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Ele
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Insgesamt 416 Bewertungen
Bewertung vom 26.11.2018
Sieben Tage wir
Hornak, Francesca

Sieben Tage wir


ausgezeichnet

Sieben Tage wir, Familienroman von Francesca Hornak, 464 Seiten, erschienen im Ullstein-Verlag.
Eine Woche mit der Familie, auf engstem Raum und in Quarantäne und jedes Mitglied hat sein eigenes Geheimnis. Mehr als ein Weihnachts-Roman.
Familie Birch verbringt ihr traditionelles Weihnachtsfest in ihrem alten Landhaus Weyfield in Norfolk, aber einiges ist anders als sonst. Olivia die älteste Tochter ist Ärztin und von einem Einsatz aus Liberia zurückgekehrt. Da sie dort mit dem lebensgefährlichen Haag-Virus in Kontakt kam und sieben Tage Quarantäne einhalten muss, bleibt den anderen Familienmitgliedern nichts anders übrig als diese Woche mit ihr durchzuhalten. Andrew der Vater ist unzufrieden mit seinem Job als Restaurantkritiker. Ein Sohn, der aus einer Beziehung vor seiner Ehe entstammt, kontaktiert ihn, Phoebe die jüngere Tochter hat sich gerade verlobt, ist aber nicht ganz glücklich in der Beziehung und Emma die Mutter verschweigt dem Rest der Familie ihre Krebserkrankung. Als George, der Verlobte Phoebes und Jesse, Andrews unehelicher Sohn dazukommt spitzt sich das Geschehen dramatisch zu.
Das Buch ist in 15 Kapitel eingeteilt, jedes Kapitel teilt sich in einzelne Abschnitte, die mit Namen, Ort und Uhrzeit versehen sind. Dadurch wird der chronologische Überblick gewährleistet. Jeder Abschnitt ist in auktorialem Erzählform aus der Sicht der verschiedenen handelnden Charaktere verfasst, dieses Stilmittel hat die Autorin gut gewählt, denn der Leser kann sich bestens in die Sichtweise der jeweiligen Figur hineindenken. Eigennamen und Phrasen erscheinen kursiv, Emails sind in einer anderen Schrift gedruckt und werden somit deutlich hervorgehoben.
Dieses Buch ist weit mehr als nur ein Familien-Weihnachts-Roman und von diesen üblichen Friede- Freude-Eierkuchen-Erzählungen weit entfernt. Ich habe mit den Charakteren mitgelitten und gelacht und sie sind mir alle sehr schnell ans Herz gewachsen. Auch das Ende war für mich zum Einen glücklich, aber auch tragisch. Die Geschichte ist in einem überaus flüssigen Schreibstil verfasst. Einmal angefangen habe ich das Buch mit kurzen Unterbrechungen in einem Tag weggelesen. Jede Person ist hervorragend charakterisiert, alle haben ihre Ecken und Kanten, einzig Andrew ist mir ein wenig fremd geblieben. Hornak schaffte es, für jede Figur Mitgefühl zu erzeugen, sobald die Handlung aus der Sicht der jeweiligen Person erzählt wird. Z.B Phoebe, die ich anfangs für verwöhnt und oberflächlich gehalten habe, hat sich am Schluss als liebenswerter Mensch erwiesen. Auch Olivia hat mich zuerst mit ihrer überheblichen Art irritiert, durch die Eindrücke von ihrem Liberia-Einsatz scheint es, dass sie den anderen die unbeschwerte, traditionelle, mit Geschenken überladene Weihnachtzeit nicht gönnen kann. Dabei macht sie sich große Sorgen um einen geliebten Menschen. Sehr sympathisch erscheint auch Emma, trotz ihrer schlimmen Diagnose versucht sie, der Familie ein schönes Weihnachtsfest auszurichten. Am Ende konnte ich ein paar Tränen nicht mehr zurückhalten. Durch die bildhafte Schreibweise der Autorin fiel es leicht, mir Setting und Personen vorzustellen. Die Geschichte ist logisch aufgebaut und die handelnden Charaktere agieren nachvollziehbar.
Ein emotionaler Roman, der nicht nur in der Weihnachtszeit gut unterhält. Meine uneingeschränkte Leseempfehlung für Leser, die Bücher abseits von den üblichen besinnlichen Weihnachtbüchern suchen, oder emotionale Familiengeschichten mögen. Dazu von mir 5 Sterne

