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Fornika
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Bewertungen

Insgesamt 378 Bewertungen
Bewertung vom 05.02.2017
Rain Dogs / Sean Duffy Bd.5
McKinty, Adrian

Rain Dogs / Sean Duffy Bd.5


ausgezeichnet

Wir schreiben das Jahr 1987. Irland steckt immer noch mitten in den Troubles, Duffy steckt immer noch in persönlichen Krisen. Freundin weg, schlechte Musik im Radio und dann bekommt er auch noch den Fall einer vermeintlichen Selbstmörderin aufs Auge gedrückt. Doch Sean zweifelt, nicht zuletzt weil die einzige Alternative eine locked room mystery ist. Aber zweimal innerhalb weniger Jahre? Der Fall wird nicht weniger brisant als eine finnische Delegation in Duffys Fokus gerät, von denen der wirtschaftliche Aufschwung der ganzen Region abhängen könnte. Maulkorb für Duffy vorprogrammiert…

Adrian McKinty schafft es immer wieder mich mit seinen Büchern zu begeistern. Präziser, oft reduzierter Stil, düstere und griffige Atmosphäre, schwarzer Humor und knallharte Sozialkritik. Das alles erzählt einen interessanten und spannenden Kriminalfall, bei dem natürlich nichts so ist wie es zunächst scheint. Als Hauptfigur der etwas schnodderige, mittelmäßig erfolgreiche Duffy, der seinem Frust schon auch mal mit Alkohol und dem täglichen Joint entflieht. Der gleichzeitig mit seinem Musik- und Literaturgeschmack, seiner intelligenten aber auch zynischen Ausdrucksweise und seinem Sinn für Gerechtigkeit (wohlgemerkt Gerechtigkeit nicht Recht) einfach grundsympathisch ist. Ich mag Duffy einfach ; ) McKinty verknüpft Fiktion und Realität, Damaliges und Heutiges geschickt und auf seine einmalige Art. Ein kritischer Blick auf Gesellschaft und Politik vermischt sich mit dem fiktiven Geschehen derart mitreißend, sodass ich hinterher nur sagen kann: Rain Dogs war reines Lesevergnügen. Wie immer bei McKinty.

Bewertung vom 30.01.2017
Sein blutiges Projekt
Burnet, Graeme Macrae

Sein blutiges Projekt


ausgezeichnet

Im Sommer 1869 macht sich der 17jährige Roderick „Roddy“ Macrae auf zu seinem Nachbarn Lachlan. Im Gepäck ein Spaten und eine Spitzhacke. Als Roddy Lachlans Haus wieder verlässt, liegen dessen Kinder und Lachlan selbst brutal ermordet in der Küche. Roddy gesteht alles, der Fall scheint klar. Doch was steckt wirklich hinter diesen grausamen Morden?

Graeme Macrae Burnet begibt sich in diesem Buch auf die Spuren seines Vorfahren Roderick. Der hat im Gefängnis eine Art Tagebuch geführt und seine Erinnerungen aufgeschrieben, zudem hat Burnet die Geschichte mit Aussagen von Zeitzeugen, Zeitungsberichten, Gesprächsprotokollen der Ärzte u.ä. ergänzt. Diese unterschiedlichen Quellen und Schriftstücke wirken aber mitnichten zusammengestückelt, sondern ergänzen sich derart gut, dass ein sensibler und gleichzeitig düster-spannender Thriller herauskommt. Ich war fasziniert von Roddys Bericht, er schreibt feinfühlig und berührend, gleichzeitig aber sehr nüchtern und klar. Seine Herkunft als armer Bauerssohn ohne rechte Perspektive ist beklemmend, die Familiensituation angespannt, der Zwist mit Lachlan dramatisch. Der Autor verrät in einem Vorwort, dass er an Roddys Bericht kaum Hand angelegt hat, somit gibt dieser wieder wie intelligent und klar der Junge einerseits, wie verzweifelt und auswegslos seine Situation andererseits war. Pikant ist dieser Bericht auch insofern, weil sein Geisteszustand immer wieder zur Diskussion steht: kann ein so intelligenter und fügsamer Junge einen brutalen Mord begehen ohne geistesgestört zu sein? Die psychologische Komponente macht ebenfalls einen großen Reiz der Geschichte aus, Roddys Fall zeigt sehr deutlich in welchen Kinderschuhen psychologische Gutachter etc. zu dieser Zeit noch steckten. Burnet lässt zudem immer wieder sozialkritische Töne anklingen, die Kirche hat bei Roddys Schicksal ebenso scheinheilig mitgemischt wie Gutsverwalter und andere Obrigkeiten. Insgesamt gewährt dieses Buch einen deprimierenden, aber keineswegs sensationslüsternen Blick auf ein dramatisches Schicksal eines „unbedeutenden“ Jungen, der irgendwo im schottischen Niemalsland lebte und doch traurige Berühmtheit erlangte. Eine traurige Geschichte, aber hervorragend erzählt.

