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urmeli

Bewertungen

Insgesamt 497 Bewertungen
Bewertung vom 15.09.2018
Das Vogelhaus
Meijer, Eva

Das Vogelhaus


ausgezeichnet

Gwendolyn, genannt Len, Howard lernte bereits in jungen Jahren durch ihren Vater die Besonderheiten von Vögeln kennen. Kranke und verletzte Vögel wurden in ihrem Elternhaus aufgepeppelt. Len hatte eine besondere künstlerische Gabe und spielte sehr gut Geige. Ihrem Wunsch, in London in einem Orchester mitzuspielen wurde Wirklichkeit, als sie 18 Jahre alt wurde. Sie liebte die Musik, doch der Großstadt ohne Vogelgesang konnte sie nicht lange aushalten. Eine dauerhafte Beziehung mit Männern glückte ihr nicht und sie beschloss, ein abgelegenes Haus auf dem Land zu erwerben. Die Kohlmeisen der Umgebung hatten sie schnell in ihr Herz geschlossen, teilweise lebten sie in ihrem Haus. Len erforschte die Tiere in ihrem gewohnten Umfeld, nicht wie die Wissenschaftler unter Laborbedingungen. Sie beschrieb Charaktereigenschaften und unterschiedliche Gesänge, die sie durch ihr geschultes Musikergehör notieren konnte. Durch ihr abgeschiedenes Leben galt sie als seltsame Gestalt und wurde von einigen belächelt. Diese Lebensgeschichte ist Grundlage des Romans von Eva Meijer, die Fakten mit Fiktionen über das Leben gekonnt mit den Untersuchungen und Erkenntnissen der Ornithologie mischt. Spannend und lehrreich gleichermaßen.

Bewertung vom 15.09.2018
Mit der Faust in die Welt schlagen
Rietzschel, Lukas

Mit der Faust in die Welt schlagen


gut

In einem kleinen Dorf in Sachsen wachsen die Brüder Tobias und Philipp auf. Obwohl weit nach dem Fall der Mauer geboren, ist die DDR-Vergangenheit immer noch zu spüren. Die Arbeitslosigkeit wird immer mehr, Langeweile, die sich breitmacht, Ehepartner, die sich ein besseres Leben im Westen erhoffen und die Familie verlassen, all das bestimmt das Leben der Brüder. Bei ihren Eltern sieht es besser aus, beide sind berufstätig und auch die Großeltern kümmern sich um die Jungs. Im dem Roman wird die Zeit zwischen Einschulung des Älteren bis zum jungen Erwachsenen erzählt, ihr Kontakt mit den Mitschülern und ihren Wunsch, bei den "starken" Jungs mitzumachen. Diese sind zuerst sorbenfeindlich eingestellt, dann sind es die Juden, später die Flüchtlinge. Sie werden zunehmend rechtsradikal und wir erleben mit, wie auch Tobias und Philipp dort hineinrutschen.
Der Roman nimmt keine Wertung der Geschehnisse, er gibt einen nüchternen und dadurch ein erschreckendes Bild über die Zunahme von Gewalt und Respektlosigkeit, aber auch der eigenen Hoffnungslosigkeit. Genauso ruhig und unspektakulär ist die Stimme von Christoph Letkowski.

Bewertung vom 15.09.2018
Mexikoring / Chas Riley Bd.8
Buchholz, Simone

Mexikoring / Chas Riley Bd.8


sehr gut

In vielen Städten Deutschlands brennen jede Nacht Autos. In dieser Nacht auch in Hamburg, doch im Auto sitzt ein Mensch. Nouri Saroukhan saß mit K.O.-Tropfen im abgesperrten Auto und verbrannte. Wie die Polizei und die taffe Staatsanwältin Chastity Riley herausfinden, war Nouri der verstoßene Sohn eines Bremer Mhallamiye Clans, der mit der organisierten Kriminalität und Brutalität seiner Familie nichts zu tun haben wollte. Da er bereits als Kind seine Intelligenz unter Beweis stellte, durfte er Abitur machen und studieren um der Familie in anderen Bereichen nützlich zu sein. Bereits während seiner Schulzeit traf er sich mit Aliza, eine Rebellin aus einem weiteren Clan. Sie ertrug sämtliche Schläge für ihr aufsässiges Verhalten. Ihre älteren Schwestern verließen nach und nach plötzlich die Familie, der Kontakt brach ab. Als Aliza mitbekam, was mit ihrer nächstältesten Schwester passierte, verließ sie als Teenager ihre Familie und schlug sich alleine durchs Leben.
Der Thriller handelt von wahren Begebenheiten, die Mhallamiye Clans verbreiten in Bremen Angst und Schrecken mit organisierter Kriminalität und sind von der Polizei kaum unter Kontrolle zu bekommen. Die Handlung weißt jedoch noch weitere Ebenen aus, so Einige wollten Nouri tot sehen. Episodenhaft und immer wieder aus anderen Perspektiven wird teil abgehackt, teils poetisch über den verschworenen Familienverbund wie auch die Persönlichkeiten der Polizisten erzählt.

