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anette1809 - katzemitbuch.de
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Bewertungen

Insgesamt 957 Bewertungen
Bewertung vom 25.05.2017
Lizzy Carbon und der Klub der Verlierer / Lizzy Carbon Bd.1
Fesler, Mario

Lizzy Carbon und der Klub der Verlierer / Lizzy Carbon Bd.1


sehr gut

Mario Feslers Roman um die Protagonistin Lizzy Carbon und den Klub der Verlierer dreht sich um ein Thema, dass wohl jeder (ehemaliger) Schüler kennt. Es ist wohl gang und gebe, dass sich während der Schulzeit Gruppen und Cliquen entwickeln aus mehr oder weniger angesagten und beliebten Schülern und den Außenseitern, den Nerds, den Randgruppen, Jugendliche, die nirgends so richtig reinpassen oder vielleicht nicht reinpassen wollen. Besonders bemerkbar machen sich diese Unterschiede bei Mannschaftswahlen im Sport oder - wie es in diesem Buch thematisiert wird - willkürlichen Gruppenzusammenstellungen zur Organisation eines Schulfestes. Die Gruppen wurden nicht von den Schülern gewählt, sondern von den Lehrkräften zusammengestellt, so dass fast jeder ein Teammitglied an Bord hat, dass zum Spülen, für Botengänge oder andere ungeliebte Aufgaben missbraucht wird. Als Lizzy das Thema zur Sprache bringt, verdonnert ihr Lehrer sie dazu mit den anderen "Verlierern" ihrer Stufe eine eigene Projektgruppe zu gründen und damit ist der "Klub der Verlierer" geboren. Allerdings ist es alles andere als einfach ohne Konzept und gegen die Vorurteile der anderen Schüler und auch Lehrer ein Projekt auf die Beine zu stellen. Zu zerbrechen droht das ganze, als einzelne Mitglieder des Klubs wegbrechen, aber bis zu diesem Punkt hat Lizzy entgegen des ersten Wiederwillens der Ehrgeiz gepackt und sie zeigt der ganzen Schule, dass keiner den Stempel eines Verlierers verdient hat...

Der besondere Reiz des Buches liegt an der Stimme der dreizehnjährigen Lizzy, die das Buch im Tagebuchstil in der Ich-Form erzählt und ihre Tagebucheinträge zählen im Cowndown bis zum Tag des Schulfestes herunter. So kann man sich direkt in die Rolle des Verlierers hineinversetzen, auch wenn es für meinen Geschmack zu Beginn eine Weile dauert, bis man zur Gänze in der Geschichte Fuß gefasst hat. Wenn der Klub jedoch erstmal richtig an Fahrt aufnimmt und im späteren Verlauf zu zerbrechen droht, kann man das Buch jedoch kaum noch aus der Hand legen. Besonders die Entwicklung zum Ende hin, sei es was einzelne Figuren aus der Geschichte angeht oder das neuaufgestellte Konzept von Lizzys Projektgruppe, die sich nach dem Wegfall einiger Teammitglieder etwas neues einfallen lassen müssen, war sehr überzeugend und mitreißend erzählt.

"Lizzy und der Klub der Verlierer" ist sicherlich ein humorvoller Teenagerroman, vor allem aber ist es ein überzeugendes Plädoyer dafür, dass man sich nicht in Schubladen stecken lassen muss und auch im Kampf gegen Windmühlen etwas reißen kann, wenn man zu seinen Ideen und Zielen steht! Mit ihrem Elan und ihren Ideen überzeugt Lizzy letzten Endes sogar die größten Skeptiker von ihrem Projekt und ihrem Klub und stellt damit andere Projektgruppen klar in den Schatten.

Reihen-Info:
Lizzy Carbon und der Klub der Verlierer
Lizzy Carbon und die Wunder der Liebe (13. Juli 2017)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.05.2017
Klassenschlamassel oder Wie wir die grüne Wurst einfingen / Granola Bd.2
Milan, Timm

Klassenschlamassel oder Wie wir die grüne Wurst einfingen / Granola Bd.2


ausgezeichnet

Granola, das Mädchen mit dem Namen eines Schokoladenkeks aus "Kaninchenschmuggel" ist zurück! Wer die erste Geschichte von Granola kennt, weiß sicher noch, dass sie an einer Grammatikintoleranz leidet. So verdreht sie öfter mal ganze Wörter oder einzelne Buchstaben. Im Anhang befindet sich deshalb eine Übersetzung Granolisch-Deutsch für die Leser, hier kann man die Bedeutung einzelner Wörter nachlesen, wenn man sich nicht sicher ist, was Granola eigentlich meint.

