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Insgesamt 1560 Bewertungen
Bewertung vom 04.05.2023
Zacherl macht Feierabend!
Zacherl, Ralf

Zacherl macht Feierabend!


ausgezeichnet

Zacherlrezepte - Ziemlich zügig zu zaubern

Im Grunde erfindet Zacherl hier das Rad nicht neu, aber er fasst sehr gut zusammen, wie man Zeit und Geld spart und dennoch ein tolles, frisches, selbstgekochtes Abendessen zaubert. Die Tricks, wie mehr kochen und das dann einfrieren oder in Gläsern aufbewahren, Kettenkochen oder Einkaufsplanung waren in meiner Kindheit und Jugend bei den Eltern meiner Generation ganz normal. Eigentlich traurig, dass die heutige Generation das nicht mehr automatisch macht. Umso wichtiger, dass Zacherl das zum Thema macht!

Die meisten Gerichte kennt man so oder so ähnlich. Das ändert aber nichts daran, dass sie mit den tollen Zacherl-Tipps und Drehs besonders lecker werden. Mein Favorit sind die Zucchinipuffer mit Schafskäsecreme. Sehr einfach, aber unfassbar lecker! Raffiniert sind die Blätterteigtaschen mit Sauerkraut. Ich muss allerdings sagen, dass nicht jeder ganz so fix beim Kochen ist, wie Zacherl und entsprechend die Zeitangaben nicht in Stein gemeißelt sein sollten. Beim Blitz-Eintopf wurde vergessen zu erwähnen, zu welchem Zeitpunkt die Kartoffeln zugegeben werden. Ich habe das vor dem Ablöschen mit Balsamico gemacht und es schmeckte.

Die Rezepte sind gut beschrieben und es gibt ganz klassisch zu Anfang eine Zutatenliste. Wichtig ist mir persönlich immer, dass ich ein Foto vom fertigen Gericht bekomme. Das ist hier gegeben. Die Zutaten sind nicht zu ausgefallen, wenn man schon eine Weile gern und viel kocht. Die benötigten Gewürze und viele andere Zutaten sind gut im Supermarkt zu bekommen und halten sich auch etwas länger.

Insgesamt mag ich das Konzept und die Präsentation. Es gibt ein paar Fotos von Ralf Zacherl, aber sie sind keine Selbstdarstellung, sondern starten jeweils humorvoll das neue Kapitel. In den Rezepten erkennt man seine Liebe zum Kochen und sein großes Wissen und Können. Das kleine, feine Kochbuch bekommt von mir fünf Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.05.2023
Vegan Ocean
Flohr, Alexander

Vegan Ocean


ausgezeichnet

Seafood ohne Fisch und Meeresfrüchte!

Man soll nie etwas ablehnen, das man nicht wenigstens mal probiert hat. Deshalb habe ich nicht nach dem ersten veganen Kochbuch aufgegeben und mir Bücher von diversen Köchen und in diversen Themenbereichen zugelegt. Nach wie vor kann ich sagen, dass ich mit den Ersatzprodukten meine Probleme habe und mich nicht wirklich mit ihnen anfreunden kann. Allerdings ist das mein persönliches Problem und hat nichts mit den Rezepten und den Büchern zu tun. Inzwischen habe ich sogar große Freude an veganen Rezepten, bei denen ich dann einfach die mir unangenehmen Zutaten austausche, wie ich das bei allen anderen Rezepten (gleich ob vegetarisch oder nicht) auch mache.

Ein Faktor, der mich auf gewisse Weise hemmt, ist nicht nur der Geschmack von Tofu, den ich einfach nicht mag, es ist auch das Mundgefühl. Ein weiterer, dass man auch heute nicht alles überall bekommt. Die diversen Sorten von Algenflocken gehen zudem auch ins Geld, zumal wenn man selbst Flexitarier ist und in der Regel nur für Gäste, die sich vegan ernähren, vegan kocht. Alexander Flohr hat hier aber ein ganz besonderes Buch vorgelegt, das für mich dann doch wieder interessant wird, denn er fokussiert sich auf Maritime Küche. Ich mag nur wenige Sorten Fisch und habe nun hier ein Buch, das mir Visch ermöglicht, also vegan (oder auch vegetarisch) und damit auch meine Abneigung gegen Meeresfrüchte auf gekonnte Weise umgeht.