Bewertung vom 24.11.2018
Der Mann am Grund
Procházková, Iva

Der Mann am Grund


ausgezeichnet

Das Buch besteht aus langen dicht gepackten Kapiteln. Die Besonderheit hier, dass sich die Geschichte zu einem zu erwartenden Gewitter zuspitzt. Die Überschriften der Kapitel von „Der drittletzte Tag vor dem Regen“ bis „24 Stunden später“, hatte ich so noch nie gelesen, fand ich aber sehr gut. Spanische und tschechische Ausdrücke, sowie Eigennamen sind kursiv gedruckt und beleben die Erzählung. Die Gedanken des Täters sind eingerückt und in anderer Schrift eingefügt, das lässt den Leser ganz nahe an den Beweggründen und Taten teilhaben. Als Stilmittel hat die Autorin, die auktorialen Erzählweise gewählt, der Überblick ist dadurch hervorragend gewährleistet.
Dieser Prag-Krimi hat mich bestens unterhalten. Die Spannung beginnt schon beim Prolog und zieht sich in einem Spannungsbogen, der leider im Mittelteil etwas abflacht bis zum furiosen Ende hin. Bis zum Schluss habe ich fieberhaft mit gerätselt wer am Tod Zapletals wohl schuld war. Im Laufe der Ermittlungen gab es immer mehr Verdächtige, die gute Gründe gehabt hätten, diesen widerlichen Menschen zu beseitigen. Von der Auflösung des Falles war ich regelrecht überrascht, mit dem finalen Plot-Twist konnte Procházkova bei mir vorzüglich punkten, toll inszeniert. Die astrologischen Nebenschauplätze wären m.E. nicht notwendig gewesen, die haben für mich nichts mit seriösen Ermittlungen zu tun. Am Anfang habe ich mich auch mit den ungewohnten tschechischen Namen schwer getan, was sich schnell gelegt hat. Dass bei tschechischen Frauen an den Ehenamen ein –ova drangehängt wird, habe ich gewusst, das war eine aparte Variante und sehr passend zum Setting.
Der Ermittler Holina und auch sein Assistent Diviš Mrštik sind unbedingte Sympathieträger, mir hat gefallen, dass Holina , Diviš des Öfteren lobt, ihm Tüchtigkeit zugesteht, was in Kriminalromanen nicht unbedingt üblich ist. Die private Situation Holinas bleibt offen, das macht neugierig die Serie weiter zu verfolgen. Die Tatverdächtigen sind gut charakterisiert und ihre Gründe konnte ich stets nachvollziehen, unsympathisch blieben nur das Opfer und seine Mutter. Der Apfel fiel auch hier nicht weit vom Stamm. Besonders bedauernswert fand ich das Schicksal des Marihuana-Züchters und seiner Lebensgefährtin. Der Plot ist logisch aufgebaut und unbedingt nachvollziehbar. Falls es einen weiteren Fall für Kriminalrat Holina und sein Team gibt, will ich unbedingt dabei sein.
Iva Procházková, bekannt für Literatur für Kinder und Jugendliche, hat die Zielgruppe gewechselt und das ist ihr mit Bravour gelungen. Meine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle die spannende und stringent gelöste Kriminalromane mögen und gerne einmal in einem anderen Land mit ermitteln möchten. Von mir 5 wohlverdiente Sterne.