Bewertung vom 16.01.2017
Alleine bist du nie
Mackintosh, Clare

Alleine bist du nie


sehr gut

Zoe Walker führt ein ganz normales Vorstadtleben. Ihre fast erwachsenen Kinder, ihr Lebenspartner Simon, ihr eintöniger, aber solider Job bei einem Immobilienmakler. Zweimal täglich Pendeln mit der Bahn. Alles nichts Außergewöhnliches. Bis zu dem Tag als Zoe ihr eigenes Konterfei unter den Kleinanzeigen in der Zeitung wiederfindet, ausgerechnet in der Rubrik für sexuelle Kontakte. Ein makabrer Scherz? Mitnichten, denn auch andere Frauen sind in den Kleinanzeigen aufgetaucht; bald darauf findet man sie im Fernsehen, als Opfer eines Verbrechens.

Clare Mackintosh hat bereits mit „Meine Seele so kalt“ gezeigt, dass sie gute Geschichten erzählen kann. Auch ihr neuestes Buch „Alleine bist du nie“ hat mich sofort gefesselt. Es ist weniger eine haarsträubende Spannung, die die Autorin aufbaut, sondern eine unterschwellige, nicht greifbare Gefahr, die den Leser in den Bann zieht. Geschickt eingesetzte Perspektivwechsel (mal zur ermittelnden Kelly Swift, mal zum Täter) bieten zusätzlichen Antrieb schnell weiter zu lesen. Die Autorin schreibt sehr flüssig und angenehm. Ihre Figuren sind ihr unterm Strich gut gelungen, Zoe erscheint manchmal etwas naiv, was aber ja sehr gut zu ihrer Rolle als etwas langweiliger Durchschnittsmensch passt. Auch für die anderen Haupt- und Nebenfiguren lässt sich die Autorin genug Einführungszeit, was u.a. dazu führt, dass die Story etwas langsam startet. Mackintosh hat selbst jahrelang bei der Polizei gearbeitet und das merkt man der Geschichte an, die Ermittlungsarbeit war sehr authentisch dargestellt. Die utopisch-rasanten Ermittlungen, die manch andere Autoren ihren Figuren andichten waren hier nicht zu finden, stattdessen plagen sich die Ermittler mit falschen Fährten und der berühmten Nadel im Heuhaufen. Die Autorin lässt den Leser lange im Dunkeln und kann so immer wieder überraschen.
Insgesamt hat mir „Alleine bist du nie“ sehr gut gefallen, eine spannende Story, der allenfalls eine Prise Tempo fehlt.

Bewertung vom 13.01.2017
Der Jahrhunderttraum / Jahrhundertsturm Trilogie Bd.2
Dübell, Richard

Der Jahrhunderttraum / Jahrhundertsturm Trilogie Bd.2


ausgezeichnet

Ende des 19ten Jahrhunderts steht die nächste Generation der Briests an der Schwelle: erwachsen werden, etwas mit dem eigenen Leben anfangen, vielleicht die Zwänge der adeligen Herkunft abschütteln? Kurz vor der Jahrhundertwende scheint vieles möglich zu sein.

„Der Jahrhunderttraum“ ist der zweite Teil von Richard Dübells Deutschlandsaga und er knüpft für mich qualitativ an den Vorgänger an. Ebenso spannend und mitreißend erzählt, dabei aber auch informativ. Dübells Humor konnte mich schon immer zum Lachen bringen, besonders in diesem Buch geht er auch auf die unterschiedlichen Dialekte der Figuren ein und bringt einen so zum Schmunzeln. Ein bierernster Graf Zeppelin wird doch gleich viel authentischer, wenn man ihm beim Schwäbeln “zuhört“.