Bisher kannte ich Alexander Flohr und seine Bücher nicht. Sein eigener Weg zum Veganer liest sich interessant und schlüssig. Die Idee, Seafood ohne Fisch und Meeresfrüchte zu zaubern, gefällt mir außerordentlich gut. Zwar verwendet er für fast jedes Gericht Zutaten, die ich (wie oben erwähnt) nicht essen mag, aber allein die Ideen gefallen mir schon mal und für Veganer-Gäste sowieso. Ganz oft kann man auch für Nicht-Veganer das Rezept umwandeln und Fisch oder Meeresfrüchte nehmen und die Beilage dazu nach Original-Rezept machen. Klar ist, dass die Gerichte oft ein wenig Mehraufwand erfordern und/oder für Anfänger recht schwierig sind. Auch sind die erforderlichen Zutaten sehr vielfältig und nicht immer gerade günstig. Insgesamt aber ist das Buch fast schon ein MUST HAVE in einer Kochbuchsammlung.

Die Rezepte selbst sind sehr schön präsentiert. Keines ist ohne Foto, was mir persönlich immer besonders wichtig ist. Die Zutatenlisten sind in die entsprechenden Rezeptteile unterteilt und übersichtlich aufgeführt. Angaben zu Portionen, Zeitaufwand und Nährwerten sind vorhanden. Immer wieder finden sich auch Tipps unter den Schritt-für-Schritt-Anleitungen.

Der Abschnitt zu den „Leckeren Begleitern“ gefällt mir besonders gut. Das Rezept für das Bratfischgewürz ist der Hit und natürlich auch bestens für echten Fisch geeignet. Auch die restlichen Begleiter mögen nicht nur Veganer und passen zu vielen Gelegenheiten. „Easy durch die Meeresküche“ hätte gerne ganz am Anfang stehen dürfen, um nicht übersehen zu werden. Hier gibt es u.a. super gute Infos rund um Algen.

Kurz und gut – auch wenn ich weiterhin Flexitarier bleibe, lasse ich mich immer gerne zu neuen Wegen und Ideen anregen. Dieses Kochbuch für vegane maritime Küche ist ein Volltreffer, besonders für echte Veganer aus Überzeugung. Mit Sicherheit werden weiter einige der Gerichte auch bei mir serviert werden! Fünf Sterne gebe ich hier schon allein aus Anerkennung des Grundgedankens.

Bewertung vom 02.05.2023
Nachhaltig Kochen: die 40EUR-Woche
Olvenmark, Hanna

Nachhaltig Kochen: die 40EUR-Woche


sehr gut

Nicht ganz vegan, aber komplett vegetarisch

Die Grundidee des Buches gefällt mir super gut – endlich wird ganz deutlich aufgezeigt, dass man sehr wohl super lecker, aber auch günstig, preiswert kochen kann. Vielleicht bin ich aus einer Generation, die es noch kennt, dass es im Geschäft die Orangen und Mandarinen nur zu Weihnachten gab, Paprika im Spätsommer, dafür aber regionales Obst und Gemüse immer die erste Wahl war. Mitte/Ende der 1970er Jahre boomten dann die Discounter und änderten alles. Erstaunlich, wie schnell die Menschen vergessen können! Und jetzt, wo wir „back to the roots“ gehen, wird das Verhalten unserer Eltern und Großeltern aus meinen Kindertagen zur revolutionären „neuen“ Entdeckung. Es wäre schon lustig, wenn es nicht so traurig wäre!

Umso wichtiger finde ich Hanna Olvenmarks Buch. Schade finde ich nur, dass man (oder nur ich?) erst spät merkt, dass es gleichzeitig auch ein Buch zur vegetarischen, großteils auch veganen Küche ist. Nicht ganz so schlimm, aber doch nicht ganz fair. Das weiß ich gerne sofort und auf den ersten Blick. Warum? Ich kann auf Fleisch verzichten, aber ich mag keine Ersatzprodukte (nicht nur Tofu ist mir verhasst, das fängt schon bei veganer Milch/Sahne und Eiersatz an). Davon abgesehen bereichert das Buch definitiv! Manche Erklärungen und Erkenntnisse finde ich für meine Altersgruppe ein bisschen amüsant, aber sie zeigen mir, dass meine Generation nicht genug von diesem Wissen an die nächste Generation weitergegeben hat. Das ist schon ein kleiner Schock. Darum finde ich den Saisonkalender für Obst und Gemüse schon super wichtig und sehr gelungen.