In ihrem neuen Abenteuer "Klassenschlamassel" fährt Granola auf Klassenfahrt. Eigentlich hätte sich Granolas Schwester während ihrer Abwesenheit um Granolas Kaninchen Mehlchen kümmern sollen, aber wie auch immer das passieren konnte: auf der Bahnfahrt zur Jugendherberge entdeckt Granola ihr Kaninchen in der Reisetasche. Nun ist es natürlich zu spät an der Tatsache etwas zu ändern, dass Mehlchen mit auf Klassenreise geht und Granolas Freundinnen Jule und Vanessa helfen den blinden Passagier geheim zu halten. Der ungewöhnliche Mitreisende sorgt natürlich im Laufe der Handlung noch für einigen Wirbel und Missverständnisse und zu allem Übel droht ein böser Streit die Freundschaft der Mädels zu zerstören...

"Klassenschlamassel" ist nach "Kaninchenschmuggel" wieder eine kurzweilige Geschichte über die liebenswerte Granola, die man einfach liebhaben muss mit ihrer schusseligen Art, ihrer Lernschwäche und ihren Problemen, manche Sachen zu verstehen. Durch ihre Art entstehen natürlich Reibungspunkte innerhalb der Klassengemeinschaft, aber Timm Milan schafft es mit seiner Heldin Mobbing und Anderssein zu thematisieren, ohne, dass man sich peinlich berührt fühlt.
Abgesehen davon ist Granolas neues Abenteuer eine Geschichte, die entweder Erinnerungen an vergangene Klassenfahrten weckt oder Lust darauf macht, zum ersten Mal selbst auf Klassenfahrt zu gehen.
Wanderungen bei Wind und Wetter, Süßigkeiten aus dem Automaten, Essen im Speisesaal, unerlaubtes Ausbüchsen in der Nacht in andere Zimmer, Streitereien zwischen Freundinnen... Man meint beim Lesen beinahe, selbst mit auf Klassenfahrt zu sein.

Die Geschichten von Granola sind nicht nur wunderbar geeignet für Leser ab acht Jahre, sondern ein Leseerlebnis für die ganze Familie. Ich hoffe sehr, dass es noch weitere Geschichten von Granola und ihrem Kaninchen Mehlchen geben wird.

Reihen-Info:
Kaninchenschmuggel oder Wie ich Mehlchen vor dem Verschimmeln rettete
Klassenschlamassel oder Wie wir die grüne Wurst einfingen

Bewertung vom 23.05.2017
Lou und ihr Männerballett
Luurtsema, Nat

Lou und ihr Männerballett


ausgezeichnet

"Lou und ihr Männerballett" ist ein lustiger und spritzig geschriebener Roman, der auf Grund seiner Leichtigkeit und auch der Thematik perfekt in die Sommermonate passt:
Lou ist 15 Jahre alt und nicht nur auf Grund ihrer Leidenschaft des Leistungsschwimmens eine Außenseiterin in der Schule im Gegensatz zu ihrer älteren Schwester Lavender. Lou hat genaugenommen nur eine Freundin, Hannah, die genau wie sie Mitglied des Schwimmteams ist. Als Lou jedoch im Gegensatz zu Hannah die Qualifikation für die Vorentscheidungen für die Olympiade verpatzt, zerplatzen nicht nur Lous Träume einer Schwimmkarriere, sondern es droht auch fast die Freundschaft mit Hannah daran zu zerbrechen. Denn Freundschaft hin oder her... wenn man selbst seinen Traum nicht leben kann, ist es manchmal gar nicht so einfach diesen anderen zu gönnen. Bevor Lou völlig an ihrem Selbstmitleid zu Grunde geht, naht Abwechslung von unerwarteter Seite: sie soll drei Jungs für einen Talentwettbewerb im Synchronschwimmen trainieren!

