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Top-Rezensenten Übersicht

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Lesendes Federvieh
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München
Über mich: 
Hinter dem Namen Lesendes Federvieh verbirgt sich das Blogger-Duo kathiduck und Zwerghuhn. Wir lesen querbeet alles, was uns zwischen die Finger kommt und veröffentlichen die Rezensionen dazu auf unserem Blog (lesendes-federvieh.de). Dort gibt es übrigens noch viele weitere Beiträge rund ums Thema Buch. :)

Bewertungen

Insgesamt 539 Bewertungen
Bewertung vom 04.11.2019
Es ist Sarah
Delabroy-Allard, Pauline

Es ist Sarah


sehr gut

„Es ist Sarah“ ist die ganz besondere Geschichte, die sich zwischen Sarah und der Erzählerin entspinnt. Die eine ist impulsiv, lebenshungrig laut und extrovertiert, während die andere, eine Lehrerin und junge Mutter zurückhaltend und angepasst ist. Aus der anfänglichen Freundschaft der beiden wird eine leidenschaftliche Liebesbeziehung, die jedoch eine dramatische Wendung nimmt...

Pauline Delabroy-Allard ist mit ihrem Debütroman ein hochemotionales Buch gelungen, ein wahres Feuerwerk über eine sehr intensive Liebe in vielen Facetten.

Aus der Perspektive der Erzählerin schreibt die Autorin klar und pointiert über eine alles verzehrende Liebe, die das Leben der Erzählerin komplett auf den Kopf stellt. Durch ihren mitreißenden, spielerischen, aber dennoch kraftvollen Schreibstil kann man sich als Leser dem Wust an Emotionen, wie Leidenschaft, Verzweiflung, Tragik und auch eine daraus resultierende gewisse Abhängigkeit nicht entziehen. Ich fand diesen intensiven Wirbelwind an Gefühlen manchmal sogar etwas anstrengend. Aber dadurch spürt man natürlich auch die Sogwirkung viel besser, in der sich die Erzählerin wiederfindet.

Auch die Charaktere sind detailliert und perfekt skizziert. Ich konnte mir „die Erscheinung Sarah“ bildlich vorstellen, ebenso die eher unscheinbare Erzählerin. Die beiden unternehmen eine rasante Reise mit atemberaubender Geschwindigkeit durch das Leben bis hin zum bitteren Ende. So ein Feuerwerk dieser Art habe ich bisher noch nicht gelesen. Das war auf jeden Fall ein ganz besonderes Leseerlebnis. Wer gerne einen gehaltvollen, sprachlich absolut gelungenen und emotionsgeladenen Roman lesen möchte, dem könnte „Es ist Sarah“ bestimmt gefallen.

Fazit: Ein Orkan, der über alles hinwegfegt

Bewertung vom 04.11.2019
Melmoth
Perry, Sarah

Melmoth


sehr gut

Die Engländerin Helen Franklin lebt seit Jahren in Prag. Dort stößt sie eines Tages auf ein geheimnisvolles Manuskript das von Melmoth handelt. Doch wer ist diese mysteriöse Frau, gekleidet ganz in schwarz, die dazu verdammt scheint, ewig durch die Welt zu streifen? Helen beschließt das Geheimnis zu lüften. Je mehr sie sich mit Melmoth beschäftigt, desto mehr glaubt sie verfolgt zu werden. Gibt es Melmoth etwa wirklich?

„Melmoth“ ist das dritte Buch, das ich von Sarah Perry, die mittlerweile eine meiner Lieblingsautorinnen ist, gelesen habe. Auch diesmal ist ihr wieder ein außergewöhnlicher Roman gelungen. Angesiedelt ist ihre Geschichte im düsteren, winterlichen Prag, das für mich die perfekte Kulisse für die Suche nach der sagenhaften Melmoth, der Zeugin, bildet. Sie spricht den Leser immer wieder direkt an, so fühlt man sich mitten in die schaurige Stimmung hineinversetzt. Die Autorin schafft so eine besondere Atmosphäre, die sich durch das ganze Buch zieht und immer wieder für Gänsehaut zwischen den Seiten sorgt. Ihr Schreibstil, immer noch zart und mit einer Leichtigkeit versehen, passt perfekt zu dieser Stimmung.

