Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
nil_liest
Wohnort: 
Frankfurt

Bewertungen

Insgesamt 717 Bewertungen
Bewertung vom 09.12.2022
Die Kunst des Verschwindens
Raabe, Melanie

Die Kunst des Verschwindens


ausgezeichnet

Seelenverwandte

Berlin, zwischen den Jahren, zwei Frauen treffen sich zufällig. Die Eine ein mega Weltstar, denn sie ist eine Schauspielerin aus Hollywood, die jeder kennt: Ellen. Die Andere eine nicht prominente Fotografin, deren Mutter bei einem Schiffsunglück ums Leben kann: Nico. Nico hat auch noch zu allem Übel„Kurt“, so nennt sie ihren Gehirntumor. Nun feiern die beiden Silvester und stellen vieles fest, wie das erstaunliche Zusammenfallen ihrer Geburtstage – gleicher Tag, gleiches Jahr! Wie eben Zwillinge ohne Verwandtschaft. Da wundert es nicht, dass der erste Arbeitstitel dieses Romans „Zwillinge“ hieß. Die beiden verbindet etwas. Wenn sie zusammen sind passiert Merkwürdiges. Beide hängen dem Gedanken nach, dass man das Leben der anderen leben könnte, hätten sie sich in der Vergangenheit jeweils für andere Lebenswege entschieden. Tja, und dann ist Ellen wie vom Erdboden verschwunden und Nico sucht natürlich.
Ich bin keine Thriller-Leserin und hatte daher diesen Roman nicht auf dem Schirm, aber was Melanie Raabe hier macht ist ein absoluter Genre-Mix. Es passt in keinerlei Schublade und genau aus diesem Grund so gut lesbar und überzeugend.
Eine Geschichte über Verbundenheit mit anderen, Freundschaft, wie Ruhm eine Belastung sein kann, was zählt wirklich im Leben, wie Endlich unser Dasein ist und wie man an den Punkt des Lebens kam an dem man gerade ist. Viele Themen werden eingebaut und angerissen. Auch der Umgang mit Frauen und die despektierliche Art der Social-Media-Kanäle. Alles drin und dazu noch spannend. Klar, auch ein Hauch von Surrealismus ist eingestreut, aber passt gut!
Mich hat dieser Roman bestens unterhalten!

Bewertung vom 06.12.2022
Prosaische Passionen
Kegel, Sandra

Prosaische Passionen


ausgezeichnet

Kaleidoskop der weiblichen Literatur

Diese Anthologie über große Literatinnen ist eine wahre Freude und in der Tat umfangreich! Es enthält 101 Kurzgeschichten von 101 Autorinnen aus aller Welt. Es sind Übersetzungen aus 25 Sprachen und hier ist spannend, dass es Kurzgeschichten in dieser Sammlung gibt, die bisher noch nicht ins Deutsche übertragen wurden. Genauso gibt es auch Neuübersetzungen.
Weibliche Literatur ist hier geballt zu finden und ist ein Gegengewicht zu der doch dominierenden männlichen Schreibkunst, die wir alle kennen aus dem letzten Jahrhundert. Dieses Buch zeigt uns was es noch zu entdecken gibt, eine unerwartete Fülle und Variation. Und vor allem nicht nur in Europa, ein Bild der globalen weiblichen literarischen Schaffenskunst. Natürlich liegt mit dieser Anthologie nur ein Ausschnitt der schieren Vielfalt vor und es wurden die Geburtsjahrgänge 1850 bis 1921 gewählt mit einer einzigen Ausnahme: Sofja Tolstaja (geboren 1844). Aber selbst in diesen Geburtstjahrgängen gibt es Schriftstellerinnen, die leider nicht enthalten sind. Sprich diese Sammlung ist der Beginn einer Entdeckungsreise für uns alle! Simone Beauvoir, Agatha Christie und Doris Lessing gehören sicherlich zu den bekanntesten Autorinnen in der Sammlung. Aber wie steht es um Sui Sin Far oder Florbela Espanca oder Ulfat Idilbi?
Ich habe einige spannende Entdeckungen gemacht, die mir sehr gut gefallen haben. Dazu helfen hinten im Buch die Autorinnenviten. Hier gibt es zu jeder Autorin einen kurzen Lebenslauf und ihre Werke. Hochspannend und hilft auch Weiteres dieser vielen Damen zu erkunden. Meine Leseliste und meine Lust auf Klassikerinnen ist stark angestiegen!
Die einzige marginale Kritik die ich an diesem tollen Buch äußern kann:Das Nachwort von Sandra Kegel ‚Schreiben, um nicht zu sterben‘ hätte ich gerne an den Anfang gestellt. Ich habe es nach ca 10 Kurzgeschichten gelesen und wäre auch gerne mit dieser Einstimmung in die Texte gestartet. Die Herausgeberin dieser Anthologie, die auch Feuilletonchefin der FAZ ist, rundet das Bild der Kurzgeschichten gekonnt und gut ab. Auch ein lesenswerter Text mit der Gegenwartsbrille auf die short stories.
Fazit: Mehr Modernistinnen lesen!

