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sleepwalker

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Insgesamt 467 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2020
How to Be Gay. Alles über Coming-out, Sex, Gender und Liebe
Dawson, James

How to Be Gay. Alles über Coming-out, Sex, Gender und Liebe


ausgezeichnet

„Ihr seid keine Außenseiter, sondern Teil einer großen Gemeinschaft. Sogar einer wunderbaren Gemeinschaft.“ – Diesen Satz in Juno Dawsons Buch „How to be gay. Alles über Coming Out, Sex, Gender und Liebe“ finde ich wichtig und ganz wunderbar. Das Buch ist aber natürlich keine Bedienungsanleitung, weder für das Leben als LGBTQ+-Mensch, noch fürs Outing oder für Angehörige/Freunde/Bekannte für den täglichen Umgang. Denn tatsächlich ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität und Geschlechtsidentität etwas sehr Individuelles. Aber es gibt Probleme, die vermutlich fast jeder Betroffene hat und viele sind sicher froh, dass sie in diesem Buch gesammelt und aufgearbeitet zu finden sind.
Die Autorin, die selbst als James Dawson geboren wurde, lebte als schwuler Mann und ist inzwischen unter dem Namen Juno Dawson bekannt. Sie schafft mit Informationen aus eigener Erfahrung, Erfahrungsberichten andere Betroffener und einiger Studien, auf die sie sich bezieht, einen hervorragenden Überblick über alle möglichen Arten der sexuellen Identität, von schwul, lesbisch und asexuell bis zu transsexuell, transgender und queer.
Das Buch ist sehr forsch und direkt, teils lustig oder sogar flapsig formuliert. Die Autorin nennt die Dinge beim Namen, schlägt (wenn angebracht) aber auch ernste Töne an, wie beispielsweise bei Themen wie sexuell übertragbare Krankheiten oder Mobbing und Diskriminierung. So ist das Buch für Jugendliche ebenso geeignet wie für interessierte Erwachsene. Die kurzen Erfahrungsberichte, die das Buch beinhaltet sind ebenfalls von Menschen unterschiedlicher Altersgruppen. Es gibt kein Thema, das die Autorin nicht anspricht, sowohl bezüglich der psychischen Aspekte, als auch wenn es ums körperliche (sprich: Sex) geht. Auch beim Aufräumen mit Klischees, Vorurteilen und falschen Darstellungen (nein, es gibt keine biologischen Unterschiede zwischen Homos und Heteros!), nimmt sie kein Blatt vor den Mund und ich denke, das ist auch gut so.
Natürlich fehlen in dem Buch weder hilfreiche Adressen (im Anhang), noch eine Auflistung der wichtigsten LGBTQ+-Vokabeln oder eine Aufzählung bekannter LGBTQ+-Menschen. Quintessenz aus dem Buch für mich war: du bist nicht allein mit dem, was du erlebst und du bist gut so, wie du bist. Erschreckend natürlich auch, dass weltweit in sehr vielen Ländern Homosexualität verboten ist und zum Teil mit dem Tode bestraft wird, selbst in Europa machen manche Länder hierbei sehr negativ von sich reden und gibt es immer noch große Unterschiede im Umgang mit transsexuellen Menschen. Deshalb finde ich das Buch enorm wichtig für alle, die sich bezüglich ihrer Geschlechtsidentität unsicher fühlen und auch für deren Umfeld. Natürlich ist es kein Leitfaden und kann nur eine grundlegende Hilfestellung sein und Mut machen, aber das schafft das Buch sehr gut. Denn eines ist klar: sexuelle Identität ist keine Entscheidung, Menschen deswegen zu diskriminieren oder gar zu hassen wohl! Niemand muss sich wegen seiner sexuellen Ausrichtung entschuldigen und es ist essenziell, sich selbst treu zu bleiben, um im Leben glücklich zu werden/zu sein und da ist es auch egal, was dazu in der Bibel steht, vermutlich sind das ohnehin Übersetzungsfehler. Ein hilfreiches und wichtiges Buch, dazu gut geschrieben und trotz der Menge an Informationen lustig und unterhaltsam – von mir die volle Punktzahl.

