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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 03.03.2024
Erlebtes Europa
Smolka, Timothy;Kohlenberger, Judith;Pattermann, Anna

Erlebtes Europa


sehr gut

Jede Generation hat ihren eigenen Blick auf Europa, der durch persönliche und familiäre Hintergründe höchst unterschiedlich und natürlich oft sehr subjektiv ausfällt. Dennoch ist es interessant zu lesen, wie andere Europa erlebt haben bzw. derzeit erleben.

Dazu hat Helmut Brandstätter hat mit 13 Personen aus drei Generationen darüber gesprochen- Sein eigener Beitrag darf auch nicht fehlen, ist er doch Abgeordneter der NEOS im Europäischen Parlament.

Zu Wort kommen (in alphabetischer Reihenfolge):

Hannes Androsch
Helmut Brandstätter
Christa Chorherr
Vedran Džihić
Koschka Hetzer-Molden
Othmar Karas
Judith Kohlenberger
Manfred Osten
Anna Pattermann
Fari Ramic
Anna Schor-Tschudnowskaja
Timothy Smolka
Anna Stürgkh
Martin Weiss

Jede Geschichte ist nach dem selben Muster aufgebaut:

Bilder
Erlebnisse
Persönlichkeiten
Geschichte
Vision
Zukunft

Die älteste Generation (Androsch, Brandstätter, Chorherr, Hetzer-Molden, Osten und Weiß) berichtet von Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg, dem Wiederaufbau im Westen und dem Eisernen Vorhang im Osten Europas. Mehrmals werden Bundeskanzler Kreisky und Helmuth Schmidt als hervorragende Persönlichkeiten hervorgehoben. Als Urheber der Vision der „Vereinigten Staaten von Europa“ wird Richard Coudenhove-Kalergi, der Gründer der Paneuopa-Union genannt- Leider ist diese Idee nur rudimentär umgesetzt worden. Hier fehlt mir ein Hinweis auf Otto von Habsburg, der dieser Idee ebenfalls viel abgewinnen konnte.

Die mittlere Generation (Karas, Džihic und Kohlenberger) erleben den EU-Beitritt Österreichs mit, freuen sich über die Möglichkeiten, die das grenzenlose Europa bietet.

Die dritte, sieht die EU in einigen Punkten auch durchaus kritisch, die Vorteile überwiegen, wie Anna Stürgkh erzählt, die in UK studiert hat und vom Brexit direkt betroffen war. Von einem Tag auf den anderen, so hat sie es empfunden, war sie „die Andere“, nämlich die vom Kontinent.

Meine Meinung:

Diese Ansammlung von Bildern des persönlichen Europas hat mir sehr gut gefallen. Ich persönlich vermisse Beiträge von Menschen, die weder eine universitäre Bildung haben noch Gremien und Parteien angehören. Ich glaube, dass diese Menschen durchaus EU-kritischer sein könnten als jene, die die entsprechenden Informationen und Kenntnisse haben. Je weniger objektive Information, desto kritischer die Meinung. Oft bleibt nur die viel zitierte Vorschrift bezüglich der Gurkenkrümmung übrig.

Fazit:

Interessanter Einblick in persönliche Hoffnungen und Visionen zu Europa, die aus den eigenen Erlebnissen gespeist werden. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 03.03.2024
Schau nicht hin
Steinthaler, Evelyn

Schau nicht hin


ausgezeichnet

Evelyn Steinthaler untersucht in diesem Buch anhand von vier erfolgreichen Künstlerinnen, wie weit diese in der NS-Zeit bereit waren, für ihren Erfolg zu gehen. Wie weit mussten sie sich dem Regime anbiedern, beugen, sich zu willigen Helferinnen machen lassen oder haben sie sich freiwillig vor den Karren spannen lassen?

Die vier Diven, die die Autorin unter die Lupe nimmt sind:

Lída Baarová
Zarah Leander
Marika Rökk
Kristina Söderbaum

Nachdem Kunst nicht im luftleeren Raum entsteht, muss das Umfeld genau betrachtet werden. Kann man Werk und Künstlerin trennen? Oder muss man das sogar? Diese Frage stellt sich heute mehr als je zuvor, wenn sich die Diskussion auch in Richtung der Aspekte der „#MeToo-Bewegung“ verlagert haben.

Sollen Filme oder Theaterstücke nicht mehr gesehen werden, weil Schauspieler, Regisseure oder andere Involvierte sich sexueller Übergriffe schuldig gemacht haben? Gilt für das politische Statements so mancher Künstler zu Putins Angriffskrieg auf die Ukraine nicht Ähnliches? Gibt es hier Parallelen zur NS-Diktatur? Womit ich wieder bei diesem Buch bin.

Der Titel des Buches „Schau nicht hin“ hat für mich zweierlei Bedeutung: Zum einen, dass die Künstler selbst nicht auf die Verbrechen des Regimes geschaut haben, und zum anderen die Aufforderung an das Publikum deren Werke nicht anzusehen. Denn worum geht’s bei den Darstellern? Vorrangig um den eigenen Erfolg. Eine Anbiederung mit dem jeweiligen Regime ist da natürlich förderlich.