Bewertung vom 13.11.2018
Guten Morgen, Genosse Elefant
Wilson, Christopher

Guten Morgen, Genosse Elefant


ausgezeichnet

Guten Morgen, Genosse Elefant, Roman von Christopher Wilson, 272 Seiten, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch.
Die Erlebnisse des russischen Jungen Juri Zipit, als Vorkoster Stalins.
Der 12jährige Juri lebt mit seinem Vater Doktor Roman Alexandrowitsch Zipit in einer Dienstwohnung im Zoo, sein Vater ist Professor für Veterinärmedizin, sein Fachgebiet Neurologie der Großhirnrinde. Eines Nachts werden die beiden abgeholt und in die Datscha des „Vater des Vaterlands“, Josef Stalins gebracht. Der Stählerne hatte einen leichten Schlaganfall, da Juris Vater nicht viel ausrichten kann, werden die beiden getrennt und Juri bleibt als erster Vorkoster und Spion, in den Diensten „Onkel Josefs“. Seine Erlebnisse dieser Zeit sind in diesem Buch sehr berührend geschildert. Da Juri in der Vergangenheit vom Blitz getroffen, von einer Straßenbahn und einem Milchwagen überfahren wurde, hat er doch so einige Handicaps. Bei emotionalen Ereignissen reagiert er mit epileptischen Anfällen, außerdem kann er nicht immer kontrollieren was er so alles „ausplappert“. Er wird dort Zeuge wichtiger Entscheidungen und epochaler Vorkommnisse und dieses Wissen wird für ihn schließlich sehr gefährlich.
Das Buch ist in überschaubare Kapitel aufgeteilt die mit einem Titel versehen sind. Darunter steht der Ort und das Datum, was sehr hilfreich ist sich in der Zeit zurechtzufinden. Medizinische Fachausdrücke erscheinen kursiv und die Verhaltensmaßregeln die ihm sein Vater ans Herz legte, wie auch ein paar Witze sind fett gedruckt und werden dadurch deutlich hervorgehoben. Wilson hat als Stilmittel die Ich-Form aus der Sicht Juris gewählt. So kann sich der Leser zu jederzeit ganz nah am Geschehen fühlen.
Juri Zipit ist ein, wenn auch etwas naiver, aber doch sehr kluger Junge. Ein liebenswerter Protagonist sein Schicksal hat mich an einigen Stellen zu Tränen gerührt. Trotzdem gab es auch immer wieder Szenen, z.B. mit dem Stählernen, die mich zum Lachen brachten. Stalin ist als grausamer, vulgärer Despot beschrieben, der flucht wie ein Droschkenkutscher. Doch kann er sich nicht der Faszination des Jungen entziehen, die Menschen dazu bringt, ihm seine Geheimnisse anzuvertrauen. Völlig unsympathisch war der sadistische Leiter des Geheimdienstes Marschall Bruchah, der am Ende für seine Untaten büßen muss. Insgesamt hat mich das Buch hervorragend unterhalten und ich konnte es auch schnell durchlesen. Gefallen hat mir, dass trotz traurigen Elementen auch immer wieder Juri durch sein sonniges zuversichtliches Wesen Hoffnung in die Erzählung gebracht hat. Die Charaktere handelten nachvollziehbar und ich konnte dem Plot gut folgen. Am Ende wurde ich noch von einer unvorhersehbaren Wende überrascht.
Wieweit sich die Erzählung mit den tatsächlichen Geschehnissen um die letzten Tage des Generalsekretärs der KPdSU deckt, bleibt der Fantasie des Lesers selbst überlassen. Die handelnden Charaktere können, soweit es die Sowjetfunktionäre betrifft, durchaus historischen Personen zugeordnet werden, denn die Namen wurden kaum verändert. Meine Empfehlung für Leser, die sich für das Leben des Diktators interessieren oder einfach nur formidabel unterhalten werden wollen. Ich vergebe 5 Sterne.

