen und die Regierungsgeschäfte führen, während Robert das Leben genießt. Damit durchkreuzt er die Pläne der mächtigen Familie Lannister, die das Reich an sich reißen will, allen voran seine Gattin Königin Cersei, die ein dunkles Geheimnis hütet.
Weit im Süden braut sich eine weitere Gefahr zusammen. Die letzten Nachkommen Aerys II sinnen auf Rache und wollen ihr Reich zurückerobern und dafür ist ihnen jedes Mittel recht.

Die zehnteilige Serie basiert auf dem gleichnamigen Roman von GRR Martin aus dem Jahre 1996 und wurde von David Benioff und D. B. Weiss für den amerikanischen Pay TV Kanal HBO entwickelt. Gedreht wurde in Nordirland, Kroatien auf Malta und Island britischen und irischen Schauspielern, was man deutlich am Akzent merkt. Die Stimmen der deutschen Synchronistation sind mir teils zu piepsig geraten, besonders jene von Deanerys passt überhaupt nicht.
Außer Noble House war mir bisher noch keine Verfilmung untergekommen, die sich derartig genau an die Buchvorlage hält. Wer das Buche kennt, wird die meisten Dialoge wortwörtlich so in den Büchern wiederfinden. Oft wird behauptet, dass eine Verfilmung, die sich sklavisch an eine Buchvorlage hält nicht funktioniert, sehr oft ist dies auch tatsächlich der Fall, nicht jedoch hier.
Es wurde sehr vorsichtig gekürzt (der Rabe des alten Bären der Nachtwache wurde gestrichen, Winterfall ist kleiner als im Buch und keinerlei Gewächshäuser weit und breit...), und wenn dabei Informationen, die wichtig waren geopfert werden mussten, wurde diese in neu entworfene Dialoge (die dann, dass muss ich leider gestehen, meist nackt in Badewannen oder beim Beischlaf spielten) verpackt. Das ist auch mein Hauptkritikpunkt an der Serie. Sex and Crime. Ja, das Buch ist blutig, ja, es gibt viel Sex und Vergewaltigungen, die Serie jedoch packt noch ein paar extra Nacktszenen dazu, wahrscheinlich, um die männlichen Zuschauer zu halten. Besonders fiel mir eine Stelle auf. Lady Stark ist Buch nackt, als die die Nachricht ihrer Schwester von ihrem Maester überreicht bekommt, im Film jedoch nicht, denn ältere, unbekleidete Frauen, will man in USA wohl nicht sehen, dafür darf Daenerys die Hüllen besonders oft sinnlos fallen lassen und wird gerne badend gezeigt. Immerhin leidet die Handlung nicht darunter, aber einige solcher Szenen waren in etwa so wichtig und nützlich wie ein Kropf.
Teilweise wurden Tageszeiten geändert. Mir will sich nicht schließen, warum Ned von Jaime in der Serie bei helllichtem Tag überfallen wird, statt wie im Buch bei Nacht, was viel logischer wäre.
Aufällig war auch, dass einige Szenen aus dem zweiten Band auftauchten, besonders was Jaime angeht. Möglicherweise will man sich die Gage für den Darsteller von Jaime sparen, da dieser im zweiten Band kaum eine Rolle spielt.

Insgesamt ist das aber Jammern auf hohem Niveau. Es wurden nur sehr wenige Änderungen an der vom Buch vorgegebenen Handlung vorgenommen. Das bedeutet jedoch auch, dass Zuschauer, die das Buch nicht kennen, unter Umständen irgendwann Probleme bekommen werden, der Handlung folgen zu können. Mirri Maz Durs Beweggründe wurden z. Bsp. schlecht herausgearbeitet und auch einige anderen Kleinigkeiten waren ohne das Hintergrundwissen des Buches schwierig nachzuvollziehen. Dennoch eine insgesamt sehr gut gelungene filmische Umsetzung.

151 von 304 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2012
A Song of Ice and Fire 02. A Clash of Kings
Martin, George R. R.

A Song of Ice and Fire 02. A Clash of Kings


sehr gut

Der Sommer ist vorbei, es wird Herbst und vier Könige beanspruchen den Thron von Westeros. Allianzen werden gebildet und zerfallen kurz darauf wieder. Jeder kämpft gegen jeden, Nachbar gegen Nachbar, Bruder gegen Bruder und Freunde werden zu Feinden und das, obwohl es bald Winter wird.
Storms' End ist gefallen und Stannis kommt mit Feuer und Schwert und dunklen Kräften eines neuen Gottes aus dem Osten, um den Thorn zu erobern, während Jaime im Kerker der Tullys sitzt und sein Vater Krieg gegen Robb Stark führt. Nur noch ein Zwerg, von allen gehasst und verabscheut, steht zwischen der Schleifung von Kings' Landing.

