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Benutzername: 
PMelittaM
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 470 Bewertungen
Bewertung vom 08.09.2022
Es geschah in Schöneberg / Leo Wechsler Bd.5
Goga, Susanne

Es geschah in Schöneberg / Leo Wechsler Bd.5


sehr gut

Berlin,1927: Bei einem Anschlag auf eine Modenschau des Modeateliers Morgenstern & Fink werden zwei der Vorführdamen verletzt. Wollte jemand dem Modeatelier schaden, vielleicht ein Konkurrent? Der frisch gebackene Oberkommissar Leo Wechsler und sein Team ermitteln.

Im fünften Band der Reihe geht es also in die Modewelt, man erfährt einiges über den Werdegang eines Kleidungsstückes, bis es im Laden landet. So lernt man auch eine Näherin kennen, und erfährt, wie elendig diese, für die Herstellung wichtigen Handarbeiterinnen, leben müssen, die Gewinne landen jedenfalls nicht bei ihnen, dafür haben sie schlechte Arbeitsbedingungen, viel Druck und immer das Gespenst der Kündigung im Nacken. Aber auch verschiedene Modeateliers lernt man kennen, die alle ihre eigenen Spezialitäten und Abnehmer haben. Das betroffene Modeatelier Morgenstern & Fink ist neu auf dem Markt, hat mit Carl Fink aber einen begnadeten Modeschöpfer.

Das ist aber nicht das einzige Thema dieses Romans, auch der berühmt-berüchtigte § 175, der mittlerweile, wenn auch viel zu spät, abgeschafft wurde, wird zentrale Bedeutung haben. So lernt man schon früh im Roman Rainer Vogt kennen, der für das Institut für Sexualwissenschaft arbeitet, und sich sehr dafür einsetzt, dass ein geächteter Film über Homosexualität wieder im Kino laufen darf, ein Film, der übrigens real existiert. Ob und wie die beiden Themen miteinander zusammenhängen ist interessant zu lesen.

Schön ist es auch wieder, das Privatleben Leos zu verfolgen. Ich finde es besonders schön, dass Ilse nun auf eigenen Beinen steht, sie arbeitet in Magda Schotts Praxis, und womöglich bahnt sich auch eine neue, dieses Mal hoffentlich bessere, Beziehung für sie an – ich würde es ihr wünschen. Aber nicht nur über Leos Familie erfährt man Neues, auch seine Kollegen haben die eine oder andere Nachricht zu verkünden.

Weniger schön ist die nun immer deutlichere Präsenz der Nationalsozialisten. Georg, Leos Sohn gerät in deren Dunstkreis, und man darf gespannt sein, wie sich das im weiteren Verlauf der Reihe entwickeln wird.

Susanne Goga gelingt es gut, die Atmosphäre des Berlins jeder Zeit herüberzubringen. Durch die gelungenen Charaktere und den eingängigen und bildhaften Erzählstil der Autorin ist man schnell im Roman angekommen, und ebenso schnell ist er leider auch schon zu Ende gelesen. Die Auflösung ist – bis auf eine Sache – nachvollziehbar, und man hat genug Möglichkeiten, mitzurätseln. Ich fühlte mich jedenfalls wieder sehr gut unterhalten.

Interessant ist auch das Nachwort, und dem Verzeichnis der historischen Personen zeigt, wie viele hier tatsächlich zumindest erwähnt werden.

Band 5 der Reihe ist wieder sehr lesenswert, vor allem, aber nicht nur für Kenner der vorherigen Bände. Die Stimmung der 1920er Jahre schwingt mit, die Charaktere sind gelungen – gerne empfehle ich die ganze Reihe.

Bewertung vom 05.09.2022
Die rote Tänzerin
Weng, Joan

Die rote Tänzerin


sehr gut

Otto Dix malte 1925 ein Porträt der Tänzerin Anita Berber. Dieser Roman erzählt davon, wie es dazu kam, zeichnet aber auch selbst ein Bild der „Skandalnudel“ der 1920er Jahre.

