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Juti
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HD

Bewertungen

Insgesamt 647 Bewertungen
Bewertung vom 23.06.2021
Buch der Zahlen
Cohen, Joshua

Buch der Zahlen


schlecht

Lust verloren

Eigentlich schade, der Autor hat ein umfängliches Wissen in vielen Bereichen. Auf S.42 zeugt eine Deckenpaneele von seinem Schachwissen, das auch auf S.52 auftaucht. Cohen versucht auch neue Wege zu gehen, in denen er im zweiten Teil die Biografie des Computer-Spezialisten mit durchgestrichenen Sätzen füllt.

Selbst mit dem Wissen, dass selbst Experten nur die Hälfte des Buches verstanden haben und ich über Quellcodes einfach hinweglesen konnte, verlor ich aber mehr und mehr das Interesse. Ich habe schon die Arabien-Reise im ersten Teil nicht verstanden und der zweite Teil wurde nicht besser.

Immerhin 423 schnell gelesene Seiten habe ich geschafft, knapp mehr als die Hälfte, dann legte ich es weg und sehe dieses Buch als gescheitertes Experiment an. 1 Stern.

Bewertung vom 17.06.2021
Brüste und Eier
Kawakami, Mieko

Brüste und Eier


weniger gut

übergelobtes Frauenbuch

Dieses Buch besteht aus zwei Teilen. Im ersten will sich die Schwester der Ich-Erzählerin die Brüste vergrößern lassen. Sie hat eine Tochter, die nicht mit ihr spricht, aber Tagebuch führt und gerade in der Pubertät ist.

Während hier die Erzählperspektive wechselt, besteht der zweite Teil fast nur aus Dialogen mit der Ich-Erzählerin, die ein Kind will, aber Sex verabscheut. So geht es um Samenbanken, um bekannte und unbekannte Väter, um die Herabschätzung kinderlose Frauen und um Kinder, die per Samenspende gezeugt wurden und jetzt ihren Vater suchen. Das alles wird langatmig, weil erst eine Gesprächssituation entstehen muss, die diese Themen zulässt. Einzig der Hengst, der seinen Samen über allen Klee lobte, hat mir gefallen. Und das Ende ist so absehbar, dass ich es auch verraten könnte.

3 Sterne für den ersten Teil, 2 für den zweiten. Da der zweite Teil länger ist, setzt er sich durch.

Bewertung vom 14.06.2021
Feministin sagt man nicht
Herbst, Hanna

Feministin sagt man nicht


sehr gut

Gelungenes Büchlein zur MeToo-Debatte

Ich glaube, dass dieses Buch beim Bachmannpreis 2018 erwähnt wurde und deswegen auf meine Leseliste kam. Inzwischen hat sich die Aufregung verzogen, dass es immer noch Männer gibt, die ihre Machtposition gegenüber Frauen ausnutzen, kann kaum bezweifelt werden.

Ganz kurz zusammengefasst spricht sich die Autorin gegen Gewalt aus und auch gegen Komplimenten von Männer, deren Beziehung zur Frau nicht durch Liebe sondern beispielsweise im Beruf zustanden kommt. Frauen wollten aus Höflichkeit nicht immer direkt ablehnen.

Die Aufmachung des Büchleins, die großgedruckten Zitate, die klar getrennten Kapitel laden zum Lesen ein. Einen Stern muss ich aber abziehen, weil ich nichts Neues gelesen habe. 4 Sterne

Bewertung vom 09.06.2021
Das Teemännchen
Strunk, Heinz

Das Teemännchen


sehr gut

düstere Anekdoten

Was macht eigentlich Heinz Strunk? Der Autor, den ich von extra3 kenne, ist laut Wikipedia vor allem als Musiker unterwegs. Er litt früher selbst unter Depressionen und bezeichnet sich als Atheist. Lässt sich das in seinen Figuren erkennen, deren Geschichten immer noch schlechter enden als man ohnehin erwarten? Wer stirbt, wird gleich vergessen selbst er Lothar Späth heißt.
Bei Elke Heidenreich habe ich nach den Anekdoten manchmal schmunzeln können, doch was macht die Faszination seiner düsteren Geschichten aus?

Vielleicht ist es der Trost, dass auch andere Menschen gescheitert sind wie die frühere schöne Frau, die nach der Scheidung im Keller einer Imbissstube arbeitet, vielleicht dass man sich nicht vorstellen möchte dabei zu sein, wenn ein Heroinsüchtiger das Baby im Kinderwagen bespuckt oder wenn ein Jugendlicher beim Wichsen auf dem Fahrrad von einer schönen Frau umgefahren wird und die nicht mehr vom Schwanz bekommt.
Die Untaten werden meist mit dem Tod durch Vergessen bestraft. Will uns der Autor sagen, dass das Leben eine Summe aus vertanen Chancen ist?

Ich habe das Buch erstaunlich gerne und schnell gelesen, einen Stern muss ich aber abziehen, weil alles schlecht ausgeht und deswegen die Spannung fehlt. Zu guter Letzt sei noch auf die Geschichte mit Klaus und Klaus hingewiesen, wo ich mich frage, ob Strunk Insiderwissen hatte. 4 Sterne

Lieblingszitat: Wer morgens zerknittert aufsteht, hat am Tag die besten Entfaltungsmöglichkeiten. (88)

Bewertung vom 07.06.2021
Valerie
Krüdener, Barbara Juliane von

Valerie


schlecht

Seltsame Zeitgenossen

Der Roman Valérie wurde von der Autorin Zeitgenossen gelobt wie Goethes Werther und ich frage mich warum. Wie der Werther ist das Werk ein Briefroman. Aber während der Werther seine Lotte liebt, schreibt hier ein gewisser Gustav seinem Freund Ernst, der selten antwortet über seine Liebe zu Valérie. Ich konnte aber weder eine Entwicklung noch eine entstehende Dreiecksbeziehung erkennen, sondern las nur von der Schüchternheit des Briefschreibers.

