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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 622 Bewertungen
Bewertung vom 24.04.2023
Solange wir leben (MP3-Download)
Safier, David

Solange wir leben (MP3-Download)


ausgezeichnet

Zutiefst berührend

„Soll ich ihn ins Grab schubsen? Sie meint den Rabbiner, der am offenen Grab ihres Mannes steht…“ Es sind noch ein paar mehr an Informationen, die ich gleich zu Anfang erfahre. Was für eine Familie! Das denke ich zunächst, aber je mehr ich von David Safier erfahre, denn er ist es, der mir die Geschichte seiner Eltern erzählt, desto mehr verstehe ich sie, desto mehr bin ich ihnen verbunden.

Unterstützt von Vera Teltz und Reinhard Kuhnert hat David Safier das ungekürzte Hörbuch über 11 Stunden und 9 Minuten eingesprochen. Eine mitreißend erzählte Familiengeschichte, die mich ganz tief hat eintauchen lassen in deren Leben voller Höhen und Tiefen. Angefangen von seinem Vater Joschi, als er in Wien studiert, es war das Jahr 1938, hin zu seiner in Bremen ansässigen Mutter Waltraud, vom Kennenlernen und von Waltrauds anderem Verehrer. Das Leben dazwischen war voller Höhenflüge und Abstürze. Aus beiden Perspektiven setzt sich das Gesamtbild zusammen, wobei der Nationalsozialismus und die einhergehende Judenverfolgung Joschis Familie bedroht, während Waltrauds Familie lange Zeit in einem Eisenbahnwaggon wohnen muss. Irgendwann begegnen sich die beiden, er zieht weiter, aber so ganz verlieren sie sich nie aus den Augen.

„So lange wir leben“ werden sie füreinander da sein, so höre ich dies. So manches Mal auch ganz versteckt zwischen den Zeilen, zwischen den Worten. David Safier versteht es meisterhaft, die nicht ganz einfache Geschichte seiner Eltern so einfühlsam und warmherzig, jedoch ohne Gefühlsduselei, zu erzählen. Gelebte Leben in all den Facetten gibt er ungeschönt wieder, Liebe und tiefe Verzweiflung, sich verlassen fühlen und Unverständnis für den anderen haben, aber genauso viel unbändige Freude empfinden und noch vieles mehr, all das vor dem Hintergrund der damaligen Machthaber.

Waltraud war schon Witwe, als sie sich kennenlernten, hatte eine kleine Tochter. Joschi hat lange um sie geworben und irgendwann hat sie ihn erhört, ihr Sohn David wurde geboren. So recht kam Joschi nie auf die Füße, Waltraud war immer die Starke, das Schicksal hat es nicht allzu gut gemeint mit ihnen.

Mich hat dieses packende, zutiefst berührende Hörbuch lang nicht losgelassen. Auch, nachdem die letzten Worte verklungen sind, war ich noch bei ihnen.

Bewertung vom 24.04.2023
Träume aus Eis
Winkler, Franziska

Träume aus Eis


sehr gut

Nette Geschichte rund um das Steckerl-Eis

Wer diese kühle Köstlichkeit liebt, dessen „Träume aus Eis“ werden wohl nie ausgeträumt sein. Franziska Winkler hat mich mit einem Gute-Laune-Song von Bill Ramsey super in den Auftakt ihrer historischen München-Saga eingestimmt, denn „Wumba-Tumba Schokoladeneisverkäufer“ ist ein Ohrwurm, der sich beim Lesen immer mal wieder eingeschlichen hat. Diese kleine Story habe ich vorab aufgeschnappt, hat sich die Autorin doch davon inspirieren lassen, mehr über die Geschichte rund um das Speiseeis zu recherchieren.

Wer kennt sie nicht, die mobilen Eisverkäufer mit ihren Eiswagen, die an heißen Sommertagen in belebten Freizeitparks und wo auch immer sonst noch zu finden sind. Auch Josef Pankofer ist mit seinem italienischen Freund und Partner Mario durch die Straßen Münchens getingelt, doch diese Zeit ist vorbei, Josef eröffnet mit seiner Frau Erna ein kleines Eiscafé, die beiden Töchter helfen natürlich mit und in Fanny haben sie eine tüchtige Hilfe, die überall mit anpackt. Das Glück scheint ihnen hold und doch ist es nicht von Dauer, auch sie spüren die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Das Geld ist knapp, zudem verliebt sich ihre Älteste ausgerechnet in den Spross eines großen Konkurrenten und die jüngere Tochter hat einen schweren Unfall.