Anita Berber war ein Enfant terrible, auch, aber nicht nur, weil sie nackt tanzte. Dabei wollte sie eigentlich nur das: Tanzen, nackt, da Kleidung sie dabei behinderte. Doch auch im Privatleben war sie maßlos, Drogen, Männer, Exzesse bestimmten ihr Leben. Man nannte sie „Dämon“, „Topsau“. Joan Weng spürt in diesem Roman ihrem kurzen Leben nach.

Otto Dix ist ein bekannter Maler der Weimarer Republik. Nicht wenige Szenen des Romans sind aus seiner Perspektive erzählt, auch ihn lernt man so ein bisschen besser kennen.

Ich kenne alle bisherigen Werke von Joan Weng, und hatte daher natürlich eine bestimmte Erwartung an diesen Roman. Diese wurde erst einmal nicht erfüllt. Thematik, Sprache und Erzählstil sind so ganz anders, als ich es bisher von der Autorin kannte, und so musste ich mich erst einmal eingewöhnen. Mir gefällt gut, dass Joan Weng hier ihren Stil gewandelt, dem Thema und der Protagonistin angepasst hat, auch, wenn mir das Lesen (und Rezensieren) etwas mehr Mühe macht(e) als gewohnt.

Auch die Zeitwechsel könnten manchem Probleme bereiten, denn immer wieder gibt es Rückblenden. Ich finde aber, dass man diese gut erkennen kann und habe damit keine Schwierigkeiten gehabt. Sehr gelungen finde ich jeweils die Übergänge, die jeweils durch etwas Bestimmtes verbunden sind, z. B. wird das Wort „Tulpen“ aufgenommen.

Es ist keine Biografie, sondern ganz klar ein Roman, mit fiktiven Szenen und Charakteren, im Nachwort der Autorin kann man darüber mehr erfahren, doch es hätte durchaus so sein können. Die Atmosphäre stimmt auf jedenfalls, nicht nur die der 1920er Jahre, auch die Stimmungen und die atmosphärischen Beschreibungen sind wunderbar be-/geschrieben

​Dieser Roman ist eine gewisse Herausforderung, vor allem, wenn man die anderen Romane der Autorin kennt. Trotzdem sollte man nicht davor zurückschrecken und dem Roman eine Chance geben. Wer einen besonderen Blick auf Anita Berber – und auch Otto Dix – haben, aber keine Biografie lesen möchte, könnte hier einen guten Einstieg finden, nach dem Lesen wird man auf jeden Fall mehr über (nicht nur) die beiden wissen wollen.

Bewertung vom 28.08.2022
Stürmisches Lavandou / Leon Ritter Bd.8
Eyssen, Remy

Stürmisches Lavandou / Leon Ritter Bd.8


sehr gut

Ausgerechnet, als man neue touristische Möglichkeiten zu erschließen versucht, treibt in Le Lavandou ein Serienmörder sein Unwesen, der es auf Liebespaare abgesehen hat. Rechtsmediziner Leon Ritter und seine Lebensgefährtin, die stellvertretende Polizeichefin, setzen alles daran, den Täter bald zu finden. Verdächtige ergeben sich während der Ermittlungen einige, doch ist auch der Mörder darunter?

Der achte Band der Reihe führt wieder in die schöne Provence, die Beschreibungen des Autors lassen Bilder und Gerüche im Kopf entstehen (Rosmarin, Lavendel – aber auch weniger schöne Gerüche, die Morde mit sich bringen). Ich bin wieder einmal durch den Roman geflogen, auch. wenn ich immer wieder Momente hatte, wo ich mich ein bisschen geärgert habe, fand ich den Roman spannend zu lesen.

Schon ziemlich zu Beginn tritt z. B. Lilou, Isabelles Tochter, in den Fokus des Mörders, der immer wieder selbst zu Wort kommt (wenn auch, wie alle anderen in der dritten Person). Ich mag es einfach nicht, wenn der Ermittler oder Menschen aus seinem engeren Umfeld in Gefahr geraten, das ist so klischeehaft, und bringt mich eher zum Gähnen, als dass es spannend ist, zumal Lilou ja bereits einmal etwas ähnliches passiert ist.