Für jeden Monat gibt es einen Wochenplan. Dafür gibt es sechs Rezepte, eines davon so, dass es für einen zweiten Tag zum Aufwärmen reicht. Hier findet sich dann auch gleich, was „zu tun“ ist für die weiteren Schritte bzw. Tage. Sehr praktisch und hilfreich ist ebenfalls, dass auf der gegenüberliegenden Seite dann gleich die entsprechende Einkaufsliste aufgeführt ist.

Die Rezepte kommen mit ein paar erklärenden Worten der Autorin, einer sauber und übersichtlich gegliederten Zutatenliste und daneben den erforderlichen Arbeitsschritten, auch diese gut verständlich formuliert. Daneben findet man ein appetitanregendes Foto des Gerichts. Mir ist das immer super wichtig, denn gerade beim Kochen lasse ich mich von den Bildern inspirieren. Rezepte ohne Foto fallen bei mir aus dem Raster. Die Zutaten sind gut zu bekommen. Was mir ein bisschen bitter aufstößt ist, dass kaum ein Rezept ohne Brühwürfel auskommt. Ich würze und koche ohne Instantbrühe und ohne Brühwürfel. Da ist mir dann am Ende doch zu viel Chemie drin.

Manche Rezepte verwirren mich allerdings. Wieso vegane Sahne verwendet wird, wenn gleichzeitig Eier und Käse zum Rezept gehören, erschließt sich mir absolut nicht. Oder Pflanzendrink statt Milch, aber Eier und Käse. Das sind dann quasi halbvegane Rezepte, die mit dem „Lieber vegan?“-Feld, in dem die veganen Alternativen zu den tierischen Produkten aufgezählt werden, zu vollständig veganen Rezepten werden. Das mag ich so nicht. Meine Vermutung: So hält die Autorin den CO₂-Wert pro Portion unter 0,5kg.

Auch wenn ich kein Veganer werde und lieber fleischlose Tage einlege, bei denen dann aber auch Milchprodukte verwendet werden, sowie Eier, finde ich dieses Kochbuch sehr bereichernd. Für den Fall, dass man Gäste hat, die sich vegan ernähren, möchte man ja auch gerüstet sein und nicht gerade die langweiligsten Standard-Gerichte auffahren. Mein Lieblingsgericht – auf vegetarische Art – ist das Kartoffelpüree mit Pilzsauce und grünen Bohnen in Knoblauch. Unfassbar lecker!

Hier hat man also ein Kochbuch, das den Geldbeutel schont, das Bewusstsein für saisonale und regionale Lebensmittel schärft, extrem auf den CO₂-Wert achtet, komplett ohne Fleisch auskommt (daher auch der extrem gute CO₂-Wert) und fast komplett vegan ausgerichtet ist. Die Preiserhöhungen im Lebensmittelbereich, besonders bei Obst und Gemüse, konnte die Autorin natürlich nicht vorhersehen, daher sehe ich das mit den vierzig Euro/Woche nicht ganz so eng. Ich finde es trotz meiner Kritikpunkte gelungen und gebe vier Sterne.

Bewertung vom 02.05.2023
One of the Girls
Clark, Lucy

One of the Girls


weniger gut

Für mich eine langweilige und enttäuschende Story

Der Junggesellenabschied von Lexi feiert sie mit fünf Freundinnen auf einer griechischen Insel. Alles ist traumhaft schön und luxuriös. Doch so idyllisch, wie alle zunächst tun, ist das Ganze nicht. Schnell stellt sich heraus, dass jede der Frauen Geheimnisse hat und nicht alles so rosig war und ist, wie alle gerne tun würden.

Leider konnte ich mit keiner der Frauen eine emotionale Bindung aufbauen. Sie alle fand ich auf ihre eigene Weise einfach nur schrecklich oberflächlich, naiv, überheblich, falsch – eben schlicht unsympathisch. Daher hatte ich zusätzlich noch gewisse Probleme, die Frauen auseinanderzuhalten. Kein gutes Zeichen!

Die Autorin zögert das Auftauchen der auf dem Cover erwähnten Leiche ein bisschen zu heftig mit dem immer selben schriftstellerischen Dreh hinaus. Mehrfach schreit jemand auf und man denkt: Jetzt ist eine tot! Und nö, nix da, es ist etwas anderes mehr oder weniger dramatisches geschehen. Nette Idee, aber ein bisschen überstrapaziert. Dafür erfährt man von jeder einzelnen Frau ausführlich die Gedanken, Gefühle, Selbstzweifel und Geheimnisse, die mal mehr, mal weniger aufsehenerregend sind. Irgendwie ist es das ganz normale Gejammer von „Dir und mir“, aber von einem Buch – ob nun Roman oder Thriller – erwarte ich doch eine Auszeit vom eigenen, wirklichen Leben. Mit jedem Geheimnis mehr überlegt man dann, ob dies einen Mord wert ist.