Erstaunlich, so viele Seiten, so viel Geschehen und doch passiert herzlich wenig. Im Großen und Ganzen lassen sich alle Handlungsstränge in wenigen Worten zusammenfassen, andererseits gibt es bereits wieder so viele neue Hinweise und Anzeichen auf kommende Ereignisse, dass einem dies dennoch wieder schwerfällt.
Martins Erzählstil erinnert stark an Charles Dickens und seinen David Copperfield. Alles wird sehr deutlich beschrieben, man versinkt in der Handlung, die Kapitel und Handlungsstränge funktionieren auch alle einzeln, aber wenn man zurückblickt fragt man sich, wie kann man so wenig Handlung in so viele Worte verpacken, das ist ja schon fast ein Hohlbeinsches Werk, nur irgendwie viel besser, viel vielschichtiger. Das liegt an einem ganz einfachen Trick, den der Autor anwendet. Ähnlich wie Dan Brown springt er von Handlungsstrang zu Handlungsstrang, ohne je einen davon abzuschließen, so dass man immer wissen will wie es weitergeht und zwar bei allen erzählenden Personen. Würde er diese Geschichte nur aus einer Perspektive erzählen, wäre sie flach, einfallslos und vorhersehbar. Dadurch, dass er die Hinweise auf verschiedene Erzählstränge verteilt, der Leser somit mehr weiß als seine Protagonisten und spekulieren kann, hält er die Spannung der Geschichte. Einige Autoren erzählen eine Geschichte in verschiedenen Blickwinkeln, aber nacheinander in verschiedenen Bänden (Oryx and Crake +Das Jahr der Flut von Attwod sind so ein Beispiel). Jede Geschichte an sich ist gut, aber man hat doch das Gefühl betrogen worden zu sein, weil der Autor mehrfach in seine Welt zurückkehrt, statt mal was Neues zu schreiben, man fühlt sich ein wenig betrogen obwohl es doch ein anderer Blickwinkel auf die gleiche Geschichte ist. Martin ist da cleverer, er teilt dich Bücher, passt die Kapitel zusammen und erzählt die Geschichte gleich aus verschiedenen Blickwinkeln und DAS ist sein Haupttrick, der diese Bücher so spannend macht.
Leider erspart er dem Leser diesmal die Schlachtenbeschreibungen nicht. Es gibt ganze Kapitel mit Schlachten, Parieren, Metzeln, ... die mich einfach nur zu Tode langweilten. Schlachtenbeschreibungen waren der Grund, warum ich den Herrn der Ringe bis heute nie geschafft habe komplett zu lesen und mehrfach abgebrochen habe. Hier sind es nur wenige Kapitel, aber die haben mir gereicht und ich war froh, als sie rum waren, da hätte mir eine kurze Statistik gereicht, die Details tragen nichts zu Handlung bei.

Fazit: Viele Worte, spannende Erzählweise, wenig Handlung, das aber perfekt umgesetzt.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.03.2012
Oliver Twist
Dickens, Charles

Oliver Twist


gut

Oliver Twist wächst bis zu seinem zehnten Lebensjahr in einem Armenhaus auf und wird einem Sargmacher in die Lehre gegeben. Oliver jedoch flieht nach London und gerät in die Fänge des Hehlers Fagin, der ihn zum Taschendieb ausbildet. Bei einer seiner ersten Diebestouren wird Oliver gefangengenommen, jedoch vom mitleidigen Mr. Brownlows mit nach Hause genommen. Nancy und Sikes entführen Oliver jedoch, um ihn wieder Fagin zuzuführen und weiter auszubilden. Bei einem nächtlichen Einbruch jedoch, wird Oliver angeschossen.

Charles Dickens zweiter Roman „Oliver Twist“ ist neben David Copperfield wohl auch sein bekanntester. So wundert es nicht, dass es mehrere deutschsprachige Hörspiele zu diesem Buch gibt.

1957, 83 Min., Regisseur: Walter Knaus
1962 53 Min., Regisseur: Dora König
2005 129 Min., Regisseur: Sven Stricker
2006 103 Min., Regisseur: Rainer Gussek

Bei diesem Hörspiel handelt es sich um die NDR Vertonung aus dem Jahr 2006 mit 103 Min. Laufzeit unter der Regie von Rainer Gussek.
Wie schon die Variante von 1957 ist dieses Hörspiel eine stark auf die Highlights des 400 Seiten starken Buches gekürzte Version, wobei bei dieser Vertonung einige Szenen dabei sind, die im Hörspiel aus den 50er Jahren fehlen.
Diese neue Vertonung, konnte mich jedoch im Vergleich zum Hörspiel von 1957 nicht überzeugen und das aus einem Grund: die schwache Besetzung der Kinderrollen. Die Kindersprecher der 50er Jahre waren lebensechte, lebendiger. Die Kinder von 2006 klingen auswendiggelernt und abgelesen und fallen dadurch teilweise richtiggehend störend auf, was wirklich schade ist, denn die erwachsenen Sprecher sind wirklich gut. Vor allem Nancy ist in der 2006er Variante besser besetzt, die war 1957 stimmlich einfach zu alt. Dennoch hätte man nach 3 Vorgängerversionen wesentlich mehr aus dem Stoff herausholen können und sollen. Wenn ich eine Empfehlung abgeben müsste, würde ich definitiv die Version von Walter Kraus jener von Rainer Gussek vorziehen.