„Träume aus Eis“ führt seine Leser fast hundert Jahre zurück, ich hab mich wohlgefühlt im München von damals. Gleich mal lese ich von den Backfischen, von den jungen Mädchen, die schon mal geflunkert haben, wollten sie ins Kino oder sich heimlich mit einem Jungen treffen.

Neben der fiktiven Familiengeschichte erzählt Franziska Winkler von JOPA-Eis, es ist die wahre Geschichte von Josef Pankofer und seinem Steckerl-Eis. Er hat experimentiert, er war ein Tüftler, der nie aufgab. Schöller hat JOPA noch lange weitervertrieben, heute gibt es die Marke nicht mehr.

So einiges habe ich über die Eisherstellung und speziell über das Eis am Stiel erfahren. Die Familienmitglieder waren mir meist sympathisch, auch wenn ich deren Handlungen nicht immer gut heißen konnte. Und doch waren sie mir nah, auch (aber nicht nur) deshalb, weil der Dialekt in gut lesbarer Form dem Ganzen noch mehr Authentizität verleiht.

Josef Pankofer kommt aus einer wohlhabenden Familie, er hat aber die falsche, weil standesmäßig nicht ebenbürtige Frau, geheiratet. Er stand mittellos da, hat sich mit viel Fleiß und noch mehr Enthusiasmus seinen Traum verwirklicht und ist doch immer wieder an seine Grenzen gestoßen. Eine Geschichte, die das Leben schreibt mit Höhen und Tiefen, so wie das Leben eben ist. Josef Pankofers Idee vom Steckerl-Eis und deren Umsetzung sind lebensnah geschildert, die „Träume aus Eis“ geben Einblick in die Gesellschaft von damals, sie sind gut lesbar umgesetzt.

Bewertung vom 20.04.2023
One of the Girls (MP3-Download)
Clarke, Lucy

One of the Girls (MP3-Download)


ausgezeichnet

Spannung pur

„Später werden wir uns nur noch aus einem einzigen Grund an den Junggesellinnenabschied erinnern…“ Diese Aussage zieht sich durch die mitreißende Story und ich rätsle, welche der Girls wohl damit gemeint ist, denn der Klappentext verrät die spätere Leiche auf den Klippen und der Titel lässt auf eine der jungen Frauen schließen. Soweit, so klar. Dass nicht alles so ist, wie es den Anschein hat, wird im Laufe des Hörens sichtbarer und doch hält das Ende eine Überraschung bereit.

Lexis Hochzeit steht an und da wollen es ihre Freundinnen nochmal so richtig krachen lassen. Was hier geschieht, bleibt hier. So haben sie es beschlossen, so soll es sein. Die anfängliche Euphorie hält nicht allzu lange vor, denn diese Tage auf einer griechischen Insel verlieren zunehmend ihre Unbeschwertheit. Nicht alle von Lexis Freundinnen kennen sich untereinander gut, auch prallen unterschiedlichste Charaktere aufeinander. Sommer, Sonne, Alkohol… funktioniert nur bedingt, auch kommt immer mehr an die Oberfläche. Da werden Beziehungen durchleuchtet, Geheimnisse hervorgekramt und sowas wie ein roter Faden zieht sich durch die Beziehungsgeflechte.

Das ungekürzte Hörbuch dauert 11 Stunden und 12 Minuten. Diese Stunden vergingen wie im Flug - Julia von Tettenborn und Corinna Dorenkamp, die beiden Sprecherinnen, sind optimal besetzt. Sie geben jeder einzelnen Figur ihre eigene Note, Eifersüchteleien, Alleingänge und all das Zwischenmenschliche werden gut nachvollziehbar, sehr authentisch, dargeboten. Die Perspektiven wechseln, man lernt sie alle näher kennen und entwickelt dabei Sympathien und lehnt andere in ihrem Auftreten eher ab.

