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Benutzername: 
Glüxklaus
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Franken

Bewertungen

Insgesamt 612 Bewertungen
Bewertung vom 16.02.2022
Mein Freund Otto, das Blaue Wunder und ich
Lambeck, Silke

Mein Freund Otto, das Blaue Wunder und ich


ausgezeichnet

Zwei Freunde und eine spektakuläre Rettungsaktion - starke Geschichte mit Botschaft

Es könnte alles so schön sein. Es ist Sommer, die Sonne scheint. Matti und Otto freuen sich auf viele unbeschwerte Tage im Schwimmbad mit Schwimmen, Sprüngen vom Dreier, träumend auf der Decke liegend und natürlich Eis und Pommes. Doch dann kommt es ganz dicke. „Das Schwimmbad im Amselpark ist leider geschlossen. Wir danken für ihre Treue.“ steht auf dem Zettel an der Eingangstür des Bads. Unfassbar, finden Matti und Otto. Schließlich ist das Schwimmbad, das „Blaue Wunder“, die Antwort auf alle Fragen. Gegen die Schließung muss sich doch was tun lassen. Die Jungs entwickeln einen einfallsreichen, nicht ganz regelkonformen Rettungsplan, der nicht überall auf Zustimmung stößt. Ob sie Erfolg haben und das „Blaue Wunder“ retten können?

Silke Lambeck schreibt authentisch, erfrischend und unterhaltsam in Ich-Form aus Mattis Sicht. Ihre Sprache klingt so, wie Kinder in Mattis Alter eben reden. Die Geschichte lässt sich aufgrund des unkomplizierten, lebendigen Schreibstils flüssig vorlesen. Die Schrift ist normal groß gedruckt und dank des übersichtlichen Zeilenabstand und der großzügigen Ränder leicht zu erfassen. Kinder ab acht, neun Jahren werden die Geschichte selbstständig lesen können, zum Vorlesen eignet sie sich auch für jüngere Zuhörer. Einige wenige, recht schlichte, aber drollig- witzige Bilder sorgen für zusätzliche Motivation.

Die Figurenkonstellation ist abwechslungsreich und absolut gelungen. Da ist zunächst Matti, der im Grunde sehr genau weiß, was richtig und was falsch, was gerecht und was ungerecht ist. Um das Richtige zu erreichen, legt er manche Regel recht kreativ aus und ist nicht immer ganz ehrlich. Der aufgeweckte Junge kann ganz schön hartnäckig sein, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Mattis zuverlässiger Freund Otto ist weniger sportlich als Matti, hat aber mindestens so gute Ideen wie Matti. Dann gibt es noch Kioskbesitzer Hotte, der längst nicht so grummelig ist wie seine raue Schale andeutet und Mattis Ziehvater und Sportlehrer Torben, der besonders gerecht sein will und trotzdem manchmal ungerecht wirkt. Viele weitere Personen u.a. der Basketball-Star Micki Kolpitzki unterstützen die beiden Freunde. Lediglich Mitschüler Jan-Niklas, der sich oft aggressiv verhält, macht den Jungs immer wieder das Leben schwer.

Wird das „Blaue Wunder“ gerettet werden?
Mattis und Ottos Mission entwickelt sich unheimlich spannend. Die sympathischen, patenten Jungs muss man trotz ihrer Fehler einfach mögen, mit ihnen muss man mitfiebern. Nebenher stellt sich immer wieder die Frage, wie weit man für das Richtige gehen darf. Außerdem zeigt sich auf wunderbare Weise, dass es sich durchaus lohnt, sich für seine Wünsche und Träume einzusetzen. Gemeinsam kann man viel erreichen, wenn man es erstmal versucht und sich aufrafft. Man darf sich nur nicht entmutigen lassen. Nur wer aufgibt, hat schon verloren.
Ein unterhaltsames, mitreißendes und witziges Leseabenteuer über Freundschaft, gemeinsames Engagement und die Macht von vielen. Ein Buch für alle, die Sommer, Schwimmen und gute, originelle Geschichten mögen.

Bewertung vom 15.02.2022
Eure Leben, lebt sie alle
Hein, Sybille

Eure Leben, lebt sie alle


sehr gut

Von Frauen, die ins Schlingern geraten - ein unterhaltsames, kluges Buch über die Krisen des Lebens

„Wünsche müssen überkandidelt sein. Vermessen. Extrem kompliziert zu erfüllen. Sonst setzt sich keine Fee in Bewegung, sonst kann man es gleich selber machen.“

Vor fast zwanzig Jahren starb Musiker Jonas bei einem Unfall. Seine Mutter Marianne und seine vier Freundinnen Ellen, Luise, Johanna und Freddy blieben zurück. Auch heute halten die Frauen noch Kontakt und jede hat ihre eigenen Probleme: Marianne vergisst immer mehr, Ellen hadert mit ihrem Comeback als Musikerin und manchen anderen Entscheidungen, Freddy hat Geldsorgen und muss ihren Vater enttäuschen, Luises Familie will nicht so, wie sie will und Johanna verabschiedet sich einmal mehr von ihrem aktuellen Leben. Diesmal für immer?