Bewertung vom 06.12.2022
Das Geschenk
Yamada, Kobi

Das Geschenk


sehr gut

Eine Lektion der Genügsamkeit


Kobi Yamada hat ein schönes Bilderbuch geschrieben. Ja, nicht niedlich, nicht bezaubernd, sondern schön. Denn er möchte in dieser Welt des Überflusses für wenige und zugleich des unerträglichen Mangels für viele andere die wichtigste Botschaft transportieren, die wir Menschen alle beherzigen sollten: Das Leben ist das süßeste Geschenk von allen. Da passt der simple Titel hervorragend: Das Geschenk. Nur an der ein und anderen Stelle holpert die Übersetzung aus dem Englischen.
Die Illustrationen von Adelina Lirius unterstreichen die achtsame Idee hinter dem Text und setzt das kleine Mädchen mit seiner Bonbonschale gekonnt in Szene. Denn es geht um ein Mädchen, dass eine Bonbonschale findet, dass täglich genau ein Bonbon darin findet. Nicht mehr und nicht weniger. Denn es genügt. Übrigens ist das gezeichnete Mädchen wunderbar
Ein Bilderbuch für Klein und Groß, eines das Besinnung auf Genügsamkeit auf eine liebevolle Art transportiert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.12.2022
Bohnen, Linsen und Co
Melchior, Marie;Hastoft, Betina

Bohnen, Linsen und Co


gut

Schmackhaft!!!

Ich bin ja ein Hülsenfrüchtefan – schon immer gewesen! Seit die vegetarische und vegane Küche nachhaltigen und leckeren Variationen in der Küche aufspürt, kommen immer mehr Gerichte mit Hülsenfrüchten vor. Herrlich! Die Däninnen Marie Mechior und Betina Hastoft haben nun ein ganzes Buch gefüllt mit leckersten Rezepten spezifisch zu Hülsenfrüchten mit dem Titel „Bohne Linsen &Co“. Aber es sollte erwähnt sein, dass es ein weder rein vegan noch vegetarisch Kochbuch ist, es ist einmal durch die ganze Bandbreite alles dabeo: vegetarisch, Fleisch, Fisch, süß, salzig, alles dabei!
Jetzt mag man sich wundern: Was süß? Ja, denn eine der 6 vorgestellten Bohnensorten ist die Kakaobohne. Die anderen sind: Kichererbsen, Linsen, Bohnen (hier verschiedene Sorten), frische Erbsen und frische Bohnen. Die Köchin und Foodstylistin Marie Melchior hat in diesem sehr übersichtlichen und handlichen Kochbuch eine bunte Mischung zusammengetragen. Mein (bisherigen) Favoriten sind Bohnen“Pommes“ und die Sommerrollen mit Linsen! Lecker!
Zu jeder Hülsenfrucht gibt es eine knappe Informationsübersicht. Auch sind die Fotos großartig von Betina Hastoft! So tolle Food Fotos! Wirklich große klasse!!!
Fazit: Erst wird man erst mit tollen Fotos gesegnet, dann mit guten Rezepten bereichert und zum Ausprobieren animiert für den vollen Genuss! Lasst es euch schmecken!

Bewertung vom 29.11.2022
Gastro Obscura
Wong, Cecily;Thuras, Dylan

Gastro Obscura


ausgezeichnet

Nackte Teepuppen, ein schwimmender Kuhstall und fruchtige Tinte!