„One of the girls“ entwickelte sofort einen Sog, dem ich mich nicht entziehen konnte und es auch nicht wollte, die Story war und ist von Anfang an spannend. Ein wundervoller Kurzurlaub mit Kuschelfaktor hätte es werden sollen, wenn all die Geheimnisse, Halbwahrheiten und Lügen nicht gewesen wären. So bröckeln nach und nach die Fassaden. Der Weg dahin ist gut durchdacht und glaubhaft dargestellt. Ein durchgehend fesselnder Thriller mit einem Schluss, den ich so nie vermutet hätte.

Bewertung vom 17.04.2023
Seventeen / Die Seventeen Reihe Bd.1
Brownlow, John

Seventeen / Die Seventeen Reihe Bd.1


gut

Als erfolgreicher Drehbuchautor legt John Brownlow mit „Seventeen“ seinen ersten Thriller in Buchform vor, der Nachfolgeband „Eighteen“ ist schon in Arbeit.

ER stellt sich vor ohne eine Spur von Eitelkeit und verspricht, den auf der Innenseite seines Silberringes eingravierten Wortlaut zu verraten. Nur jetzt ist es dafür noch zu früh, wir lernen uns gerade erst kennen. Und ja – ich lerne ihn auf eine nicht sehr angenehme Weise kennen. Er ist in Berlin, in einer Bank, und erledigt seinen Auftrag. Ohne mit der Wimper zu zucken, denn er ist Seventeen, der gefürchtetste Auftragskiller der Welt. Nur sein unmittelbarer Vorgänger – Sixteen - hat überlebt und auch jetzt gilt die Devise: Zwei sind einer zuviel, einer muss eliminiert werden. Das Spiel beginnt.

„Wenn man zum ersten Mal jemanden tötet, bringt man auch den Menschen um, der man bis dahin war.“ So wird es wohl sein, man muss stahlhart sein – jeder Auftrag muss professionell abgearbeitet werden. Was im Endeffekt heißt, zu töten. Jede Regierung der Erde nimmt ihre Dienste in Anspruch.

Und Action! Heißt es viel zu oft, die Schieß- und Verfolgungsszenen sind tonangebend. Natürlich sind die passenden Werkzeuge in Form von Pistolen, Gewehren, Handgranaten und alles, was zum Töten taugt, stets zur Hand oder als passendes Accessoire am Gürtel. Teufelskerle sind sie, keine Verletzung ist zu schwer, als dass sie nicht weiterkämpfen könnten. Seventeen jagt Sixteen oder umgekehrt oder sie jagen gemeinsam und natürlich ist auch immer gleich ein fahrbarer Untersatz mit steckendem Schlüssel genau da, wo sie bedrängt werden und unbedingt abhauen müssen, auch vermisst diese auf nicht ganz legale Weise besorgten Fahrzeuge keiner. Es läuft alles glatt, sie sind eher Maschinen denn Menschen.

Der Klappentext verspricht eine richtig gute Story. Alles beginnt so rasant wie gnadenlos, ich bin dabei. Die anfängliche Euphorie hat sich aber schnell gelegt, es wird zunehmend langatmig mit allgegenwärtigem Gemetzel und Abknallerei. Eine Rahmenhandlung gibt es schon auch, jedoch stehen diese actionreichen Szenen im Vordergrund, alles andere ist eher ein Nebenher. Meine Nerven werden nie strapaziert, auch über die grausamsten Szenen lese ich drüber hinweg. Ja, ich mag Thriller, sie dürfen blutig sein, grausam und sogar widerlich. „Seventeen“ ist im Stile der amerikanischen Serien mit schnellen Szenenwechseln angelegt, durchaus gut zu lesen. Allerdings hat mich die Story nicht gefesselt, ich habe das Buch mehrmals ohne Bedauern zur Seite gelegt, was ich bei Thrillern nicht unbedingt mache. Trotz allem ist dieser Agententhriller leicht und schnell zu lesen, meine anfängliche Euphorie, die durchaus vorhanden war, hat sich zunehmend gelegt, den Nachfolgeband überlasse ich gerne anderen.

Bewertung vom 16.04.2023
Sturm über Triest
Neuwirth, Günter

Sturm über Triest


ausgezeichnet

Eine in jeglicher Hinsicht stürmische Reise nach Triest

Nachdem ich Bruno Zabini, Inspector I. Klasse im k.u.k. Polizeiagenteninstitut von Triest, kürzlich im „Caffè in Triest“ getroffen und schätzen gelernt habe, begleite ich ihn natürlich auch bei diesem „Sturm über Triest“. Es ist der dritte und bedauerlicherweise letzte Teil um Bruno, der „Dampfer ab Triest“ war der Auftakt dieser Trilogie, die Günter Neuwirth so unterhaltsam wie historisch gut recherchiert darbietet.