Sybille Hein schreibt klar, direkt und sehr bildhaft. Ihr besonderer Schreibstil imponiert mir. Die Autorin bringt es mit vielen wahren, klugen Sätzen und Vergleichen auf den Punkt. So trägt Freddy beispielsweise schwere Schuhe, „die sie am Boden hielten, damit Eindrücke, Gedanken, Schlussfolgerungen - das ganze schlaue Gefecht, das fortwährend in ihrem Kopf tobt - sie nicht davontragen konnten.“ Hein erzählt abwechselnd aus der Perspektive von Marianne, Freddy, Ellen und Luise. Anfangs fiel es mir noch schwer, die einzelnen Frauen voneinander zu unterscheiden. Da kamen doch sehr viele Personen zusammen, die anfangs alle etwas zusammenhangslos und isoliert wirken. Doch mit jeder weiteren „Runde“, in der die jeweils neuen Entwicklungen aus der Sicht der Figuren geschildert werden, wurden die Personen und ihre Lebensumstände verständlicher.

Fünf ganz unterschiedliche Frauen stehen hier im Mittelpunkt, eine Art Schicksalsgemeinde.
Da ist Marianne, die „Wundertütenpersönlichkeit“ die wichtige Bezugspersonen im Leben verloren hat, nicht nur ihren Sohn, und die immer tapfer weitergemacht hat, ohne sich unterkriegen zu lassen. Doch jetzt verliert sie ganze Momente, hat Aussetzer.
Ellen arbeitet als Therapeutin, weiß genau, was bei anderen schiefläuft, könnte eigentlich zufrieden sein, „läuft aber aktuell selber nicht ganz rund“ und ist auf dem besten Wege, selbst in Schieflage zu geraten.
Lektorin Freddy kann mit Sprache umgehen, hadert mit ihrer Einsamkeit, ihrer Körperfülle, ihrer Kinderlosigkeit und damit, ihrem Vater nicht das bieten zu können, was er braucht. Freddy weiß: „Aber wir können nicht alle immer nur Opfer sein! Es muss Menschen geben, die für ihre selbst verzapfte Scheiße Verantwortung übernehmen. Und diese Menschen können nicht immer nur so arme Würste sein wie ich.“
Luise fokussiert sich nur auf ihre Kinder, weiß, was für ihre Familie gut ist, aber die weiß es nicht zu schätzen.
Auch Johanna hat ihr Leben verpfuscht und liegt nun im Krankenhaus.
Die Figuren werden zwar gehörig überzeichnet, sind aber dennoch nachvollziehbar. Manche mehr, manche weniger sympathisch.

Auch wenn für mich der große ganze Zusammenhang am Ende noch etwas deutlich hätte werden können, hat mich Sybille Hein mit ihrem Roman erreicht. Menschen erleben Krisen, machen Fehler, biegen wie die Hauptfiguren einmal falsch ab oder werden von anderen von der Straße gedrängt. Aber Leben finden nicht unabhängig statt, berühren andere und können auch immer wieder auf die richtige Spur gebracht werden.
Auch wenn der rote Faden, noch stellenweise etwas roter und leuchtender hätte sein können, hat mich „Eure Leben, lebt sie alle“ unterhalten und zum Nachdenken und Schmunzeln gebracht. Ein kurzweiliges, melancholisches, trauriges, hoffnungsvolles und kluges Buch.

Bewertung vom 15.02.2022
Wo ist NRG? / Alien Academy Bd.2
Till, Jochen

Wo ist NRG? / Alien Academy Bd.2


ausgezeichnet

Galaktisch geniale Reihe, galaktisch geniale Fortsetzung

NRG ist verschwunden, sein Platz in der Schule bleibt leer. Und das ausgerechnet, nachdem Cody und er herausgefunden haben, dass der Unfall, nach dem alle Schüler der Alien Academy ihr Gedächtnis verloren haben, in Wirklichkeit nie stattgefunden hat.
Cody und seine Freunde von der Schule machen sich auf die Suche nach NRG. Ob sie ihn rechtzeitig finden und ihn vor Schlimmerem bewahren können?

Autor Jochen Till schreibt gewohnt überzeugend: flüssig, gut verständlich und sehr witzig. Seine Wortschöpfungen wie „Schlabobbel“ für das universelle Grundnahrungsmittel auf Paras, Knowitall für einen allwissender Roboterlehrer oder Schlipibox für ein stilles Örtchen sind wunderbar originell und bringen immer wieder zum Lachen. Raimund Freys charakteristische, blau-weiß-schwarze, comicartige Bilder passen sehr gut zur Geschichte. Das Buch eignet sich zum Selberlesen für Mädchen und Jungen ab neun Jahren, lässt sich aber auch prima noch jüngeren Kindern vorlesen.

Die Hauptfiguren stellen eine ganz eigene intergalaktische Supperheldentruppe dar. Auf dem Vorsatzpapier werden alle Mitglieder in einer kurzen Übersicht vorgestellt. Da ist zunächst Cody, der nicht aufgibt, die merkwürdigen Unstimmigkeiten auf Paras aufklären zu wollen. Sein bester Freund Brocken ist ein Gigant, der seiner riesenhaften Gestalt zum Trotz vor allem Angst hat, Technik-Roboter Tool kann fast alles, der liebenswürdige Tripto überzeugt mit seinen freundlichen Worten und seiner Kletterkunst, Darius hat Sprengkraft, Loff verträgt keine Trockenheit und ist im Wasser unschlagbar, Flaffy ist zu flauschig für diese Welt, kann aber auch ganz schön kratzbürstig sein, NRG ist ein Genie und Lehrer Knowitall macht seinem Namen alle Ehre. Dieses phantastische Team kann gemeinsam allerhand schaffen. Ob es auch herausfindet, was es mit dem neuen, sehr verdächtigen Mitschüler Yomumo auf sich hat?