Auch ihre Charaktere passen genau ins Bild. Sie sind allesamt keine richtigen Sympathieträger, sie haben ihre Eigenheiten. Sind schrullig und sperrig und jeder hat sein Päckchen zu tragen.

Denn im Buch beschäftigt sie sich mit ernsten Themen, die uns alle angehen. Mit Schuld, Sühne und Vergebung. Sie schreibt aber auch gegen das Vergessen, wir müssen uns immer vergegenwärtigen was in der Vergangenheit passiert ist und niemals wieder geschehen darf. Sie zieht Parallelen zwischen gestern und heute und das soll, nein, muss zum Nachdenken anregen.

Das gefällt mir besonders an den Büchern von Sarah Perry, denn wenn ich die letzte Seite gelesen habe, ist für mich noch nicht richtig Schluss, ich habe immer noch etwas zum Nachgrübeln und das finde ich gut. Insgesamt hat mir „Melmoth“ sehr gut gefallen, „Die Schlange von Essex“ hat mich allerdings noch mehr gefesselt, so gebe ich vier sehr gute Eier für „Melmoth“ und freue mich schon auf den nächsten Roman von Sarah Perry.

Fazit: Schaurig, mysteriöse Reise nach Prag

Bewertung vom 03.11.2019
Erbarmen / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.1
Adler-Olsen, Jussi

Erbarmen / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.1


sehr gut

2002: Merete Lynggaard ist eine aufstrebende Politikerin, die auf einem Wochenendausflug mit ihrem Bruder auf der Fähre von Rødby nach Puttgarden spurlos verschwindet. Ihre Leiche wurde nie gefunden, die Spuren der Ermittler führten ins Nichts und bis heute vermutet man Tod durch Ertrinken. Doch Merete lebt und wird in einem Gefängnis aus Beton festgehalten.

2007: Bei der Kopenhagener Polizei wurde das Sonderdezernat Q eingerichtet, das sich mit landesweiten besonders schweren Verbrechen auseinandersetzen und alte Fälle neu aufrollen soll. Carl Mørck und sein Assistent Hafez el-Assad stoßen beim Fall der entführten Politikerin Merete Lynggaard schon bald auf zahlreiche Ungereimtheiten. Doch die beiden ahnen nicht, dass die Frau noch lebt und ihr Ende unaufhörlich näher rückt.

Im Oktober war ich auf der Lesung zu Jussi Adler-Olsens neuestem Buch, „Opfer 2117“. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch kein Buch des sympathischen Dänen gelesen, aber spätestens nach diesem tollen Event wollte ich das unbedingt nachholen. Deshalb habe ich den Auftakt der international erfolgreichen Krimireihe rund um den Ermittler Carl Mørck und sein Sonderdezernat Q, „Erbarmen“, bereits am nächsten Tag begonnen und verschlungen.

Wie Schauspieler Peter Lohmeyer auf der Lesung treffend formuliert hat bedarf es nur weniger deskriptiver Worte und schon ergibt sich ein lebensechtes, authentisches und absolut greifbares Bild des beschriebenen Charakters. Carl Mørck ist in seiner Abteilung mit seiner direkten, teils unverschämten wenn auch schonungslos ehrlichen Art alles andere als beliebt, da kommt es den meisten gerade recht, dass er in den Keller versetzt wird. Dort soll er das Sonderdezernat Q bestehend aus ihm und seinem unkonventionellen wie genialen Assistenten Hafez el-Assad aufbauen und alte Fälle besonderen Interesses aufrollen.