Was haben nackte Teepuppen, ein schwimmender Kuhstall und fruchtige Tinte gemeinsam? Sie sind alle versammelt in einem neuen Buch mit vielem Kuriosen: ‚Gastro Obscura‘.
Für meine Back- und Kochbücher habe ich bereits ein eigenes Regal in der Küche um die guten Schätze immer griffbereit zu haben. Nun habe ich ein Buch entdeckt, dass sich so ohne weiteres in keine Schublade zwängen lässt, nicht nur, weil es ein massiv umfangreiches Werk ist, sondern weil der Inhalt zwar gut in die Küche passt, aber keine Rezepte enthalten sind!
‚Gastro Obscura‘ von Cecilia Wong und Dylan Thuras ist ein Atlas-Obscura-Buch. Denn die beiden hatten vor einigen Jahren mit großem Erfolg mit dem Atlas Oscura, in dem sie viele kuriose, weniger bekannte und bestaunbare Orte sammelten. Und nun haben sie dieses Konzept auf alles was mit Essen, Genuss, Verzehr und Essensbräuche zu tun, angewendet. Dieses Buch hält eine globale Fülle an Entdeckungen für den Gaumen bereit. Wahnsinn, was sich da alles findet!
Wir entdeckten bereits ein witziges Teil, dass wir in Vancouver, Canada am Strand bestaunen dürfen: den Geo duck!
Das Buch ist nach Kontinenten aufgebaut und selbst die Antarktis ist hier vertreten! Bei den größeren Kontinenten ist es dann auch noch mal regional aufgeteilt. Wer was Bestimmtes sucht, kann gut das Themenregister nutzen.
Wirklich ein großartiges Buch zum Stöbern und Entdecken. Was haben wir schon gemeinsam als Familie die Nase hier reingesteckt. Mal ein besonderes Coffee table book, dass wirklich JEDER in die Hand nimmt und gleich für Gesprächstoff sorgt.
Bilchreich und schön gestaltet, ist das Buch ein gelungenes Kompendium! Ihr werdet staunen, versprochen!

Bewertung vom 27.11.2022
Für euch
Sayram, Iris

Für euch


ausgezeichnet

Das Muttertier

Iris Sayram, eine doktortiteltragende Juristin, die als Journalistin erfolgreich ist, hat sich nun auch als Autorin bewiesen. Ihr Debütroman „Für euch“ arbeitet ihre Kindheit und Jugend auf. Ein Kuriosum, denn die Autorin sagt selbst, dass sie jahrelang, ach was, Jahrzehnte ihre Herkunft versucht hat zu verschweigen und unter den Teppich zu kehren. Vor allem, weil es ihr peinlich war, denn sie wuchs in bitterer Armut und in Mangel auf in den 80er & 90er Jahren im Friesenviertel in Köln. Ein Viertel in dem die Feierwütigen sich herumtrieben zwischen Discos und Puffs. Hier, genau hier, wird Iris Sayram groß mit einer Mutter, die Klos putzt und noch anderes macht um einfach an Geld zu gelangen. Machens an der Grenze zur Legalität. Der Vater, ein Spielsüchtiger mit türkischem Migrationshintergrund. Zwar hat die kleine Familie nicht viel materielles, aber sie lieben sich und wünschen sich eine bessere Zukunft für ihre Tochter.
Im Grunde ist der Roman eine Hommage an ihre aufopfernde Mutter Mimi, die ihre Kraft daraus zog sich für ihre Familie aufzuopfern: Für euch – wie der Titel lautet. Es zeigt wie man als Muttertier über sich hinauswachsen kann für das eigene Kind.
Iris Sayram schreibt hart und liebevoll zugleich, so zwiespältig ihre Kindheit und Jugend sicher oft war. Sie nimmt mit in einen Mikrokosmos, der vielleicht wenig Status und Bildung zu bieten hatte, aber ihr trotzdem eine gute liebevolle Lebensbasis gegeben hat. Jeder ist auf seine Weise zu dem geworden was er ist, geprägt durch seinen Lebensweg. Spannend zu erlesen wie die Autorin ihren eigenen Weg und die damit einhergehenden Emotionen über die Jahre hinweg nun von außen betrachten kann und realisiert was ihre Mutter geleistet hat.
Fazit: Mich hat der Roman beeindruckt, denn im Grunde fordert er uns alle auf mehr zu sehen hinter den gescheiterten Existenzen, die uns so oft begegnen und deren Geschichte wir nicht kennen.