Man kann durchaus Parallelen zwischen den beiden Bänden ziehen, im vorherigen ging es v.a. um die Entwicklung der Eisenbahn, in diesem hier stehen die ersten Flugversuche im Mittelpunkt. Wieder hat sich Dübell mit einer spannenden Thematik auseinander gesetzt und bringt so dem Leser die verschiedenen Vorreiter der Luftfahrt näher. Zeppelin, die Gebrüder Wright, Louis Blériot usw., jeder bekommt seinen kleinen Moment in der Geschichte und zeigt dem Leser so, wie viele Menschen sich damals mit dem großen Traum vom Fliegen befasst haben. Mittendrin die Gebrüder von Briest, die beide auf ihre Art mit der Materie in Kontakt kommen. Levin und Otto sind inzwischen erwachsen geworden und sind beide grundsympathisch. Auch ihre Schwester Amalie wird auf ihre Weise eine Figur ihrer Zeit werden und man verfolgt ihren Lebensweg mit Interesse. Mit den Briests erlebt man ca. zwei Jahrzehnte, die vor politischen, industriellen und gesellschaftlichen Umschwüngen bald platzen. Lebendig und authentisch erzählt, hat der Jahrhunderttraum vor allem eines gemacht: großen Lesespaß und Lust auf den nächsten Band.

Bewertung vom 07.01.2017
Lennart Malmkvist und der ziemlich seltsame Mops des Buri Bolmen / Lennart Malmkvist Bd.1
Simon, Lars

Lennart Malmkvist und der ziemlich seltsame Mops des Buri Bolmen / Lennart Malmkvist Bd.1


gut

Lennart Malmkvist ist gerade dabei die Karriereleiter ein gutes Stück nach oben zu klettern als es in seinem Haus einen Trauerfall gibt. Buri Bolmen, Besitzer eines Ladens für Scherzartikel und Zaubererbedarf wird ermordet aufgefunden. Ermordet? Die Polizei ist sich nicht sicher und Lennart rückt erst Recht in den Fokus der Ermittler, als klar wird, dass Buri ihm seinen ganzen Besitz vermacht hat. Inklusive Mops Bölthorn, der so ganz und gar kein gewöhnlicher Mops ist.

Lars Simon legt hier den ersten Band einer magischen Trilogie um Lennart und Bölthorn vor. Ich hatte noch nichts von diesem Autor gelesen, war aber sofort mit ihm auf einer Wellenlänge bzw. mit seinem Protagonist Lennart. Wir teilen eine Aversion gegeben den typischen Mops, speckig, sabbernd, röchelnd. Simon beschreibt diese Rasse so komisch und treffend, ich habe mich wirklich sehr darüber amüsiert. Auch sonst zeigt er einen Humor, der mir sehr gut gefallen hat, der Erzählstil hat bei mir voll ins Schwarze getroffen. Die Handlung an sich entpuppt sich als Urban Fantasy mit einem Hauch von Thriller. Ich fand sie etwas unbefriedigend, weil sie komplett auf eine Trilogie ausgelegt ist und man am Ende völlig in der Schwebe gelassen wird. Natürlich kann man in Band 1 noch nicht alles aufklären, aber etwas runder hätte ich mir die Handlung schon gewünscht. Das Ganze hat sich in eine Richtung entwickelt, die mich nicht so richtig gefesselt hat, weswegen ich zwar andere Werke des Autors mal anlesen werde, den Rest der Mopstrilogie werde ich mir aber schenken.

Bewertung vom 02.01.2017
DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
Callaghan, Helen

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest


weniger gut

Margot Lewis ist Lehrerin und gleichzeitig Kummerkastentante bei der örtlichen Zeitung. Eines Tages wird ihr der Brief eines vermeintlichen Entführungsopfers von vor 20 Jahren zugespielt. Brisant, denn auch eine von Margots Schülerin wird jüngst vermisst. Margot fühlt sich verantwortlich und fängt an Nachforschungen zu stellen, obwohl sie wahrlich selbst genug Probleme hat. Unterstützt wird sie dabei vom attraktiven Martin Forrester, der als Kriminaler sein Bestes gibt.

Dear Amy ist so ein Buch, das gute Ansätze zeigt und dann doch einfach nur wieder in einem 08/15-Geschehen endet. Keine Überraschungen, bzw. die „Überraschungen“ riecht man schon Seiten vorher, dementsprechend ist der Spannungsbogen auch eher flach. Callaghan schreibt ansprechend und flüssig, ihr fehlt es aber definitiv an neuen Ideen. Margot fand ich als Hauptfigur etwas nichtssagend, sie wurde mir dann zunehmend unsympathisch. Sie trennt sich gerade von ihrem Mann, was angeblich ganz schlimm-schrecklich für sie ist, gleichzeitig wird sie aber schon beim ersten Blick auf Martin von Amors Pfeil getroffen. Pillen und die Pulle Wein am Abend/Mittag/Morgen helfen da auch nicht weiter. Wie auch immer, Margot war mir also nicht wirklich sympathisch, den Rest der Handlung fand ich viel zu unoriginell und da kann auch das ansprechende Setting in der Universitätsszene Cambridges nicht mehr viel retten.
Fazit: ein gutes Buch für Thrillerneulinge, der Rest wird sich mehrfach an diverse andere Bücher erinnert fühlen.