Dazu passt das Zitat aus Bertold Brechts „Die Dreigroschenoper“ perfekt: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral.“.

Evelyn Steinthaler untersucht penibel die Biografien der vier Diven. Keine ist vom Regime „gezwungen“ worden. Alle vier haben sich FÜR ihre Karriere in der NS-Zeit entschieden. Andere wie Marlene Dietrich emigrierten oder wurden boykottiert und von der Gestapo überwacht wie Renate Müller (1906-1937), deren Sturz aus dem Fenster ihrer Villa bis heute für diverse Spekulationen sorgt.

„Gefeiert, gefallen, verehrt“ oder müsste es eher „Gefeiert, verehrt, gefallen“ heißen? Doch wie die Autorin feststellt, ist die Verehrung vor allem bei Marika Röck und Zarah Leander auch nach dem Ende des NS-Terrors ungebrochen. Ich kann mich an Samstagnachmittage oder Abende erinnern, an denen die Röck über den Bildschirm steppte.

In ihrem letzten Abschnitt beleuchtet Evelyn Steinthaler den Aspekt der Kunst als Stütze der Macht bis in die Gegenwart. Kann Kunst überhaupt „unpolitisch“ sein? Ich erinnere an die McCarthy-Ära in den USA in der zahlreiche Künstler de facto mit einem Arbeitsverbot belegt waren, weil man sie verdächtigte, den kommunistischen Ideen nahe zu stehen.

Die vier Schauspielerinnen Lída Baarová, Zarah Leander, Marika Rökk und Kristina Söderbaum dienen in diesem Buch als Paradebeispiel für das perfekt-perfide Zusammenspiel von Kunst und Macht.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch, das den Bogen von einer Karriere in der NS-Zeit bis hin zur aktuellen Diskussion um die Trennung Werk und Künstler spannt, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 03.03.2024
Die Schwabengängerin
Lampert, Regina

Die Schwabengängerin


ausgezeichnet

Regina Lampert (1854-1942) hat mit diesen sehr persönlichen Aufzeichnungen ein beeindruckendes Zeitzeugnis eines sogenannten „Schwabenkindes“ verfasst.

Regina wird 1854 in eine kinderreiche Familie in Schnifis/Vorarlberg hineingeboren, in eine Gesellschaft in der es üblich ist, Kinder als Dienstboten in wohlhabende Gegenden z.B. nach Oberschwaben zu verdingen. Die Aufzeichnungen, die Regina Lampert mit 75 Jahren zu verfassen beginnt, beschreiben die zehn Jahre von 1864 bis 1874 ihres Lebens.

Sie erzählt in einfachen, aber fast poetischen Worten von Heimweh, vom Gänse rupfen (zunächst schafft sie statt der zehn Stück pro Tag nur zwei) und ihrem Arbeitsalltag auf einem Gut nahe Friedrichshafen. Sie wechselt, wie das damals so üblich ist, mehrmals die Arbeitsstelle. In Feldkirch arbeitet sie bei der Familie Frei und muss feststellen, dass das Leben in der Stadt nicht gleichbedeutend mit Reichtum ist. Frau Frei betreibt ein gut gehendes Hutmachergeschäft und braucht deshalb Hilfe im Haushalt und bei den Kinder. Regina, die mit dem Kindern spazieren geht, geniert sich für den altmodischen Kinderwagen, der, wie sie erfährt, schon 50 Jahre auf dem Buckel hat und der von allen nur als das „Zigeunerwägele“ verspottet wird. Als dann für die kleine Ida ein funkelnagelneuer Kinderwagen ins Haus kommt, ist auch Regina stolz.

Die Arbeit bei der Familie Frei endet, als Reginas Mutter stirbt und sie nach Schnifis zurückkehren muss. Wenig später reist sie zu ihrem Bruder Jakob in die Nähe von St. Gallen. Damit enden die von ihrer Enkelin Berta Augustina Bernet transkribierten Aufzeichnungen, die Regina Lampert in zehn Schulheften verfasst hat.

Meine Meinung:

Diese Aufzeichnungen sind aus mehreren Gründen beachtenswert.
Sie sind von einer Frau verfasst, die nur wenige Jahre Schulbildung erhalten hat. Sie geben ein farbenprächtiges Bild dieser Zeit des mühseligen Alltags ab, der vor allem Frauen und Mädchen einiges abverlangt. Wie stark diese Erfahrungen von der Erinnerung geschönt, um nicht zu sagen verklärt sind, lässt sich wohl nicht (mehr) feststellen.
Trotzdem sind diese Aufzeichnungen ein beredtes Zeugnis einer harten bergbäuerlichen Gesellschaft, die, um über die Runden zu kommen, die eigenen Kinder in die Fremde „in Dienst“ gehen lassen mussten, da die karge Landwirtschaft kaum Erträge brachte. Jeder Esser, der nicht selbst durchgefüttert werden musste, hat zum Überleben der anderen Familienmitglieder beigetragen.