Bewertung vom 09.11.2018
Mulans Töchter
Vriesekoop, Bettine

Mulans Töchter


gut

Mulans Töchter, Sachbuch von Bettine Vriesekoop, 240 Seiten erschienen im Pirmoni Verlag.
Wie moderne Frauen das Gesicht Chinas verändern.
Bettine Vriesekoop war eine, auf internationaler Ebene, erfolgreiche Tischtennisspielerin. Inspiriert durch die Begegnungen mit chinesischen Sportlerinnen entschied sie sich, nach ihrer aktiven Zeit, für ein Studium der Sinologie. In diesem Buch lässt sie verschiedene chinesische Frauen zu Wort kommen und bietet einen Einblick in ihren Alltag.
Das Buch ist in 16 Kapitel eingeteilt, durch die zum Inhalt passenden Titel, erhält der Leser einen sehr guten Überblick. Am Ende ist ein sehr umfangreicher Anhang platziert, bestehend aus der Mulan- Ballade, einer Zeittafel der chinesischen Dynastien in chronologischer Reihenfolge, was sehr hilfreich war. Des Weiteren ein Glossar in dem die chinesischen Begriffe erläutert werden. Wenn darüber hinaus noch Fragen offen sind, dann helfen die weiterführenden Links am Ende. Eingefügte Bilder lockern die oft strenge Erzählung auf. Eigennamen und chinesische Ausdrücke erscheinen kursiv und werden dadurch herausgehoben.
Das Buch liest sich wie ein Reisebericht, bei dem die Autorin mehr als 20 beeindruckende Frauen schwerpunktmäßig zum Thema Emanzipation und Sexualität interviewt. Gerne hätte ich mehr über moderne chinesische Frauen in der Familie z.B. als Hausfrau und Mutter erfahren. Auch über den Brauch des „Füßebindens“ hätte ich gerne mehr gewusst, da mich das Thema sehr interessiert. Stellenweise waren die Erzählungen schon sehr ausführlich und langatmig, trotzdem konnte ich das Buch flüssig und schnell lesen. Vriesekoop berichtet über eine lockere, dann auch wieder sehr puritanische Moral. Aufklärung in den Schulen findet nicht statt. Die Ein-Kind-Politik hat viele der Probleme geschaffen, die hier sehr eindringlich dargestellt werden. Frauen sind in der Minderheit und somit ein extrem rares Gut. Sie warten länger bis sie heiraten und sind wählerischer geworden, enden dann oft als Shengü (Essensrestchen), dadurch gibt es viele unverheiratete Männer (kahle Zweige). Die Scheidungsrate ist hoch, denn die jungen Leute sind als Einzelkinder aufgewachsen, die keine Fähigkeit entwickelt haben, einen selbständigen Part in einer Ehe zu spielen. Noch oft werden die Ehen von den Eltern des Paares arrangiert. Traditionelle chinesische Heldinnen wie Qiu Jin, die kommunistische Revolutionärin, oder Hua Mulan, die für ihren Vater in Männerkleidern in den Krieg zog, sind für die modernen Chinesinnen Vorbilder. Es hat sich viel geändert in China, leider nicht nur zum Guten für Frauen. Junge Chinesinnen haben noch einen weiten und schweren Weg vor sich, um sich zu emanzipieren.
Dieses Buch kann ich den Lesern empfehlen, die sich für das Leben der modernen Frauen, die China verändern wollen, interessieren. Leider konnte mich dieses Buch nicht ganz erreichen, deshalb 3 von 5 möglichen Sternen.