Das Buch hat mich direkt auf Grund seines Titels angesprochen. Ich fand es irgendwie schräg, dass Jungs mit einem selbst für Mädels im Teenageralter eher untypischen Act bei einer Talentshow teilnehmen wollen und freute mich auf absurde Situationen und darauf, dass das Fernsehformat der Talentshows auf die Schippe genommen wird. Beides habe ich bekommen und darüber hinaus noch einiges mehr! Das Training von Lou und den Jungs und ihr Weg durch die Castings sorgt wirklich für schräge und skurrile Momentaufnahmen und eine Liebesgeschichte fehlt hier auch nicht. Wobei die richtig süß ist und die eigentliche Handlung nicht in den Hintergrund drängt. Die Figuren sind abwechslungsreich und richtige Charaktere. Egal, ob Lou mit ihrer altklugen Art, ihre etwas ungewöhnliche Familie, die auf der einen Seite ganz unterschiedliche Menschen sind, um dann im Notfall doch fest zusammenzuhalten, oder die drei Jungs Roman, Pete und Gabe, in denen Lou im Laufe der Geschichte richtige Freunde findet. Aber auch das Kapitel Hannah ist mit ihrem Einzug ins Leistungscamp nicht abgeschlossen... Hier nimmt die Geschichte einen Verlauf, der etwas ernstere Töne anklingen lässt, und hautnah vermittelt, wie sehr Menschen an Leistungsdruck zerbrechen können und wie wichtig es ist, auch für einen Traum nicht alle anderen Lebensinhalte zu vernachlässigen. Zum Glück schafft Lou es samt ihrer durchgeknallten, aber herzlichen Familie und ihren neuen Freunden das Ruder für Hannah nochmal herumzureißen.

Wer nach einer lockerleichten Sommerlektüre sucht, die es tatsächlich schafft ernste Themen ganz nebenbei in den Handlungsstrang einzubauen, ohne die Geschichte beschwert wirken zu lassen, und auf verrückte Charaktere - ich liebe sowohl Lous Familie als auch ihre Synchrontanz-Jungs! - steht, der findet in "Lou und ihr Männerballett" das passende Buch!

Bewertung vom 19.05.2017
Bob, der Streuner
Joanne Froggatt/Anthony Head

Bob, der Streuner


ausgezeichnet

Im Frühjahr 2007 treffen der Straßenmusiker James Bowen, der zu diesem Zeitpunkt in einer Sozialwohnung im nördlichen London lebt und sich einem Drogenentzugsprogramm unterzieht, und ein roter Streuner aufeinander. Dieses zufällige Aufeinandertreffen ist der Beginn einer einzigartigen Freundschaft.
Nach mehreren Romanen und einen Triumphzug über den ganzen Erdball, war es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Stoff auch den Weg auf die Kinoleinwand finden würde.

Im Film wird James Bowen von Luke Treadaway verkörpert, Bob spielt sich selbst. Meiner Meinung nach hätte auch keine andere Lösung gefunden werden dürfen. Dadurch, dass Bob sich selbst spielt, kommt die Verfilmung mit einer Authentizität beim Zuschauer an, die sonst wohl kaum erreicht worden wäre. Gerade zu Beginn enthält der Film öfter Kameraeinstellungen aus Katzenebene, wodurch alles noch authentischer und wenig gestellt und trainiert wirkt.

Die Verfilmung hält sich eng an die Buchvorlage. So kommen auch in der Verfilmung alle wichtigen menschlichen Weggefährten James' vor, wobei seine Familiengeschichte im Gegensatz zum Buch etwas zu kurz geraten ist. Auf der aktuellen Zeitebene spielt die Beziehung zu seinem in England lebenden Vater zwar eine große Rolle, aber seine Mutter und sein früheres Leben in Australien finden leider kaum Erwähnung, was schade ist, denn hier erklärt sich vieles, warum James in England in die Drogenszene abgerutscht ist. Auch sein beruflicher Werdegang bei der Big Issue, für die er arbeitet, nachdem er nicht mehr als Straßenmusiker auftreten kann und die dort auftretenden Probleme mit seinen Kollegen, die ihm und Bob den Erfolg und die Unterstützung durch die Touristen nicht können, wird zwar angeschnitten, aber recht kurz abgehandelt. So ist es zwar einerseits positiv zu erwähnen, dass kein Handlungsstrang des Buches im Film unerwähnt bleibt, aber um einen tieferen Einblick in James' Leben vor Bob zu erhalten und damit überhaupt Verständnis für seinen Drogenkonsum zu erhalten, empfiehlt sich auf jeden Fall die Lektüre des Buches. Persönlich weiß ich nicht, ob ich alleine anhand des Films so stark mit James mitgefühlt hätte, wie es bei dem Buch konnte.