Bewertung vom 11.08.2020
Kalt flüstern die Wellen / Ben Kitto Bd.3
Penrose, Kate

Kalt flüstern die Wellen / Ben Kitto Bd.3


gut

„Neuankömmlinge haben es verdient, dass man sie herzlich aufnimmt“ – irgendwie klappt das auf der kornischen Insel St. Agnes (die wildeste und geheimnisvollste der Scilly-Inseln) nicht mehr so wirklich gut, zumindest nicht in „Kalt flüstern die Wellen“ von Kate Penrose, dem dritten Band der Reihe um den Ermittler Ben Kitto. Die Geschichte beginnt am 5. November. Guy-Fawkes-Night oder Bonfire Night (dem 5. November), Ben Kittos 35. Geburtstag. Der Tag wird traditionell mit Feiern, Feuer und Feuerwerk begangen. Hier nimmt er aber ein jähes Ende, als in der Asche einer heruntergebrannten Feuerstelle menschliche Überreste gefunden werden. Schnell stellt sich heraus, dass der Tote ein „Eindringling“ in die Idylle der Insel war. Und auch weitere „Zugereiste“ werden bedroht, Nachrichten in kornischer Sprache machen klar: Fremde sind hier nicht willkommen. Und selbst Ben, der ursprünglich von der Insel stammt, ist nicht sicher, denn er hat lange auf dem Festland gelebt und gehört nicht mehr wirklich zur verschworenen Gemeinschaft der alteingesessenen Insulaner, aber „Die Gemeinschaft überlebt nur, wenn wir uns gegenseitig unterstützen.“
Der Vorteil beim Mord auf einer Insel ist für die Ermittler ganz klar: es ist eine überschaubare Anzahl an Verdächtigen und keiner kann weg. Nachteil: jeder kennt jeden - und keiner kann weg, also ist der Mörder auf jeden Fall noch vor Ort. Und verdächtig ist praktisch jeder, der auf der Insel ist.
Erzählt wird die Geschichte flott und sprachlich unkompliziert. Die Übersetzung ist gelungen, bis auf den Ausdruck „offene Wirbelsäule“ für spina bifida (im Deutschen wird umgangssprachlich „offener Rücken“ verwendet). Allerdings werden die Ränge der Polizeibeamten (wie im Englischen üblich) nur abgekürzt und nicht zu Anfang erklärt. Ich kenne sie, aber ob der durchschnittliche Leser darin so firm ist, weiß ich nicht. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, aus Sicht von Ben Kitto (in der Ich-Form) und aus der eines der Hauptverdächtigen, des „Vogelmannes“ Jimmy Curwen, eines geheimnisvollen, eher schlichten Gemüts, eines „Freaks“, dieser Strang aber aus Sicht eines außenstehenden Erzählers. Die Charaktere sind von der Autorin gut herausgearbeitet und lebendig beschrieben. Mein Favorit ist eindeutig Jimmy Curwen, seine zurückhaltende Art und seine Liebe zu Vögeln hat mich berührt, vor allem, da er selbst ein bisschen wirkt wie ein aus dem Nest gefallenes Vogeljunges. Und auch die Kriminaltechnikerin Liz Gannick konnte mit ihrem Motto „meine Loyalität gehört den Toten, nicht den Lebenden“ bei mir absolut punkten.
Die Autorin beschreibt die düstere und mystische Landschaft ganz hervorragend und gibt der Geschichte einen ganz speziellen Reiz. Zwar ist die Handlung an sich nicht übermäßig spannend, sie folgt eher Schema-F mit Opfer, Ermittlung, Irrungen, Wirrungen und Lösung, aber die Landschaft und vor allem die Menschen auf der Insel und ihre Eigenheiten tragen viel dazu bei, dass das Buch dann doch eine unterhaltsame Lektüre wurde. Die Kauzigkeit der „Alteingesessenen“ und ihr Misstrauen, sogar Hass, Fremden gegenüber wird von der Autorin sehr gut beschrieben.
Das Buch ist konzeptionell ein solider Krimi. Handfest und bodenständig, so, wie ich mir die Einwohner der Insel vorstelle, auf der die Geschichte spielt. Allerdings schafft es die Autorin nicht, mich mit ihrer Geschichte zu packen. Zwar hat sie alles, was ein Krimi braucht, mir fehlte aber die Spannung, die war zwar unterschwellig konstant vorhanden, aber für mich nie wirklich hoch. Und irgendwo zwischen Argwohn Fremden gegenüber, Angst vor Veränderungen, Familienstreitigkeiten und alten, verkrusteten Traditionen habe ich fast die Lust verloren, weiterzulesen. Es ist nicht wirklich langweilig, aber halt leider auch eher latent spannend. Die Geschichte plätschert ein bisschen dahin. Der Schluss hat mich ziemlich überrascht, ist aber stimmig. Wegen der leider nur latent vorhandenen Spannung vergebe ich 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 10.08.2020
Dirty Vegan
Pritchard, Matt