Wo steckt NRG bloß? Auf der Suche nach NRG lernen die Freunde ihre Umgebung auf Paras ein bisschen besser kennen. Und ihr Ausflug gestaltet sich alles andere als langweilig. Superspannend natürlich die Frage, ob sie ihre Mission erfolgreich beenden. Immer wieder kommt es dabei zu zahlreichen unterhaltsamen Momenten mit schräger Situationskomik und vielen Running Gags: Darius, der gerne brachial und gründlich vorgeht, Knowitall mit seiner vermutlich angemessenen Überheblichkeit und seinen einzigartigen Wortkorrekturen, Tool, der für alles eine Lösung hat und natürlich Flaffy, in dessen Gegenwart Cody nur noch an Flauschigkeit denken kann und der sich manchmal recht ähm.. unkonventionell verhält. Nebenbei erfährt man viel Wichtiges und Interessantes, wie beispielsweise die Farbe von Körperausscheidungen der unterschiedlichen Aliens oder dass der Umgang der Parasiten untereinander dem der Menschen gar nicht so unähnlich ist. Auch der zweite Band der Reihe „Wo ist NRG“ ist ein genial komischer, origineller, phantastischer Volltreffer. Wer gute Geschichten mit viel Humor mag, sollte sich diese Reihe unbedingt gönnen.

Bewertung vom 13.02.2022
Keine bösen Tiere - Das etwas andere Tierbuch für Kinder ab 7 Jahren
Corrigan, Sophie

Keine bösen Tiere - Das etwas andere Tierbuch für Kinder ab 7 Jahren


ausgezeichnet

Fakten statt Vorurteile - ein motivierendes, erfrischendes Tiersachbuch der etwas anderen Art

Schwarze Katzen bringen Pech? Schweine schwitzen? Elstern stehlen? Ratten sind eklig? Und Wiesel besonders fies?
Manche Tiere haben mit einem ziemlich schlechten Image zu kämpfen. Aber stimmt das alles wirklich, was so über sie erzählt wird? „Keine bösen Tiere“ geht den üblen Vorurteilen auf den Grund und liefert spannende Fakten zu 38 ganz unterschiedlichen Tieren mit schlechtem Ruf. Da geht es um Spinnen, Haie, Hyänen, Stinktiere, Motten, Füchse, Schweine, Opossums und viele weitere Tiere.

Nach einem kurzen Vorwort, das ausführt, dass viele Tiere längst nicht so schlecht sind wie ihr Ruf, wird auf einer Doppelseite jeweils ein Tier mit all seinen vermeintlichen schlechten Eigenschaften vorgestellt. Auf einem großen, bunten, aufregenden Bild treibt das jeweilige Tier sein Unwesen. Es sieht dabei fies, unangenehm oder sogar gruselig aus und kommt ziemlich schlecht weg. In Sprechblasen werden die herrschenden Vorurteilen gegenüber dem Tier zusammengefasst. Auf der nächsten Doppelseite sieht es dann schon aber ganz anders aus und es wird mit den Vorurteilen aufgeräumt. Das Tier zeigt sich optisch stark verändert, es ist viel niedlicher und weicher gezeichnet. Dazu werden zahlreiche Fakten aufgelistet, die darstellen, was das Tier alles besonders gut kann, warum es nützlich ist, welche Leistungen es vollbringt und was es so außergewöhnlich macht. Dabei erfahren die Leser oft Erstaunliches. Die kurzen Sachtexte sind gut verständlich, kindgemäß und erfrischend interessant formuliert, überhaupt nicht trocken und langweilig. Am Ende werden in einem Glossar Fachbegriffe und schwierige Wörter erläutert. Die Schrift ist angenehm groß gedruckt, es finden sich ganz verschiedene Schriftarten auf jeder Seite wieder. Eine abwechslungsreiche Gestaltung. Auch die vielseitigen, ausdrucksstarken Zeichnungen, die die unterschiedlichen Seiten der Tiere präsentieren sind wunderbar gelungen. Sie sind zwar nicht lebensecht, sondern eher comichaft, aber charakteristisch und treffend.
Das Buch regt aufgrund der übersichtlichen Textmenge auch Leseanfänger zum Lesen an. Es ist für Kinder ab sieben Jahren geeignet.

Dieses Sachbuch zum immer wieder drin Schmökern macht einfach Spaß. Es ist motivierend, originell, unterhaltsam, interessant, ja einfach spannend gestaltet und setzt bei den persönlichen Erfahrungen der Kinder an. Ein ganz besonderes Sachbuch, das aufklärt wie Tiere wirklich sind und nicht wie sie wahrgenommen werden. Auch Erwachsene werden hier sicher noch dazu lernen. Ich wusste beispielsweise weder, dass es eine Seeschnecke gibt, die wie ein Hase aussieht noch, dass Skorpione ein Jahr ohne Nahrung überleben können. An vielen Stellen wird immer wieder klar, welche Wunderwerke Tiere doch sind. Und gleichzeitig zeigt sich, dass es eben keine „bösen Tiere“ gibt. Hier zählen Fakten und keine Vorurteile.
Ein tolles, vielseitiges Buch für Tierfreunde. So macht Wissensvermittlung großen Spaß.

