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Benedikt Bögle

Bewertungen

Insgesamt 406 Bewertungen
Bewertung vom 16.11.2019
Arbeitsrecht im Wandel der Zeit
Richardi, Reinhard

Arbeitsrecht im Wandel der Zeit


ausgezeichnet

Das Arbeitsrecht, wie es heute ist, gehört zu einem der seltsamsten Rechtsgebiete, wenn man das so formulieren darf. Die Rechtsnormen finden sich höchst verstreut. So findet sich die grundlegende Norm zum Arbeitsrecht im BGB (§ 611a), während sich zum besonderen Kündigungsschutz Normen im SGB IX. Buch oder im Mutterschutzgesetz finden. Der Mindestlohn ist in seinem eigenen Buch geregelt, ebenso die Betriebsverfassung. Für manche, durchaus wichtige Fragestellungen, findet sich gleich gar keine Norm: So etwa kann ein Arbeitnehmer nach ganz herrschender Meinung verlangen, eine unrechtmäßige Abmahnung aus seinen Unterlagen zu entfernen. Nur: woraus?

Dieser "Flickenteppich" spiegelt in gewisser Weise die Geschichte des Arbeitsrechts in Deutschland wieder. Der emeritierte Professor für Arbeitsrecht Reinhard Richardi geht dieser Geschichte nun in einem eigenen Band nach: "Arbeitsrecht im Wandel der Zeit. Chronik des deutschen Arbeitsrechts" ist bei C.H. Beck erschienen. Der Professor beginnt bei den Beratschlagungen zum BGB und zeigt, dass schon damals überlegt wurde, das Arbeitsrecht in das BGB einzubetten, dies aber letztlich nicht durchgeführt wurde.

Es folgen historische Abrisse aus der Weimarer Republik, aus der Zeit des Nationalsozialismus, der BRD bis zur und nach der Wende. Ein spannendes Buch, hervorragend geschrieben, sicherlich für Fachleute interessant - aber auch darüber hinaus einem interessierten Publikum sehr zu empfehlen.

Bewertung vom 16.11.2019
Fontes Christiani 4. Folge
Tertullian

Fontes Christiani 4. Folge


ausgezeichnet

Die Irrlehre des Markion von Sinope war für die alte Kirche mit Sicherheit eine der wichtigsten Irrlehren. Der Schiffsreeder vom schwarzen Meer behauptete, der Gott, von dem das Alte Testament spricht, sei nicht der Gott Jesu Christi. Um zwei verschiedene Götter musste es sich folglich handeln: Der eine hatte die Welt erschaffen, der andere war der Gott, von dem Jesus Christus sprach. Diese Lehre war dogmatisch sehr gefährlich, gerade auch, weil die Schöpfung als böse und minderwertig abgetan wurde. Gleichzeitig aber war die Lehre für die Kirche sehr wichtig, weil sie gerade in Beschäftigung mit diesen Thesen immer sicherer wurde, die Heilige Schrift Israels auch künftig zum Basis des christlichen Glaubens zu machen.

Der Theologe Tertullian beschäftigte sich mit Markion und versuchte, ihn in seiner berühmten Schrift "Adversus Marcionem", "Gegen Markion" inhaltlich zu widerlegen. In vier Bänden ist diese Schrift auf Lateinisch und Deutsch bei Herder erschienen. Der erste Band enthält eine sehr umfangreiche Einleitung von Volker Lukas, der das Werk auch übersetzt hat. Es folgt der erste Teil der Schrift.

Tertullian gibt sich Mühe, einerseits Markion als Person despektierlich zu machen, andererseits aber den Glauben an zwei Götter diskursiv zu wiederlegen. So führt er etwa aus, der Gedanke an zwei Götter sei widersinnig. Gott müsse als das Allergrößte gedacht werden. Sobald es aber zwei Götter gebe, sei keiner der beiden mehr der "Allergrößte", müsse er doch den ersten Platz mit einem anderen teilen. So geht es weiter: Tertullian verstößt die Lehre vom bösen Schöpfergott, wehrt sich gegen die Abwertung der Sexualität bei Markion und seinen Nachfolgern und zeigt auf, dass sich der eine wahre Gott nicht erst in Jesus Christus offenbart haben kann, sondern dies schon vorher geschehen sein muss.