Dirty Vegan


ausgezeichnet

Nicht erst seit den Fleischskandalen der vergangenen Jahre ist der Trend zur tierproduktfreien Ernährung festzustellen. Vegane und vegetarische Kochbücher gibt es zu Hauf, deshalb war ich auf „Dirty Vegan“ von Matt Pritchard sehr gespannt. Bei ihm war es der Dokumentarfilm „Cowspiracy – Das Geheimnis der Nachhaltigkeit“, der ihn dazu brachte, vegan zu leben. In Großbritannien ist der Profi-Skateboarder und Stuntman als Fernsehkoch bekannt. Zwei Kochbücher hat er auf Englisch veröffentlicht, Dirty Vegan ist das erste, das auch auf Deutsch erschienen ist.
Den Auftakt zum Buch macht ein Überblick über den Werdegang von Pritchard, den ich interessant fand, da er selbst ziemlich ungewöhnlich ist. Ungewöhnlich sind seine Rezepte dann allerdings nicht, sie fallen alle eher in die Kategorie „leicht umzusetzen“ oder „für jeden Tag“. Um die Rezepte nachzukochen, muss man weder Profikoch noch übermäßig versiert sein, die Rezepte sind einfach und sicher auch für diejenigen interessant, die (noch) nicht vegan leben. Denn viele der Gerichte basieren nicht auf Fleisch-Ersatz, sondern kommen schlicht ohne tierische Zutaten aus. In anderen Rezepten tauscht der Autor tierische Komponenten einfach durch pflanzliche aus, wie beispielsweise bei den Milchprodukten in den Frühstücks-Rezepten. Zwar baut er da komplett auf Mandelmilch (es gibt auch ein Rezept für selbstgemachte Mandelmilch), die kann man (meiner Meinung nach) aber auch getrost durch andere Pflanzen-Drinks ersetzen.
Von Frühstück mit Porridge und Ganola über eine große Auswahl an Salaten und vielfältige Hauptgerichte wie Gulasch mit Jackfrucht, selbstgemachten Vischstäbchen aus Tofu oder Nuggets aus selbstgemachtem Seitan bis hin zu Suppen und Süßkram wie Milchreis, einem veganen Victoria Sponge oder Schokocupcakes – da ist für jeden was dabei und die Rezepte sind toll bebildert und gekonnt in Szene gesetzt.
Die Rezepte an sich scheinen sehr ausgewogen, wobei der Autor wohl (vielleicht weil er Sportler ist, vielleicht aber auch, weil es ein wichtiges Thema in der veganen Ernährung ist) ein Haupt-Augenmerk auf Eiweiß legt. Mit viel Tofu, Tempeh und Hülsenfrüchten kommt da auf jeden Fall ganz sicher kein Mangel auf. Pritchard ist auf du und du mit dem Leser, schreibt locker-flockig und im Plauderstil, hat aber immer noch ein wenig Hintergrundwissen parat und Rezepte wie das Katerfrühstück oder der „Hangover Smoothie“ lassen tief blicken. Das Buch bietet neben etwas aufwändigeren Hauptgerichten auch Grundlagenrezepte wie für selbstgemachte Granola, Pizzateig, Dips und Soßen oder fermentierten Rotkohl. Die meisten Rezepte beinhalten Zutaten, die man entweder im Haus hat oder leicht bekommen kann, auf eher exotische Zutaten wie Aquafaba kann man meistens auch verzichten, was der Autor auch dazuschreibt.
Ich fand das Buch nett anzuschauen, die Bilder sind fantastisch und lassen einem beim Durchblättern echt das Wasser im Mund zusammenlaufen und die Rezepte sehen alle ansprechend und auch für nicht-Küchengötter machbar aus. Vegan leben heißt in keinem Fall Verzichten und Darben. „Vergiss es, lebe und genieße!“ scheint eine der Maximen des Autors zu sein. Die Rezepte sind reichhaltig und bunt. Und ob für Veganer, Vegetarier oder alle, die gerne mal ohne tierische Produkte kochen möchten – das Buch macht wirklich Lust darauf, die Rezepte auszuprobieren. Daher vergebe ich die volle Punktzahl. 5 Sterne.

Bewertung vom 06.08.2020
Frank Goosen über The Beatles / KiWi Musikbibliothek Bd.6
Goosen, Frank