Wir schreiben das Jahr 1907, es ist der 3. November, ein Sonntag. Nicht nur der Scirocco tobt über der Stadt, auch sind Agenten jeglicher Couleur unterwegs. Russen, Engländer, Franzosen, Italiener, auch Amerikaner tummeln sich hier, sie alle haben es auf gewisse Pläne abgesehen. Bruno war beurlaubt und kaum ist er wieder im Dienst, wird auf den Gleisen ein Toter gefunden. Es ist nicht irgendein Toter, nein. Er war Schiffbau-Ingenieur, das Land braucht neue Schlachtschiffe. Welche Bewandtnis es mit ihm hat, weshalb ihm vermutlich nach dem Leben getrachtet wurde, wird lange nicht gesehen. Oder hat Lainer, so der Tote, doch nichts mit den Agenten und den Geheimdiensten zu tun?

Neben den sehr fordernden beruflichen Belangen ist Brunos Privatleben schon auch Thema. Und das hat es in sich, er ist charmant, äußerst unterhaltsam und sehr begehrt. Ich treffe in Brunos Umfeld alte Bekannte, natürlich auch Fedora und Luise. Beiden ist er sehr nahe, sie verstehen sich auch untereinander gut. Und beide Frauen haben ihre eigenen Probleme, von denen ich hier auch so einiges erfahre. Und da ist noch eine gewisse Gräfin, sie kreuzt seinen Weg nicht nur in seiner Funktion als Polizeiagent.

Günter Neuwirth verwebt gekonnt Fiktives mit Historischem. Letzteres ist gut recherchiert, ich habe in seinen Büchern so manches dazugelernt und das auf sehr unterhaltsame Weise. Und nicht nur das, auch passt er seinen Schreibstil perfekt der Zeit von anno dazumal an, was aber den Lesefluss so gar nicht stört, eher im Gegenteil. Durch diese Anpassung, die beileibe nicht altbacken daherkommt, wird die nuancenreiche Story noch glaubwürdiger, weil authentisch.

Nebenbei bemerkt, gefällt mir das Personenverzeichnis, das vor das Geschehen gedruckt ist. Gegliedert ist dies in Brunos privatem Umfeld, der Triester Polizei und den wichtigsten Akteuren. So kommt man schnell in die Story und hat gleich mal einen guten Überblick. Auch das Cover vermittelt einen ersten Eindruck sowohl in die Thematik als auch in diese Zeit.

Ja, es geht in vielerlei Hinsicht stürmisch zu. Sowohl in Brunos Heimatstadt als auch in seinem Privatleben. Nun heißt es Abschied nehmen von Bruno, mein Aufenthalt in Triest war trotz des tobenden Agentenkrieges und den nicht nur witterungsbedingt stürmisch bis frostigen Verhältnissen sehr angenehm. Das nunmehr dritte Mal hat Inspector Bruno Zabini im diesmal stürmischen Triest ermittelt, es ist der gelungene Abschluss der Trilogie um den Polizeiagenten in seinem Triest.

Bewertung vom 14.04.2023
Totes Moor / Janosch Janssen ermittelt Bd.1 (eBook, ePUB)
Engels, Lars

Totes Moor / Janosch Janssen ermittelt Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Wer kennt sie nicht, die Schauermärchen über das Moor. Das Rote Moor in der Rhön ist Schauplatz dieses wendungsreichen, dieses spannungsgeladenen Krimis. „Totes Moor“ ist der Auftaktband einer neuen Krimireihe um den jungen Kriminalkommissar Janosch Janssen.

Bedrückend geht es los, als zwei Wanderer am Rande des Moores ein Licht sehen und darunter einen Menschen vermuten. Nachdem die Leiche geborgen wurde, ist deren Identität schnell geklärt. Es handelt sich um die vor Jahren spurlos verschwundene Matilda Nolte.