Nach einer ausführlichen Einleitung, die auch Abbildungen aus den handschriftlichen Aufzeichnungen beinhaltet, können wir acht von zehn - behutsam redigierten - Hefte lesen. Zahlreiche Abbildungen bereichern dieses Zeitdokument.

Neben den persönlichen Erleben erhalten wir auch Eindrücke vom gesellschaftlichen Leben, der Mode und ortsüblichen Bräuchen. Dies ist wir in der Einleitung angemerkt, eine Fundgrube für Ethnologen und Heimatforscher.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem beeindruckenden Memoire einer ehemaligen Schwabengängerin 5 Sterne.

Bewertung vom 03.03.2024
Mostviertler Kaiserin
Scharner, Helmut

Mostviertler Kaiserin


sehr gut

Die Schallaburg, in der Nähe von Melk gelegen, ist eine im 11. Jahrhundert errichtete Burg, die sich nach mehreren Um- und Zubauten sich nun als Renaissanceschloss mit einem entsprechenden Garten präsentiert, ist diesmal Schauplatz eines Mordes.

Simone Schnell, überall im Land als Skikaiserin bekannt, hat nach dem Ende ihrer Sportkarriere, gemeinsam mit zwei Freundinnen das Modelabel „Schnell & Chic“ gegründet. Die Aufgaben sind klar verteilt: Simone ist das Aushängeschild, Martina Herzog ist die Kreative ist, die die modernen Trachten entwirft und Alexandra Lanz ist die Geschäftsführerin.

Nun nach dem Ende der umjubelten Modeschau liegt Simone tot im Burggarten: Erdrosselt mit dem Band einer Dirndlschürze.

Recht bald ist klar, die Schürze stammt nicht aus der eigenen Kollektion, sondern muss von einem der beiden andern Modehäuser stammen. Nur von welchem? Und was ist dran an dem Gerücht um Simones Rückkehr in den Skizirkus?

Major Leopold Brandner und seine Kollegin Inspektorin Annika Lindner sehen sich nicht nur einer Menge Arbeit gegenüber, sondern spüren auch den Druck von Direktor Böck, ihres gemeinsamen Chefs, der nur das Sprachrohr der Landeshauptfrau und des Innenministers ist.

Je mehr sie das Umfeld von Simone Schnell betrachten, desto klarer wird, dass das Opfer zahlreiche Neider hatte. Die sind nicht nur unter der modischen Konkurrenz, sondern auch innerhalb der eigenen Familie sowie unter den ehemaligen Sportkolleginnen zu finden.

Als dann noch Alexandra Lanz ermordet wird, überlegt Böck andere Ermittler einzusetzen. Nur mit Mühe kann Brandner seinen Chef davon abhalten, denn er und Lindner sind der festen Überzeugung, die beiden Morden hängen zusammen.

Meine Meinung:

Gleich auf den ersten Seiten, im Kapitel 3, habe ich einen blöden Fehler entdeckt: Hier ist von einer „goldgelben Fahne Niederösterreichs, die im Wind weht“ die Rede, doch die niederösterreichischen Landesfarben sind blau-gelb und daher sind es die Hahnen auch.

Der Krimi ist komplex und geschickt geschrieben. Verdächtige und mögliche Mordmotive gibt es viele. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren, so dass die Auflösung innerhalb von acht Tagen erfolgen kann.

Allerdings halte ich es für ungewöhnlich, dass das Lindner alleine zur Familie Schnell fahren darf. Da wundert es nicht, dass sie in diese unangenehme Situation mit Andreas Schnell und der Familie gerät. Dass die Mutter die Annikas Tätowierung und Frisur anspricht, ist ziemlich entbehrlich. Nebenbei gesagt, auffällige Tätowierungen sind bei der Polizei nach wie vor nicht erlaubt. Das sollte die Lindner eigentlich wissen. Auch die sexistische Anmache von Andreas Schnell sowie sein Duzen von Annika wäre in Brandners Beisein nicht passiert.

Lindners Verhalten bei der Befragung von Ricarda Sonnleitner ist wenig professionell. Da hat Bandner schon recht, sie zu tadeln, auch wenn er nicht so genau weiß wie nahe sich die beiden gekommen sind.

Direktor Böck ist unsympathischer Charakter, weil er nur an seine Karriere denkt. Statt für mehr Ressourcen zu sorgen, will er die Ermittlungen nach dem zweiten Mord an andere abgeben, dabei sieht doch ein Blinder, dass die beiden Morde zusammenhängen. Aber, vielleicht ist der Böck ja auch auf Grund seines guten Verhältnisses zu einem Sektionschef oder dem Minister zu seinem Posten gekommen und nicht wegen seiner Qualifikation Mitarbeiter führen zu können, die augenscheinlich nicht so herausragend ist.