Frank Goosen über The Beatles / KiWi Musikbibliothek Bd.6


ausgezeichnet

„Frank Goosen über The Beatles“ ist Teil der Kiwi-Musikbibliothek und da ich „Lady Bitch Ray über Madonna“ schon gelesen habe, habe ich mich auf das Buch gefreut. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Das Buch selbst besteht aus drei fast gleich langen Teilen. Im ersten Teil beschreibt der Autor, wie er mit 13 Jahren überhaupt zum Beatles-Fan wurde, denn schließlich hatten die sich getrennt, als er gerade mal vier Jahre alt war. Und der Weg zum leidenschaftlichen Fan war für ihn genauso wenig einfach, wie seinerzeit für meinen eigenen Vater. „Meine Familie steckte knietief im deutschen Schlager.“ – oh ja. „Meine Omma schwärmte für Karel Gott“ – nochmal ja. Und dennoch wurden mein 1950 geborener Vater und der 1966 geborene Frank Goosen glühende Beatles-Verehrer. Goosen nicht zuletzt deshalb, weil sein eigener Vater statt eines Lohns für eine Elektriker-(schwarz)Arbeit Schallplatten, nämlich das Rote und das Blaue Album und Abbey Road von den Beatles, für seinen Sohn genommen hat. Da zeigte Papa-Goosen nicht nur, wie lieb er seinen Sohn hatte (er hatte ihm „nur selten etwas mitgebracht. Abgesehen von den Beatles-Platten erinnere ich mich eigentlich nur an eine herrlich hässliche Seppelfigur mit grünem Hut, Goldkettchen, vorstehenden Zähnen und unentwegt nickendem Kopf, die er während einer Messe in München erstanden hatte, als er noch bei einer anderen Firma angestellt gewesen war, bevor er seine eigene gründete.“), sondern erinnerte sich tatsächlich auch an den Musikgeschmack des Juniors.
Er schreibt über den Tag, an dem John Lennon erschossen wurde. „Ich glaube, es war Susanne, die sagte: »Verdammt, wieso nicht McCartney?« Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich kurz darüber nachdachte, ob es nicht tatsächlich besser gewesen wäre…“. Beschreibt, wie er selbst erste Gehversuche an der Gitarre und im Songwriting unternahm und wie sein Fantum jahrelang zwischen alten Platten und den Solo-Platten der Beatles-Mitglieder so dahingeplätscherte war.
Im zweiten Teil wandelt der Autor zur Vorbereitung aufs Schreiben des Buchs mit Frau, zwei pubertierenden Söhnen und dem Guide Steve in Liverpool auf den Spuren der Beatles, besucht die Penny Lane und sämtliche Geburts- und Elternhäuser. Durch Steves ständigen Fragen hat Frank Goosen sicher noch neue Nuancen der Beatles erkannt – ob er seine Söhne zu Fans gemacht hat, wage ich allerdings sehr zu bezweifeln.
Im dritten Teil ordnet er noch einmal sämtliche Alben samt ausgewählter Stücke für sich ein. Er schreibt knackige Kurzkritiken dazu, viele der Stücke kenne ich, manche nicht, auf jeden Fall machen seine Anmerkungen dazu Lust drauf, wieder mal reinzuhören.
Natürlich ist das Buch keine Biografie der Beatles. Und keine Autobiografie des Autors. Es zeigt schlicht seine persönliche Schnittmenge mit den Jungs aus Liverpool. Nicht mehr und nicht weniger. Noch eine Beatles-Biografie hätte die Welt auch ganz sicher nicht gebraucht. Der Autor schreibt lustig und kurzweilig, natürlich, denn er ist Kabarettist. Und auch Kritik fehlt nicht. So stellt er anhand von immer wieder auftauchenden musikalischen Wiederholungen eines fest: „Die Beatles hatten sich in den sieben Jahren, in denen sie zusammen professionell aufgenommen hatten (1962–1969), auserzählt.“ Und obwohl ich erst 1977 geboren wurde, konnte ich mich in vielem von dem, was er beschreibt wiederfinden, denn mein Vater war ein Beatles-Fan. Allerdings bin ich mit Tonbandgerät statt einer Schneider Kompaktanlage aufgewachsen. So war seine nostalgische Reise in die Jugend irgendwie auch meine und ich bedanke mich fürs Mitnehmen. Von mir 5 Sterne.