So plätschert das Buch so dahin und man versteht, warum es auf dem Cover als Roman deklariert ist, nicht als Krimi oder Thriller, obwohl es ja schon vom Text auf dem Titelbild um Lüge, Betrug und Tod geht (und es im Genre Thriller einsortiert ist). Mich frustriert so etwas dann doch arg und ich finde, da werden Leser mit etwas angelockt, das dann mehr oder weniger gar nicht kommt. Für mich ist dies eher eine nicht so wirklich spannende Sozialstudie, eine Beobachtung, wie sich Freundschaften über die Jahre hin verändern, wie sich Menschen verändern. Dumm nur, dass eine Frau (die Autorin) hier quasi alle Frauen (die Protagonistinnen eben, die ja im Grunde jede für einen bestimmten Typ Frauen stehen) in keinem guten Licht dastehen lässt und auch eine seltsame Einstellung z.B. zu weniger schlanken Frauen hat.

Das Geheimnis von Ana hat mir zunächst ein frustriertes Stöhnen entlockt und beinahe hätte ich hier abgebrochen. Aber die Neugier siegte und die Hoffnung stirbt bekanntlich immer zuletzt. Das letzte Viertel zieht dann an mit Drehungen, Wendungen, Entdeckungen, Enthüllungen, Erkenntnissen und Ausbrüchen dermaßen an, dass man sich wundert, wieso die ersten drei Drittel so fürchterlich lahm waren. Irgendwie ist das dann aber so überfrachtet, dass man es nicht ernst nehmen kann. Und ab einem gewissen Punkt ist tatsächlich jede neue Wendung vorhersehbar.

Bis zum Ende wiederholen sich Muster und ich habe einfach zu oft mit dem Kopf geschüttelt. Man könnte es kurz fassen und sagen, es kam, wie es kommen musste. Deshalb kann ich leider nur sehr magere zwei Sterne geben. Da retten nicht mal die beiden wirklich sehr guten Sprecherinnen noch etwas.

Bewertung vom 27.04.2023
Die Verborgenen
Geschke, Linus

Die Verborgenen


ausgezeichnet

Wenn der Schein trügt

Aus der Ehe von Sven und Franziska Hoffmann ist die Luft raus, aber beide halten die Fassade aufrecht. Als dann seltsame Dinge passieren, bröckelt die Fassade sichtlich. Da beide ihre Geheimnisse haben, sind sie umso misstrauischer dem anderen gegenüber. Dabei liegt die Wahrheit ganz woanders.

Geschke zeichnet hier ein außergewöhnliches Szenario, das den Leser gruseln lässt. Vorstellbar ist all das tatsächlich und die Fäden, die hier zusammenlaufen, verstärken den Thrill noch zusätzlich. Fast möchte man von Horror sprechen!

Jede Figur hat hier ihr Geheimnis und natürlich fürchtet sich entsprechend auch jeder vor der Entdeckung dessen. Dass das Misstrauen und die Angst dann Dinge in Bewegung setzen, die alles nur schlimmer machen, ist kein Wunder. Wie fragil das Familiengefüge sein kann, wie nahe man schon am Abgrund stehen kann, bevor die Dinge in sichtbare Schieflage geraten, bringt Geschke hier gekonnt auf den Punkt. Ich möchte sagen, er spielt hier tatsächlich mit den Ängsten der Leser.

Die geschickt eingestreuten Wendungen werfen die Theorien, die man unweigerlich aufstellt, immer wieder über den Haufen. Irgendwann weiß man gar nicht mehr, wen man denn nun verdächtigen soll – oder anders gesagt, wer nicht verdächtig ist. Die Spannung steigert sich gemächlich, aber konstant, bis es zum großen Show-Down kommt. Typisch Geschke: Es gibt auch immer wieder Stellen, an denen man breit grinsen oder gar laut lachen kann (so unpassend es eigentlich scheint). Ich mag’s!