Der Schreibstil ist wie immer flüssig, manchmal flapsig und durch die kursiven Sätze erfährt man, was sich so mancher denkt. Die Idee gefällt mir, wird aber dann zuletzt ein wenig inflationär eingesetzt.

Lindners Tätowierung, ihre Frisur und generell ihr Outfit spielen mir eine etwas zu große Rolle. Das müsste in meinen Augen nicht sein. Ebenso wird ihre Beziehung zu einer Frau ein wenig zu oft erwähnt. Wir Leser können uns das merken, dass Annika und Nina gleichgeschlechtlich Liebende sind.

Fazit:

Die Summe von vielen unstimmigen Kleinigkeiten veranlassen mich, einen Stern abzuziehen, daher nur 4 Sterne.

Bewertung vom 29.02.2024
Lieber Gurken auf dem Dach als Tomaten auf den Augen! / Die Stadtgärtnerin Bd.1
Mayer, Gina

Lieber Gurken auf dem Dach als Tomaten auf den Augen! / Die Stadtgärtnerin Bd.1


ausgezeichnet

Dieses Kinderbuch ist eine wahre Augenweide und hat, neben witzigen Dialogen, auch den einen oder anderen ernsten Gedanken.

Worum geht’s?

Antonia „Toni“ und ihre Mutter Lise müssen sich eine neue Wohnung suchen, weil Tonis Papa nun mit einem Mann verheiratet ist, Auf Grund der finanziellen Lage es nicht so ganz einfach, eine passende Bleibe zu finden. Auf der einen Seite wollen die beiden die Stadt nicht verlassen, auf der anderen Seite ist die angebotene und finanzierbare Wohnung nicht unbedingt das Gelbe vom Ei. Doch noch weniger sagt den beiden die Vorstellung bei Tonis Großeltern auf dem Land, Oberhoppenhagen (was für ein Name!), wohnen zu müssen zu, zumal sie kein besonders liebevolles Verhältnis zueinander haben .

Nun wird einmal in den sprichwörtlich sauren Apfel gebissen und die Wohnung mit dem winzigen Balkon in der Försterstraße, in der bereits Schulkolleginnen und Schulkollegen von Toni wohnen, vorerst einmal gemietet, bis sich etwas anderes ergibt.

Dabei lernt Toni, dass es auch in anderen Familien nicht alles Gold ist, was glänzt. So erfahren die Leser, warum Elif, die dritte Tochter einer türkischen Familie Geige spielen lernen muss und mit dem lauten Gekratze alle anderen Bewohner nervt, obwohl sie viel lieber Fußball spielen würde. Oder, dass Silans Mutter häufig ihre Lebenspartner wechselt, die leider weder ihr noch ihrem Sohn gut tun. Ja, und dann wäre noch Frau Block mit ihrem Dackel, der von den Kids nur Gurke genannt wird, die über alles und jedes meckert und die sich vermutlich selbst nicht leiden kann.

Um Lise eine Freude zu machen zu machen, schmieden die Kinder einen tollen Plan: Sie wollen heimlich auf dem Flachdach des Hauses einen Dachgarten anlegen und Obst und Gemüse selber ziehen. Also machen sie sich hurtig ans Werk, fragen beim Gärtner nach, finden auf dem Komposthaufen des Friedhofs brauchbare Hornveilchen und helfen zusammen.

Die größte Überraschung, nein, die verrate ich euch jetzt nicht.

Meine Meinung:

Mir hat diese Geschichte und Zusammenhalten sehr gut gefallen. Der Schreibstil von Gina Mayer ist leicht und locker. Die ernsten Themen werden kindgerecht - das empfohlene Lesealter ist 7-8 Jahre - dargestellt. Die Figuren sind liebevoll und individuell beschrieben. Jedes Kind hat seinen ganz besonderen Charakter und seinen persönlichen Kleidungsstil. Da ist zum Beispiel Cora-Lee, die alle Tiere liebt, sogar Blattläuse oder eben Elif, die sowie ihre Schwestern, den Traum ihrer Mutter, eine gefeierte Künstlerin zu sein, leben muss.

Meisterlich gelungen sind das Cover und die Illustrationen im Inneren des Buches von Daniela Kohl. Die Zeichnerinnen werden für mein Gefühl immer viel zu wenig erwähnt. Also, einen extra Blumenstrauß für Daniela Kohl!
Witzig finde ich, dass manches Gemüse, das auf den Vorsatzblättern zu sehen ist, schon angeknabbert ist.

Gut gefallen mir auch die Arbeitsanleitungen für die Aufzuchtshilfen (Eierkartons statt Plastiktöpfchen) der Pflanzen. Ja, man muss nicht immer vorgezogene Ware aus der Gärtnerei kaufen. Selbst ziehen funktioniert auch, leider zwar nicht immer. Dass zum Garteln, wie wir in Österreich sagen, auch Konsequenz, Durchhaltevermögen und Geduld nötig sind, wird auch erwähnt.