Der Band zeigt die antike Diskussion um den wahren Glauben auf. Gerade in den ersten Jahrhunderten rangen die Christen eindringlich um die Frage, was der wahre Glaube, was die wahre Interpretation des Christentums sei. Einen wichtigen Baustein liefert dazu eben nicht nur die Lehre des Markion, sondern gerade die Erwiderung auf ihn.

Bewertung vom 16.11.2019
Maria Magdalena
Martini, Carlo Maria

Maria Magdalena


sehr gut

Maria Magdalena war sich im Lauf der Kirchengeschichte immer besonderen Interesses sicher. Das lag wohl auch daran, dass für die Evangelien die große Bedeutung dieser Frau feststeht, wir aber kaum mehr über sie wissen. Dürfen wir sie mit einer Prostituierten gleichsetzten oder nicht? Ist sie die Frau mit den sieben Dämonen oder nicht? So blass Maria bleibt, so sehr wird ihre Person etwa im Johannesevangelium auch mit Leben erfüllt. Maria ist die Zeugin der Auferstehung, sie trägt die frohe Botschaft weiter an ihre Jünger. Das hat ihr auch den Titel "Apostelin der Apostel" eingetragen. Eine Beschäftigung der besonderen Art bietet ein neu Patmos erschienenes Werk des verstorbenen Carlo Maria Martini: "Maria Magdalena. Von der Liebe im Übermaß".

Es handelt sich dabei um die Niederschrift von Vorträgen, die der Kardinal zwischen den Jahren 2006 und 2007 im Rahmen von Exerzitien für Frauen des "Ordo Virginum" aus Mailand in Israel gehalten hat. Sie sind nun zum ersten Mal in deutscher Übersetzung erschienen. Den Texten merkt man den Charakter der geistlichen Begleitung sicherlich an - es handelt sich weder um eine bibelwissenschaftliche noch um eine kirchenhistorische Arbeit. Der Kardinal macht sich vielmehr auf die Suche nach den Spuren der Maria Magdalena, fragt, was die Schrift denn eigentlich über diese wichtige Frau zu sagen hat.

Sodann entfaltet er einzelne Aspekte der Heiligen und fragt nach ihrem Vorbild für die heutige Zeit. Der Band bietet sich für private Exerzitien an, als Lesebuch oder auch einfach als Entdeckungsreise auf den Spuren der Apostelin der Apostel. Es ist ein Leitfaden für die Freundschaft mit Jesus - und für die Liebe im Übermaß.

Bewertung vom 16.11.2019
Handbüchlein der Moral
Epiktet

Handbüchlein der Moral


ausgezeichnet

Die Philosophie der antiken Stoa übt bis heute einen gewissen Reiz auf die Menschen aus. Große Philosophen stehen für diesen Versuch, die eigenen Begierden und Leidenschaften zu bekämpfen und mit Gelassenheit den Widrigkeiten des Lebens zu begegnen. Einer der wichtigsten Vertreter der Stoa war Epiktet. Er war Sklave, wurde freigelassen und lehrte als Philosoph die Gedanken der Stoa.

In seinem "Handbüchlein der Moral", das bei Reclam erschienen ist, versammeln sich Aphorismen, die ein Schüler des Meisters gesammelt hat und die seine stoische Philosophie widerspiegeln, den Versuch, dem Leid regungslos zu begegnen. Diese Philosophie wurde viel bewundert, gleichzeitig zeigt sie aber bei Epiktet auch eine unmenschliche Seite. Der Philosoph lehrt etwa, auch dem Tod geliebter Angehöriger mit Gleichmut zu begegnen. Sicherlich, das mag Leid verhindern. Aber ist es menschlich?

So oder so: Die stoische Philosophie hat über zweitausend Jahre hinweg immer wieder Anhänger gefunden, die sich mit ihrer Hilfe auf die Suche nach einem Leben ohne Leid machen wollten. Auch heute dürfte diese Philosophie für viele attraktiv bleiben. Wer einen Vorgeschmack haben möchte, kann sich gut an diesen dünnen, einführenden Band halten.