Bewertung vom 13.02.2022
Gemeinsam ist man besser dran
Deloy, Sylvia

Gemeinsam ist man besser dran


sehr gut

Unterhaltsamer Wohlfühlroman mit viel Romantik, Humor und sympathischen Figuren

„Es hätt noch immer joot jejange.“

Tilda ist wie Mutter Teresa. Statt um sich selbst zu kümmern, sorgt sie sich immer zuerst um andere wie um ihre Schwester Mia oder um ihre Mitarbeiter in ihrem gemeinnützigen Laden, denen sie eine zweite Chance bietet. Als Tildas Laden Flea Market, der in einer ehemaligen Knopffabrik untergebracht ist, einem Neubau weichen soll, hofft Tilda mit ihrem Geschäft im alten Theater gegenüber unterkommen zu können. Doch Noah Berger, ein ehemaliger Soapstar, kauft das Theater für sich. Tilda hat einen guten Grund, den etwas abgehobenen „schnöseligen Möchtegern-Schauspieler“ Noah unsympathisch zu finden. Doch dann lernt sie ihn näher kennen und blickt hinter die glatte Fassade..

Sylvia Deloys erzählt klar und flüssig in der ersten Vergangenheit und der dritten Person, ihr unkomplizierter Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen. Dass immer wieder von verschiedenen Personen im kölschen Dialekt gesprochen wird, macht die Geschichte sehr authentisch und lebensnah.

Schon in ihren vorhergehenden Romanen beweist Sylvia Deloy, dass sie ein Händchen für sympathische, einnehmende Protagonistinnen hat. Hauptfigur Tilda ist eine „Seelenöffnerin“, die es rasch schafft, das Vertrauen anderer zu gewinnen, die sich ihr gegenüber dann schnell öffnen. Tilda erinnert an die selbstlose Amelie aus ihrem Lieblingsfilm „Die fabelhafte Welt der Amélie“. Sie kümmert sich darum, dass es anderen gut geht und vergisst dabei oft sich selbst. Aber wer kümmert sich um Tilda selbst? Aufgrund traumatischer Erlebnisse in ihrer Jugend hat Tilda das Vertrauen in sich selbst verloren und bräuchte dringend jemanden, der zu ihr hält und sie stärkt.
Noah Berger wirkt nur auf den ersten Blick selbstbewusst. In ihm drin sieht es ganz anders aus…Noah sucht noch das, was ihn wirklich glücklich macht.
Zur Figurenkonstellation gehören noch Katja, Tildas zuverlässige Freundin und Mitbewohnerin und Tildas wunderbar sympathische Mitarbeiter Helga und Cem. Vor allem die direkte Helga mit der traurigen Vergangenheit sorgt immer wieder für komische Momente. Mich hat beeindruckt, wie positiv sie trotz ihrer schweren Schicksalsschläge bleibt. Helga lässt sich einfach nicht unterkriegen.

Wieder einmal hat Sylvia Deloy einen wunderbaren, vielseitigen Wohlfühlroman geschrieben.
Es geht um Altlasten, Scheitern, erlittene Traumata, Familie, Freundschaft, Selbstfindung, aber auch um Heilung. Und natürlich kommt dabei auch die Romantik nicht zu kurz. Beim Versuch ihren Laden zu retten, rettet Tilda auch den ein oder anderen Menschen und vielleicht auch sich selbst? Gleichzeitig erfährt sie, dass Lieben auch heißen kann, loszulassen. Wieder einmal spielen Köln und seine typischen Bewohner in Deloys Roman eine bedeutende Rolle. Wer „Die fabelhaft Welt der Amelie“, Köln und unterhaltsame Liebesgeschichten mag, wird Tilda und „Gemeinsam ist man besser dran“ lieben.

Bewertung vom 10.02.2022
Heul doch nicht, du lebst ja noch
Boie, Kirsten

Heul doch nicht, du lebst ja noch


ausgezeichnet

Geschichte hautnah - ein starkes, wichtiges Buch

Im Juni 1945 ist der Zweite Weltkrieg endlich vorbei. Drei Kinder erleben das Kriegsende auf ihre eigene, ganz persönliche Weise. Jakob hat eine jüdische Mutter, die zwangsdeportiert wurde, er lebte die letzte Zeit versteckt und weiß zunächst gar nichts vom Kriegsende. Traute langweilt sich, sie möchte zu gerne bei den anderen Jungen mitspielen, doch die lassen sie nicht. Zu Hause findet Traute keine Ruhe, seit in die Wohnung Fremde einquartiert wurden. Hermann war früher in der Hitlerjugend, verehrte Adolf Hitler und hoffte auf den deutschen Sieg. Nun muss er sich mit der Realität auseinandersetzen. Die ist hart: Hermanns Vater hat im Krieg beide Beine verloren und ist nun ständig auf Hermanns Hilfe angewiesen.