Janosch, der sich wieder in seinen Heimatort hat versetzen lassen, um sich um seine kranke Mutter zu kümmern, hat Matilda gekannt und nicht nur das, sie war sein heimlicher Jugendschwarm. Der Schock sitzt tief und natürlich will er wissen, was sich damals zugetragen hat. Denn sein inzwischen verstorbener Vater galt als Hauptverdächtiger. Die Soko Rotes Moor unter der Federführung von Diana Quester will Janosch zunächst nicht in die Ermittlungen einbinden, also geht er für sich alleine den damaligen Spuren nach. Nachdem er so einiges herausgefunden hat, bleibt Diana nichts anderes übrig, als ihn dann doch ins Team zu holen.

Neben den immer wieder ins Leere laufenden Ermittlungen lese ich in Rückblicken von damals. Die kursiv gedruckten, eher kurz gehaltenen Momente aus der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf ihren Mörder zu. Nur soviel wissen sie nach der Obduktion, dass Matilda wahrscheinlich an 14 Stichen im Bauchbereich starb. Aber wer hat sie getötet?

Janosch habe ich gleich gemocht, er ist ein sehr umgänglicher Typ und ein exzellenter Polizist dazu. Das muss – wenn auch zähneknirschend – sogar Diana einsehen, wenn auch nicht durchgängig. Schon damals, als Matilda verschwand, hat sie mit wenig Erfolg ermittelt und auch jetzt tappt sie des Öfteren im Dunkeln, was sie mit Härte und Chuzpe zu überspielen versucht. Sie ist eine unangenehme Person, die sich oftmals selbst zu wichtig nimmt.

Das Kriminalistische steht im Vordergrund, mit eingeflochten ist auch Privates, das Gesamtpotpourri ist ein gelungenes Ganzes. Die Charaktere, allen voran die beiden Vorgenannten, sind gut gezeichnet, sie haben Biss und Durchsetzungsvermögen, jeder auf seine ganz spezielle Art. Die Spannung ist durchgehend da, der Lösung meint man nahe zu sein und doch lässt sie lange auf sich warten, es gibt so etliche Wendungen, so manche Spur verläuft ins Nichts. Diesen ersten Fall für Janosch Janssen habe ich am Stück gelesen, es war ein spannender Einstieg in die Krimireihe und freue ich mich auf die Folgebände.

Bewertung vom 12.04.2023
Der tote Berliner
Fuchs, Robin

Der tote Berliner


sehr gut

Maike Pech und Zoe Iyeke Schwäfel ermitteln wieder, wobei hier Maike im Vordergrund steht.

In Niederteerbach ist der Karneval los, wenngleich Maike diesen närrischen Tagen nicht allzu viel abgewinnen kann. Muss sie auch nicht, denn in der heruntergekommenen Pension von Tobias Raibach findet der Neffe des Besitzers beim Putzen einen älteren Mann mit eingeschlagenem Schädel. Ein Fall für Maike Pech und ihr Team. Der Tote, ein Berliner, war Anwalt, spezialisiert auf die Opfer der ehemaligen DDR.

Die Berliner sind hier ganz vorne dabei. Gleich mal passiert Maike mit der essbaren Variante ein Missgeschick, ein gut sichtbarer Marmeladenfleck ziert ihr Oberteil. Zum Umziehen bleibt keine Zeit, sie muss zum Flughafen und einen Berliner Kollegen abholen. Es berlinert sozusagen ganz schön heftig.

Mit viel Witz schafft es auch Maike diesmal, unterstützt von ihrem durchaus charmanten Kollegen aus der Hauptstadt, den Fall um den toten Berliner aufzuklären. Die beiden haben einen Draht zueinander, wenngleich sie sich Wortgefechte vom Feinsten liefern. Ich mag diese feine Ironie, diese gezielten Spitzen, die auflockernd wirken. Ihre Ermittlungen führen weit zurück, sie sind nicht nur einmal in Gefahr und entkommen knapp einem allzu perfiden Plan.

Schon „Die Tote in der Wand“ habe ich mit Begeisterung und einem breiten Schmunzeln gelesen, dieser „Tote Berliner“ steht dem in nichts nach. Ein gelungener Cosy Crime, der auch ohne Vorkenntnisse gelesen werden kann. Das Autorenteam, das sich Robin Fuchs nennt, hat noch mehr auf Lager, ich werde bestimmt auch die nächsten Folgen lesen.