Bewertung vom 04.11.2018
Eifel-Trilogie / Die Stille im Dorf
Blaser, Karl

Eifel-Trilogie / Die Stille im Dorf


sehr gut

Die Stille im Dorf, Historischer Roman von Karl Blaser, 420 Seiten, Selbstverlag
Ein Stück deutscher Geschichte aus der Eifel.
Margarete, als Tochter des Ortsbauern und seiner Frau geboren, hat große Träume. Mit ihrem Verlobten Niklas will sie eines Tages das Dorf verlassen, nicht das bäuerliche Leben haben, welches den Frauen in ihrem Heimatdorf vorbestimmt ist. Als ihr Verlobter im großen Krieg fällt und sie Theo Schmitt heiratet, wird alles noch unerträglicher, als sie es sich jemals vorstellen konnte. Kurt Blaser lässt seine Leser nachempfinden, wie Margarete ihre Familie und die Bewohner des Dorfes in der Eifel, die Kriegs- Wiederaufbau- und Wiedervereinigungsjahre erlebt haben.
Das Werk gliedert sich in drei Bücher: „Der Krieg“, „Aufbruch“ und „Entscheidungen“, diese sind in 30 Kapitel aufgeteilt. Jedes Kapitel beginnt, überschrieben mit einer großen Kapitelzahl und ist in überschaubare Leseabschnitte aufgeteilt. Da am Anfang jedes Kapitels der Monat und das Jahr abgedruckt ist, hatte ich kein Problem mich in der Geschichte zurechtzufinden und die chronologische Übersicht zu behalten. Eigennamen, Aussagen im Dialekt, Gebete, Liedtexte und Gedanken erscheinen kursiv gedruckt und kennzeichnen somit die Besonderheiten der Textstellen. Das Personenregister auf der letzten Seite fand ich sehr hilfreich.
Kurt Blaser erzählt in einer äußerst bildhaften Sprache, die Charaktere und auch das Setting konnte ich mir dadurch hervorragend vorstellen. Viele Stellen vor allem die Szenen während des Krieges, gingen mir sehr tief, sie erinnerten mich an die Erzählungen meiner Großmutter. Die Schilderung Niklas´ über seinen gefallenen Kameraden Paul haben mich zu Tränen gerührt. Auch die Stellen an der die Todesnachrichten, den Angehörigen der gefallenen Soldaten, mittels Briefpost zugestellt wurden, haben mich erschüttert. Wie wortgewaltig Blaser die Empfindungen, der vergewaltigten Polin beschrieben hat, steht auf S. 119 „Hankas Leid dauerte nicht Minuten. Es währt nicht Stunden, es schmerzt nicht Jahre. Es peinigt sie das Leben lang, eine geschundene Ewigkeit. Das ging mir unter die Haut. Nachdenklich hat mich auch das Schicksal der Novizin Marie gemacht. Etwas zu viel Länge hat der Autor in die Erzählung um Alexandre gebracht, ich finde auch, dass dessen Geschichte nicht zu Ende erzählt wurde. Insgesamt war es ein sehr unaufgeregtes Buch. Ruhig erzählt, ohne unerträgliche Spannung aber tiefgehend und wortgewaltig. Im Nachwort erfährt der Leser, dass vieles im Roman wahr und einiges ausgedacht ist, die Entscheidung bleibt jedem selbst überlassen. Sehr schön fand ich das versöhnliche Ende.
Von mir eine Leseempfehlung an diejenigen Leser, die Nachkriegsromane mögen, oder sich für das Leben in der Eifel in diesem Zeitraum interessieren. Ein kleine deutsche Geschichte die jeder kennen sollte. Ich vergebe 4 Sterne.

Bewertung vom 27.10.2018
Man muss auch mal loslassen können
Bittl, Monika

Man muss auch mal loslassen können


weniger gut

Wie drei Frauen es nicht schaffen ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Charlotte, Wilma und Jessy haben beschlossen, sich umzubringen. Dass dieses Vorhaben nicht so einfach ist, auch wenn man es gemeinsam plant, müssen die drei bald einsehen. Bei ihren vergeblichen Versuchen, stoßen sie auf zwei glücklose Männer, die ebenso dilettantisch versuchen einen Raubüberfall zu unternehmen. In der Hoffnung von den Räubern getötet zu werden, drängen sie sich als Geiseln auf. In einer einsamen Waldhütte, beginnt das Chaos.
Die Geschichte ist in kurze, knackige Kapitel aufgeteilt, jeweils mit einem fett gedruckten, vergrößerten Buchstaben beginnend. Jedes dieser einzelnen Kapitel ist in auktorialer Erzählform aus der Perspektive eines jeweiligen Charakters geschrieben, der in der Überschrift hervorgehoben wird. Dadurch werden am Anfang die handelnden Personen gut vorgestellt und die Ansichten der Charaktere werden verdeutlicht. Besondere Ausdrücke und Phrasen erscheinen kursiv gedruckt und heben sich dadurch vom übrigen Text ab.
Dieses Buch hat mir leider nicht gefallen, zu Beginn war ich mehrfach versucht, die Lektüre einfach abzubrechen, es konnte mich weder fesseln noch spannend unterhalten, humorvoll, bzw. lustig fand ich das Geschriebene auch nur ganz selten. Da es sich um ein dünnes Buch handelt, habe ich mich sozusagen, weiter durch die Geschichte „gequält“.
Mein Lieblingscharakter war Wilma, die schon etwas ältere, resolute Wirtin, der wegen Verstoß gegen das Nichtrauchergesetz, die Konzession für ihre Wirtschaft entzogen wurde. So ihrer „Lebensaufgabe“ beraubt, will sie, auch um ein Exempel gegen das Gesetz zu statuieren, aus dem Leben scheiden.
Charlotte, ihren Grund für den gewählten Freitod kann ich noch am ehesten nachvollziehen, ein höchst aggressiver Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Und zuletzt Jessy, jung, schön, klug aber megagaga. Die, die Liebe ihres Lebens Jossip in ihrem tollen Boxspringbett beim Seitensprung erwischt. Diese Figur konnte ich am wenigsten leiden, ihr Argument zum Suizid kann ich überhaupt nicht verstehen. Ihre vulgäre Ausdrucksweise, war mit der Grund, warum ich die Lektüre abbrechen wollte, ihre Aussagen strotzten nur vor derben Ausdrücken, wie bitch, shit usw., ich bin in der Richtung nicht unbedingt empfindlich, aber ihre Sätze strotzten nur so davon. Sie ist aber die Figur, die sich im Verlauf der Geschichte am meisten weiterentwickelte.
Ralle war auch noch ein guter Typ, Handwerker, der die häuslichen Angelegenheiten gerne seiner Gattin Gabi überlässt, denn er bringt ja schließlich das Geld ins Haus. Als das Geld langsam knapp wird beschließt er eine Tankstelle zu überfallen.
Und zum Schluss noch Moritz, der mir auch unsympathisch war, ein Stotterer, rhetorisch versiert aber nur schriftlich. Der gegen den Kapitalismus und gegen seine reichen spießigen Eltern ankämpft. Ein weiterer Grund der mich gelangweilt hat, seine ausschweifenden politischen Ansichten. Die politischen Themen fand ich auch äußerst unpassend zum Plot.
Keine Spannung vorhanden, voraussehbares Happy End, weder witzig, eher „komisch“, unnötige Längen, politisches Gerede, dilettantisch verübte Verbrechen, die nie aufgeklärt, bzw. geahndet wurden, was für mich absolut nicht nachvollziehbar ist.
Ein guter Satz, den ich mir merken will: „Sterben kann gar nicht so schwer sein, das hat bisher noch jeder geschafft“. Deshalb, auch wegen des netten Covers, hier von mir 2 von 5 Sternen.