Für mich bot dieser Thriller super schöne und un-langweilige Lesestunden, der Plot ist erfrischend anders und nicht ausgelutscht, kleine nervige Stellen (manchmal, aber wirklich nur manchmal, sind die Figuren ein bisschen arg klischeehaft und/oder naiv) kann ich verschmerzen und übersehen. Dass hier kaum jemand meine Sympathie gewinnt, stört den Lesegenuss ebenfalls nicht und das ist extrem selten. Ich gebe also fünf Sterne und bin gespannt, was als nächstes aus Geschkes Feder kommt!

Bewertung vom 27.04.2023
Dein Taxi ist da (MP3-Download)
Guns, Priya

Dein Taxi ist da (MP3-Download)


ausgezeichnet

Privilegien

Damani verdient für sich und ihre Mutter mit Fahrdienstfahrten über eine App im altersschwachen Auto ihres verstorbenen Vaters den Unterhalt. Allerdings bekommt sie für immer mehr Arbeit immer weniger Geld. Und sich um die kranke Mutter, die unbezahlten Rechnungen, schwierige Fahrgäste und das ganze Leben drumrum zu kümmern, wird immer schwieriger. Ihre eigenen Träume und Wünsche treten in den Hintergrund. Da tritt Jolene in Damanis Leben. Und das ist folgenreich.

Damani gibt so wenig wie möglich von sich preis. Nur wenig kommt nach und nach zutage. Sie ist sympathisch, doch merkt man schnell, dass da Dinge sind, die noch lange nicht verarbeitet sind und die sie mit sich herumschleppt, quasi am Rande eines steilen Abhangs. Dass sie in mehr als einer Hinsicht einer Minderheit angehört, weiblich ist und Taxi fährt macht es nicht gerade leichter. Die Story erzählt Damani aus ihrer Sicht und das gefällt mir sehr gut. Auch passt es, denn nur so kann man nachvollziehen, wie eines zum anderen kam und ihre Gefühle, Ängste, Sorgen und Nöte wirklich an sich heranlassen und verstehen.

Trotz aller Dramatik mangelt es dem Buch aber nicht an Humor. Das mag Galgenhumor sein, aber auch der ist oft nicht ohne Daseinsberechtigung. Gerade wenn sich Damani über die unzähligen Demonstrationen für und gegen so ziemlich alles in der namenlosen Stadt echauffiert, möchte man ganz breit grinsen. Und dabei ist das gar nicht wirklich lustig. Weder für Damani, noch für die Demonstranten und auch nicht für all jene Minderheiten und Missstände, die in diesem Buch aufgezeigt werden.

Damani ist 32 Jahre, wirkt aber sehr oft wie Anfang 20. Mir gefällt, dass Priya Guns ihre Bisexualität zwar herausstellt und natürlich auch zum Thema macht, aber nicht übertrieben wichtig nimmt. Die Ereignisse könnten ebenso ablaufen, wäre sie heterosexuell. Damani ist intelligent und gebildet, kommt aber immer schlechter über die Runden. Sie will sparen, um sich ihren eigenen Food-Truck leisten zu können, doch die Kosten des Lebens sind weit über den Einnahmen. Es wird immer enger.
Es ist erstaunlich, wie viele unterschiedliche Themen in dieser Story mühelos zusammenfinden, ineinander passen und so viel sagen, ohne dass sie wirklich ausführlich geschildert werden. Sie geben zu denken, sie hallen nach, sie wirken auch noch nach dem letzten Wort. Die Autorin sagt so viel mehr, als sie geschrieben hat. Die Themen anzuschneiden genügt dabei bereits. Alle zusammen ergeben dann kein Chaos, sondern eine umwerfend gute Geschichte. Das ist geniale Kunst und selten zu finden. Augen verschließen geht nach dieser Story nicht mehr und genau das finde ich gut. Guns zeichnet die Figuren sehr klar, ohne viele Worte dazu zu benötigen. Vor meinem geistigen Auge hatte ich von allen ein klares Bild.

Überhaupt weiß sie, ohne zu detailliert und ausschweifend werden zu müssen, Menschen, Dinge und Begebenheiten sowie die Umgebung wunderbar zu beschreiben. Viele ihrer Sätze sind wahre Poesie, wenn nicht gar Philosophie. Dabei kommt der Humor nie zu kurz, auch wenn immer wieder dramatische, traurige und gar nicht so lustige Dinge geschehen. All das zu beschreiben ist fast unmöglich. Man muss es einfach lesen oder hören – und das lohnt sich definitiv. Ich liebe diese Story, ich liebe Damani, ich liebe die Art, wie Maya Alban-Zapata das Buch eingesprochen hat und ich gebe aus tiefstem Herzen die vollen fünf Sterne.