Bewertung vom 11.04.2023
Wahnspiel
Eisfeld, Kilian

Wahnspiel


ausgezeichnet

Eine sehr beklemmende Szene bekomme ich gleich mal vorgesetzt. Da schwingt einer einen Baseballschläger, das Gesicht gleicht eher einem glupschäugigen Frosch, die Jeans schlackert um seine dünnen Beine, dazu der schwarze Hoodie… Wer filmt da? Und wer hat diesen Clip ins Netz gestellt? Schon der Prolog lässt Schreckliches ahnen.

Das „Wahnspiel“ hat viele Darsteller, die beiden Hauptakteure werden mir auf der vorderen und der hinteren Innenseite des Umschlags in Stichpunkten vorgestellt. Sofija Marković ist Kriminalhauptkommissarin, sie leitet die spätere Soko und holt zur Verstärkung ihres Teams den Kriminaloberkommissar Alexander Schwerdt dazu. Zwei ganz und gar gegensätzliche Typen, die sich nicht besonders mögen und sich doch ergänzen, auch wenn dies nicht unbedingt auf den ersten Blick sichtbar wird.

Dass Lukas Schneider vorzeitig aus der Haft entlassen wird, passt einer gewissen Klientel so gar nicht. Die Hater sind online unterwegs und nicht nur das, bald auch stehen sie vor seiner Tür, die Bedrohung ist real. Als dann Schneider spurlos verschwindet und durch Zufall seine rechte Hand gefunden wird, nimmt der Wahnsinn seinen Lauf. Der Fall gestaltet sich sehr komplex, auch bleibt es beileibe nicht bei dem einen Vermissten und auch nicht bei dem einen grausigen Fund.

Es ist ein durchaus realistisches Szenario, im Schutze der Anonymität werden Hassparolen und Tötungsphantasien auf die Spitze getrieben. Und nicht nur Schneider bekommt dies zu spüren, auch die Ermittler, allen voran Alex, geraten ins Fadenkreuz. Daneben tritt eine Burschenschaft in den Fokus, so etlichen zwielichtigen Gestalten ist nicht zu trauen bzw. ist ihnen alles zuzutrauen, auch spielt der Rechtsradikalismus mit hinein.

Die umfangreichen Ermittlungen stehen im Vordergrund, ganz klar. Und doch lässt Kilian Eisfeld seine Leser auch ein wenig hinter die privaten Kulissen der Kommissare mit all ihren Schwächen, mit ihren Vorlieben und so manchen Macken blicken. Es sind durchaus auch launige Momente dabei, wenn etwa Alex seine Katze als Massenmörder entlarvt oder Sofija lapidar meint, dass man in die Steckdose greifen sollte, wenn man Spannung haben möchte, schließlich sind sie Beamte. Diese kleinen, humorigen Spitzen lockern das sehr bedrückende, grausame Spiel auf.

Es ist der erste Fall für die Heidelberger Kommissare und auch der erste Kriminalroman aus der Feder von Kilian Eisfeld, dessen historische Romane ich schätze. Diese schreibt er als Daniel Wolf, sehr unterhaltsam, sehr kurzweilig - was auch für diesen seinen ersten Krimi gilt. Ich hoffe, dass das Duo Alex Schwerdt und Sofija Marković bald wieder ermittelt, ich würde mich freuen.

Bewertung vom 11.04.2023
Lemmings Blues
Slupetzky, Stefan

Lemmings Blues


ausgezeichnet

„Nichts ist, wie es scheint, und alles ist vielleicht ganz anders. Aber sicher ist das nicht.“ Nein, sicher ist gar nichts, aber möglich ist alles, meistens zumindest. Ein wenig verschwurbelt? Ja, schon. Es gibt noch etliche dieser Sätze, auch solche, die man ohne groß nachzudenken sofort versteht.

Der Lemming ist ein Wiener durch und durch. Er, der ehemalige Polizist, betreibt mit seinem Spezl eine Agentur. Seit nunmehr drei Jahren sind der Lemming und sein Partner Polivka detektivisch unterwegs. Alle sind ausgeflogen, nur er hält die Stellung. Seine Familie ist gen Amsterdam aufgebrochen, auch Polivka wandelt auf Freiersfüßen, als die Tür aufgeht, eine Frau in Blau hereinstürmt und ihm einen Mops regelrecht aufzwingt. So schnell kann er gar nicht schauen, ist sie wieder weg. Was war das? Und wer spricht da? Halluziniert er? Nein, es war der Mops…

Sehr unterhaltsam, sehr mysteriös und launig starte ich in „Lemmings Blues“. Auf humorige Weise sind die brennenden Themen unserer Zeit benannt. Sei es der Krieg in Osteuropa, das Virus und die Pandemie oder gar der „alternde, mit Botox aufgespritzte Rottweiler…“ und noch so vieles mehr. Man weiß sofort, was und wer hier gemeint ist.