Bewertung vom 16.11.2019
Selbstbetrachtungen
Marc Aurel

Selbstbetrachtungen


ausgezeichnet

Marc Aurel dürfte mit Sicherheit zu den eher bekannteren Kaisern der römischen Geschichte gehören. Das liegt sicherlich auch an seinem berühmten Werk: Den "Selbstbetrachtungen", die im Griechischen schlicht den Namen "Über sich selbst" tragen. Eine neue Ausgabe dieses Klassikers ist nun im Reclam-Verlag erschienen. Es bietet neben dem Text umfangreiche Anmerkungen, ein Nachwort von Gernot Krapinger und den Nachdruck eines Essays von Bundeskanzler a.D. Helmut Schmidt.

Marc Aurel wurde 161 Kaiser im römischen Weltreich. In seinen Selbstbetrachtungen reiht er Aphorismen aneinander. die Ausdruck der stoischen Philosophie sind, der es beständig darum geht, die Leidenschaften des Menschen gelassen zu ertragen, beinahe zu ignorieren. Gleichzeitig spielt Pflichtbewusstsein und Verantwortung eine große Rolle für den Kaiser und seine Ausführungen. Dabei war er mit Sicherheit nicht nur ein Mensch, dem Bewunderung gezollt werden konnte oder kann. Das beschreibt besonders das Nachwort Helmut Schmidts, der schon zur Konfirmation einen Band der Selbstbetrachtungen bekommen hatte.

Der Altkanzler schrieb in seinem Aufsatz aus dem Jahr 2015 für die Zeit: "Marc Aurel ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Bild eines Menschen im Lauf der Geschichte sich vollkommen ablösen kann von der historischen Figur." Für uns der Philosophenkaiser, für seine Zeitgenossen aber der Mann, der wieder extensiv Krieg führte, um vermeintlich das Reich zu stabilisieren. Und dennoch wurden seine Selbstbetrachtungen, eigentlich wohl gar nicht für eine Veröffentlichung gedacht, zum Klassiker der Weltliteratur.

Bewertung vom 15.11.2019
Im Dienst der Zuversicht
Ferstl, Franz

Im Dienst der Zuversicht


ausgezeichnet

Das Zweite Vatikanische Konzil entdeckte das Amt des Diakons neu. Der Diakon stellt eine der drei Weihestufen dar. Das bedeutet: Jeder Priester wurde zum Diakon geweiht, ebenso jeder Bischof. Vor dem Konzil war das Diakonat nur eine Zwischenstufe zur Priesterweihe, oft lagen nur wenige Wochen zwischen den beiden Weihen. Das Konzil entdeckte den Dienst des Diakons neu - in der Folge wurden wieder "ständige Diakone" geweiht; Männer, deren Ziel die Priesterweihe nicht ist. Männer, die auch verheiratet sein dürfen, eine Familie haben. Vor 50 Jahren wurde der ständige Diakonat in Österreich eingeführt - aus diesem Anlass ist bei Tyrolia ein Band zum Diakonat erschienen: "Im Dienst der Zuversicht. Das Amt des Diakons: Entwicklungen - Erfahrungen - Perspektiven" von Franz Ferstl, selbst seit 33 Jahren ständiger Diakon.

Ferstl entwickelt zunächst die Geschichte des Diakonats. Daraufhin stellt er das Besondere am Dienst des Diakons heraus, der - zumindest in den meisten Fällen - eben auch Ehemann und Vater ist. So entsteht eine Spiritualität des Diakons, der in seiner eigenen Familie Kirche zu leben versucht, der das im Kleinen vorlebt, was er nach Außen verkündet. Es folgen Ausführungen zum Wesen des Dienstes, zu Berufung und Weihe sowie zum Dienst des Diakons in den Handlungsfeldern der Kirche. Ein tolles Buch, das zwar ganz allgemein über den Diakonat spricht, zugleich jedoch angereichert ist durch das persönliche Zeugnis des Autors.

Bewertung vom 15.11.2019
Der Diakonat

Der Diakonat


ausgezeichnet

Der Diakonat wurde erst kürzlich wieder in den Mittelpunkt der kirchlichen Diskussion gestellt, als Papst Franziskus die Möglichkeit prüfen ließ, Frauen der Tradition der Kirche entsprechend zu Diakonissen zu weihen. Dabei könnte die Frage nach dem Diakonat auch in anderen Zusammenhängen interessant sein; so etwa als Teil einer Antwort auf den Priestermangel in Westeuropa. Wer sich ausführlicher mit der Thematik beschäftigen möchte, kann sich nun an einen bei Pustet erschienenen Sammelband halten: "Der Diakonat. Geschichte und Theologie" wurde von Manfred Hauke und Helmut Hoping herausgegeben.