Dabei wird die Geschichte aus der Perspektive des ungleichen Ermittlerduos im Jahre 2007 erzählt und ist mit allerhand Rückblenden gespickt, die 2002 beginnen und sich stetig dem Datum der erzählerischen Gegenwart nähern. Zum einen spitzt sich die Spannung damit ab einem gewissen Punkt immer schneller zu, zum anderen unterliegt man als Leser gekonnt der Illusion man habe mehr Informationen zur Verfügung und könne den Fall vor Carl lösen.

Dass dem allerdings nicht so ist, bekommt man mit jeder Menge überraschender Wendungen vor Augen geführt, die der Handlung stets erfrischend neue Facetten entlockt ohne konstruiert zu wirken. Zudem schwingt stets ein Hauch von genau richtig dosierter Gesellschaftskritik mit, welche die Geschichte auf ein höheres Niveau anhebt.

Nicht nur wegen des rapide ansteigenden Spannungsbogens ist diese Geschichte nichts für Leser mit einem schwachen Magen. Ein weiterer Grund ist die Anschaulichkeit mit welcher Meretes Leben und Leiden in dem Bunker geschildert werden. Dabei steht die psychische Komponente den körperlichen Auszehrungsmethoden in Nichts nach.

„Erbarmen“ ist der erste Fall für den Spezialermittler Carl Mørck und seinen unkonventionell ermittelnden Assistenten Hafez el-Assad, der mit lebendig gezeichneten Charakteren und einem spannenden Plot begeistert. Das war definitiv nicht mein letzter Adler-Olsen – Nachschub bitte!

Bewertung vom 03.11.2019
Teufelskrone / Waringham Saga Bd.6
Gablé, Rebecca

Teufelskrone / Waringham Saga Bd.6


sehr gut

England 1193: Der junge Yvain of Waringham tritt in den Dienst von John Plantagenet und ahnt dabei nicht, dass sie die Tatsache im Schatten ihrer ruhmreichen älteren Brüder zu stehen verbindet. Allerdings haben John und Guillaume of Waringham mehr als die Liebe zur gleichen Frau gemeinsam während die Brüder John Plantagenet und Richard Löwenherz auf gänzlich unterschiedlichen Seiten stehen. Das ändert sich auch nicht, als John nach Richards Tod dessen Krone erbt, da der Schatten seines Bruders scheinbar so groß ist, dass er ihn wie einen Flucht zu verfolgen beginnt.

„Teufelskrone“ ist der nunmehr sechste Band der mitreißenden Waringham Saga von Rebecca Gablé, den ich abermals sehr gerne gelesen habe. Während der vorherige Teil zur Zeit der Seefahrer und großen Entdecker ab 1560 spielte, ist diese Erzählung einige Jahrhunderte vorher zur Zeit der Regentschaft von König Richard Löwenherz angesiedelt.

Im Zentrum des Geschehens steht dabei Yvain of Waringham, der als Zweitgeborener des Adelsgeschlechts als Knappe am Königshof anheuert. Er wird einer der engsten Vertrauten von John Plantagenet, dem jüngeren Bruder von König Löwenherz, der diesem auf den Thron folgt. Auf den knapp 900 Seiten entspinnt sich eine nach kleinen Startschwierigkeiten fesselnde Geschichte von Herzschmerz und Kriegen sowie dem schmalen Grat zwischen blinder Loyalität und wahrer Freundschaft.

Empfand ich das erste Drittel aufgrund der ständigen Belagerungen und dem fortwährenden Schließen und Brechen von Bündnissen als stellenweise zäh, so nahm die Handlung zunehmend an Fahrt auf. Dank der Einbettung der fiktiven Geschichte Yvain of Waringhams in echte Historie wird diese für den ansonsten nicht unbedingt an geschichtlichen Details interessierten Lesers schmackhaft und greifbarer. Doch auch Fans der zugrundeliegenden historischen Begebenheiten kommen in diesem Schmöker gänzlich auf ihre Kosten.