Bewertung vom 04.08.2020
Sommer der Wahrheit / Sheridan Grant Bd.1
Neuhaus, Nele

Sommer der Wahrheit / Sheridan Grant Bd.1


sehr gut

Im Jahr 1994 ist Sheridan Grant ein 15jähriges Mädchen, das auf einer Farm in Nebraska lebt. Aufgewachsen als Adoptivkind, geliebt vom Vater, eher gehasst von der Mutter („Du benimmst dich wirklich wie der letzte Abschaum! Ich schäme mich, dass du unseren Namen trägst, du … du … niederträchtiger, schlechter Mensch!“), von einem ihrer vier Brüder schikaniert und gequält. Sie passt mit ihrer Liebe zu Literatur und Musik, ihrer Begeisterung für Bücher und ihren guten Noten nicht wirklich in die Familie und in die Welt aus Farmarbeit und Kirche. „Ich passte so wenig in die Familie Grant wie ein Eisbär in die Wüste.“, konstatiert sie, zudem ist sie das einzige Mädchen neben den vier leiblichen Söhnen ihrer Eltern. Sie pubertiert und rebelliert vor allem gegen die Mutter und dann überschlagen sich die Ereignisse in ihrem Leben. Sie forscht nach ihrer Herkunft, sucht ihre Wurzeln, kämpft mit Widrigkeiten und muss Hindernisse überwinden und findet dabei über Umwege und zahlreiche Liebhaber (oder in ihrem Fall eher Sexualpartner) ihren eigenen Weg ins Leben. Muss sie auch, denn sie stellt nach und nach fest, dass sie sich auf niemanden wirklich verlassen kann.
„Sommer der Wahrheit“ von Nele Neuhaus ist der erste Teil der Trilogie um Sheridan Grant. Es ist in der Hauptsache ein unterhaltsamer Coming-of-Age-Roman über Familiengeheimnisse, manchmal auch tiefgründig, ab und zu nachdenklich machend. Mir ist in Sheridans Entwicklung in Anbetracht ihres Alters definitiv zu viel sexuelle Aktivität verarbeitet, aber vielleicht bin ich da auch zu prüde. Alles in allem überstürzen sich die Ereignisse in ihrem Leben vielleicht auch ein bisschen zu viel und zu heftig, man kann es unrealistisch nennen oder „ein bewegtes Leben“.
Sheridan ist ein sehr interessanter Charakter. Die Mischung aus kindlicher Unbedarftheit und Naivität und ihrer fast promisken Art ist explosiv. Ihr Vater kommt mir sehr unbeholfen und oft hilflos vor, die Hosen in der Beziehung hat definitiv seine Frau an, allerdings lässt er sehenden Auges zu, dass seine Familie zerbricht. Da bedient Nele Neuhaus auch jegliches Klischee der hinterwäldlerischen Farmbewohner, denn die heuchlerische, fast bigotte Mutter, hätte mit ihren Ansichten statt in die 1990er Jahre auch ins vorige Jahrhundert gepasst. Vertrauen, Vertrauensseligkeit, Lügen, falsche Freunde, Einsamkeit und Hoffnung sind zentrale Elemente des Buchs und machen es zu einem runden und gelungenen Werk, in dem Sheridan eine manchmal schmerzvolle Entwicklung durchläuft.
Zwar sind Klischee, Theatralik und Tragik sehr präsent, was ich allerdings einem Unterhaltungsroman nicht ankreiden kann, er erhebt ja nicht den Anspruch, große Literatur zu sein. Und natürlich hat Sheridan zu allen Schicksalsschlägen und Problemen noch ein riesiges musikalisches Talent – natürlich, sonst müsste man ja kein Buch draus machen. Insgesamt geht sehr viel schief und sehr viel sehr glatt, es ist sehr konstruiert und plakativ, aber trotz ein paar Längen und ein paar wirren Windungen nie langweilig sondern packend, manchmal spannend und flott zu lesen. Obwohl ich ein überzeugter Krimi-Leser bin, hat das Buch mich trotz der vielen (manchmal auch sehr konstruierten) Schicksalsschläge gut unterhalten und ich freue mich auf die folgenden Teile. Wer allerdings ein Buch im Stil der Krimis von Nele Neuhaus erwartet, könnte enttäuscht sein. Dieses Buch hat damit nicht einmal stilistisch etwas gemeinsam. Zwar ist die Sprache einfach, das Buch flott und leicht zu lesen, aber die Spannung und die Atmosphäre der Taunus-Krimis fehlen völlig. Von mir aber klare 4 Sterne.

Bewertung vom 04.08.2020
Zeiten des Sturms / Sheridan Grant Bd.3
Neuhaus, Nele

Zeiten des Sturms / Sheridan Grant Bd.3


sehr gut

„Zeiten des Sturms“ heißt der dritte und letzte von Nele Neuhaus‘ Serie um Sheridan Grant. Und stürmisch geht es auch in diesem Buch weiter.
Nach viel Hin und Her in den ersten beiden Büchern (man kann das dritter aber problemlos einzeln lesen, alles Wichtige wird „wiedergekäut“) wähnt sich die inzwischen 21jährige Sheridan endlich am Ziel angekommen: sie hat mit Dr. Paul Sutton einen Mann gefunden, der sie aufrichtig liebt und sie heiraten möchte. Aber, wie schon im zweiten Teil, holt sie auch hier ihre Vergangenheit wieder ein und sie bricht abermals ihre Zelte ab. Um in Nebraska ihrer Familie nahe zu sein und eventuell doch noch ihren Traum, Sängerin zu werden, verwirklichen zu können.
Die Geschichte ist dicht und flott erzählt, die Autorin musste alle Ideen, die sie noch rund um Sheridan und ihre Familie hatte, in diesem Band unterbringen. Manchmal kommt es einem sehr konstruiert vor, sicher war es nicht einfach alle losen Enden und die verschiedenen Handlungsstränge zu einem stimmigen Ende zu verbinden. Sheridan hat sich zwar ein bisschen weiterentwickelt, ist aber immer noch fast so naiv wie im ersten Band, sowohl was ihre Liebesgeschichten, als auch was ihre Karriere als Sängerin betrifft. Einerseits ist sie eine starke junge Frau, andererseits braucht sie immer wieder Rat und Hilfe von anderen, um sich nicht in Dinge zu verstricken, die ihr nicht guttun. Sie findet gute und schlechte Freunde und erweist sich manchmal als eine undankbare, unreife, inzwischen aber über 20jährige, Göre. Freundschaften gehen in die Brüche, es wird geliebt und getrennt – also insgesamt wenig Neues.
In der Hauptsache sind die Charaktere alte Bekannte, sie zeigen sich nur manchmal von einer anderen, unerwarteten Seite. Die Zeitsprünge innerhalb der Geschichte sind manchmal ziemlich groß, was das Buch manchmal wie einen Par-Force-Ritt erscheinen lässt, manchmal wie ein „Abhaken von Ideen und Ereignissen“. Aber der Schluss ist stimmig. Für mich kam er überraschend und ein bisschen abrupt, aber es ist ein stimmiger Abschluss der Trilogie, meiner Meinung nach sollte es keinen vierten Teil geben. Jede weitere Zeile zu dieser Reihe wäre zu viel und vermutlich nur noch abgedroschene Wiederholung.
Sprachlich ist das Buch schlicht, einfach und flott zu lesen. Die Geschichte ist ebenso konstruiert und voller Klischees, mit Ereignissen zugepackt und ein ewiges Hin und Her wie in den anderen beiden Teilen. Aber wer die mochte, mag auch den dritten. Mir ging es auf jeden Fall so. Die Trilogie hat mich bestens unterhalten und mich drei Nächte lang wachgehalten. Im Vergleich zum zweiten Teil finde ich den dritten wieder stärker, dem ersten eher ebenbürtig. Die einzigen Längen für mich waren, wenn die vielen Ereignisse aus den Vorgänger-Bänden wieder aufgewärmt wurden, was aber natürlich wichtig ist, um das Buch auch unabhängig von den anderen lesen zu können. Von mir dafür also klare 4 Sterne.