Bewertung vom 01.09.2018
Der Abgrund in dir
Lehane, Dennis

Der Abgrund in dir


ausgezeichnet

Im Prolog erfahren wir, dass Rachel Childs auf ihren Mann schießt. Rachels Kindheit wurde von einer dominanten Mutter geprägt, die ihr klarmachte, dass man Männer zum Leben nicht braucht. Wer ihr Vater ist, wurde ihr verheimlicht und erst nach dem plötzlichen Tod der Mutter versucht sie, mit Hilfe des Privatdetektivs Brian Delacroix, ihren Vater aufzuspüren - vergebens. So stürzt sie sich in ihren Beruf als Fernsehreporterin und heiratet ihren Kollegen Sebastian. Sie macht schnell Karriere, doch nach einem Zusammenbruch auf Haiti, als sie über die vielen Erdbebenopfer und die Gräueltaten der Männer an junge Frauen berichtet, ist ihre Fernsehlaufbahn beendet und mit ihr auch ihre Ehe mit Sebastian. Zufällig trifft sie auf Brian Delacroix, nach kurzer Zeit heiraten sie. Rachel verlässt seit ihrem psychischem Zusammenbruch das Haus nicht mehr, auch wenn Brian sie sanft dahin lenkt. Die Ehe scheint harmonisch zu laufen, bis Rachel herausfindet, dass Brian sie belügt. Nun muss sie selbst ihr Schneckenhaus verlassen.
Psychologisch hoch interessant und spannend wird über das Leben einer taffen Reporterin berichtet, die durch besondere Erlebnisse völlig aus der Spur gerät. Rachel ist authentisch und nachvollziehbar in ihren Entscheidungen und ihrem Verhalten und wie sie es schafft, die Lügengeschichten ihres Mannes aufzudecken und ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen.

Bewertung vom 01.09.2018
Ein unvergänglicher Sommer
Allende, Isabel

Ein unvergänglicher Sommer


ausgezeichnet

New York erstickt unter dem Schneechaos, man sollte das Haus nicht verlassen. Doch Richards Katze muss dringend zur Tierklinik. Auf dem Rückweg rutscht er in ein anderes Fahrzeug und beschädigt den Kofferraum. Am Abend steht die Fahrerin des Fahrzeugs vor seiner Tür und benötigt Hilfe. Elvira ist illegal in den USA, sie kümmert sich um ein behindertes Kind und wird für ihre Arbeit kaum bezahlt. Da sie sich das Auto des Hausherren unberechtigt gefahren ist und zudem im Kofferraum die Leiche einer jungen Frau gefunden hat, kann sie weder zurück noch dieses der Polizei melden. Doch was soll mit der Leiche und mit ihr selbst weiter geschehen. Der Hochschulprofessor Richard weiß selbst nicht weiter, doch vielleicht kann seine Untermieterin Lucia weiterhelfen.
Die Handlung über die ermordete Frau, der Versuch, diese mitsamt des Fahrzeugs verschwinden zu lassen und Elvira einen sicheren Zufluchtsort zu bieten wird unterbrochen durch die Lebensgeschichten dieser drei sehr unterschiedlichen Menschen. Richards Vater ist als junger jüdischer Mann aus Deutschland geflohen, fremde Menschen halfen ihm dabei. Lucia wurde in Chile geboren und flüchtete nachdem ihr Bruder in der Pinochetzeit verschwand und ihr Leben dort unsicher wurde. Nach einer persönlichen Leidenszeit lebt sie nun als Dozentin in New York. Elvira hat in Guatemala schreckliches erlebt, was sie zeitweise verstummen ließ. Um ihr Leben zu retten entschloss sie sich zur Flucht über Mexiko in die USA.
Das Leben dieser Menschen, verwoben mit ihren persönlichen Leidenswegen aber auch den Freuden des Lebens und ihrer Familien, verwoben mit den politischen Hintergründen ergeben einen hoch interessanten und aktuellen Roman über Flucht und Fluchtursachen.