Bewertung vom 24.10.2018
Die wundersame Mission des Harry Crane
Cohen, Jon

Die wundersame Mission des Harry Crane


gut

Die wundersame Mission des Harry Crane, Roman von Jon Cohen, 536 Seiten, erschienen Im Insel Verlag.
Seit Harry auf Bäume klettern kann, weiß er, wie man gut durchs Leben kommt. Man muss sich nur gut festhalten. Ein kleines Mädchen zeigt ihm wie man loslässt.
Für Harry Crane gibt es zwei wichtige Dinge in seinem Leben, seine Frau Beth und Bäume. Als Beth überraschend stirbt, gibt er sich die Schuld an ihrem Tod, er beschließt in den Wäldern Pennsylvanias seinem Leben ein Ende zu setzen. Daran hindert ihm ein kleines Mädchen und ihre Mutter beide haben den Ehemann bzw. den Vater verloren. Oriana ist davon überzeugt, dass er nicht tot sondern nur verwandelt ist. Harry soll diesen Zauber brechen.
Am Anfang des Buches gibt es zwei Erzählstränge, die sich schon bald zu einer Geschichte vereinen. Als Stilmittel hat Jon Cohen die auktoriale Erzählform gewählt. Dadurch entsteht ein umfassender Überblick über die Handlungen der einzelnen Charaktere. Lustige aber auch ernste Dialoge beleben die Erzählung, dies ist dem Autor auch durch seinen flüssigen und vor allem bildhaften Erzählstil gut gelungen. Solche Sätze z.B. Ihre Frisur, eine pikante Mischung aus Schaf und Stachelschwein, war das blanke Grauen. So hatte ich Setting und Personen stets vor Augen. Sehr gut gelungen fand ich die Platzierung des „Buches im Buch“. Die lustige Illustration und der in Schreibschrift geschriebene Text macht „Das Buch des alten Grum“ zu einem Eyecatcher im Text. 37 Kapitel in genau passender Länge und mit Kapitelzahlen überschrieben, helfen das Buch flüssig zu lesen. Erzählungen und Vorgelesenes erscheinen kursiv.
Der Beginn des Buches hat mich sofort begeistert, die Trauer des Protagonisten und des Mädchens und ihrer Mutter haben mich sehr berührt. Es zeigt wie die Figuren auf verschiedenste Weise mit ihrer Trauer umgehen. Verdrängung, Flucht in die Märchenwelt und Schuldgefühle. Doch im weiteren Verlauf hatte das Buch doch unnötige Längen, die weniger unterhaltsam waren. Es wäre für eine gute Geschichte m.E. nicht notwendig gewesen, die Besteigung jedes einzelnen Baumes zu erläutern, die Baumthematik fand ich sowieso viel zu ausführlich und für den Plot nicht notwendig. Auch konnte ich das Verhalten, von Harry und Oriana nicht unbedingt nachvollziehen. Das Mädchen fand ich altklug und dickköpfig, und dass sich der Protagonist dem Diktat des Kindes so unterworfen hat, fand ich nicht realistisch. Bestechend in diesem Werk sind die Nebencharaktere. Zuallererst der heimliche „Held“ der Geschichte. Ronnie, der sich die Schuld an Deans Tod gibt, ein Tolpatsch und Trinker und doch eine Superfigur. Und auch die resolute Stadtbibliothekarin Miss Perkins, ein liebenswertes Faktotum in der Bücherei, eine Frau die nach jeder Enttäuschung aufsteht und weitermacht. Die Bösewichte Stu und Wolf waren gut gezeichnet. Alles in allem ist es m. M. nach ein Märchen für Erwachsene, dazu passt der böse Bruder von Harry „der böse Wolf“, der rote Mantel von Beth, oder der Sack mit Goldmünzen. Obwohl die Geschichte traurig beginnt mangelte es nicht an Situationskomik, als der Hund die Asche der Verblichenen wie Konfetti verteilte, musste ich unfreiwillig lachen. Ein Lieblingszitat habe ich auf Seite 118 entdeckt: "Die passende Lektüre hat noch jeden Schmerz gelindert". Das kann ich nur bestätigen.
Dieses Buch eignet sich für Leser, die sich gerne märchenhaft verzaubern lassen wollen. Eine Leseempfehlung auch für Fans von „Happy Ends“. Von mir 3 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.10.2018
Hybris / Lene Jensen & Michael Sander Bd.4
Jacobsen, Steffen