Kirsten Boie schreibt nüchtern, schlicht, schnörkellos und klar, abwechselnd aus der Sicht ihrer drei Protagonisten im Präsens. Der Einstieg in die Geschichte erfolgt recht unvermittelt. Ich musste mich zunächst kurz orientieren, doch nach einigen Leseabschnitten konnte ich mich dann in die Handlung hineinversetzen. Die Geschichte richtet sich an Jugendliche ab 13 Jahren.

Die drei Hauptfiguren haben eine ganz unterschiedliche Perspektive auf das Kriegsende. Hermann wurden in der Hitlerjugend „deutsche Werte“ vermittelt, er war vollkommen überzeugt von Hitler und dem deutsche Reich. Von einem Moment auf den anderen soll alles, was für ihn unumstößlich sicher war, nicht mehr gelten. Sein Vater ist nun ein Krüppel, womit er sich nicht abfinden kann. Unter Vaters Zustand leidet natürlich seine ganze Familie. Hermann wirkt oft harsch und grob, aber eigentlich sehnt er sich nur nach Freiheit. Er hat Angst, für immer in der Pflicht zu stehen und nie von der Verantwortung für seinen Vater loszukommen.
Trautes Leben bietet keine Abwechslung. Traute hilft in der Bäckerei ihrer Eltern. Doch das ist keine Herausforderung für sie, Traute langweilt sich, fühlt sich einsam, sie wünscht sich den Umgang mit Gleichaltrigen und wieder in die Schule gehen zu dürfen, mehr Normalität. Gleichzeitig fühlt sie sich mit ihrer beengten Wohnsituation überfordert. Mit ihr hat es das Schicksal vergleichsweise noch „gut“ gemeint.
Jakob hingegen steht vollkommen allein und mittellos da, seine Eltern wurden ins Konzentrationslager geschickt. Dass er sich nun nicht mehr verstecken muss, ist völlig neu für ihn. Er hat keine Ahnung, wie es für ihn weitergehen soll.

Kirsten Boies neuestes Buch zeigt eines ganz deutlich. Der Krieg hat das Leben aller verändert. Die einen traf es wie Jakob und Hermann härter, die anderen wie Traute hatten mehr Glück. Aber niemand blieb verschont, jeder verlor Hoffnungen und Träume, musste sich umstellen. Hermann erinnert Jakob mit den Worten„ Heul doch nicht, Du lebst ja noch“ daran, dass es immer jemanden gab, den es noch schlimmer erwischt hat. Wie kann man sich da beklagen?
Was der Krieg wirklich für die einzelnen Menschen bedeutete, wird hier sehr anschaulich und sehr nachfühlbar offensichtlich. Geschichte erhält ein persönliches Gesicht, wird trotz des recht einfachen, nüchternen Schreibstils mit Gefühlen und persönlichen Schicksalen gefüllt. Der Krieg schrieb zigtausend verschiedene einzelne Geschichten, jede ist individuell. Hier werden einige erzählt. Geschichte ist immer komplex, nie schwarz oder weiß. Und für jeden, der nicht selbst betroffen war, ist es unmöglich, ein Urteil zu bilden. Niemand kann sagen, wie er in bestimmten Situationen reagiert hätte.
Das Buch eignet sich hervorragend zur Besprechung im Geschichtsunterricht. Es stellt neben bloßer Fakten deutlich dar, wie sich die Betroffenen wirklich fühlten, welche Herausforderungen es zu bewältigen galt, wie das Leben damals wirklich aussah.
Das Ende ist ein offenes, lässt Raum für Vorstellungen. Anfangs irritierte mich das und vielen Lesern wird es sicher ähnlich gehen, so kommt mir das Buch doch wie eine bloße Situationsbeschreibung, eine Momentaufnahme vor. Aber im Deutschland zur Stu

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.02.2022
Die unhöfliche Tote / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.2 (1 MP3-CD)
Bennett, S J

Die unhöfliche Tote / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.2 (1 MP3-CD)


sehr gut

Die Queen zum Zweiten - herrlich unterhaltsamer cosy Krimi aus dem Umfeld des Palasts

Ihre Majestät kann es einfach nicht lassen. Als eines ihrer verschollenen Lieblingsbilder plötzlich an ganz anderer Stelle wieder auftaucht und es im Schloss zu einem unglücklichen Todesfall kommt, ist der königliche Spürsinn geweckt. War die Tote wirklich so unangenehm, wie alle glauben? Elizabeth höchstselbst hatte da einen ganz anderen Eindruck. Gemeinsam mit Assistentin Rozie versucht Ihre Majestät Licht ins Dunkel zu bringen. Heimlich natürlich, aber dafür nicht minder gründlich. Ob die Queen und ihre Privatsekretärin das Verbrechen aufklären können?

Sprecherin Sandra Voss liest mit angenehmer Stimme lebendig und gut betont. Queen Elizabeth konnte ich mir aufgrund von Voss Interpretation sehr bildhaft vorstellen. Der Text ist gut verständlich, flüssig, klar und oft sehr amüsant formuliert. Very british der trockene Humor, durch den speziellen Schreibstil der Autorin S.J. Bennett wird eine authentisch wirkende Atmosphäre kreiert.