Bewertung vom 26.11.2022
Das Zuhause
Coccia, Emanuele

Das Zuhause


weniger gut

Was bedeutet wohnen eigentlich?

Der italienische Philosoph Emanuele Coccia der an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris unterrichtet hat sich der Frage angenommen: Was ist ein Zuhause?
Sehr berechtigt nach solch einer langen Zeit in der wir alle sehr viel mehr Zeit in unseren vier Wänden verbracht haben. Da wurde ich neugierig was Emanuele Coccia dazu philosophiert.
Auf etwas mehr als 150 dicht bedruckte Seiten werden hier einige Theorie postuliert, anekdotenhaft über das Leben und Wohnen gesponnen. Es wird ein Blick in die Vergangenheit geworfen und was das Zuhause mit Land und Versorgung ausmachte um dann den Vergleich zur Gegenwart zu ziehen wo das Zuhause ein Rückzugsort von der Welt bedeutet wo es heimelig und stylisch sein sollte. Irgendwie nett zu lesen, aber zugleich auch nichtssagend. Ich hatte nach der Lektüre keinen großen Erkenntnisgewinne und fand es streckenweise auch anstrengend.

Bewertung vom 24.11.2022
Intimitäten
Kitamura, Katie

Intimitäten


ausgezeichnet

Interpretation der Sprache

Ein Hörgenuss! Ich lauschte dem Text nicht nur gerne, weil er unfassbar gut ist, sondern auch, weil Katja Danowski ihn fabelhaft gelesen hat! Sie modelliert den Text mit der Stimme und macht das ganze plastischer mit der Art und Weise wie sie es liest.
Im Roman geht um eine kosmopolitische Frau, die durch einen neuen Job am internationalen Gerichtshof als Dolmetscherin nach Den Haag kommt. Sie kennt die Welt, ist viel mit ihren Eltern gereist und oft umgezogen. Sie spricht mehrere Sprachen fließend -eine Weltbürgerin.
Der Roman erzählt aus Sicht der Protagonistin ihre Erlebnisse in Den Haag nach ihrer Ankunft und die folgenden Monate, ist aber zugleich auch so viel mehr. Wir lernen eine kluge und reflektiere Frau kennen, die ihren Einsätzen am Gerichtshof und ihre rTätigkeit als Dolmetscherin viel Raum gibt und deren Wichtigkeit reflektiert. Spannend fand ich besonders zu hören wie das Übersetzen auseinandergenommen wird und wie Übersetzungen in solchen Gerichtsverhandlungen einen Einfluss haben.
Neben diesem, aus meiner Sicht leitenden Erzählstrang, gibt es auch einen neuen Mann in ihrem Leben. Der allerdings in ungeordneten Verhältnissen auf sie trifft, da er in einer kaputten Ehe lebt und Kinder hat. Auch hier eher nüchtern erzählt, aber auf ehrliche reflektierte Art. Das Leben zweier Menschen mit Bodenhaftung wird uns präsentiert, die pragmatisch die Umstände und ihre Gegenseitige Zuneigung unter einen Hut bringen wollen.
Überhaupt schafft es Katie Kitamura in ihrer ruhigen Erzählart viel aus den Figuren herauszuholen ohne viel Handlung zu nutzen. Ein wirklich gelungener Text und hier in knapp 6 Stunden toll gelesen! Ich kann es sehr empfehlen!