Bewertung vom 04.08.2020
Straße nach Nirgendwo / Sheridan Grant Bd.2
Neuhaus, Nele

Straße nach Nirgendwo / Sheridan Grant Bd.2


gut

Erst einmal vorab: „Straße nach Nirgendwo“ von Nele Neuhaus ist der zweite Teil der Reihe um Sheridan Grant. Er schließt nahtlos an den ersten Band „Sommer der Wahrheit“ an, kann aber dank der vielen Erklärungen problemlos einzeln gelesen werden.
Der erste Teil hatte mit einem großen Familienstreit geendet, in dessen Folge die inzwischen 17jährige Sheridan die Farm verlassen hat. Aber weit ist sie noch nicht gekommen, als sie alles wieder einholt: ihr gleichaltriger Bruder Esra läuft auf der Farm Amok, erschießt fünf Menschen und verletzt zwei schwer. Er selbst wir ebenfalls erschossen. Obwohl Sheridan nicht einmal zu Hause war, macht sie sich große Vorwürfe und auch in der Berichterstattung der Medien und nach Meinung vieler (allen voran ihrer Mutter) ist sie die wahre Schuldige. Schließlich hat sie alles mit der Suche nach ihrer Identität (im ersten Band) in Gang gesetzt.
Mehr möchte ich zum Inhalt des Buchs gar nicht sagen. Es geht auf jeden Fall spannend weiter, Sheridan ist immer noch auf der Suche nach sich selbst und droht nicht nur einmal, sich komplett zu verlieren. Sie gerät immer wieder an Menschen, die ihr nicht guttun und sie begibt sich dank ihrer nach wie vor naiven und unbedarften Art immer wieder in Gefahr. Und natürlich dürfen auch (toxische) Liebesgeschichten nicht fehlen. Und auch zahlreiche (ziemlich konstruierte) Wirrungen sind neben den vielen Klischees wieder Haupt-Element dieser coming-of-age Geschichte. Es geht wieder um Liebe, Hass, Lügen, Misstrauen, Vertrauen und vor allem (immer noch) um die Suche nach Wurzeln, Wahrheit und Identität.
Anders als im ersten Teil wird dieses Buch in zwei Handlungssträngen erzählt: den von Sheridan in der Ich-Form und den des Polizisten Jordan Blystone in der dritten Person. Die Stränge verknüpfen sich ab und zu, werden dann aber wieder getrennt weitererzählt. Sprachlich war das Buch flott geschrieben und leicht zu lesen. Ein grober Schnitzer ist „Du schuldest Mr Dubois bis heute zweihundertfünfzigtausend Riesen. Und heute ist Zahltag.“ – dabei geht es um 250.000 Dollar, nicht um 250 Millionen, Riesen ist ein Synonym für Tausend, nicht für Dollar.
Die Charaktere sind wie im ersten Teil sehr bunt gemischt, alt, jung, reich, arm, hübsch, weniger hübsch – da hat die Autorin nichts ausgelassen. Mit Sheridan konnte ich allerdings, anders als im ersten Band, nicht mehr wirklich warm werden. Sie hat sich trotz der Schicksalsschläge kaum weiterentwickelt, ist immer noch das promiske und naive Mädchen. Jordan Blystone konnte da mit seiner ruhigen, kompetenten und unvoreingenommenen Art bei mir eher punkten. Dass er die zentrale Figur des zweiten Handlungsstrangs ist, lässt natürlich auch tief blicken.
Alles in allem fand ich das Buch um einiges schwächer als den ersten Teil, aber immer noch als Unterhaltungslektüre hervorragend geeignet. Schon allein wegen der leichten, deskriptiven Sprache und weil man das Buch flott durchlesen kann. Allerdings muss die Autorin sich viel Mühe geben, um nicht von klischeehaft und vom Schicksal gebeutelt ins Seichte und leicht Kitschige abzurutschen. Es ist auf jeden Fall ein unterhaltsames Buch, das aber keinen großen und vor allem keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Von mir 3 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.07.2020
Euren Applaus könnt ihr euch sonst wohin stecken
Böhmer, Nina