Gibt sich Elizabeth in der Realität doch recht steif und unnahbar, macht S.J. Bennett aus der Königin in ihrem Roman eine wunderbar sympathische Figur. Eine, die sich schon mal im Kleiderschrank versteckt, um sich an ihre Kindheit zu erinnern und dabei zufällig heimlich Leute belauscht. Eine, die klug, scharfsinnig und aufmerksam ist, die sich für ihre Umgebung und die Menschen interessiert und gleichzeitig so bescheiden ist und anderen den Ruhm überlässt, statt selbst im Mittelpunkt zu stehen. Mit Rozie hat sie die perfekte Partnerin, die stets professionell und kompetent bleibt und ein mindestens ebenso feines Gespür wie ihre Chefin dafür hat, wenn etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Die junge, weltoffene Rozie und die erfahrene, weise und konservative Queen. Was für ein Duo!

Ziemlich komplex, wie letztendlich alles zusammenhängt und zudem erstaunlich, was da alles ans Licht kommt. Die Auflösung ist nachvollziehbar und stimmig, aber nicht ganz einfach zu verstehen. Mich hat der zweite Fall der Queen und Rozie dennoch noch besser unterhalten als der erste. Viele humorvolle herrlich trockene und witzige Momente, nicht plump, aber feinsinnig, dazu zahlreiche spannende Dialoge. Ich möchte mir gerne vorstellen, dass die Queen auch in Wirklichkeit viel von Ihrer literarischen Figur hat. Ein netter, britisch-charmanter cosy Krimi mit einzigartiger royaler Atmosphäre, den ich sehr gern gehört habe und allen Elizabeth- und Krimifans empfehle.

Bewertung vom 06.02.2022
Alles über Tierwanderungen / Wieso? Weshalb? Warum? Bd.37
Pätz, Christine

Alles über Tierwanderungen / Wieso? Weshalb? Warum? Bd.37


ausgezeichnet

Für Tierfreunde ein Muss - ein rundum gelungenes Tiersachbuch

Nicht nur Menschen wandern, auch Tiere legen oft erstaunliche Entfernungen zurück. In „Alles über Tierwanderungen“ erfahren Kinder, warum und wie Tiere um die Welt reisen: Wohin fliegen Zugvögel? Warum wandern Tiere? Welche Tiere ziehen am Land umher? Warum wandern manche Tiere gemeinsam? Welche Tiere klettern in großer Höhe? Wer kann zwischen Land und Wasser wechseln? Welche Tiere sind im Wasser unterwegs? Wer schwimmt weit durch Meer und Fluss? Wer wandert in Arktis und Antarktis? Wohin ziehen Vögel? Wohin wandern Insekten? Wie beobachten wir Tierwanderungen? Wieso erforschen wir die Tiere? Wo auf der Welt sind Tiere unterwegs? Wie können wir die Tiere unterstützen? All diese Fragen werden beantwortet.
Viele Tierarten wie Gänse, Pinguine, Elefanten, Kröten, Elche, aber auch Insekten wie die Wanderheuschrecke sind im Buch vertreten. Das Buch reist mit den kleinen Leserinnen und Lesern durch die ganze Welt, quer durch alle Kontinente und Meere.

Auf jeder Seite finden sich längere Sachtexte, kürzere ergänzende Erklärungen, Illustrationen, Entdeckerklappen oder größere Verwandelbilder. Manche Illustrationen umfassen eine ganze Doppelseite, andere sind kleiner und teilweise in Klappen eingearbeitet. Die Texte sind für Kinder gut verständlich formuliert, der Satzbau ist dabei klar und einfach strukturiert. Die kleinen Leser werden direkt mit „Du“ angesprochen, was den Text lebendig macht. Detailliert und motivierend sind die bunten, oft „bewegten“ Bilder gestaltet. Durch die vielen großen und Klappen erfahren die Kinder viel Überraschendes, die Hände „lesen“ dabei mit. Die kleine Küstenseeschwalbe Kria führt durch das Buch, kommentiert und unterhält mit Sprechblasen. Das Buch eignet sich zum Vorlesen für Kinder ab vier Jahren, die sicher in der Lage sind, mit den etwas empfindlichen Klappen sorgsam umzugehen. Schulkinder können die Texte schon selbständig erfassen.

Auch Tiere zieht es in die Ferne. Was für ein spannendes Thema! In „Alles über Tierwanderungen“ wird vielfältig beleuchtet und erklärt, dass Tiere ein besonderes Klima und spezielle Umstände benötigen, die ihren natürlichen, individuellen und aktuellen Bedürfnissen entsprechen. Dazu müssen sie oftmals die Umgebung wechseln. Dass es Zugvögeln im Winter bei uns zu kalt ist und sie in Schwärmen weiterziehen, hat wohl jeder schon beobachtet. Dass aber Pinguine in langen Reihen umherwandern, Haie teils 20.000 km zurücklegen und lange Zeit ohne Essen auskommen, in Afrika Mischherden aus verschiedenen Tierarten unterwegs sind oder auf den Weihnachtsinseln riesige Mengen an Landkrabben vom Regenwald zur Küste laufen, ist sicher nicht unbedingt Standardwissen. Hier können auch Erwachsene noch einiges dazu lernen. Tiere haben unglaubliche Fähigkeiten, die immer wieder in Erstaunen versetzen. So wechselt der Aal im Laufe seines Lebens nicht nur mehrmals seinen Lebensraum, er verändert dabei auch wiederholt seine Gestalt. Das Buch ist prall gefüllt mit hochinteressanten Fakten. Einziger kleiner Kritikpunkt ist, dass manche Inhalte sich wiederholen, so erfährt man beispielsweise auf zwei verschiedenen Seiten, dass bei den Kaiserpinguinen die Männchen brüten, einmal wird der Vorgang etwas genauer, einmal etwas weniger detailliert geschildert. Wie gewohnt ein sehr lehrreiches, ansprechend gestaltetes, buntes, spannendes Wissensbuch aus der beliebten Reihe. Für kleine Tierfans ein absolutes Muss!