Bewertung vom 24.11.2022
Neues Backen
Kratochvila, Laurel

Neues Backen


ausgezeichnet

Europäische Backtraditionen zwischen zwei Buchdeckeln

Aus meiner Sicht kann es gar nie genug Back- und Kochbücher geben, ob alte traditionelle Rezepte oder neue Kreationen. Es ist einfach toll neue Rezepte und Gaumenfreuden zu entdecken. Und hier kommen wir zu dem Buch mit dem schnörkellosen Titel „Neues Backen“ von Laurel Kratochvila. Eine Amerikanerin, die es in jungen Jahren nach Prag verschlug und dort in einer Kneipe arbeitete und mittlerweile in Berlin ist. Dort war der Plan mit ihrem Mann eine zweite Buchhandlung zu eröffnen, die leider nicht lief und sie begann zu Backen um den Laden auch als Café zu nutzen und so begann die Erfolgsgeschichte von ‚Fine Bagels‘! Aber den berühmten Bagels ist nur eine Seite gewidmet.
Laurel Kratochvila erzählt in diesem Buch die Geschichte von einem traditionellen Backhandwerk und portraitiert ihre momentanen Meister mit ihren Kreationen und Rezepten. Es ist spürbar wieviel Respekt sie dem Handwerk zollt und es feiert, dass wir Europäer diese Liebe zum Gebackenen zelebrieren und huldigen. Dafür braucht es eben manchmal den Blick von außen.
Wahrlich ist „Neues Backen“ eher ein Backbuch für Vielbäcker und Küchenliebhaber, die gerne ausprobieren und auch schon ein paar Grundlagen können! Sonst frustrieren die zum Teil doch recht umfangreichen Rezepte wie beispielsweise Croissants. Auch hier wieder die Verneigung vor der Komplexität des Backens. Aber keine Sorge, es enthält auch Alltagstaugliches wie gute Sauerteigbrote oder auch Brioche auf Sauerteigbasis. Es kommen Backwaren aus ganz Europa vor. Sei es aus Polen, Italien, Frankreich, Dänemark, Portugal und anderen europäischen Ländern. Vor allem enthält es auch viele Grundrezepte, die sich auch mit eigener Kreativität gut abwandeln lassen.
Aber jetzt auch ein paar Worte zum Layout: Sehr gelungen!!! Die Bilder rund um das Essen sehen so schmackhaft aus, da will man fast ins Buch beißen! Excuse my french, aber das ist food porn! Auch die Rezepte sind sehr übersichtlich gestaltet und meist auf einer Seite – ja, in recht kleiner Schrift. Die Rezeptseiten haben alle ein kleines Vorwort, wo die Autorin noch mal was zum Rezept loswerden will und das macht dieses Buch persönlich und äußerst nett. Zwischen der Fülle an Rezepten werden Bäckermeister:innen und ihre Läden portraitiert und man möchte sie alle aufsuchen!
Fazit: Ich blieb mit viel Appetit zurück und habe 2 Vorsätze getroffen: Jeden Monat eine Köstlichkeit aus diesem Buch ausprobieren und vor jedem Städtetrip schauen ob ich einer der Läden finden werde, die hier porträtiert werden!
PS: Ist auch auf Englisch zu haben!

Bewertung vom 16.11.2022
Die Tochter des Kommunisten
Durán, Aroa Moreno

Die Tochter des Kommunisten


ausgezeichnet

Gebrochene Identitäten

‚Die Tochter des Kommunisten‘, das ist Katja und auch die jüngere Schwester Martina. Geflohen vor dem Franco-Regime in Spanien nach Ostberlin in den 50er Jahren. Der kommunistische Vater integriert sich schnell und spricht nur noch Deutsch mit den Kindern, die Mutter Spanisch. Sie hat Sehnsucht nach der Heimat. Der Roman erzählt uns über 30 Jahre wie es Katja ergeht. Ihr wird zunächst ein Leben durch die Eltern übergestülpt, dem auch sie sich im Laufe der Zeit entzieht, da sie mit ihrer großen Liebe in den Westen flieht, Johannes. Auch sie ist nun im Exil und kann nachfühlen was bereits ihre Mutter in der Einsamkeit Ostberlins erfahren hat.
Der Debütroman der 1981 geborenen Spanierin Aroa Moreno Durán wurde in Spanien gefeiert und bekam den ‚Premio del Ojo Critico‘. Er ist auf den wenigen 172 Seiten eine gelungene Spanisch-Deutsch-Deutsche-Geschichte und das fabelhaft übersetzt von Marianne Gareis. Wirklich großartig ist die plastische kurzgehaltene Beschreibung des Erzählten, wie die Einsamkeit und Isolation auf Menschen wirkt und sie bricht. Das schmerzhafte Exil, bei aller Überzeugung tut einfach weh und kann hier von Eltern und Kindern in eigener Dynamik noch mal anders verstanden werden. Denn die Entfremdung durch den doppelten Bruch, erst von Spanien nach Ostberlin und dann wiederum mit Westdeutschland erlaubt einen Blick hinter die Entwurzelung durch ideologisches Getriebensein.
Wirklich äußerst lesenswert!