Bewertung vom 20.08.2018
Die Tote im Wannsee / Kommissar Wolf Heller Bd.1
Kellerhoff, Lutz W.

Die Tote im Wannsee / Kommissar Wolf Heller Bd.1


ausgezeichnet

Im Wannsee wird die erstochene Rechtsanwaltsgehilfin Heidi Gent entdeckt. Ihr Chef verteidigte die Mitglieder der Studentenrevolten, aus der sich die RAF bildete. Hat ihr Tod damit zu tun? Der Kommissar Wolf Heller ermittelt auch gegen den Widerstand in den eigenen Reihen, sein Chef versucht ihn mit allen Mitteln vom Fall abzuziehen. Ein Hertha-Fussballer, der zur fraglichen Zeit einen Mann auf dem Wannsee rudern sah und ihn erkannt hat, will den Namen nicht preisgeben.
Viele Verschleierungen, viele Anspielungen und Verstrickungen prägen diesen besonderen Kriminalroman. Die Studentenbewegung der 68er Generation ist genauso involviert wie die noch oder wieder im Amt befindlichen Nazis. Der Konflikt Ost gegen West war besonders in Berlin spürbar, die Mauer erst vor kurzem errichtet und Spione auf beiden Seiten der Mauer aktiv. Einen Schwerpunkt nimmt die Verfolgung Homosexueller ein, Schwule mussten sich verstecken um nicht im Gefängnis zu landen. Für die jüngeren Leser, die die Zeiten nicht erlebt haben, gibt es weitergehende Informationen und einige Erklärungen im Anhang des Buches. Der Krimi wurde in Zusammenarbeit dreier Autoren erstellt, jeder hat seinen eigenen Part an der Handlung die perfekt aufeinander abgestimmt wurden.

Bewertung vom 20.08.2018
Die letzte Terroristin
Georgi, André

Die letzte Terroristin


ausgezeichnet

Sandra Wellmann erhält durch die Studienfreundschaft mit Julia die Stelle der persönlichen Referentin von Julia Vater Dahlmann, dem Chef der Treuhand. Sie ist gut in ihrem Job und findet Ungereimtheiten bei der Abwicklung des Chemiewerkes Leuna in Bitterfeld doch sie hat noch eine andere Seite. Sie wurde von der RAF in die Treuhand eingeschleust um Dahlmann zu beseitigen. Der Gruppe, die sie die Informationen weitergibt, hat gerade erst mit einer spektakulären Aktion für Aufsehen gesorgt. Auf offener Straße wurde der Deutsche Bank Vorstandsvorsitzende Wegner erschossen. Sandra selbst gibt Informationen bereitwillig weiter, selbst schießen will sie nicht.
Es ist ein Thriller um die Taten der 3. Generation der RAF mit fiktiven Personen und Daten, die Ermordung des Deutsche Bank Vorstandsvorsitzenden und des Treuhandchefs hat es gegeben. Da der Treuhandchef sich in vielen Bereichen unbeliebt gemacht hat, manchen Hass von ehemaligen DDR Bürgern auf sich zog wie auch, durch die Schnelligkeit, mit der DDR Firmen abgewickelt werden mussten, es zu Manipulationen bei den Käufen kam, gab es durchaus mehrere Gruppierungen, die von dem Tod des Treuhandchefs profitierten.
Der Thriller ist sowohl inhaltlich wie auch sprachlich sehr interessant und enorm spannend geschrieben.

Bewertung vom 23.07.2018
Die Jahre der Leichtigkeit / Familie Cazalet Bd.1
Howard, Elizabeth Jane