Bewertung vom 30.01.2022
Ein Leben für die Freiheit der Frauen / Die Hafenärztin Bd.1
Engel, Henrike

Ein Leben für die Freiheit der Frauen / Die Hafenärztin Bd.1


sehr gut

Jack the Ripper in Hamburg? Spannender historischer Krimi mit drei interessanten Protagonisten

„Warum heiraten, wenn man ein Leben in häuslicher Isolation führt?
Und welchen Sinn hat es, als Frau zu Hause zu bleiben, während sich draußen die Welt drehte, schneller und immer schneller“

Anne Fitzpatrick ist studierte Medizinerin und beginnt im Winter 1910 ein neues Leben in Hamburg. Sie engagiert sich im Frauenverein und eröffnet im Hafenviertel ein Frauenhaus. Dabei lernt sie Pastorentochter Helene von Curtius kennen, die mehr aus ihrem Leben machen will als die Hauswirtschaftsschule zu besuchen. Als Anne die Leiche einer Frau findet, ruft das Kommissar Berthold Reyhdt auf den Plan, der zunächst für die polizeiliche Ermittlung im Mordfall zuständig ist. Doch dann werden noch mehr Leichen entdeckt. Handelt es sich bei dem Mörder etwa um den berüchtigten, nie gefassten Serienkiller Jack the Ripper?

Autorin Henrike Engel schreibt flüssig und klar verständlich in der ersten Vergangenheit. Sie schildert abwechselnd die Handlung aus der Perspektive von Anne, Helene und Berthold. Das Cover und der Titel führen meiner Ansicht nach etwas in die Irre, medizinische Aspekte stehen im Roman nämlich weniger im Vordergrund als die Mordfälle und Anne ist nur eine von drei Hauptfiguren.

Drei ganz unterschiedliche Personen erleben das Geschehen aus ihrer Sicht. Da ist zunächst die geheimnisvolle Ärztin Anne Fitzpatrick. Sie scheint etwas zu verbergen und hat Angst, dass jemand erkennt, wer sie wirklich ist und woher sie eigentlich stammt. Anne ist engagiert, setzt sich für Gerechtigkeit, für benachteiligte, arme Frauen und für Frauenrechte ein. Ihr ist wie Helene wichtig, ein Leben in Freiheit und ohne Abhängigkeit führen zu können.
Helene versucht, aus der geschützten und langweiligen Enge des Elternhauses zu entfliehen und das echte Leben kennenzulernen. Sie möchte studieren, sich für andere einsetzen, selbstständig werden, hält es mit Lida Gustava Heymann: „Die Ehe ist der Selbstmord für die denkende Frau.“
Kommissar Berthold Rheydt interessiert sich sehr für seinen Beruf und für Fußball. Auch in seiner Vergangenheit gibt es Ereignisse, an die er sich nicht gerne erinnert. Umso ehrgeiziger und tatkräftiger präsentiert er sich im Hier und Jetzt.
Alle drei Figuren sind recht fortschrittlich, müssen mit Widerstand und Widersachern rechnen, sind sie doch so manchen Vertretern des Konservativen und der „gesitteten alten Zeiten“ ein Dorn im Auge. Die Figurenkonstellation ist recht abwechslungsreich und breit angelegt, umfasst verschiedene Gesellschaftsschichten.

Henrike Engel stellt die bedrückenden Zustände im Hafenviertel anschaulich dar, sie kreiert dabei eine authentische, dunkle Atmosphäre. Der Gegensatz zwischen wohlhabenden Bürgern und hart arbeitenden, unterprivilegierten Frauen, denen oft wenig Möglichkeiten bleibt, Geld zu verdienen, wird sehr deutlich. Das Thema der Kampf um Frauenrechte wird aus mehreren Perspektiven beleuchtet. Helene beispielsweise gerät mit ihrer Hausangestellten aneinander, die sie sicherlich mit Berechtigung naiv nennt und ihr noch mehr an den Kopf wirft: „Du? Weißt du nicht, wo du hingehörst? Bleib in deinem Schlösschen! Was unsereins für Sorgen hat, geht dich nichts an.“ Helene, die wohl behütet aufwuchs, hat hehre Ideale, kann aber sicher nicht gänzlich nachvollziehen, wie es betroffenen, armen, unterdrückten Frauen in Notsituationen wirklich geht.
Der Plot um den Mordfall packte mich, die Auflösung empfand ich als nachvollziehbar und schlüssig. Dass der Fall aus drei Perspektiven weitergesponnen wird, ist spannend und gelungen konstruiert.
Am Ende bleiben einige Geheimnisse unaufgeklärt, was mich sehr neugierig auf die Fortsetzung macht. Zudem bin ich gespannt, wie sich die Beziehung zwischen Berthold und den beiden Frauen weiter gestaltet.
Auch wenn ich dem Cover nach eine vollkommen andere Geschichte erwartet habe, hat mich der Roman überzeugt. Wer einen historischen Roman über ei