Besonders gut hat mir hierbei die lebensechte Schilderung der verschiedenen Charaktere gefallen. Das mittelalterliche Leben umfasst nicht nur dasjenige am Königshof, sondern auch das der ärmlichen, arbeitenden Bevölkerung auf Burg Waringham. Die einfachen Leute und Dorfmenschen, die Bauern und Pferdeknechte werden hier genauso charakterlich bunt und interessant beschrieben wie die Reichen und Adeligen, was der Geschichte an Plastizität und Glaubhaftigkeit verleiht.

Obwohl der letzte Twist für mich nicht ganz stimmig war, da er nach vorangegangenem andauernden Hin und Her doch recht plötzlich und überraschend kam, war ich dennoch traurig als dieses erzählerische Epos nach 900 Seiten ein Ende fand.

„Teufelskrone“ ist ein eposähnlicher Roman voller Herzschmerz, Dramatik sowie schillernd echter Charaktere und erzählt von bedingungsloser Loyalität und Freundschaft, die zunehmend durch den Irrsinn eines Protagonisten belastet wird. Große Erzählkunst trifft auf spannende Historie.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.10.2019
Der große Garten
Randl, Lola

Der große Garten


sehr gut

Wie fühlt es sich an der Stadt den Rücken zu kehren, um fortan auf dem Land zu leben? Einen Garten anzulegen, die Familie zu versorgen und auch den Liebhaber nicht zu vernachlässigen. Eine nicht leichte Aufgabe oder doch?

Lola Randl ist mit "Der große Garten" ein sehr spezielles Buch gelungen, das man auf sich wirken lassen und nicht einfach "in einem Ruck" auslesen sollte. Sie beschreibt darin wie es sich als Städterin anfühlt mit Mann und Kindern aufs Land zu ziehen, einem Liebhaber vor Ort und einer Mutter, die vieles besser weiß. Dazu gehört natürlich auch ein eigener Garten - und dessen Gestaltung gibt sie ebenso Raum. So fügt die Autorin zwischen der Handlung immer wieder Kapitel zum Thema Garten ein. Sie informiert beispielsweise über Blumen, Gemüse, Maulwürfe und Regenwürmer. Ich fand diese kleinen, feinen Erläuterungen interessant und manchmal auch direkt witzig.

Durch den klaren, präzisen und vielleicht auch distanzierten Schreibstil erzeugt sie eine Schlichtheit, die super zum Buch passt. Gerade dieses auf den Punkt bringen hat mir sehr gut gefallen, denn es lenkt den Blick auf das Wesentliche - unsere schnelllebige Zeit, die Flucht davor aufs Land und das Landleben an sich, das eben nicht nur romantisch ist.

Für Leser, die für Gärten überhaupt nichts übrig haben, könnte das Buch vielleicht nicht das Richtige sein. Ich habe "Der große Garten" sehr gerne gelesen, denn neben einer guten Geschichte gibt es noch einen kleinen Gartenratgeber dazu, denn liest man nur diese Kapitel hat man einen.

Fazit: Regenwürmer, Pflanzen & Co - ab aufs Land

Bewertung vom 08.10.2019
Spiel des Schicksals / Das Brauhaus an der Isar Bd.1
Freidank, Julia

Spiel des Schicksals / Das Brauhaus an der Isar Bd.1


ausgezeichnet

Bayern, 1897: Nach dem Tod ihres Vaters verlässt Antonia Pacher ihr Dorf, um in München neu anzufangen. Nachdem sie in Schwabing mit der schillernden Welt der Künstler in Berührung kommt, findet sie bei der Brauerei Bruckner eine Stelle. Ein nicht ganz einfacher Weg beginnt, doch Antonia ist stark und ehrgeizig. Das sehen nicht alle gern, zumal es zwischen ihr und Melchior dem ältesten Sohn des Hauses, ordentlich knistert...