Bewertung vom 18.04.2023
22 Bahnen
Wahl, Caroline

22 Bahnen


ausgezeichnet

Wunderbar geschrieben

Tilda hat sich längst damit abgefunden, dass ihre Mutter Alkoholikerin ist. Sie ist diejenige, die sich darum kümmert, dass der Anschein von Familie gewahrt wird. Sie ist es, die ihre kleine Schwester Ida liebevoll großzieht. Sie ist es, die arbeiten geht, neben dem Studium. Freunde sind keine mehr da – sie sind alle in die Großstädte gezogen, um zu studieren. Ihre eigenen Wünsche hat Tilda weit nach hinten gedrängt. Auch ihre Ängste und Sorgen hat sie tief vergraben. Doch dann bekommt sie eine Promotion in Berlin in Aussicht gestellt. Wie soll sie sich entscheiden? Oder hat sie überhaupt eine Wahl?

Tilda wirkt anfangs recht schräg, wie sie an der Supermarktkasse die Kunden erst ansieht, wenn sie die Artikel gescannt und geraten hat, zu wem sie gehören. Doch nach und nach erfährt man, was sie in ihrem jungen Leben bereits mitgemacht hat, wie allein und verloren sie ist, wie viel Verantwortung sie auf ihren schmalen Schultern trägt. Nur das Schwimmen hat sie neben ihrem Job und der Sorge um Mutter und kleiner Schwester. Diese geht nur bei schlechtem Wetter schwimmen, redet kaum, malt viel (und sehr gut). Man kann nicht umhin, Ida und Tilda schnell ins Herz zu schließen, die Mutter zu hassen und alle Menschen in ihrem Umfeld anschreien zu wollen, warum sie die Augen verschließen und nicht helfend eingreifen.

Man gerät schnell in den Sog von Tildas Geschichte, die sie in der Ich-Form erzählt, auf eine ganz spezielle, distanzierte Art. Genau das geht tief ins Herz und unter die Haut. Nach und nach versteht man Tilda immer besser und kann nicht umhin, sie für ihre Stärke zu bewundern und zu erkennen, warum sie so anders ist. Caroline Wahl hat einige weitere gewichtige Themen mit in diese Geschichte gewebt, ohne sie zu überladen und ohne vom Kern abzuschweifen. Dennoch bleibt vieles ungesagt. Gerade das gefällt mir sehr gut, denn zwischen den Zeilen lesen ist hier sehr wichtig.

Auch als die Dinge in Schräglage geraten, bleibt alles sehr realistisch. Die Autorin dramatisiert nicht, sondern lässt einfach geschehen. Tilda und Ida stützen sich so wunderbar gegenseitig, lassen dem anderen dennoch genug Freiraum und auch ein paar Schwächen. Sie sind für ihr Alter viel zu erwachsen, doch genau so werden Kinder eben, wenn sie unter solch extremen Bedingungen zu überleben versuchen.

Mir gefällt, dass die Autorin nicht auf die Tränendrüse drückt. Von mir aus hätte Tilda noch ewig weiter erzählen dürfen. Das Ende hätte ruhig noch viel weiter weg sein dürfen, doch gerade die Kürze sorgt dafür, dass man einen regelrechten Abschiedsschmerz spürt. Das Buch geht tief unter die Haut und nicht mehr aus dem Kopf. Das schaffen nicht viele!

Solche Bücher gibt es viel zu wenig! Ich hoffe, Caroline Wahl lässt es nicht bei diesem einen, wunderbaren Werk bleiben und liefert noch viele weitere nach. Dieses Buch ist mein bisheriges Jahreshighlight und ich bezweifle, dass es diesen Rang zeitnah verliert. Carolin Haupt hat einen großartigen Job gemacht und nicht unwesentlich Anteil an meiner Begeisterung. Ich gebe fünf Sterne!

Bewertung vom 17.04.2023
Sauerteig - Schritt für Schritt zum Erfolg
Zanon, Valérie

Sauerteig - Schritt für Schritt zum Erfolg


ausgezeichnet

Die Sauerteig-Schule

Sauerteig und ich – das ist eine neverending story! Aber wenn man fast siebzig Seiten ausführlicher Anleitung inklusive enorm guter Erklärung und sehr informativen Fotos und Grafiken bekommt, dann fühlt man sich einfach sicherer und traut sich ein weiteres Mal an den eigenen Ansatz. Man darf ihn eben nur nicht vergessen und muss ihn hegen und pflegen, wie ein Haustier.