Euren Applaus könnt ihr euch sonst wohin stecken


gut

„Euren Applaus könnt ihr euch wohin stecken“ ist der erweiterte Wutbrief der Krankenschwester Nina Böhmer. Ihr ursprünglicher Wutbrief erschien bei Facebook, wo sie sich am 23. März 2020 Luft zum Thema „Pflegenotstand“ machte. So weit so gut, so wichtig, so richtig.
Aber in ihrem Buch, das sie in der Zeit der Kurzarbeit schreiben konnte, schießt sie meiner Meinung nach manchmal übers Ziel hinaus und manchmal fehlt das Konzept und der rote Faden. Der Inhalt ist ja reichlich bekannt, bedrückend und macht fassungslos und wütend. Krankenhäuser werden kaputtgespart, Ausrüstung fehlt, die Pflegekräfte sind neben den gesundheitlichen Risiken und der Arbeitsüberlastung auch noch (sexuellen) Belästigungen ausgesetzt. Deutschland hat zu wenige Pflegekräfte und die, die es gibt, werden viel zu schlecht bezahlt, wie viele andere „systemrelevante“ Berufe auch. Und das nicht erst seit Corona. In dem Punkt stimme ich der Autorin vollumfänglich zu und sie hat natürlich auch Recht mit der Aussage, dass Klatschen vom Balkon nicht hilft.
Dass die Verfasserin des Buchs schreibt wie ihr der Schnabel gewachsen ist, kann man schon am Titel erkennen. Das ist einerseits authentisch und vielleicht sogar charmant. Andererseits aber manchmal falsch und ärgerlich, vor allem ihre Wortwahl finde ich einer Krankenschwester nicht würdig. So schreibt sie über „Corona-Hysterie“, Planlosigkeit, „Panikmache“ und die Deutschen an sich als Merkels „Fußvolk“, da klingt sie schon fast wie die Verschwörungstheoretiker, die aktuell ihr Unwesen treiben. Am Anfang des Buchs beschreibt sie die Angst um ihren asthmakranken Freund und stellt sich selbst als leicht hypochondrisch dar, als jemand, der beim leisesten Krankheitszeichen zu kolloidalem Silber oder „Silberwasser“ greift (etwas, das keinen erwiesenen Nutzen hat und selbst von der FDA als „Quacksalberei“ bezeichnet wird). Später schreibt sie plötzlich „Ich hatte keine Angst vor dem Coronavirus. Die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen ebenso wenig.“, schreibt über „Gerede und Getue der Politiker, die immer mehr Maßnahmen verhängten und meine Reise zu Sam gefährdeten“ und für sie war „die Regierung von Angela Merkel eine viel größere Bedrohung als das Virus Covid-19.“ – purer Egoismus in diesem Fall.
„Hysterie und Panik wurden in Berlins Krankenhäusern auf merkwürdige Weise sichtbar. Viele Menschen machten sich wegen des Coronavirus ins Hemd“, „Die Situation nahm beinahe schizophrene Züge an“ – nicht nur, dass sie jeden, der (berechtigte) Angst vor dem Virus hat/te, praktisch als Schisser und Angsthasen angreift, sie verwendet auch noch den Begriff „schizophren“ in diesem Zusammenhang völlig falsch. Sie greift das Robert-Koch-Institut wegen „seltsamer Empfehlungen“ an, sieht sich selbst in ihren Freiheiten eingeschränkt, fragte sich auch, „ob das rigorose Schließen aller Schulen, Kitas, Cafés, Restaurants und kleiner Konzertsäle notwendig war.“ Mit Blick auf die Zahlen, vor allem in den USA, würde ich sagen: ja.
Alles in allem ist das Thema des Buchs unstrittig enorm wichtig und es muss darüber geschrieben werden, es muss diskutiert werden und man muss alle Hebel in Bewegung setzen, dass sich an den Umständen irgendwann mal etwas ändert, vor allem angesichts der Tatsache, dass Versprechen von Seiten der Politik praktisch ständig gebrochen werden (siehe Corona-Bonus für Pflegekräfte). Aber ob ein solches Buch hilft, weiß ich auch nicht. Mir sind in dem Buch zu wenige Fakten und Zahlen, der Rest ist purer Rant. Für das Thema von mir 5 Sterne, für die Umsetzung 1, im Mittel 3.