Die Beiträge entstammen einem Symposium unter dem Titel "Das spezifische Profil des Diakonats", das 2014 in Lugano stattfand. Die einzelnen Aufsätze spannen dabei einen weiten Bogen: So geht es um die "Wiederentdeckung" des Diakonats auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil, die biblische Grundlegung, die Rolle des Diakons im Leben der Kirche oder auch die Geschichte der Diakonissen. Andere Aufsätze dürften wohl eher einem etwas spezielleren Publikum entgegenkommen, so etwa die Diakone bei den kappadokischen Vätern oder das Amt des Diakons gemäß dem Zeugnis der byzantinischen Liturgie. Insgesamt jedoch bietet dieser Sammelband jedem etwas, der sich näher mit dem Diakon, seinem Amt und seiner Geschichte auseinandersetzen möchte.

Bewertung vom 14.11.2019
Zivilprozessrecht
Schreiber, Klaus;Zeiss, Walter

Zivilprozessrecht


ausgezeichnet

Ein hervorragendes Lehrbuch zum Zivilprozessrecht haben Walter Zeiss und Klaus Schreiber bereits in 12. Auflage herausgebracht: "Zivilprozessrecht" ist bei Mohr Siebeck erschienen. Dieses Lehrbuch kann nur empfohlen werden. Der Stoff der ZPO wird in insgesamt 93 Paragraphen wiedergegeben. Diese sehr feine Gliederung ermöglicht jederzeit eine hervorragende Orientierung in dem Werk. Das ist besonders für Studenten freundlich, die sich doch meist in der der ZPO nicht so selbstverständlich bewegen können wie etwa im BGB oder im StGB - die Gliederung der Buches kommt dem stark entgegen.

Doch auch inhaltlich überzeugt das Lehrbuch vollauf. Die Autoren arbeiten bemerkenswert viel mit kleinen Beispielsfällen, die die doch etwas trockene Materie veranschaulichen und so einen raschen Einstieg ermöglichen. Ein Lehrbuch das nur zu empfehlen ist - wie überhaupt die gesamte Lehrbuch-Reihe des Mohr Siebeck Verlags. Lediglich ein paar Schemata oder Definitionen zum Ende des Bandes hätte man sich noch wünschen können.

Bewertung vom 14.11.2019
Relevante Theologie

Relevante Theologie


ausgezeichnet

Hat die Theologie noch Relevanz? Ist es noch von Bedeutung, was Theologen erforschen und lehren, was Studenten in einem mehrjährigen Studium lernen? Die Antwort: Ja. Das beweist eindrücklich ein bei Grünewald erschienener Band: "Relevante Theologie. Veritatis gaudium - die kulturelle Revolution von Papst Franziskus" wurde von Annette Schavan herausgegeben. Der Anlass ist eben dieses Schreiben: Veritas gaudium, das sich mit der Rolle der Theologie beschäftigt. Zahlreiche Autoren setzten sich im vorliegenden Sammelband mit dem Schreiben, aber auch ganz allgemein mit der Frage nach einer Relevanz der Theologie auseinander.

So beginnt etwa der Münchner Jesuit Andreas Batlogg mit einer Reflexion der "Freude" im Pontifikat von Papst Franziskus. Ein Abschnitt aus diesem Aufsatz erscheint besonders bedenkenswert: "Theologie, der spiritueller Tiefgang abgeht, Theologie, die nicht durchbetet, durchmeditiert, manchmal auch durchlitten ist - so pathetisch das aufs Erste klingt -, bleibt steril, weil sie den "Duft des Evangeliums" (EG 39) verloren hat."

Es folgen Anmerkungen zur Theologie aus wirtschaftswissenschaftlicher und auch aus naturwissenschaftlicher Perspektive. Die Perspektiven sind ökumenisch und innerkahtolisch, stehen mal mehr, mal weniger im Dialog mit dem Schreiben des Papstes - zeigen aber allesamt: Theologie ist relevant und wird es auch bleiben. Ein interessanter Sammelband. Schade nur, dass ständig über das Schreiben von Papst Franziskus gesprochen wird, ohne das dies - wenigstens in Auszügen - abgedruckt wäre.