Julia Freidank ist mit dem ersten Teil ihrer Münchner Brauereisaga ein absolut lesenswerter Schmöker gelungen. Über 400 Seiten Liebe, Intrigen, Spannung und Historie lassen die Lesezeit wie im Fluge vergehen.

Die Autorin lässt die Atmosphäre Münchens zum Ende des 19. Jahrhunderts lebendig werden, gewürzt mit deftigen bayerischen Ausdrücken und Dialogen zum Schmunzeln. Man spürt einfach Bayern, die Eigenheiten, die bayerische Gemütlichkeit und nicht zu vergessen, das so typische Granteln. Vor dieser authentischen Kulisse spinnt sie ihre unterhaltsame Geschichte flott und mitreißend um die Münchner Brauerei Bruckner.

Die Handlung ist vielschichtig, wie man es von einem kurzweiligen Familienroman erwartet. Es gibt viele Wendungen, die bei mir nie auch nur den Hauch von Langeweile aufkommen ließen. Die Beschreibungen dieser Zeit und des Brauereiwesens sind der Autorin sehr gut gelungen. Man erfährt auch ganz nebenbei viel über politische Strömungen und das Leben der Bevölkerung zu dieser Zeit oder eben wie schwer es Frauen in der Gesellschaft hatten, auch starke wie Antonia Pacher und Franziska Bruckner.

Bis ins kleinste Detail sind auch die Charaktere hervorragend ausgearbeitet. Besonders der intrigante Brauereibesitzer Hopf und der Hopfenlieferant Salzmeier mit all seiner Verschlagenheit und Bauernschläue sind hier nur exemplarisch für die genialen Protagonisten genannt.

Es hat mir großen Spaß gemacht die Geschichte von Antonia, Melchior und all den anderen zu lesen, ich freue mich schon riesig auf die Fortsetzung.

Fazit: Ein Prosit auf dieses turbulente Brauhaus an der Isar!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.10.2019
Leben wird aus Mut gemacht
Landsteiner, Anika

Leben wird aus Mut gemacht


ausgezeichnet

Durch die Freundschaft mit der 84-jährigen Emma, die ihr ihre turbulente Lebensgeschichte erzählt, wagt es Anika Landsteiner sieben Wünsche in die Tat umzusetzen, für die ihr bisher der Mut gefehlt haben. Dabei nimmt sie den Leser mit zu diesem ganz besonderen Abenteuer.

"Leben wird aus Mut gemacht" ist mittlerweile das dritte Buch von Anika Landsteiner, das ich gelesen habe und ich bin wieder total begeistert. Von dieser mutigen Autorin, die Dinge anpackt und den Leser mit ihren klugen Überlegungen zum Nachdenken anregt. Schonungslos offen lässt sie den Leser in sieben Abenteuern an ihrem Leben und ihren Gedanken teilhaben, dazu gehört eine große Portion Courage, die ich toll finde.

Dabei schafft sie es mit Leichtigkeit durch ihren klaren, präzisen und prägnanten Schreibstil alles genau auf den Punkt zu bringen. Man beginnt automatisch nachzuforschen und zu prüfen: "Wie ist das denn bei mir? Habe ich vielleicht nicht doch auch Ängste, die ich beiseitegeschoben habe?." Im einen oder anderen Kapitel habe ich da durchaus Übereinstimmungen gefunden.

Sehr gut gefallen hat mir auch der Wechsel immer mal wieder in Emmas Lebensgeschichte, das Nachfragen von Anika Landsteiner wie es denn bei Emma war, um deren Antworten in ihre Argumente und ihre Sichtweise einzubeziehen. Wobei ich mich durchaus ebenso angesprochen fühlte, sozusagen als dritte stille Informationsquelle. Die Antworten, die ich mir selbst gegeben habe, waren für mich total interessant. Das Nachdenken hat mir sehr gut getan, denn wann hinterfragt man denn schon persönliche Dinge.