Sehr positiv sind mir die individuell auf den Film und die Story zugeschnittenen Songs aus dem Soundtrack aufgefallen und die vielen Stadtszenen aus London, so dass es sich beinahe so anfühlt, als wäre man mit Bob und James in der Stadt und den Bussen unterwegs und würde ihnen nicht nur vorm Fernseher aus zusehen.

Wie schon das Buch ist natürlich auch der Film sehr gelungen auf Grund der einzigartigen und bedingungslosen Freundschaft zwischen Mensch und Tier, die zwischen James und Bob besteht. Vorteil des Filmes gegenüber dem Buch ist, dass man hier die Interaktionen zwischen den beiden (beziehungsweise James-Film-Ich Luke Treadaway) erleben kann, der Nachteil liegt wie erwähnt in der Nacherzählung von James' Lebensgeschichte bevor er auf Bob traf, auf die im Buch weitaus detaillierter eingegangen wird, wodurch es mir persönlich einfacher fiel Sympathie zu James aufzubauen trotz dessen Drogenproblemen.
Trotzdem eine klare Empfehlung, und wem der Film gefällt, sollte im Anschluss auf jeden Fall zum Buch greifen, insofern er dies nicht schon gelesen hat!

Anmerkung zum Anschauen mit Kindern: Die FSK12 ist wahrscheinlich in der Drogenthematik begründet, die im Film doch einigen Raum einnimmt. Damit hatte meine Tochter jedoch weniger Probleme als bei den Straßenszenen, in denen Bob unruhig wurde, weil Hunde in der Nähe waren. Einmal büchste Bob sogar aus und ich wurde gefühlte hundert Male gefragt, ob James Bob wiederfindet. Nur so als "Warnhinweis" ;)

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.05.2017
Harz, aber herzlich
Diers, Knut

Harz, aber herzlich


ausgezeichnet

Die Reihe "Lieblingsplätze" stellt Regionen in Deutschland in einer Mischung aus persönlichem Reisebericht und Reiseführer vor.
In "Harz, aber herzlich" widmet sich der Autor Knut Diers dem Mittelgebirge, welches am Schnittpunkt von Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen liegt.

Jeden einzelnen seiner Lieblingsplätze stellt Knut Diers an Hand eines seitenfüllenden Foto und eines einseitigen Textes vor. Dabei stammen fast alle Fotos vom Autor selbst. So fehlen den Bildern zwar ab und an die perfekte Komposition, wie man dies aus Fotobänden und hochwertigen Reiseführern gewöhnt ist, dafür kommen sie aber ungleich authentischer beim Betrachter an und wecken so meiner Meinung nach die Reiselust viel mehr, als perfekt gestylte Fotos dies vermögen. Auch die Texte sind keine reinen Informations- oder Werbetexte, die einer X-Beliebigen Publikation über den Harz entnommen sein könnten, es sind die Reise- und Erlebnisberichte einer Person, die den Harz augenscheinlich sehr liebt und dies an Hand von persönlichen Eindrücken gespickt mit Anekdoten und geschichtlichen Hintergründen glaubhaft und mit Herzblut vermittelt.
Für mich war dieser Harz-Führer eine Mischung aus mir wenigen bekannten Orten und vielen neuen Lieblingsplätzen, denn leider habe ich diese Region bislang nur einmal besucht. Die Vorstellungen der bereits von mir besuchten Plätze war ein schönes Wiedersehen, die vielen neuen Flecken eine wahre Fundgrube an Touristenmagneten, aber auch Geheimtipps, die die Lust daran wecken am liebsten sofort wieder in den Harz zu fahren.
Bei der vielseitigen Auswahl an vorgestellten Lieblingsplätzen ist meiner Meinung nach für jeden Typ Urlauber und jedes Interessengebiet etwas dabei: egal ob Kultur, Urlaub mit Kindern, sportliche Aktivitäten, ein Besuch in den Sommer- oder Wintermonaten... Knut Diers hat für alle Eventualitäten die passenden Tipps parat. Ich habe in "Harz, aber herzlich" nichts vermisst. Alle Orte und Abschnitte des Harzes, über die ich Informationen haben wollte, sind in dem Buch vertreten. Wer gezielt nach Informationen sucht, kann dies über das vorangestellte Inhaltverzeichnis oder das hintenangestellte Orts- und Personenregister tun.
Neben Foto und Begleittext bietet jede Textseite in einer Fußnote noch zusätzliche Informationen über interessante Orte in der Nähe des vorgestellten Lieblingsplatzes oder eine Webadresse von Cafés, Restaurants, Kultureinrichtungen, Museen oder Ortschaften, die man nach der Lektüre dieses Buches zu gerne aufsucht, um weitere Informationen für die nächsten Besuche in dieser reizvollen und vielseitigen Region zu sammeln.
Möglicherweise ist diese Art "Reiseführer" nicht für jedermann geeignet, denn hier findet man weder Öffnungszeiten noch Preise irgendwelcher Einrichtungen. In Zeiten des Internets ist dies aber meiner Meinung nach nebensächlich, solche Informationen zieht man sich heute aus dem Netz, in der Regel sind dies nämlich die ersten Angaben in einem Reiseführer, die überholt und veraltet sind. Viel wichtiger ist es für mich zu erfahren, welche Orte jemand empfiehlt, der für eine Region so brennt wie der Autor Knut Diers. Eine persönliche Empfehlung eines "Wiederholungstäters" im Bereisen einer Region ist tausendmal mehr Wert als jede Werbebroschüre!