Ich selbst bin erst mit Band 6 in die Reihe eingestiegen, und habe ehrlich gesagt keine große Bindung zu Lilou und Isabelle, aber Leon Ritter war mir von Anfang an sehr sympathisch, ich mag seinen Umgang mit den Toten und seine „Rebellion“ gegen strikte Paragraphen. Sehr gut gefällt mir, dass man in jedem Band wieder bekannte Menschen aus Leons Berufs- und Privatleben trifft, wie Veronique, mit der Leon auch dieses Mal ein Boulepaar bildet. Während des Lesens hätte ich mir gewünscht, dass das Thema Liebespaarmorde von Leon, seiner Lebensgefährtin und deren Tochter im Privaten etwas ernster genommen würde, gerade auch von Lilou, ich denke, im wahren Leben wäre das deutlicher im Familiengespräch thematisiert worden.

Am Ende hätte ich mir ein paar mehr Antworten zu der Motivation des Täters gewünscht. Sicher, dadurch, dass er selbst zu Wort kommt, erfährt man seine Gedanken, und Leon sagt mehr als einmal, welchen Verdacht er bezüglich dessen hat, jedoch wird es mir am Ende zu flott abgehakt, zumal die Geschehnisse im Prolog, die man eigentlich nur dem Täter zuordnen kann, wenige Hinweise darauf geben, was ihn aktuell antreibt.

Band 8 der Reihe lässt sich, trotz der vielen Seiten und meiner Kritikpunkte, zügig lesen, und auch die Provence spielt wieder ihre Rolle – ich muss doch endlich mal die ersten fünf Bände lesen.

Bewertung vom 20.08.2022
Anne Boleyn / Tudor-Königinnen Bd.2 (eBook, ePUB)
Weir, Alison

Anne Boleyn / Tudor-Königinnen Bd.2 (eBook, ePUB)


gut

Anne Boleyn, zweite Ehefrau König Heinrich VIII und Mutter Königin Elisabeths I, kennen viele bestimmt zumindest vom Namen nach, vor allem auch, weil sie die erste der Ehefrauen Heinrichs VIII war, die geköpft wurde. Die Autorin Alison Weir, die bereits einige historische Sachbücher und Romane geschrieben hat, geht in diesem Roman Annes Leben nach.

Die Erzählung setzt 1512 ein, Anne ist elf Jahre alt und wird als Ehrenjungfer zu Margarete von Österreich nach Mechelen geschickt. Hier erfährt sie erstmals fortschrittliche und „feministische“ Gedanken, was sich später am Hof von Marguerite de Valois fortsetzt. An beiden Höfen wird ihr Selbstbewusstsein gestärkt, ihr Denken vielfältig angeregt.

Mit Heinrich kommt sie bereits 1520 erstmals in Kontakt, sie mag ihn nicht, zumal er – offenbar – ihre Schwester vergewaltigt, woraus ein Kind entsteht. Anne fühlt keine Liebe zu Heinrich, als er jedoch um sie wirbt, und ihr sogar einen Heiratsantrag macht – obwohl er noch mit Katharina von Aragon verheiratet ist – nimmt sie diesen an, denn sie glaubt, als Königin Macht zu erhalten, und vieles in ihrem Sinne ändern zu können (schon hier denkt sie an die Religion), zudem scheint Heinrich ihr hörig, und dadurch sehr beeinflussbar.

Beim Lesen sollte man immer im Hinterkopf haben, dass es sich um einen Roman, nicht um eine Biografie handelt. Auch in ihrem Nachwort weist die Autorin darauf hin, dass es zu Anne wenige neutrale Zeugnisse und sehr gegensätzliche Ansichten gibt, sie versucht habe, das in Einklang zu bringen und ihre eigenen Theorien aufzustellen. Nun, mir hat sich das aus ihrem Roman nicht in dem Maße erschlossen, manches kann ich nicht so ganz nachvollziehen, z. B. Annes Verhaltensänderung Katharinas gegenüber, deren Hofdame sie zunächst ist, und die sie mag.