Dann kommen mehr als vierzig Rezepte mit Sauerteig – nicht nur Brote! Für mich neu waren süße Backwaren mit Sauerteig. Aber ich probiere so gerne neue Rezepte aus, dass ich mich da mit viel Enthusiasmus drauf gestürzt habe. Nicht alle überzeugen mich, aber sie sind definitiv eine echte und überraschende leckere Alternative bzw. teils sogar eine Art Upgrade! Die Brote sind auch nicht „von der Stange“ und zum Teil enorm ausgefallen. Besonders für Brunch oder Grillabende sind solche besonderen Brote aber geradezu perfekt.

Manche Zutaten sind nicht ganz so leicht zu bekommen. Es sind spezielle Mehlsorten, wie z.B. Hartweizengrießmehl, Manitoba-Mehl, Weizenmehl Typ 812, Roggenmehl 1370 usw. Ich habe in meinem Vorrat unterschiedliche Mehlsorten, aber diese dann doch nicht.

Zu jedem Rezept gibt es vorab eine kleine Einführung. Die Angaben zu Zeiten und Haltbarkeit sind auf den ersten Blick erkennbar, da sie farblich unterlegt sind. Es folgen die Zutatenliste und die Schritt-für-Schritt-Anleitung. Letztere ist jeweils unterteilt in den Vortag und den Backtag. Die Anweisungen sind kurz und klar verständlich. Jedes Rezept kommt mit Foto, manche sogar mit Fotostrecken. Auch finden sich öfter Tipps und weitere Hinweise.

Natürlich muss man sich nicht auf diese Rezepte beschränken. Mit dem selbstgemachten Sauerteig kann man jedes andere Sauerteigrezept machen. Mir gefällt aber die Kombination aus Sauerteig-Schule und der Auswahl der Rezepte sehr gut. Dass man nicht jedes Mehl überall bekommt, ist zwar ein bisschen schade, aber nicht Grund genug, um dem Buch einen Stern zu nehmen.

Dieses Buch bereichert meine Rezeptesammlung enorm und ist mir eine sehr gute Stütze beim Sauerteig. Es zeigt, wie vielfältig dieses kleine Wunder im Glas eingesetzt werden kann. Ich gebe also die vollen fünf Sterne.

Bewertung vom 13.04.2023
Der gelbe Vogel
Levoy, Myron

Der gelbe Vogel


ausgezeichnet

Zerbrochen

Naomi hat Schlimmes erlebt und auch nach ihrer Flucht aus dem Frankfurt des zweiten Weltkrieges nach New York wird sie ihr Trauma nicht los. Alan, der im selben Mietshaus wohnt, soll sich ein wenig um die Zwölfjährige kümmern. Das gefällt ihm gar nicht, denn in seinem Alter ist es peinlich, sich mit Mädchen abzugeben. Noch dazu ist Naomi in seinen Augen doch nicht ganz normal. Andererseits – er weiß, dass sie gesehen hat, wie ihr Vater getötet worden ist und kann verstehen, dass das nicht ohne Folgen sein kann.

Das Buch ist bereits 1977 erschienen und in dieser Zeit muss ich es auch zum ersten Mal gelesen haben. Ich liebte damals die Taschenbuchreihe des dtv Verlages (dtv junior pocket), die Jugendbücher mit schwergewichtigen Themen herausbrachte. Gut 45 Jahre später finde ich die Geschichte noch immer bewegend und obwohl es sich um Geschehnisse aus der Zeit des zweiten Weltkrieges handelt, ist alles nach wie vor einfach nur top-aktuell.

Die Geschichte ist in der Ich-Form aus Sicht von Alan geschrieben. Er erzählt davon, wie er seine Kindheit empfindet und wie ungerecht er es fand, dass er sich um Naomi kümmern sollte, aber auch davon, dass er irgendwann sogar gern dieser Aufgabe nachging. Seine Gefühle sind ehrlich und rein, aber er ist eben ein Junge in dem Alter, in dem Mädchen doof sind und es zu Sticheleien kommt, wenn man sich da mit ihnen abgibt. Also hält er es geheim. Dass genau das im Grunde den Anstoß zu einem Drama gibt, hätte vermutlich nicht mal ein Erwachsener erahnen können.