Hybris / Lene Jensen & Michael Sander Bd.4


ausgezeichnet

Hybris, Thriller von Steffen Jacobsen, 384 Seiten, erschienen im Heyne Verlag.
Ein atemberaubender Thriller über die Erschaffung eines perfekten Menschen.
Die Kommissarin Lene Jensen und der Ermittler Michael Sander sind noch nicht lange verheiratet, trotzdem steht ihre Ehe schon vor dem Aus. Eine junge Frau wird tot aufgefunden, mit mehreren Schüssen im Rücken, doch vor ihrem Tod hat sich das Opfer noch ihren Namen und ihr Geburtsdatum in den Bauch geritzt. Jensen ermittelt in diesem Fall, auch ihr zukünftiger Exmann, der die Verlobte eines jungen Mannes finden soll, beginnt seine Nachforschungen, die ihn zu einer Kinderwunschklinik führen, als auch Lenes Ermittlungen sie in die Richtung Genova Counseling bringen, sehen sich beide plötzlich in den gleichen Fall verwickelt.
Das düstere Cover passt hervorragend zur Geschichte, diese ist in nicht zu knappe Kapitel, in für mich ideal passender Länge eingeteilt. Steffen Jacobsen hat als Stilform die auktoriale Erzählweise gewählt, abwechselnd aus der Sicht verschiedener handelnder Charaktere, sodass der Leser in der Lage ist, dem Verlauf des Thrillers hervorragend zu folgen und die Beweggründe der agierenden Personen zu verstehen, die zu jeder Zeit nachvollziehbar und plausibel gehandelt haben. Jedes neue Kapitel beginnt mit den ersten Worten in Großbuchstaben. Englische Phrasen waren kursiv gedruckt, mit den häufig verwendeten aufregenden Dialogen hat es der Autor geschafft, die Geschichte lebendig zu gestalten.
Das Buch hat mich hervorragend unterhalten, Jacobsens Schreibstil ist klar und flüssig. Anfangs hatte ich zwar einige Mühe ins Buch reinzukommen, aber sobald die Personen und Beziehungen zueinander geklärt waren, las sich das Buch schnell und am Ende blieben keine Fragen offen. Der Spannungsbogen der etwas flach begann, spannte sich zusehends steiler werdend über das gesamte Buch um am Ende in einem finalen Showdown zu gipfeln. Die letzten 150 Seiten habe ich in einem Rutsch ausgelesen, ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Obwohl es das mittlerweile 4. Teil dieser Serie ist, konnte ich ohne Vorkenntnisse dem Plot folgen. Auf jeden Fall werde ich die vorhergehenden Bände bald lesen. Besonders Michael Sander und seine Schwester Ida haben mir gut gefallen, Lene die ich anfangs sehr überreagierend fand, habe ich durch ihre tapfere mutige Art am Ende doch noch gern gemocht. Die privaten Probleme der beiden Hauptfiguren sind angemessen abgehandelt und stören den Thriller-Verlauf überhaupt nicht, die Figuren wurden mir dadurch eher vertraut bzw. sympathisch.
Meine absolutes Muss für die Fans der Lene Jensen und Michael Sander Reihe, meine ausdrückliche Leseempfehlung auch für Einsteiger die aufregende Thriller bevorzugen. Verdiente 5 Sterne.