Für mich hat die Autorin Anne zunächst positiv und ihre Entwicklung nachvollziehbar dargestellt, später immer mehr als machthungrig, rachsüchtig, verbissen und unsympathisch. Erzählt wird komplett aus Annes Perspektive, jedoch in der dritten Person, Anne könnte einem also sehr nahekommen, mich hat sie aber immer mehr genervt, dauernd ist sie wütend, zornig und sehr von sich eingenommen, auch Heinrich gegenüber tritt sie nicht immer angemessen auf, im späteren Verlauf hatte ich auch nicht mehr das Gefühl einer klugen Frau, wie zu Anfang noch.

Ich hatte oft nicht das Gefühl, die echte Anne kennenzulernen, leider. Sicher, sie hatte es nicht immer einfach, zumal als Königin, ungeliebt vom Volk, angefeindet von vielen am Hof, wo Katharina noch viele Anhänger hatte, und dann bleibt auch noch der ersehnte Thronerbe aus – und dennoch kann ich nicht immer alles nachvollziehen. Hier ist es der Autorin nicht gelungen, mir Anne durchgehend ans Herz zu legen.

Nun, wir alle kennen ihr Schicksal, und das wünscht man ihr, trotz allem, nicht. Heinrich hat sie, die ihm, wie Katharina, „nur“ eine Tochter geboren hat, und ansonsten mehrere Fehlgeburten hatte, wohl ebenfalls loswerden wollen, doch sie hatte keine starken Unterstützer wie Katharina hinter sich (bei der war es u. a. Kaiser Karl).

Der Roman ist knapp 800 Seiten lang, und damit in meinen Augen viel zu lang, er hat, vor allem im Mittelteil, viele Längen, oft hätte man das Ganze kompakter darstellen können. Im Grunde erzählt die Autorin sehr kleinteilig, manches wiederholt sich dadurch, die Geschehnisse ähneln einander oft sehr. Okay ist die Einordnung Annes in den historischen Background, auch hier wird vieles vor allem aus ihrer Perspektive betrachtet.

Die Tudor-Zeit ist mir bereits recht bekannt, ich habe schon einiges darüber gelesen, und mich auf diesen Roman sehr gefreut. Leider konnte er meine Erwartungen nicht erfüllen, vor allem die Person Anne Boleyn hat die Autorin mir nur bedingt nahe bringen können. Ich hatte über weite Strecken nicht das Gefühl, die echte Anne Boleyn kennenzulernen.

Bewertung vom 14.08.2022
Die dunkle Königin / Das Lied von Eis und Feuer Bd.8
Martin, George R. R.

Die dunkle Königin / Das Lied von Eis und Feuer Bd.8


ausgezeichnet

Brienne ist weiterhin auf der Suche nach Sansa Stark, die sich allerdings unter fremdem Namen mit Kleinfinger versteckt hält. Cersei intrigiert und verfängt sich selbst in dem Spinnennetz, das sie gewoben hat.

Auch in Band 8 bzw. im 2. Teil des 4. Originalbandes wird wieder aus den Perspektiven erzählt, die man schon aus dem Vorgängerband kennt, wobei Arya und die Eisenmänner einen deutlich geringeren Part bekommen, der Fokus liegt vor allem auf Brienne, Cersei und Jamie, aber auch Samwell und Sansa haben größere Parts. Auch nach Dorne zu Arianne, „Die Prinzessin im Turm“ geht es wieder. Dabei erlebt man einige Überraschungen (auch, wenn man die Serie kennt), es gibt unerwartete Tote, das Auftauchen von Charakteren, die man eigentlich tot wähnte, und neue Erkenntnisse..