Es ist ein Buch, das man nicht einfach "so dahin liest", nein man wird automatisch dazu gebracht sich über sich selbst Gedanken zu machen und zwar auf so angenehme Weise, dass es richtig Spaß macht im eigenen Ich zu graben. Für mich ergibt sich daraus ganz klar "Niemals stehen bleiben, sondern anpacken".

Fazit: Mutig, klug, einfach lesenswert!

Bewertung vom 05.10.2019
Lu / Läufer-Reihe Bd.4
Reynolds, Jason

Lu / Läufer-Reihe Bd.4


sehr gut

Lu ist eigentlich schwarz und doch weiß, denn er ist Albino. In der Schule wird er deshalb von seinem Sitznachbar gehänselt, doch seine Laufmannschaft unterstützt ihn. Dort ist er einer von ihnen und längst einer der Selbstbewusstesten, sogar über die Aschenbahn hinaus. Er trägt fancy Klamotten, die Goldketten seines Vaters und hat stets einen coolen Spruch parat. Dennoch bleibt ihm die Sprache weg, als er erfährt, dass er eine kleine Schwester bekommt und noch dazu ihren Namen aussuchen darf. Das Leben ist kein Zuckerschlecken, das weiß Lu von seinem Vater nur zu genau. Einst war dieser Drogendealer, doch mittlerweile arbeitet er seit Jahren in der Prävention, um seine Fehler von damals wiedergutzumachen, besonders den einen.

Seit ich mit "Ghost" die Läufer-Reihe durch Zufall für mich entdeckt habe, freue ich mich mit jedem neuen Band darauf zur Läuferfamilie zurückzukehren. "Lu – Wir sind Familie" ist nun allerdings der finale Teil, der die Geschichte um die Laufgruppe unter "dem Trainer" perfekt abrundet.

Zugegebenermaßen sieht Lus Geschichte verglichen mit dem vorherigen Band allerdings etwas blass aus. Sunny war laut, impulsiv und sprühte nur so vor Energie und sympathischer Verrücktheit. Deshalb hat es ein wenig länger gedauert bis ich mit Lu warm geworden bin. Nach außen hin ist er nämlich der coole Typ, dem niemand etwas anhaben kann. Je mehr man allerdings seine Gedankengänge verfolgt und ihn im Umgang mit seiner Familie begleitet, desto deutlicher wird, dass ihm die Coolness als Schutzpanzer dient.

Die Kinder des Laufteams haben es allesamt nicht leicht: Ghost, der eigentlich Castle heißt, musste mit seiner Mutter vor dem gewalttätigen Vater fliehen. Patina kümmert sich um ihre kleine Schwester, weil ihre Mutter aufgrund einer Krankheit beide Beine verloren hat. Sunny wurde von seinem Vater unter Druck gesetzt den Traum seiner verstorbenen Mutter zu verwirklichen. Lu sollte eigentlich schwarze Haut haben und doch ist sie weiß. Aufgrund seines Albinismus muss er in der Schule einige fiese Sprüche über sich ergehen lassen. Trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer jeweiligen Schicksale sind sie ein Team und vor allem eine Familie.

Nach außen hin wirkt Lu wie der Coole, der Boss, der Checker, der Eine, der Einzigartige. Wie sein persönliches Mantra sagt er sich diese Worte immer wieder auf. Vor lauter cool sein müssen merkt er allerdings gar nicht, wie toll er tatsächlich ist. Wie liebevoll er mit seiner Familie umgeht, wie sehr er für seine Freunde und das Team da ist, wie wenig es vor dem Neid der anderen Angst haben muss.

Besonders berührend fand ich die Stellen, in welchen Lu und sein Vater die Rollen tauschen. Lu wollte immer so cool und angesehen sein wie sein Vater, der einstige Drogendealer, der seit Jahren erfolgreich in der Prävention arbeitet. Auf diesem Weg kann er seine Fehler von damals wiedergutmachen. Was ihn jedoch immer noch quält, ist ein verhängnisvoller Deal von damals. Genau an dieser Stelle kommt Lu ins Spiel, der seinem Vater auf eindrucksvolle Weise klarmacht, dass es nie zu spät ist sich zu entschuldigen.