Wenn alle Bände der "Lieblingsplätze" so aufgebaut sind wie dieser hier, so findet man eine reizvolle Mischung aus Reiseführer und privatem Reisebericht, die nicht nur aufzeigt, welche Orte bei einem Urlaub in der vorgestellten Region einen Besuch lohnen, man erfährt darüber hinaus viel aus der näheren und älteren Vergangenheit des Landstrichs. Besucher - aber auch Einheimische - die gerne mehr über eine Region erfahren wollen, als dies von einer Hochglanzwerbebroschüre vermittelt wird, finden mit "Lieblingsplätze" den idealen Reisebegleiter, der sich so unterhaltsam lesen lässt wie fiktive Literatur und dabei mindestens so viel Wissen und Informationen bereit hält wie ein üblich ausgestatteter Reiseführer.

Bewertung vom 09.05.2017
Schwarze Sonne Roter Hahn
Weichmann, Helge

Schwarze Sonne Roter Hahn


ausgezeichnet

Nach drei Fällen von Tinne und Elvis, dem ungleichen Ermittlerduo aus Mainz, lernt der Leser Helge Weichmann nun von einer etwas anderen Seite kennen: in seinem neuen Roman "Schwarze Sonne Roter Hahn" spielt Maja Rossi die Hauptrolle. Nachdem ihr die berufliche Erfüllung, zumindest was die finanzielle Seite angeht, in ihrem erlernten Beruf als Fotografin verwehrt geblieben ist, tritt sie nach diversen Aushilfsjobs die Schwangerschaftsvertretung ihrer Freundin Jule als Briefträgerin in dem rheinhessischen Dorf Gertelsheim an.
Die herrschende Sommerhitze bereitet Maja nicht nur gesundheitliche und körperliche Probleme von ihrem Heuschnupfen bis hin zu dem täglichen anstrengenden Fußmarsch durchs Dorf, die ganze Gemeinde scheint hinter der gutbürgerlichen Fassade überzukochen. Dabei fängt der Start in Gertelsheim für Maja noch recht vielversprechend an. Getrennt von ihrem langjährigen Partner, trifft sie hier einen alten Bekannten, der wie sie ein Ortsfremder ist und mit den Vorurteilen der alteingesessenen Gertelsheimer zu kämpfen hat. Doch lange kann Maja die neue, alte Bekanntschaft nicht genießen, denn die überbrodelnde Stimmung gipfelt bald in einem ersten Mord und Maja versucht den Drahtzieher hinter dem perfiden Spiel zu entlarven, welches in Gertelsheim nun seinen unheilvollen Lauf nimmt...