Eigentlich schade, dass ich dieses Werk nach 20 Briefen oder 66 Seiten bei Seite legen musste, obwohl ich sowohl die einleitende Biografie als auch die Doktorarbeit über die Autorin sehr gerne gelesen habe. 1 Stern

Bewertung vom 05.06.2021
Homeland Elegien
Akhtar, Ayad

Homeland Elegien


gut

Als Tiger gestartet

Nein, mich interessiert nicht, was wirklich geschehen ist. Das Buch ist ein Roman und darf fiktives berichten, auch das Trump vor 20 Jahren bei Akhtars Vater wegen Herzproblemen in Behandlung war. Und als ich schon fürchtete, 460 Seiten über Trump lesen zu müssen, verlagert der Autor den Schwerpunkt über das Leben als Secundo mit pakistanischen Eltern in Amerika.

Hier hat mich der Autor wirklich gepackt, die Mutter nie wirklich in der neuen Heimat angekommen und der Vater scheinbar überintegriert.
Aber dann geschieht der Anschlag aufs WTC und der Ich-Erzähler wird wegen seines Aussehens von Teilen der amerikanischen Gesellschaft so sehr durch sein Äußeres verdächtig, dass er einige Zeit lieber ein Kreuz um den Hals trägt.
Besonders eindrücklich ist die Geschichte mit dem Verkehrspolizisten in Scranton, dem er zum Beispiel erzählt, dass seine Eltern aus Indien stammen, um nicht unter Terrorverdacht zu geraten. Doch der Polizist bleibt misstrauisch.
Beeindruckend fand ich auch die Erzählung von Riaz dem Schuldenhändler, der Multimillionär wurde und Ayad in die Welt der Superreichen aufnimmt.

Aber dann bei S.245 folgt das letzte, fast das halbe Buch umfassende Kapitel, das mich rätseln lässt.
Wollen wir wirklich wissen, wie sich der Ich-Erzähler bei seiner Freundin Asha Syphilis geholt hat, um dann zu lesen, dass er durch die Medikamente einen Dauerständer bekommen hat? Die Quintessenz des 66 Seiten langen Kapitel ist, dass selbst ein so liberale Pakistani schließlich an einen Cousin in Pakistan verheiratet wird. Auch das Gerichtsverfahren des Vaters, der angeblich eine Patientin falsch beraten hatte, wird erst inhaltlich, dann wörtlich als Theaterstück geschildert.
Gut, der Ausgang ist spannend.

Dreimal hatte ich sprachliche Probleme. Ich habe mir nur das letzte auf S. 230 gemerkt: „Ich verstand es. Das und noch viel mehr.“ Warum schreibt der Autor nicht „ Ich verstand noch viel mehr“?

Ich empfehle diese Buch allen, die die Gefühle eines Kindes von pakistanischen Migranten in Amerika miterleben wollen, die Gegensätze des Landes, das nach den Anschlägen immer mehr auseinander bricht, weil die Wirtschaft nur noch auf die Kräfte des Marktes setzt und die Schwachen vernachlässigt. Ich empfehle aber auch die Lektüre auf S.243 zu beenden. Für das ganze Buch also 3 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.06.2021
Das Glück ist eine Bohne
Präauer, Teresa

Das Glück ist eine Bohne


schlecht

diffuser Zettelkasten

Wer will, mag die Geschichten dieses Buch ein Panorama nennen. Mir kommt es aber eher wie eine Zettelwirtschaft vor, die sonst nicht mehr verarbeitet werden konnte.
Der ersten Geschichte über eine entstehende oder nicht entstehende Liebe konnte ich durchaus etwas abgewinnen. „Kairo bei Nacht“ von Udo Jürgens habe ich mir nach einer anderen Erzählung auch noch gerne auf Youtube angehört. Aber mit der Zeit wurde mein Lesetempo immer höher.

In einigen Erzählungen kommen berühmten Persönlichkeiten vor, ja so viele, dass es sogar ein Personenregister gibt. Aber selbst wenn ich diese Person kenne, heißt das nicht, dass die Geschichte mir auch gefällt.
Nachdem sie von in meinen Augen abgefahrenen Buchstaben träumt und auf S.70 der Text „Vom richtigen Moment“ beginnt, dachte ich, es sei nun der richtige Moment das Buch aus der Hand zu lesen. Ich blätterte ins Register, las ohne Erbauung über Conchita Wurst und noch die letzte titelgebende Geschichte, der ich durchaus etwas abgewinnen konnte.

Doch mein Kriterium, das ein abgebrochenes Buch nur ein Stern erhält, ist unerbittlich.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.06.2021
Wallenstein
Mann, Golo

Wallenstein


gut

ausführliches Werk eines berühmten Historikers

Diese umfassende Biografie des Kriegshelden Wallensteins leidet unter dem schwätzenden Stil, den er wohl von seinem Vater geerbt hat. Als Sachbuchleser wünsche ich mir, dass er häufiger direkt auf den Punkt kommt.
Dem gegenüber steht eine unübertroffene Ausführlichkeit, die nur durch neue Funde in historischen Archiven jenseits des Eisernen Vorhang gemacht werden könnten.

Ich bin froh, dass ich diesen Ziegelstein nun bei Seite legen kann und vergebe 3 Sterne.