Bewertung vom 16.12.2016
Apocalypse Now Now. Schatten über Cape Town / Baxter Bd.1
Human, Charlie

Apocalypse Now Now. Schatten über Cape Town / Baxter Bd.1


sehr gut

Baxter ist ein ganz normaler Jugendlicher, der mit seiner Familie in Kapstadt lebt. Sofern es normal ist, an der Schule einen blühenden Pornohandel zu betreiben und wirre, mystische Träume zu haben. Doch als seine Freundin Esmé entführt wird, muss Baxter noch ganz anderes durchstehen, denn seine Träume waren nicht nur nächtliche Hirngespinste.

Charlie Human schmeißt den Leser mittenhinein in Baxters Welt. Die ist bei weitem nicht die eines schnöden Vorzeigeteenies und so mutet die Geschichte anfangs wie ein Werk aus z.B. John Nivens Feder an. Es wird geflucht, gedisst und gef***t, trotzdem war mir Baxter sofort sympathisch (was das über mich aussagt, stellen wir jetzt mal lieber nicht zur Diskussion ; ) Humans Ton ist ironisch, sarkastisch, vulgär und voller schwarzem Humor, trifft bei mir also absolut ins Schwarze. Auch der Aufbau der Story hat mir gut gefallen, sie ist spannend, überraschend und abwechslungsreich. Die Ausflüge in die afrikanische Mythologie, in die Welt der magischen Außenseiter, in das Denken und Fühlen von Kapstadt haben mir sehr gut gefallen. Ich habe nichts gegen abstruse Wendungen, allerdings hat Human für mich hier gerade gegen Ende den Bogen überspannt. An einigen Ecken wirkt die Story nicht mehr rund, man hat das Gefühl der Autor wollte um jeden Preis unbedingt noch eine Schippe drauflegen, was er meiner Meinung nach dann lieber hätte lassen sollen. So wirkt die Geschichte dann leider doch etwas überspannt. Trotzdem hat mir Band 1 mit Baxter unterm Strich gut gefallen, und auch wenn ich das Buch nicht in höchsten Tönen loben will, bin ich doch schwer an Band 2 interessiert.

Bewertung vom 13.11.2016
Loney
Hurley, Andrew Michael

Loney


sehr gut

Die Karwoche wird vom harten Kern einer kleinen Gemeinde traditionell für eine Wallfahrt genutzt. Ziel ist Loney, ein kleines Fleckchen an der rauen Küste. Im Jahr 1976 reist die Gemeinde noch verbissener an, der neue Pastor Farther Bernard muss sich erst in die eingeschliffenen Traditionen einfinden und außerdem soll Hanny endlich von seiner Stummheit geheilt werden. Mit Gottes Hilfe natürlich, der in dem nahegelegenen Schrein schon einmal Wunder vollbracht haben soll.

Hurley hat eine dichte Atmosphäre geschaffen, die einen wirklich in den Bann zieht. Düster und neblig wie Loney selbst, kalt und ungemütlich wie die Stimmung unter den Gemeindemitgliedern. Der Stil ist sehr klar, aber etwas distanziert. Was diesen Roman so besonders macht sind die leisen Zwischentöne, mit denen die Beziehungen der Protagonisten gezeichnet werden. Der Autor nimmt uns mit in eine sehr gläubige Gemeinschaft, in der zwar augenscheinlich bibeltreu gelebt wird, aber auch Härte regiert. Erzählt wird aus der Sicht von Hannys jüngerem Brüder Tonto, der über die Geschehnisse reflektiert ohne zu werten. Die Handlung lässt sich Zeit, trotzdem war ich über weite Strecken von ihr gefesselt. Vom Ende war ich leider nicht ganz so angetan, mir erschien der Bruch zum vorherigen Geschehen dann doch etwas hart. Trotzdem würde ich Loney jedem empfehlen, der langsame, atmosphärische Geschichten mag. Hurley sollte man auf jeden Fall im Auge behalten.