Gewisse Ähnlichkeiten zu Helge Weichmanns Schand-Reihe sind nicht zu verleugnen, ermittelt doch auch hier wieder eine Figur, die aus privaten Gründen in einen Mordfall involviert wird. Zudem punktet der Autor mit schrägen Figuren und viel Lokalkolorit, wie man es aus den Fällen von Tinne und Elvis kennt. Auch ein gewisser Wortwitz und Situationskomik sind vorhanden, dennoch wirkt die Geschichte stellenweise um einiges düsterer und blutiger wie die Fälle der Schand-Reihe. Dies mag zum Teil dem Setting geschuldet sein, denn das Böse ist hier auf engerem Raum konzentriert als es in den Fällen von Tinne und Elvis der Fall war.
Gertelsheim ist zwar bloß ein fiktives Dorf in Rheinhessen, der Autor schafft es jedoch dank erdachtem Hintergrund wie Ortsplan, Wikipediaeintrag und Weblinks, ihn als absolut echt zu verkaufen, zudem man dank der verarbeiteten Klischees sehr schnell vergisst, dass es sich bei der Handlung um eine reine Fiktion handelt: Weichmanns Figuren sind mit ihren Ecken und Kanten und ihren Absonderlichkeiten so greifbar und die gesamte Dorfstruktur könnte beinahe jede Gemeinde in Rheinhessen wiederspiegeln, so dass man ständig denkt "ach du meine Güte, woher kennt Herr Weichmann bloß meine Nachbarschaft?".
Helge Weichmann legt die Spuren, die zur Auflösung der Mordfälle führen, geschickt aus, so dass ein aufmerksamer Leser das Puzzle durchaus lösen könnte, bevor der Autor es selbst auf den letzten Seiten auflöst. Andererseits gibt es mehrere Personen in Gertelsheim, die einen Grund für einen oder mehrere Morde vorzuweisen hätten, so dass man zwar durchaus den eigentlichen Mörder auf den Radar hat, aber eben nicht nur diesen! Und Dreck am Stecken hat weiß Gott nicht nur er...

Der Rote Hahn ist ein Sinnbild für einen Brand. Gänzlich untypisch für ein Buch zählt dieser Roman mit den Seitenzahlen einem Countdown entgegen bis hin zu dem Tag, an dem der Rote Hahn kommen wird.

Die Seiten von "Schwarze Sonne Roter Hahn" sind nur so geflogen. Als gebürtige Rheinhessin macht es einfach Spaß einem Fall zu folgen, der in der bekannten Gegend spielt. Aber auch ortsfremde werden sich dem sich stetig steigernden Sog des Roten Hahns, der jeden Tag näher rückt, nicht entziehen können und sich auf der anderen Seite mit den skurrilen Figuren des Autors amüsieren:
Wie bei der Schand-Reihe bietet auch der Fall der Maja Rossi wieder eine überaus gelungene Mischung aus Lokalkolorit, ausgezeichneten Charakterstudien, düsteren Abgründen und seltsamen Mordfällen!

Bewertung vom 04.05.2017
Almas geheimer Garten - Mit dem Schinkenwurz zu Goethe
Hedemann, Birgit