Ich mag diese Erzählweise sehr gerne, wie überhaupt die ganze Art, wie der Autor erzählt, sehr ausführlich, aber immer nah an den Charakteren. In diesem Band fehlen zwar erneut einige interessante Protagonisten, wie Danerys oder Tyrion, über sie wird lediglich gesprochen, aber das wird sich wohl im nächsten Band wieder ändern. Die meisten der Handlungsstränge dieses Bandes enden in Cliffhangern, ich fürchte, wir werden auf die Auflösungen warten müssen, bis der Autor endlich mit der Erzählung fortfährt.

Im ausführlichen Anhang gibt es ein Personenverzeichnis, mit einigen Hintergrundinformationen über die einzelnen Häuser.

Auch dieser Band hat mir gut gefallen, ich bin durch die Seiten geflogen und hatte interessante Lesestunden – man sollte aber unbedingt die Vorgänger gelesen haben.

Bewertung vom 13.08.2022
Erdfeuer
Amerein, R. M.

Erdfeuer


ausgezeichnet

Sam Casey dient als Söldner MiltForge, einem Konzern, der gewissenlos die letzten Ressourcen der schon sehr angeschlagenen Erde ausbeutet, während seine Schwester Ruby den Gaianern angehört, einer Gemeinschaft, die sich um den Schutz der Erde, soweit noch möglich ist, kümmert. Als Sam verhaftet und verurteilt wird, und seine Strafe auf der Luna-Werft antreten muss, hat er eine Aufgabe im Gepäck, die ihm sehr zu schaffen macht.

Der dritte Band der Archen-Reihe R. M. Amereins nimmt sich der Vorgeschichte an, spielt im Jahr 2060, und geht der Frage nach dem Warum auf den Grund. Die Bände der Reihe können übrigens voneinander unabhängig gelesen werden, in den ersten beiden Bänden kann man über den Verbleib verschiedener Archen lesen, die hier erst noch in der Luna-Werft gebaut werden. Die Reihenfolge, wie man die Bände liest, spielt keine Rolle, als kleine Bonbons findet man kleine Querverweise zu den anderen Bänden, was ich in Reihen immer sehr liebe. Mir gefallen auch wieder die optischen Goodies im Print: Die Abschnitttrennungen und die hübschen, unterschiedlichen Schriften der Kapitelüberschriften für Ruby und Sam

Auch in diesem Band wird die Erzählung auf die Perspektiven weniger Charaktere beschränkt, hier sind es die Geschwister, die beide schon einiges durchgemacht und geliebte Menschen verloren, sich aber ganz unterschiedlich entwickelt haben. Bei Sam ist es deutlich schwieriger, seine Entwicklung nachzuvollziehen, seine Alles-egal-Mentalität zu verstehen, und so wird man vor allem bei ihm als Leser:in vor Handlungsweisen gestellt, die eher abschrecken, und dennoch kann man auch mit ihm emotional mitfühlen, spätestens dann, wenn er auf der Luna-Werft ist, und sich mit sich selbst auseinandersetzen muss – und hier wird das Geschehen dann auch sehr spannend. Ich finde es ebenfalls sehr gelungen, wie die Autorin Sams Ansichten auch durch seine Sprache ausdrückt.

Doch auch Rubys Perspektive ist nicht ohne, sind die Gaianer doch Gefahren ausgesetzt, deren sie, die an friedlichen Konfliktlösungen interessiert sind, sich nicht immer erwehren können. Konzerne, die immer noch nur an ihrem Profit interessiert sind, und eine Regierung, die sich gerade erst zusammengefunden hat, und nun vor einer schier unlösbaren Aufgabe steht, die Erde vielleicht doch noch irgendwie als Heimat der Menschen retten zu können, machen ihnen zusätzlich das Leben schwer.

Um zumindest einem Teil der Menschheit vielleicht eine neue Heimat zu ermöglichen (ob das funktioniert, wird man in den anderen Bänden lesen), werden in der Luna-Werft Archen gebaut. Luna-Werft ist übrigens wörtlich zu verstehen, sie befindet sich im All in der Nähe des irdischen Mondes.