Bewertung vom 30.01.2022
Diana / Ikonen ihrer Zeit Bd.5
Heiland, Julie

Diana / Ikonen ihrer Zeit Bd.5


sehr gut

Arme, reiche Prinzessin - lesenswerte Romanbiographie, die einen Blick hinter die Fassade der englischen Krone gewährt

„Unsere Geschichte ist so komplex und deshalb schwer nachzuvollziehen. Sie ist etwas ganz Besonderes.“
„Wirklich?“, gab Carolyn zu bedenken. „Oder ist sie nicht doch im Grunde wie so viele andere Liebesgeschichten: Frau liebt Mann, aber Mann liebt eine andere?“

Mit gerade einmal 17 Jahren verliebt sich die Kindergärtnerin Diana Spencer in den zukünftigen König von England Prinz Charles. Ihr großer Wunsch von einem Leben an seiner Seite geht in Erfüllung und Diana wird als Charles Ehefrau weltberühmt. Doch bald schon müssen ihre Träume von einem perfekten Leben als Prinzessin der Realität weichen. Die Beziehung zu Charles entwickelt sich zunehmend kompliziert. Diana ist unglücklich und gerät in Gefahr, sich selbst zu verlieren.

Autorin Julie Heiland erzählt flüssig und gut verständlich in klarer, natürlicher Sprache. Ich hatte keine Mühe, in die Handlung hineinzufinden. Grundsätzlich geht Heiland bei der Darstellung der Ereignisse chronologisch vor, zwischendurch schildert sie aber auch Szenen, die in der Zukunft spielen und „springt“ dann in die Vergangenheit zurück, um Entwicklungen genauer zu erklären. Das Cover zeigt ein Bild von Diana in London, sie ist darauf sofort zu erkennen, trägt ein für sie typisches rosa Kleid, was auf mich aber etwas kitschig wirkt.

Diana gilt als die „Königin der Herzen“, sie ist bei den Menschen außerordentlich beliebt, zeigt sich in der Öffentlichkeit nahbar und mitfühlend und findet sofort Zugang zu Menschen. Dieses besondere Talent im Umgang mit anderen, ihre Hilfsbereitschaft und ihr Engagement für Schwächere und Benachteiligte zeichnen sie aus. Doch es existiert auch eine andere Diana, jenseits der nach außen fröhlichen, unkomplizierten Frau. Das Buch stellt Diana ebenso als hochemotionale, sensible, unsichere, einsame, oft schwache und sehr unglückliche Frau dar, die sich nach Liebe und Zuneigung sehnt und die an der Kälte des Palasts zu zerbrechen droht. Sie fühlt sich oft, als fülle sie nur eine Rolle aus oder gar „wie tot“.
Eigentlich sitzt Diana mit Charles im selben Boot, beide müssen für die Öffentlichkeit funktionieren und repräsentieren. Doch auf die Unterstützung ihres Mannes kann die junge Frau nicht zählen. Charles wurde in seine Familie unabänderlich hineingeboren, er fühlt sich unfrei und fremdbestimmt. Für Diana, die ein ähnliches Problem hat, hat er dennoch kein Verständnis, er verhält sich ihr gegenüber kühl und abweisend. Charles Herz gehört bekanntermaßen einer anderen Frau, die er nicht vergessen kann. Der Prinz hadert zudem damit, dass Diana bei den Menschen und in der Presse wesentlich beliebter ist als er selbst. Auch wenn es für Charles nicht einfach ist, ständig im Fokus zu stehen und nicht das tun zu können, was er wirklich will, kommt er doch im Roman wenig sympathisch rüber. Für ihn hatte ich deutlich weniger Mitgefühl als für Diana, aber die dargestellte Perspektive ist eben auch die ihre. Charles würde die Geschichte sicher anders erzählen.
Auch zu Queen Elizabeth, die Diana „die einsamste Frau der Welt“ nennt, entwickelte ich keinen Zugang. Sie wirkt tatsächlich wie Diana treffend formuliert, „wie aus Granit“.

Julie Heiland beschreibt sehr deutlich, wie ein Märchen zum Albtraum wird. Charles bringt es auf den Punkt: „Wach endlich auf, Diana! Das hier ist nicht das Märchen, von dem alle gesprochen haben. Das hier ist nicht mal das normale Leben! Wie sind alle nur Figuren auf einem Schachbrett, die hin- und hergeschoben werden.“
Es ist einfach nur tragisch zu lesen, wie zwei privilegierte Menschen eine so verkorkste Beziehung führen können und sich gegenseitig das Leben derart schwer machen können. Tragisch, aber aus psychologischer Sicht sehr interessant und nachdenklich stimmend. Viele Szenen kommen mir aus der Serie „The Crown“ bekannt vor, einiges ist nicht genauso geschehen, sondern fiktiv. Dennoch kann ich mir gut vors