Ein bisschen ist bei mir die Sicherheitstechnikerin durchgekommen. Bei der Vorstellung, ein Dutzend oder mehr Personen sind auf einem Flachdach ohne Absturzsicherung (Geländer) unterwegs und die Pflanzgefäße sind nicht gegen Sturm gesichert, hat mir ein wenig die Grausbirnen aufsteigen lassen. Immerhin, das Thema Baustatik ist geklärt worden.

Ich bin schon auf Band 2 „Ich glaub, mich tritt ein Natternkopf“ gespannt, der im Oktober 2024 erscheinen soll.

Fazit:

Dieser schönen Geschichte über Freundschaft, einem friedlichen Miteinander auch in schwierigen Situationen, die mit zahlreichen Gartentipps und Illustrationen punktet, gebe ich 5 Blumentöpfe und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.02.2024
Flammender Himmel über Köln
Goslich, Gabriele

Flammender Himmel über Köln


sehr gut

Gabriele Goslich entführt uns nach Köln rund um 1910. Die Menschen sind aufgeregt, ist doch der Halleysche Komet wieder einmal zu sehen. Während die einen das Naturschauspiel im Frühjahr fasziniert, aber doch gelassen, beobachten, breitet sich unter Teilen der Einwohner Kölns Panik aus. An den zahlreichen Selbstmorden sind unter anderem die schlechte wirtschaftliche Lage dieser Menschen sowie der eine oder ander reißerische Zeitungsartikel beteiligt.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass hinter dem gemeinsamen Tod des reichen Immobilienmaklers Robert Hai und der jungen Fernsprechgehilfin auf den allerersten Blick ein erweiterter Suizid vermutet wird. Doch recht schnell weiß Kriminalkommissar Martin Ehrmanns, dass es sich hier um einen Doppelmord handelt. Doch was könnte das Motiv sein? Wenig später findet man eine weitere Leiche ... Ist hier ein Serienmörder am Werk?

Ehrmanns beginnt mit Hilfe des eigentlich als Inspektionsschreiber eingestellten Franz Lindau mit den Ermittlungen. Je mehr sie sich mit der Familie des Immobilienmaklers beschäftigen, desto verwickelter wird die Geschichte. Zusätzlich bereiten ihnen verschwundene Fernsprechfräuleins Kopfzerbrechen. Wie man es dreht und wendet, am Fernsprechamt und seinen Fräuleins kommen sie nicht vorbei.

Meine Meinung:

Himmelserscheinungen wie Mond- oder Sonnenfinsternis oder so wie hier das Auftauchen des Halleyschen Kometen üben auf die Menschen seit je her eine besondere Faszination aus. Das ist auch der Grund, warum ich zu diesem Krimi gegriffen habe. Allerdings spielt der Komet weniger Rolle als ich geglaubt habe.

Gut hat mir die Beschreibung von der Stadt Köln um 1910 gefallen. Zunächst von einer Stadtmauer umgeben, wächst die Stadt nach deren Abriss rasant und diversen Immobilienspekulationen ist Tür und Tor geöffnet. So werden Häuser abgerissen und neu gebaut, andere renoviert und aufgestockt. Alles möglichst billig, so dass auf Sicherheit für die Arbeiter keinen Wert gelegt wird, weshalb es immer wieder zu tödlichen Arbeitsunfällen kommt. Die hinterlassen mittellose Witwen und Waisen, da es noch keine Sozialversicherung gibt.

Sehr gut sind die Lebensumstände der Menschen herausgearbeitet. Da sind zum Beispiel die verarmten Adeligen, die sich als HauslehrerInnen, Gesellschafterinnen oder sonstiges Haus- und Dienstpersonal ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. Die Lage der Frauen ist besonders prekär. Als Lehrerinnen oder Fernsprechgehilfinnen ist es ihnen verboten zu heiraten. Also, nicht dass eine Ehe immer das Gelbe vom Ei wäre, aber der gesellschaftliche Status als verheiratete Frau ist dem einer unverheirateten vorzuziehen.

Auch der Einblick in die Arbeit der Kriminalbeamten, die ohne DNA-Analysen arbeiten müssen, aber immerhin einen Ermittlungskoffer haben, hat mir gefallen.

Die Auflösung bietet eine Überraschung ist aber dennoch schlüssig.

Ich denke, wir werden eine Fortsetzung lesen dürfen, denn der Krimi endet mit einem fiesen Cliffhanger.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Krimi 4 Sterne.

Bewertung vom 26.02.2024
Hitler, Stalin, meine Eltern und ich
Finkelstein, Daniel

Hitler, Stalin, meine Eltern und ich


ausgezeichnet

Der britische Journalist Daniel Finkelstein erzählt in diesem Buch die Geschichte seiner Familie, die nicht nur der Shoa sondern auch dem stalinistischen Regime entkommen sind.