Gerade in letzter Zeit ist es wieder sehr präsent geworden, dass wir auf unseren Heimatplaneten besser achten müssten, und so ist dieser Roman auch sehr aktuell und regt daher auch zum Nachdenken an. Gut ist, dass die Autorin immer auch Hoffnung mitschwingen lässt, sei es durch die Gaianer, aber auch manche Veränderung auf der Erde, oder durch den Bau der Archen, die der Menschheit eine Zukunft geben könnten. Wie immer ist auch das Nachwort interessant zu lesen.

Ich bin von Anfang an ein großer Fan der Autorin, und auch dieser Band hat mich wieder überzeugt. Man kann hier von guter Recherche ausgehen, aber auch von Überlegungen, die eine mögliche Zukunft zeigen, sowie einem guten Schuss Hoffnung – besser kann man diese Thematik nicht angehen.

Bewertung vom 08.08.2022
Ein unmöglicher Mord / Stableford Bd.3
Reef, Rob

Ein unmöglicher Mord / Stableford Bd.3


sehr gut

John Stableford ist mit Ehefrau Harriet zu Gast bei seinen Schwiegereltern. Eingeladen in das benachbarte Herrenhaus anlässlich eines Golfturnieres, gerät er in einen geheimnisvollen Mordfall, einen Mord, der eigentlich unmöglich ist …

Der Roman ist bereits der dritte der Reihe, für mich war er allerdings der erste. Wieder einmal bin ich mitten in eine Reihe gesprungen, und auch hier ist das durchaus möglich, wenn gleich ich nun gerne auch die vorhergehenden Romane lesen möchte.

Der Roman, angesiedelt kurz vor dem 2. Weltkrieg, bietet einen interessanten Kriminalfall, bei dem man schön miträtseln kann und wartet mit einer überraschenden Lösung auf. Außerdem erfährt man so einiges über das Golfen, interessant finde ich vor allem die Beziehung Nazideutschlands zum Golfsport, die den Hintergrund des Turniers, um das es hier geht, ausmacht. Im Anhang findet sich ein Golf-Glossar, das ich sehr nützlich finde. Aber nicht nur das Golfen, auch einige Techniken, die im 1. Weltkrieg angewandt wurden, werden angesprochen und sind interessant zu lesen.

John Stableford ist Literaturprofessor, Autor von Detektivgeschichten und selbst Hobbydetektiv, außerdem seit kurzem freier Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes. Seine Frau Harriet und sein Freund Percy Holmes, der ihn für den Geheimdienst anheuerte, stehen ihm beim Aufklären des Falles zur Seite. Hier ist es einmal nicht (ein) Holmes, der die Fälle durch seine Schläue löst.

Sehr gut gefallen haben mir die Charakterzeichnungen, ich fand sie alle auf den Punkt gebracht und konnte mir die einzelnen Personen sehr gut vorstellen. Erzählt wird im Stile der klassischen englischen Kriminalromane und am Ende werden, ganz typisch, alle Personen um den Detektiv versammelt, der dann seine Auflösung zum besten gibt.

Ich vergebe gerne 4 Sterne und eine Leseempfehlung für Freunde des klassischen Whodunit-Kriminalromans.

Bewertung vom 05.08.2022
Ein gefährlicher Pakt / Tale of Magic Bd.3 (eBook, ePUB)
Colfer, Chris

Ein gefährlicher Pakt / Tale of Magic Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Brystal Everdeen hat einen Pakt geschlossen, der in kurzer Zeit ausläuft, bisher konnte sie ihren Part leider nicht erfüllen. Auch der Gerechte Herrscher Seven beabsichtigt, noch ein Hühnchen mit ihr zu rupfen. Ausgerechnet jetzt gibt es eine neue Gefahr, die die Welt zerstören könnte, und von Xanthous, Angehörigem des Rates der Feen, auszugehen scheint. Das ruft das Institut für Alchemie auf den Plan, und eine Konferenz der Könige wird einberufen.