Bewertung vom 30.07.2020
Die verstummte Frau / Georgia Bd.10
Slaughter, Karin

Die verstummte Frau / Georgia Bd.10


ausgezeichnet

Innerhalb nur eines Jahres hat Karin Slaughter nach „Die letzte Witwe“ mit „Die verstummte Frau“ ein neues Buch, den achten Teil ihrer Georgia-Serie, auf den Markt gebracht. Und für mich hat sie damit wieder einen exzellenten Sarah-Will-Krimi abgeliefert.
Über die Geschichte an sich kann man nicht viel sagen, ohne zu spoilern. Sara Linton arbeitet wieder als Rechtsmedizinerin für das GBI und damit eng mit Will Trent, Faith Mitchell und Amanda Wagner zusammen. Daryl Nesbitt, ein wegen Mordes Verurteilter, bietet den Ermittlern nach einer Gefängnis-Revolte Informationen an. Er selbst sei unschuldig verurteilt worden, der wahre Täter läuft noch frei herum. Und tatsächlich gibt es schlüssige Hinweise darauf, denn es gibt noch weitere Opfer, die ins Schema passen – auch nachdem Nesbitt schon im Gefängnis war.
Verstrickt in diesen acht Jahre alten Justiz-Irrtum ist ausgerechnet Saras vor fünf Jahren ermordeter Ehemann Jeffrey Tolliver und seine verhasste ehemalige Kollegin Lena Adams. Eine Mischung aus aktuellen Fällen und Cold Cases folgt, eine gekonnte Verflechtung von Jetzt und Damals, viel Brutalität und Perversion und ein bisschen Liebe (sowohl die aktuelle Liebesgeschichte zwischen Will Trent und Sara Linton, als auch die Alte Liebesgeschichte zwischen Sara und Jeffrey und die Tatsache, dass sie ihn immer noch vermisst). Außerdem trifft man beim Lesen auf viele alte Bekannte aus den früheren Teilen der Serie.
Sprachlich ist das Buch gewohnt schonungslos und brutal, blutig und aggressiv, meiner Meinung nach aber weniger eklig beschrieben, als in anderen Bänden der Reihe. Die Verflechtung von Vergangenheit und Gegenwart gelingt der Autorin ganz hervorragend, der Spannungsbogen ist konstant hoch, Leerlauf und Langeweile gibt es kaum, höchstens mal kurze „Verschnaufpausen“. Gröbere Übersetzungsfehler fand ich wenige, allerdings ist es der Rang eines Sergeant und nicht der „Rang eines Sergeanten“, denn das bezeichnet etwas anderes, als gemeint ist. Dativ und Genitiv ist auch manchmal nicht ganz so korrekt und ab und zu ist die Sprache ein bisschen holprig, was aber dem Lesegenuss keinen Abbruch tut. Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen, der Schluss hat mich sehr überrascht, ist aber absolut stimmig. Die Liebesgeschichte ist eine Mischung aus romantisch, verzweifelt, rührend und manchmal tragisch. Obwohl ich ein hartgesottener Krimi-Leser bin, trieb mir der Schluss die Tränen in die Augen, das ist mir zuletzt bei Karin Slaughter passiert, als Jeffrey Tolliver starb. Alle Daumen hoch für dieses Buch und von mir mit 5 Sternen eine ganz klare Lese-Empfehlung.

Bewertung vom 24.07.2020
Broken - Sechs Geschichten
Winslow, Don

Broken - Sechs Geschichten


ausgezeichnet

„Broken“ von Don Winslow ist eine Sammlung aus sechs Kurzgeschichten. Da die Geschichten ziemlich unterschiedlich sind, möchte ich gar nicht auf einzelne Abschnitte eingehen. Jede Geschichte steht für sich, jede ist spannend, die Themen sind vor allem Gewalt, Drogen und Rache. Teils sind sie sehr blutig und brutal geschrieben, nichts für schwache Nerven, aber so müssen Mini-Thriller sein. Und zwischen den Zeilen kann man auch noch die philosophische Frage nach Moral, Ethik, Schuld und der Schlechtigkeit der Welt herauslesen. So schaffen es sogar Thriller, den Leser zum Nachdenken anzuregen.
Die Geschichten sind nicht zuletzt aufgrund ihrer Kürze (die längste ist etwa 90 Seiten lang) sehr dicht und packend geschrieben und flott, oft rasant, manchmal fast abgehackt erzählt. Langeweile kommt nie auf. Ob nun Charaktere aus anderen Büchern von Don Winslow in den Geschichten auftreten, kann ich nicht beurteilen, das Buch war mein erstes (aber sicher nicht mein letztes) des Autors. Sprachlich ist das Buch wie ich es vom Genre erwartet habe: schonungslos, brutal und oft voller Kraftausdrücke.
Für mich war das Buch eine Werkschau des Autors, eine Art Werbung für seine „normalen“ Thriller. Bei mir hat es seine Wirkung nicht verfehlt, ich werde auf jeden Fall weitere Bücher von ihm lesen. Daher von mir eine ganz klare Lese-Empfehlung sowohl für „Neulinge“ als auch für Fans des Autors und 5 Sterne.