Der Autor geht der Frage nach, wie die Finkelsteins es fertiggebracht haben, diese Traumata zu überstehen und trotzdem normal zu bleiben. Das liest sich dann, als er erfährt, dass Präsident Reagan die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen besuchen wird, unter anderem so:

„Mum, Reagan fährt nach Bergen-Belsen!“ Ohne sich umzudrehen, antwortete sie: „Na und, da war ich auch.“

Obwohl Finkelsteins Großvater mütterlicherseits, der Berliner Jude Alfred Wiener, die Gefahr, die von Hitler ausgeht, recht früh erkannt hat, entscheidet er sich recht spät, zu spät für die Flucht. Die Familie wird gefangen genommen und nach Bergen-Belsen deportiert. Dort entgeht sie in letzter Minute der Gaskammer.

Die Familie väterlicherseits, wohlhabende polnische Juden, erlebt den stalinistischen Terror als sie nach dem Hitler-Stalin-Pakt vom kommunistischen Regime in einen sibirischen Gulag deportiert werden.

Meine Meinung:

In Zeiten, in denen Antisemitismus wieder „salonfähig“ ist und in Russland ein Diktator herrscht, der alle jene, die nicht seiner Meinung sind, in Straflager deportiert oder umbringen lässt, ist dieses Buch sehr wichtig. Haben wir aus der Geschichte nichts gelernt?

„Was meinen Eltern widerfahren ist, wird mir nicht so leicht widerfahren. Auch nicht meinen Kindern. Aber es könnt passieren? Ja, auf jeden Fall.“

Daniel Finkelstein schildert die Mitglieder seiner Familie allen ihren Schrullen sehr liebevoll. Sie haben trotz aller Gräuel ihren Humor nicht verloren. Sie haben weder vergessen noch verziehen, aber „überwunden“.

Daniel Finkelsteins Buch ist keine Abrechnung mit zwei mörderischen Regimes, sondern eine liebevolle Erinnerung an seine Familie und eindringliche Warnung an seine Leser zugleich.

Fazit:

Dieser Familiengeschichte, die von Hoffnungsschimmern erzählt, als es keine Hoffnung mehr gegeben hat, gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.02.2024
Nachtkommando / Dunkles Berlin Bd.2 (eBook, ePUB)
Scarrow, Simon

Nachtkommando / Dunkles Berlin Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Nachtkommando“ ist der zweite Fall für Kriminalinspektor Horst Schenke und mein erster dieser Reihe.

Worum geht’s?

In einer eiskalten Jännernacht des Jahres 1940 kehren der Kinderarzt Manfred Schmesler und seine Frau von einem Konzertbesuch nach Hause zurück. Da Schmesler noch ein paar Akten bearbeiten will, geht seine Frau schlafen. Am nächsten Morgen ist nichts mehr, so wie es war: Sie findet ihren Mann tot im Arbeitszimmer, auf dem Schreibtisch einen Abschiedsbrief. Während die Polizei den Tod als Selbstmord zu den Akten legt, kann sich die Witwe damit nicht abfinden und bittet über Vermittlung von Ruth Frankel Kriminalinspektor Horst Schenke um Hilfe.

Schenke steht in Frankels Schuld, denn die junge Jüdin hat ihm vor einiger Zeit geholfen, einen Serienmörder zu fassen, weshalb er sich dieser Bitte nicht entziehen kann.

Schnell entdeckt Schenke Ungereimtheiten am Tatort und schließt einen Selbstmord aus. Eine Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens wird ihm von „ganz oben“ untersagt. Doch Horst Schenke ist keiner, der sich bevormunden lässt und mit Autoritäten so manche Schwierigkeit hat, besonders dann, wenn etwas vertuscht werden soll.

Gemeinsam mit ähnlich gestrickten Mitarbeitern ermittelt er heimlich weiter. Dabei decken sie Machenschaften auf, die schrecklicher nicht sein könnten und begeben sich in große Gefahr.

Obwohl Horst Schenke die Vorschriften gerne eigenwillig und manchmal auch die Nazi-Doktrin absichtlich falsch auslegt, kann er in diesem Fall letztlich nicht über seinen Schatten springen. Mord bleibt Mord, der den Buchstaben des Gesetzes nach geahndet werden muss, auch wenn es für den Täter gute Gründe für seine Tat gibt und er dafür auch Verständnis aufbringen kann.

Meine Meinung:

Simon Scarrow ist für seine historischen Roman-Serien aus der römischen Antike und der Napoleonischen Kriege bekannt. Mit dieser Reihe „Dunkles Berlin“ steigt er in die grausame Zeit des NS-Regimes ein.

In diesem zweiten Fall der Reihe bekommen wir es mit einen besonders abstoßenden und grausamen Kapitel des NS-Diktatur zu tun: Mit Euthanasie, dem Mord an behinderten Kindern und Menschen, die „für die Volksgemeinschaft nicht nützlich sind“ - also Behinderten, Kranken oder Personen, die nicht in den Wahn der „Reinheit der arischen Rasse“ passen.