Der dritte Band der Reihe ist für mich der bislang beste, unglaublich spannend, voller interessanter und phantasievoller Ideen (allein der Campus der Alchemisten), auch aktuelle Probleme hat der Autor, den man u. a. als Kurt Hummel aus Glee, kennt, angesprochen. Neben den Alchemisten gibt es eine weitere Entdeckung, die mich sehr angesprochen hat und zukünftig sicher noch eine Rolle spielen wird. Am Ende schließlich gibt es die eine oder andere Veränderung, auf deren Konsequenzen man gespannt sein darf. Ich hoffe sehr, dass es weitere Bände geben wird.

Sehr schön und passend zum jeweiligen Kapitel sind die Illustrationen von Brandon Dorman mit denen diese eingeleitet werden. Auch eine Karte ist wieder vorhanden, über das farbenfrohe Cover (ebenfalls von Brandon Dorman), das wieder wunderbar zu allen anderen Covern der Bücher des Autors passt, muss man gar nicht extra sprechen.

Auch wenn die Reihe eher für Jugendliche gedacht ist, spricht sie mich in meinem reifen Alter auch an, die Welt, die der Autor erschaffen hat, ist sehr fantasievoll, ebenso wie seine Geschichten. Wer sich seinen Sinn für Phantasie erhalten hat, wird hier gut unterhalten. Sehr gerne vergebe ich volle Punktzahl.

Bewertung vom 02.08.2022
Totentanz für Dr. Siri / Dr. Siri Bd.3
Cotterill, Colin

Totentanz für Dr. Siri / Dr. Siri Bd.3


ausgezeichnet

Laos, 1977: Eigentlich ist Dr. Siri Paiboun längst im Rentenalter, aber als einziger Pathologe in Laos ist für ihn an Ruhestand nicht zu denken. Als aus einem zerstörten Betonweg ein mumifizierter Arm ragt, macht er sich mit Schwester Dtui auf den Weg nach Houaphan. Während seiner Abwesenheit wird der Pathologieassistent, Herr Geung, regelrecht entführt, und muss sich den Weg zurück nach Hause schwer erkämpfen.

Dr. Siri ist ein besonderer Ermittler, denn er hat Connections zur Geisterwelt, und so ganz andere Möglichkeiten Fälle zu lösen. Außerdem ist er zwar kein immer einfacher Mensch, aber durchaus liebenswert, denn er setzt sich da ein, wo es nötig ist.

Das Leben in Laos war damals nicht leicht, die kommunistische Revolution gerade erst vorbei. Dennoch spielt auch die latotische Kultur immer noch eine große Rolle. Man erfährt einiges über das Laos jener Zeit, ein zusätzlicher Pluspunkt.

Neben Siris und Dtuis Ermittlungen geht die Erzählung auch immer wieder zu Geung und seiner Odyssee. Geung hat das Down-Syndrom, und es somit generell nicht leicht. Seinen Job in der Pathologie macht er gut, doch das sieht nicht jeder so, weswegen man Siris Abwesenheit ausnutzt, um ihn loszuwerden. Doch Geung hat Siri versprochen, auf die Pathologie aufzupassen, und es hält ihn nichts davon ab, dieses Versprechen so gut wie möglich zu halten. Am Ende hat er mehrere hundert Kilometer zurückgelegt, und vielen Gefahren getrotzt, manchmal mit viel Glück.

Der dritte Band der Reihe hat mir wieder gut gefallen, der Roman lässt sich zügig lesen, ist humorvoll und nicht ohne Spannung. Man muss sich halt auf diesen unkonventionellen Ermittler einlassen, und seine Geisterwelt-Verbindung akzeptieren, dann wird man gut unterhalten. Ich jedenfalls freue mich auf Band 4 und vergebe gerne wieder volle Punktzahl.