Bei all der Weisheit in und zwischen den Zeilen vergisst man während des Lesens häufig, wie jung die Protagonisten noch sind, was ihre Geschichten umso beeindruckender macht. Deshalb ist die Läufer-Reihe in meinen Augen nicht nur für Heranwachsende, sondern auch für Erwachsene gut geeignet.

Ist Lus Geschichte in meinen Augen geringfügig schwächer als die vorherigen Bände, so ist die Geste am Ende jedoch herzerwärmend großartig. Denn wahre Freundschaft bedeutet Familie.

Mit "Lu – Wir sind Familie" endet eine großartige Reihe rund um vier junge Menschen, die abseits ihrer jeweiligen schweren Schicksale in ihrem Laufteam ihre Familie finden.

Bewertung vom 05.10.2019
Das Spiel der Mächtigen
Archer, Jeffrey

Das Spiel der Mächtigen


sehr gut

Lubji Hoch und Keith Townsend könnten unterschiedlicher nicht sein. Der eine ist der Sohn osteuropäischer Juden, musste schon früh lernen ums Überleben zu kämpfen und beginnt im Nachkriegs-Berlin mit dem Aufbau einer Zeitung. Der andere ist Australier, Sohn eines Zeitungsbesitzers in Melbourne und steigt nach dem Tod seines Vaters zum bedeutendsten Verleger Australiens auf. Doch beide Männer haben eins gemeinsam: Den Wunsch, das größte Medienimperium der Welt zu besitzen. Deshalb ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Leben der beiden im Kampf um Einfluss und Macht überschneiden werden. Aber nur einer wird es überleben.

Seit "Kain und Abel" bin ich ein glühender Jeffrey Archer Fan, weshalb "Das Spiel der Mächtigen" auf meiner Want-to-Read Liste natürlich ganz oben stand. Manch einem wird das Buch unter dem Titel "Imperium" schon geläufig sein, ich kannte die Geschichte allerdings noch nicht und war deshalb sehr neugierig auf den Inhalt.

Jeffrey Archer ist für mich ein Meister des epischen Erzählens. Seine exzentrischen Charaktere sind bis ins kleinste Detail perfekt ausgearbeitet, ihre Lebensgeschichte entfaltet sich mit beinahe sogartiger Wirkung. Deshalb fällt es mir jedes Mal schwer auch nach knapp 900 Seiten die angenehme erzählerische Umarmung Archers zu verlassen.

Zugegebenermaßen waren mir allerdings noch nie zwei Protagonisten so unglaublich unsympathisch wie Lubji Hoch und Keith Townsend. Archers Hauptcharaktere sind stets speziell, eigensinnig und hauptsächlich an der Vergrößerung ihres Profits interessiert, aber dennoch schließt man sie ins Herz und fiebert mit ihnen mit. Denn sie haben ihre liebenswerten Schwächen, sie wirken trotz ihrer Erfolge und eher zwielichtigen Handlungen menschlich.

Hoch und Townsend hingegen sind derart rücksichtslos und egoistisch, sodass ich ihren Werdegang mit zunehmender Abscheu verfolgt habe. Ehrlichkeit und Nächstenliebe scheinen den beiden zwei Fremdwörter zu sein, schamlos und ohne das Anzeichen eines schlechten Gewissens nutzen sie ihre Freunde und die Menschen, die ihnen vertrauen, aus. Ich habe immer wieder gehofft, dass doch noch ein wenig Humanitäres in ihnen steckt, allerdings ließ die nächste erbarmungslose Aktion meistens nicht lange auf sich warten.

Faszinierenderweise habe ich "Das Spiel der Mächtigen" trotz der unsympathischen Protagonisten sehr gerne gelesen und freue mich schon auf weitere mitreißende Romane aus der Feder von Jeffrey Archer.