Die Jahre der Leichtigkeit / Familie Cazalet Bd.1


ausgezeichnet

Jedes Jahr im Sommer trifft sich die Familie Cazalet auf Home Place, dem Elternhaus der Brüder Hugh, Edward und Rupert, die mit ihren Frauen und den Kindern anreisen. Rachel, die einzige Tochter, kümmert sich um ihre Eltern, trotz einer großen Anzahl an Hauspersonal, wobei sie ihr eigenes Leben dem völlig unterordnet. Die Cazalet sind eine wohlhabende Familie, die im Holzhandel ihr Geld erwirtschaftet. Im Jahre 1937 war das Leben leicht, es wird von den alltäglichen Dingen des Lebens berichtet, die Art des Zusammenlebens, der Umgang der Familie untereinander. Die Kinder genossen eine besondere Ausbildung, eine Hauslehrerin kümmerte sich um sie, bzw. sie wurden im Internat unterrichtet. So ist auch der Umgangston ein sehr zivilisierter. Ein Jahr später erfahren wir von Ehekrisen und Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben. Doch dieses wird überschattet von dem drohenden Krieg gegen Deutschland. Es werden Vorkehrungen getroffen und auch die Kinder setzen sich damit auseinander.
Die große Anzahl an Familienmitglieder erschwert zu Beginn das Lesen des Romans, was sich im Laufe der Handlung ändert. Man lebt und leidet mit den einzelnen Mitgliedern mit. Interessant ist die abwechselnde Sichtweise jedes einzelnen und auch die Hausangestellten mit ihren Sorgen und Nöten kommen zu Wort. Der Schreibstil ist außergewöhnlich gut und man möchte wissen, wie es mit der Familie weitergeht.

Bewertung vom 23.07.2018
Der Sprengmeister
Mankell, Henning

Der Sprengmeister


sehr gut

Aus der Sicht des Erzählers Henning Mankell wird die Lebensgeschichte des Sprengmeisters Oskar Johansson erzählt. Als junger Mann überlebt Oskar eine missglückte Sprengung schwer verletzt. Ihm fehlen eine ganze Hand und außer dem Zeigefinger und Daumen ist auch die andere Hand beschädigt. Das fehlende Auge wird zugenäht. Alles in allem ist er nicht mehr attraktiv zu nennen und seine damalige Freundin trennt sich von ihm. Oskar findet nach vielen Monaten wieder ins Leben zurück, er arbeitet weiter als Sprengmeister, zumindest in den Zeiten als er nicht arbeitslos ist, heiratet und bekommt 3 Kinder. Er führt ein bescheidenes bis armes Arbeiterleben und sieht, wie auch sein Umfeld aus der Armut nicht herauskommt. Er engagiert sich politisch, erst bei den Sozialisten und als er merkt, dass sich nichts ändert, wird er Kommunist. Am Ende des Lebens stellt er fest, dass die Kluft zwischen reich und arm noch gravierender geworden ist.
Der Erzähler besucht Oskar in seinen letzten Lebensjahren auf seiner Sommerresidenz, eine umgebaute Sauna auf einer Schäreninsel. Dort erzählt Oskar über sein Leben, so wie häufig bei älteren Menschen, in kleinen Episoden, manche abgehackt, manchmal gibt es die Fortsetzung Tage später. Es gibt Lücken und Längen, je nach dem. Die Aufzeichnung ist eine Mischung aus Roman und Zeitungsartikel, die Anprangerung der sozialen Ungerechtigkeit und der Sprachschatz Henning Mankells hört man bereits in diesem ersten Roman durch.

Bewertung vom 23.07.2018
Der Schatten
Raabe, Melanie

Der Schatten


sehr gut

Norah hat fluchtartig Berlin verlassen, den Mann, der sie heiraten wollte und ihre Freunde. Durch ihre vielen Einmischungen in das Leben benachteiligter Frauen hatte sie eine Klage am Hals, die sie bereits ihren Job als Journalistin gekostet hat. Nun hat sie ein Angebot eines neu gegründeten Journals in Wien erhalten. Ihre erste Reportage soll sich um das Obdachlosenproblem drehen. Eine große Frau, die vollkommen still auf dem Platz steht und ihre Sammeltasse vor sich hat, fällt ihr auf. Du wirst aus freiem Willen und mit Recht am 11.2. einen Mann töten, Arthur Grimm. Danach ist die Frau verschwunden und tauscht auch nicht mehr auf. Warum sollte sie einen wildfremden Menschen töten? Das Datum erschreckt sie, an dem Tag starb ihre beste Freundin Valerie und ihren Tod hat sie auch 18 Jahre später nicht verwunden. Im Laufe der nächsten Wochen bis zum 11.2. passieren Norah immer mehr seltsame Dinge, sie verliert etwas, fremde Dinge sind in ihrer sorgsam verschlossenen Wohnung, fremde Menschen verwechseln sie. Und sie recherchiert über Arthur Grimm und entdeckt, dass sie wirklich einen Grund hat, ihn zu töten.
Ein Thriller mit Sogwirkung, in dem man spürt, wie Norah manipuliert wird. Manchmal ist es mir zu offensichtlich, eine investigative Journalistin wie die ansonsten taffe Norah fällt mir auf zu viele Dinge herein bzw. merkt nicht, wie sie beeinflusst wird.