Bewertung vom 01.08.2022
Gretchen
Berger, Ruth

Gretchen


ausgezeichnet

Frankfurt 1770: Susanna Margaretha Brand dient im Gasthaus der Witwe Bauer, verliebt sich in einen durchreisenden Gast und verlebt ein paar schöne Stunden mit ihm. Dass sie später schwanger sein könnte, will sie nicht wahrhaben, auch wenn ihr Körper etwas anderes sagt. Bald gibt es Gerüchte, und Susanna, Susann genannt, wird sogar von Ärzten untersucht, doch niemand stellt eine Schwangerschaft fest. Im August 1771 klagt sie eine ihrer Schwestern der verheimlichten Schwangerschaft und Geburt an, beides ist strafbar, und die Mühlen der Justiz beginnen zu mahlen.

Die Historikerin Ruth Berger erzählt nicht nur von einem tatsächlichen Kriminalfall, sondern stützt ihre Erzählung auch auf die historischen Akten zu diesem, und dennoch bleibt es ein Roman mit auch fiktiven Anteilen. Allerdings ist es auch insofern ein beachtenswerter Fall, dass Susann Goethe, der in diesem Roman auch eine handelnde Rolle spielt, zu seinem Gretchen inspirierte. Sehr lesenswert ist übrigens auch die „Nachrede“, in der die Autorin erzählt, „wie es weiterging“.

Goethe ist übrigens nicht die einzige historische Persönlichkeit, die eine mehr oder weniger große Rolle spielt, so trifft man z. B. auch auf seine Schwester Cornelia und die Brüder Senckenberg, sowie viele andere Frankfurter aus allen Schichten, so auch Susanns Geschwister, Kolleginnen und die Gäste des Gasthauses, in dem sie arbeitet. Alle Charaktere werden pointiert, und mit Stärken und Schwächen dargestellt. Die meisten steuern ihre eigenen Perspektiven bei.

Erzählt werden zunächst parallel die Ereignisse ab der Bezichtigung durch die Schwester,und das Geschehen davor, später bleibt es bei der aktuellen Zeitebene. Besonders der Erzählstil gefällt mir sehr gut, die Autorin schaut quasi „dem Volk aufs Maul“ und erzählt die jeweiligen Perspektiven so, als würde man die Gedanken und Gefühle der:s jeweiligen Handelnden erfahren, und das liest sich sehr humorvoll und unterhaltsam, was in Anbetracht dessen, was (noch) passiert, manchmal recht makaber wirkt. Dennoch lässt sich der Roman dadurch sehr gut lesen und, zunächst zumindest das, was noch kommen wird, verdrängen. Die Sprache ist dadurch oft etwas altertümlich, aber sehr passend, Insgesamt wirkt alles sehr authentisch.

Besonders die Perspektive Susanns war es – natürlich – die mich sehr berührt hat. Diese junge Frau, die einen gewissen Widerspruchsgeist hat, und daher in der Vergangenheit ihre Probleme mit ihren Dienstherrschaften. Die Witwe Bauer allerdings ist zufrieden mit ihr. Susann, jüngste der Geschwister, versucht, auch aus Liebe vor allem zu ihren Schwestern, nun alles richtig zu machen. Ein kleiner Fehltritt nur, die Hoffnung auf Liebe, stürzt sie ins Unglück. Als ledige Mutter hätte sie kaum eine Chance mehr, da ist die Gesellschaft unerbittlich. Der Autorin ist es sehr gut gelungen, Susanns Überlegungen, ihre Schuldgefühle, ihre Verdrängungen, ihre Hoffnung glaubhaft darzustellen.

Der Roman punktet vor allem mit seinem Erzählstil, realistisch, authentisch, und humorvoll, was die Geschichte letztlich traurigkomisch macht – vor allem natürlich auch, weil es sich um ein reales historisches Geschehen handelt. Auch der Einbezug der Perspektiven anderer Frankfurter, aus allen Schichten, macht das Ganze sehr authentisch. Unbedingt empfehlenswert!