Almas geheimer Garten - Mit dem Schinkenwurz zu Goethe


ausgezeichnet

"Mit dem Schinkenwurz zu Goethe" ist der dritte Band aus der Reihe "Almas geheimer Garten", in dem die beiden Kinder Mette und Theo mit Hilfe eines magischen Tulpenbaums in die Zeit reisen, um die Samen alter Gemüsesorten zu finden, um Almas geheimen Garten zu retten. Ein Einbrecher hatte diesen im ersten Band der Reihe zerstört. Obwohl sich bestimmte Handlungsstränge durch die Reihe ziehen, wie das Rätsel, um die Zerstörung des Gartens und die finsteren Absichten von Almas Neffen Olaf, ist es kein Problem in den dritten Band einzusteigen, wenn man keine Kenntnis der ersten beiden Abenteuer von Mette und Theo hat, da Birgit Hedemann knapp, aber ausreichend die wichtigsten Punkte der Vorgeschichte aufgreift, bevor es die beiden Kinder in ihrem neusten Abenteuer in die Zeit Goethes verschlägt.
Bevor die Geschichte losgeht, sieht man auf den ersten beiden Seiten die wichtigsten Figuren der Handlung abgebildet, aber auch die Geschichte an sich ist reichlich bebildert und die Kapitel kurz gehalten, so dass auch Leseanfänger nicht überfordert sind mit der Geschichte. Des weiteren treiben die spannenden Szenen auch etwas lesemüde Kinder durch die Handlung, denn auf Mettes und Theos Zeitreise läuft so einiges schief, so dass man bis zum Ende bangen muss, ob die beiden die Samen des Schinkenwurz finden und zurück in ihre Zeit reisen können.
Neben all der kurzweiligen Handlung und den spannenden Szenen begeistert die Verbindung von Zeitreisen, historisch belegten Hintergründen und den alten Gemüsesorten, die es nicht nur in der längst vergangenen Zeit gab, sondern auch heute noch existieren, auch wenn sie nicht mehr in jedem Laden zu finden sind. Ich finde es unheimlich interessant über alte Gemüsesorten eine Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu schlagen. Geschichte wird greifbar gemacht, durch Gegenstände, die es auch heute noch gibt. Und da man Gemüse nicht nur ansehen oder anfassen kann, sondern zubereiten und essen, wird Geschichte noch realer und erlebbar.

Damit man die Abenteuer von Mette und Theo nicht nur zwischen den Buchdeckeln verfolgen kann, hat die Autorin auf ihrer Homepage zahlreiche Rezepte zu den bislang vorgestellten Gemüsesorten aus Almas geheimen Garten gesammelt, so dass man nach dem Lesen selbst kulinarisch auf Zeitreise gehen kann.

"Almas geheimer Garten" ist eine fesselnde und kurzweilige Zeitreise-Krimi-Reihe, die Geschichte mit Spaß, Spannung und absolut kindgerecht vermittelt!

Reihen-Info:
Mit der Hammelmöhre in die Steinzeit
Mit der Saubohne zu den Wikingern
Mit dem Schinkenwurz zu Goethe

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2017
Hinter den Kulissen
Bachelet, Gilles

Hinter den Kulissen


ausgezeichnet

"Hinter den Kulissen" ist ein humorvoller Blick auf das Leben unserer Bilderbuchhelden, wenn sie nicht auf der Bühne ihrer Geschichte stehen.
Was stellen der Grüffelo, die Kleine Raupe Nimmersatt oder die Wilden Kerle wohl an, wenn sie keinem großen Publikum Rechenschaft schuldig, sondern privat unterwegs sind?

Die Helden der bekannten Bilderbücher werden hier in jeweils einer Szene präsentiert, die nicht von einem Text begleitet wird, sondern nur einen Titel trägt, der nicht zwingend einen Hinweis auf das porträtierte und/oder parodierte Bilderbuch gibt. Deshalb - und auch, weil einige Bilderbuchhelden dabei sind, die wohl mehr Bekanntheit im französischen Sprachraum als bei uns aufweisen - war ich sehr dankbar, dass die letzte Seite des Buches die Auflösung enthält, wer (unfreiwillig) an diesem Buch mitgewirkt hat. Wenn man nämlich auf Anhieb erkennt, welche Bilderbuchfiguren hier am Werke sind, kommt man aus dem Grinsen nicht mehr heraus, bei den zunächst unbekannten Figuren ging mir das Licht dann eben im Nachhinein auf, so dass ich auch mit diesen Szenen meinen Spaß hatte. Auch ist die Verbindung zum Inhalt der dargestellten Bilderbuchwerke im Wechsel mal sehr offensichtlich, mal versteckt und subtil. Je besser man die unfreiwilligen Darsteller und ihre Geschichten kennt, desto mehr wirkt der Witz auf den Betrachter.

Es gibt mehr als eine Szene, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen anspricht, so gesehen ist "Hinter den Kulissen" ein wunderbares Geschenk- und Rätselbuch sowohl für kleine als auch große Bilderbuchfans. Das kleine Format ist sehr handlich, geht aber nicht zu Lasten der Bilder, da jede Illustration jeweils eine eigene Seite einnimmt.

Neben dem offensichtlichen Spaß, den dieses Buch bereitet, ist es zudem eine wunderbare Hommage an die enthaltenen Klassiker der Literatur und deren Autoren und Illustratoren.