Bewertung vom 05.10.2019
Total verschossen - immer Ärger mit dem Liebesgott / Liebesgötter Bd.1
Mostyn, Nicola

Total verschossen - immer Ärger mit dem Liebesgott / Liebesgötter Bd.1


sehr gut

Frida ist eine aufstrebende junge Scheidungsanwältin, die ihren Traum einer erfolgreichen eigenen Kanzlei Wirklichkeit hat werden lassen. Traurige, verzweifelte Ehefrauen geben sich in ihrem Büro genauso die Klinke wie wütende Ehemänner, somit ist Frida nicht so leicht aus der Bahn zu werfen. Dennoch steht eines Tages ein attraktiver Mann namens Dan in ihrem Büro, der augenscheinlich wirres Zeug redet, indem er behauptet er sei das Orakel von Delphi und sie wäre dazu auserkoren die Welt zu retten. Sie lässt ihn von ihrem SIcherheitspersonal vor die Tür setzen, doch nachdem sich einige bedrohlich mysteriöse Ereignisse aneinanderreihen, muss sie sich eingestehen, dass Dan die Wahrheit gesagt hat. Die griechische Mythologie ist genauso wahr wie die Bedrohung durch Anteros, den diabolischen Bruder von Eros, dem Gott der Liebe. Frida ist der Prophezeiung nach die Einzige, die seinen perfiden Plan vereiteln und die Welt der Sterblichen sowie die Liebe retten kann.

Sobald ich griechische Mythologie in Kombination mit moderne Adaption entdecke, ist meine Neugier geweckt. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass auch dieses hübsche Buch mit dem amüsanten Titel auf meiner Leseliste gelandet ist.

Der angenehm lockere, teils flapsig überzogene Schreibstil gibt von den ersten Seiten an einen guten Einblick in die Gedankenwelt der Protagonistin Frida. Sie ist jung, ehrgeizig und erfolgreich – was sie auch sehr genau weiß. Frida ist eindeutig nicht auf den Mund gefallen, liebt ihre Designerwohnung sowie -kleidung und versteht sich selbst als Kämpferin für die von der Liebe Hintergangenen. Sie ist ein intelligenter Mensch mit einem Hang zur Dramaqueen, was für den besonderen Esprit der Geschichte sorgt.

Ihre Weltanschauung wird förmlich aus den Angeln gehoben, als Dan unangekündigt in ihr Büro platzt, um ihr zu eröffnen der Olymp sowie die Götter existieren, er sei das Orakel von Delphi und sie dazu bestimmt die Welt vor Anteros zu retten. Soweit die Ausgangssituation. Was danach passiert, ist einerseits spannend zu verfolgen, andererseits aber auch sehr lehrreich.

Kurze Anekdoten aus der griechischen Mythologie werden geschickt in die Geschichte eingeflochten oder gar damit verschmolzen, was ich besonders ansprechend fand. Medusa taucht beispielsweise in Gestalt der Empfangsdame auf und der dreiköpfige Höllenhund Kerberos ist Teil einer Prüfung.

Getragen wird die Geschichte von Fridas einmaligem Charakter. Stellenweise ist dieser zwar etwas anstrengend, aber durch ihren Eigensinn und ihre Kämpfernatur passt er wiederum perfekt in die Handlung. Sie hat immer wieder einen überraschend genialen Spruch auf Lager, der nicht nur Dan, sondern auch mich als Leserin regelmäßig zum Lachen brachte.

Wer eine amüsante Geschichte über die griechische Mythologie eingebettet in die heutige Zeit im Stile von Sophie Kinsella lesen möchte, der hat mit "Total verschossen – Immer Ärger mit dem Liebesgott" genau die richtige Lektüre gefunden. Spritzige Dialoge einer dominierenden weiblichen Heldin sind ebenso vorhanden wie actionreiche Szenen mit Gänsehautpotenzial.