Das einander Annähern ist sehr schön beschrieben, man kann sich sehr gut hineinversetzen und die Entwicklung nachvollziehen. Auch das Einstürzen des zarten Glashauses, die Folgen, die Machtlosigkeit, das Verlustgefühl, für mich alles nachvollziehbar. Und nach wie vor gültig, nicht angestaubt, nicht veraltet, immer noch gültig. Genau das macht Angst.

Jeremias Koschorz hat das Hörbuch mit ganz viel Gefühl für die Situationen eingesprochen und die Figuren lebendig werden lassen. Fünf Sterne!

Bewertung vom 10.04.2023
Die mediterrane Küche - vielfältig, bunt und gesund
Reader's Digest Deutschland, Schweiz, Österreich - Verlag Das Beste GmbH Stuttgart, Appenzell, Wien

Die mediterrane Küche - vielfältig, bunt und gesund


sehr gut

Highlights aus der mediterranen Küche

Auch wenn ich tatsächlich eine ganze Menge „Promi-Kochbücher“ habe, freue ich mich doch immer über solche, die ohne diesen Booster auskommen. Hier ist das so – tolle, vielfältige Rezepte aus dem sonnigen Süden, zusammengestellt von Reader’s Digest und ganz ohne A-Z-Prominenz. Herrlich!

Die Palette umspannt die Themenbereiche Suppen und Salate; Kleine Gerichte; Aufläufe und Gratins; Fisch und Fleisch; Vegetarische Gerichte; Desserts. Italien, Spanien, Griechenland, Türkei, vorderer Orient und Nordafrika werden hier per Rezept ins Haus geholt. Eine schöne Art, den kleinen Urlaub zwischendurch zu genießen. Und man kann bei einem Menü sogar die Länder-Küche bunt mischen.

Die Rezepte sind kunterbunt und abwechslungsreich. Die Zutaten sind nicht allzu exotisch und im Einzelhandel in der Regel problemlos zu bekommen, allerdings werden eher hochpreisige Zutaten benötigt (Lamm, Hummer usw.). Ein bisschen sollte man vielleicht auf die passende Zeit achten. In einem auffälligen Kasten sind die Zutaten aufgelistet und darüber sieht man auch gleich, für welche Mengen (Portionen) sie ausgelegt sind. Daneben findet sich die auf den Punkt gebrachte Schritt-für-Schritt-Anleitung und für jedes Gericht gibt es sowohl ein tolles Foto, als auch eine kleine Erklärung. Bei den Zeitangaben liege ich allerdings deutlich drüber, obwohl ich eine geübte Köchin bin.

Meiner Meinung nach eignet sich das Buch vor allem für all jene, die gern und viel kochen und deshalb problemlos auch mal ein Rezept auf die eigenen Bedürfnisse anpassen können. Für Kochanfänger sind viele der Gerichte meiner Ansicht nach zu aufwendig und teils auch schwierig umzusetzen. Es finden sich auch relativ schnelle, einfache Gerichte, doch die sind deutlich in der Unterzahl.

Kleine Kritik am Rande und auf hohem Niveau: Die eine oder andere Angabe ist ein bisschen irritierend. Bei vegetarischen Gerichten wird Geflügelfond/-Brühe verwendet, es wird beim „Orangenkuchen auf orientalische Art“ kein Unterschied zwischen geriebenen Mandeln und Mandelmehl gemacht (meiner Erfahrung nach muss man bei Verwendung von geriebenen Mandeln Fett und Flüssigkeit reduzieren). Bei meinem Lieblingsrezept „Cannelloni mit Huhn und Ricotta“ wurde vergessen anzugeben, dass die Milch mit der nelkengespickten Zwiebel bis kurz vor dem Kochen erhitzt werden muss und dann zugedeckt wieder abkühlen soll. Auch bin ich gerade bei diesem Rezept mit der Menge nicht ganz klargekommen (die Zutaten ergeben weniger Cannelloni). Das sorgt ein wenig für Verwirrung. Auch wurden ein paar Schlagworte im Register vergessen.

Dennoch bin ich großer Fan dieses Kochbuchs, das für die kleinen kulinarischen Urlaubsmomente zu Hause sorgt. Sicher wird eine zweite Auflage komplett überarbeitet an den Start gehen. Ich gebe für die vorliegende vier Sterne!