Horst Schenke ist ein sympathischer Ermittler mit Ecken und Kanten, der sich mit dem NS-Regime so gar nicht anfreunden kann. Zum einen, erhalten zahlreiche Männer Positionen nicht auf Grund ihrer Fachkompetenz sondern auf ihrer fanatischen Parteizugehörigkeit und zum anderen kann er es nicht leiden, wenn ihm von seinen Vorgesetzten das Ermitteln schwer bzw. durch Interventionen unmöglich gemacht wird. Dass er dabei sein eigenes Leben und das seiner Mitarbeiter aufs Spiel setzt, scheint ihm nicht immer klar oder aber im Sinne der Gerechtigkeit egal zu sein. Auch diesmal muss er letzten Endes eine Entscheidung treffen, die möglicherweise eine fatale Konsequenz für ihn haben wird.

„Schenke öffnete die Tür, an deren Rahmen ein poliertes Messingschild mit seinem Dienstgrad und seinem Namen in Frakturschrift geschraubt war. Der alte, robuste Schreibtisch zeugte von Tradition und Pflichtbewusstsein – ein irgendwie beruhigender und ehrfurchtgebietender Gedanke. Von der Wand hinter dem Schreibtisch starrte ein Porträt des Führers in einem glänzenden schwarzen Rahmen durch den Raum.
Im Gegensatz zum Schreibtisch war die Fotografie nicht Teil der Büroausstattung seines Vorgängers gewesen, sondern kurz nach Schenkes Ankunft angebracht worden – auf Anordnung des Bezirkskommandanten, eines dicken Mannes, der seinen Posten weniger seiner Fachkompetenz, sondern in erster Linie seiner fanatischen Hingabe an die Partei zu verdanken hatte. Schenke wagte es nicht, das Porträt abzuhängen, bemühte sich jedoch nach Kräften, es zu ignorieren.
Er gab sich mit der Genugtuung zufrieden, bei der Arbeit dem Führer den Rücken zuzukehren."

Sehr geschickt verquickt der Autor Fakten mit Fiktion. So treten Reinhard Heydrich als Initiator des Programmes T4 sowie zahlreiche andere willfährige Helfer der Mordmaschinerie auf.

Dieser zweite Fall endet mit mehr als einem Cliffhanger und lässt viel Spielraum für eine oder mehrere Fortsetzungen. Vor allem auch deshalb, weil Horst Schenke zwischen zwei Frauen steht: Karin Canaris, die Nichte von Admiral Wilhelm Canaris sowie der Jüdin Ruth Frankel, deren Schicksal höchst ungewiss sein wird.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Krimi aus der dunklen Zeit des NS-Unrechtsregime 5 Sterne und eine Leseempfehlung, auch wenn ich die reißerische Ankündigung „Pageturner“ oder „Thriller“ nicht leiden kann.

Bewertung vom 26.02.2024
Medical Cuisine - Gesunder Darm (eBook, ePUB)
Lafer, Johann; Riedl, Matthias

Medical Cuisine - Gesunder Darm (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dass der Darm quasi ein spezielles Organ ist, das für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden sorgt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Dass der Darm besonderer Aufmerksamkeit und Pflege bedarf, auch.

Der theoretische Teil setzt sich wie folgt zusammen:

Warum der Darm für unsere Gesundheit so wichtig ist - die vier Aufgaben des Darms
Die Zentrale in Sachen Darmgesundheit: das Mikrobiom
Wie die Ernährung unsere Darmgesundheit beeinflusst
Die Basis einer darmgesunden Lebensweise: die artgerechte Ernährung - 12 Strategien
Ab auf den Teller: Die Top Ten Lebensmittel für einen gesunden Darm
Warum es eine Medical Cuisine braucht - und wie sie funktioniert
Diese Voraussetzungen braucht es für eine darmgesunde Küche
Was noch zum darmgesunden Lebensstil gehört

Das Buch ist sehr übersichtlich gestaltet. Ganz besonders wichtige Infos sind noch in einem farblich abgehobenen Kästchen dargestellt.

Die Umstellung auf den darmgesunden Lebensstil sollte langsam erfolgen und Bewegung, die Spaß macht, gehört auch dazu.

Zu den Rezepten ist zu sagen, dass sie für zwei Personen ausgelegt sind - halbieren geht leichter als vierteln. Nein, ganz im Ernst, es lässt eher eine Freundin oder Ehepartner für neuen Rezepte erwärmen als eine Familie mit Kindern. Ich finde, die Rezepte sollten zuerst im kleinen, eigenen Rahmen ausprobiert und eventuell an den innerfamiliären Geschmack werden angepasst werden. So können Enttäuschungen vermieden werden.

Johann Lafer betont, dass exotische und teure Lebensmittel nicht verwendet werden. Nun, das ist möglicherweise Ansichtssache. Für manche sind 500 Gramm Spargel oder Lachs (und das alles in Bio-Qualität) nicht ganz erschwinglich.