Und ganz nebenbei gibt es auch noch eine Leiche, da ist detektivischer Spürsinn gefragt. Auch ist so mancher Verschwörungstheoretiker unterwegs, Action gibt es reichlich. Stefan Slupetzkys Schreibstil ist witzig, spritzig, schräg und immer unterhaltsam. Der Ton ändert sich minimal, als es in Richtung Verschwörung geht. Für mich ist diese ganze Thematik eher hanebüchen, eine gewisse Klientel jedoch verbreitet diese und ist sogar noch von diesen kruden Ideen überzeugt. All dies ist eingebettet in die Story um den Mops, der von gewissen Leuten unbedingt gefunden werden muss. Warum, das wird zunehmen klarer.

Ein kurzweiliger, zudem sehr vergnüglicher Lesespaß mit durchaus ernstem Hintergrund. Diese Reise nach Wien und hier unterwegs mit dem Lemming hat sich allemal gelohnt.

Bewertung vom 09.04.2023
Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1
Bonetto, Andrea

Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1


sehr gut

Vito Grassi ist mit seinem roten Flitzer unterwegs nach Ligurien, er hat hier ein Haus geerbt. Direkt an der Küste der so malerisch gelegenen fünf Bergdörfer, der Cinque Terre, bin auch ich gedanklich bei Vito, ich mache es mir auf dem Beifahrersitz seines Elektroautos gemütlich und betrachte mir dabei das Buch näher. Es lohnt sich allemal, ist doch auf der aufklappbaren hinteren Innenseite eine Karte von diesem Küstenabschnitt zu finden. Von La Spezia bis hinauf nach Sestri liegen diese doch sehr bekannten Orte am Ligurischen Meer. Der Autor kennt sich hier aus, er lebt und schreibt hier. Im Innenteil des vorderen Umschlags beantwortet Andrea Bonetto Fragen zu seiner Hauptfigur, zu Spannungsliteratur und zu Italien überhaupt, dem la dolce vita und noch mehr.

Ein wenig Fernweh ist schon auch dabei, während ich mich mit Vito an die Aufklärung der zwei Mordfälle mache. Denn nachdem der Commissario endlich das Haus gefunden und die engen Straßen bezwungen hat, wird er erstmal mit Toni konfrontiert. Und ja, er weiß schon, dass Toni das Haus hütet, aber er erwartet logischerweise einen Mann…

Das Private wird aufs unterhaltsamste dargestellt, aber er hat zu ermitteln. Und das zunächst zu einem Todesfall, der viele Rätsel aufgibt. Daneben hat er auch noch seine neuen Kollegen und Kolleginnen, auch hier muss Vito sich erst beweisen. Mit diesem ersten Todesfall kommen sie nicht recht vorwärts, da wird auch schon eine zweite Leiche eher durch Zufall entdeckt.

Die Ermittlungen und das private Geplänkel vermengen sich. Zuweilen hatte ich eher das Gefühl, dass sich die Story nach dem unterhaltsamen Auftakt zieht, sie eher dahinplätschert. Zwar nicht uninteressant, die kriminalistischen Elemente waren meist da und doch wollte ich mehr, wollte weiter, wollte die Ermittlungen vorantreiben.

Die Charaktere, allen voran Vito und Toni, sind gut nachvollziehbar gezeichnet, sie haben genug Ecken und Kanten – beide. Der Ligurien-Krimi zeichnet sich aus durch Lokalkolorit, neben den beiden Hauptakteuren mischen noch so einige andere mit, denen ich nicht näher gekommen bin, sie blieben letztendlich blass. Die Story lebt mit und durch den Commissario Vito Grassi und der eher verschlossenen, oftmals bärbeißigen Toni. Alles in allem ein kurzweiliger Trip in eine wunderschöne Gegend, ein Ligurien-Krimi, der gelesen werden will. Und gerne bin ich bei Vitos nächstem Fall wieder dabei.