Bewertung vom 14.10.2018
Scarlett Bd.1
Remington, Laurel

Scarlett Bd.1


sehr gut

Scarlett - Ein Löffelchen Geheimnis und der Duft von Magie, Kinderbuch von Laurel Remington, empfohlenes Lesealter 10 – 14 Jahre, 256 Seiten, erschienen im Carlsen Verlag.
Scarlett findet neue Freunde im geheimen Kochclub.
Die 13 jährige Scarlett hat es nicht leicht, ihre Mutter verheizt ihr gesamtes Teenager-Privatleben in einem Mummy-Blog. Das schlimmste was einem Teenager passieren kann. Doch eines Tages findet sie bei ihrer Nachbarin ein unheimliches Kochbuch. Sie findet in der betagten Rosemary Simpson eine Freundin und Mentorin, ihr Leben verbessert sich dadurch zusehends, ob das an der geheimen Zutat liegen könnte.
Das Buch besteht aus 40 Kapiteln und einem Epilog, jedes Kapitel ist mit einer auf den Inhalt hinweisenden Überschrift versehen, die in Schreibschrift eingefügt ist. Außerdem erscheinen Briefe in Schreibschrift, eine einfachere Schrift hätte jedoch die Lektüre für die Altersgruppe leichter lesbar gemacht. Blogeintrage wurden durch eine andere Schrift kenntlich gemacht. Jeder Kapitelbeginn ist mit hübschen Zeichnungen verziert, Herzchen, Muffins, Törtchen usw. was für eine nette Idee. Lebhafte, humorvolle Dialoge machten die Lektüre unterhaltsam, die Protagonistin erzählt im Ich-Stil aus ihrer Sicht. Da meine 12jährige Nichte dieses Buch auch gelesen hat, kann ich aus erster Hand bestätigen, dass das empfohlene Lesealter hervorragend passt.
Die Protagonistin und alle handelnden Charaktere waren sehr sympathisch, am Ende sogar der anfangs unbeliebte Abgeordnete Emory Kruffs. Die nervige Blogger-Mutter habe ich richtig liebgewonnen, eine absolute Lieblingsfigur die nette und hilfreiche alte Dame, Mr. Simpson die sich als wunderbare Mentorin entwickelt. Tolle interessante Charaktere waren die Mitglieder des geheimen Koch-Clubs allen voran natürlich die Protagonistin Scarlett. Ich fand es gut, dass im vorliegenden Buch auch ernstere Themen angesprochen werden Alter, Krankheit, Trauer und familiäre Probleme, die wurden sehr einfühlsam passend zur Zielgruppe aufgearbeitet das hat die Autorin hervorragend gemeistert. Viele Hindernisse und Aufregungen machen die Lektüre spannend und das traurige Ende, welches meine Nichte nicht so gut fand, war dennoch auch versöhnlich. Als besonderes Highlight ist auch noch das Rezept für die Zimt-Teilchen eingefügt. Da hätte ich mir noch mehr gewünscht. Während der gesamten Lektüre ist mir das Wasser im Munde zusammengelaufen und ich bekam richtig Lust darauf etwas zu backen. Eine deutliche Leseempfehlung und 4 Sterne.