Die genaue Zutaten/Einkaufsliste, Kalorien/Nährwertenangaben sowie die Zubereitungszeit und die Schritt-für-Schritt-Anweisung lassen auch ungeübte Köche nicht verzweifeln. Gut finde ich, dass es eine einfache Variante sowie eine für „Fortgeschrittene“ in Sachen Darmgesundheit gibt.

Das „Tom yang gung“ gibt es mit Garnelen oder als vegane Variante mit Knuspertofu. Die Kürbissuppe mit Orangenfilets bzw. die Kürbis-Kokos-Suppe werde ich demnächst ausprobieren. Ich liebe den nussigen Geschmack des Kürbis. Ach, und in Sushi und Maki könnte ich mich sowieso eingraben!

Aber, die größte Freude bereitet mir, dass Spaghetti Carbonara als darmgesund eingestuft sind! Allerdings puristisch italienisch - ohne Obers! Auch die vegetarische Variante (mit Pilzen und Schwarzwurzeln plus ein bisschen Obers) klingt gut

Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei, selbst Köttbullar oder Dürüm können nachgekocht werden. Ein Streifzug durch die internationale Küche.

Fazit:

Das Wesentliche ist im 70 Seiten umfassenden Theorieteil gut erklärt. Es folgen Rezepte und Fotos von köstlich aussehende Gericht. Dem Vernehmen nach sind sie einfach zuzubereiten. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 26.02.2024
Blutiges Erbe / Die Brüder Sass Bd.4 (eBook, ePUB)
Jensen, Michael

Blutiges Erbe / Die Brüder Sass Bd.4 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieser Krimi ist der vierte aus der Reihe „Syndicat Berlin“. Geschickt verquickt Autor Michael Jensen Fakten mit Fiktion. Zu den Fakten gehören die Brüder Sass und zahlreiche Persönlichkeiten aus dem Berlin von 1925 und 1926. Hier sind Marlene Dietrich, Ernst Gennat, Fritz Lang oder Sergej Eisenstein sowie zahlreiche Männer, die eine politische und daher undurchsichtige Rolle spielen wie Harry Graf Kessler oder Hermann Ehrhardt, zu nennen.

Worum geht’s?

Im Herbst 1925 wird auf dem Ufa-Gelände in Nowawes/Potsdam ein russischer Diplomat ermordet. Er soll ein Bekannter des russischen Regisseurs Sergej Eisenstein gewesen sein, der eben seinen Revolutionsfilm „Panzerkreuzer Potemkin“ abgedreht hat. Ein toter Diplomat ist zu keiner Zeit und in keinem Land gerne gesehen, bedeutet das für die ermittelnden Polizisten Einmischungen der Politik. Das müssen auch Paul Konter und sein Kollege Jens Druwe zur Kenntnis nehmen. Doch Paul wäre nicht Paul, wenn er sich an die Vorgaben hielte und ermittelt heimlich weiter. Dazu bedient er sich seiner Kontakte zur Familie Sass sowie zu anderen Ganoven.

Als dann das Gerücht um das „Rote Erbe“, nämlich Geld und Juwelen der aus dem revolutionärem Russland geflohenen Adeligen, die Runde macht, fasst Franz Sass, der mit den Unternehmungen der letzten Jahre kein so glückliches Händchen bewiesen hat, einen aberwitzigen Plan: Er will nicht nur ein Stück vom Kuchen, sondern gleich den ganzen und beginnt mit den Vorbereitungen zu einem waghalsigen Coup. Danach will er sich mehr oder weniger zur Ruhe setzen und am Stadtrand von Berlin gemeinsam mit einer Famiglia aus Neapel steuerschonend für die Italiener ein Casino betreiben.

Meine Meinung:

Die Weimarer Republik und die Filmstudios der Ufa sind hier Kulisse für einen hochspannenden und unterhaltsamen historischen Krimi, der aus dem Blickwinkel der Unterwelt erzählt wird. Dieser Blickwinkel beschert den Lesern Einblicke in die Netzwerke der diversen Mitwirkenden. So ist an manchen Stellen nicht ganz klar, wer die Guten und die Bösen sind, denn die Grenzen verschwimmen immer wieder. Vor allem Paul Konter wandelt, mit stillschweigender Duldung von Kriminalrat Ernst Gennat, auf einem äußerst schmalen Grat. Ich befürchte, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis ihm das Ganze um die Ohren fliegen wird.

Die Handlung ist, wie in den Vorgängern fesselnd erzählt. Die Charaktere sind vielschichtig angelegt.

Im Nachwort erklärt Autor Michael Jensen einiges zum historischen Hintergrund.

Gut gefallen hat mir, dass ich Jens Druwe, einer Figur aus einer anderen Krimi-Reihe des Autors, wieder begegnen durfte. Michael Jensen schafft es immer wieder, fiktive Figuren und historische Persönlichkeiten elegant in die Story einzubetten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Kriminalroman aus der Zeit der Weimarer Republik, der mich sehr gut unterhalten hat, 5 Sterne.