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CM94
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Bielefeld

Bewertungen

Insgesamt 884 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2023
Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2
Yokomizo, Seishi

Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Ich muss ja gestehen, dass ich den ersten Fall rund um den Privatermittler Kosuke Kindaichi nicht gelesen habe, weil mich das damals einfach nicht angesprochen hat. Nachdem mich dieser Band (den man getrost unabhängig lesen kann) bestens unterhalten hat, werde ich Band 1 jetzt noch nachschieben. Ein Kriminalroman, der mit einem coolen Setting, schrägen Charakteren und Who-Dunnit-Flair aufwartet- einfach grandios.

Zum Inhalt: Kosuke Kindaichi reist auf die Insel Gokumon um der Familie eines gefallenen Kameraden die traurige Botschaft zu überbringen. Und mehr noch: mit letztem Atem warnte der Versterbende, dass nun seine drei Schwestern in Lebensgefahr schweben würden. Kinaichi, der neugierig auf diese düstere Prophezeiung und die abgelegene Pirateninsel ist, ist fest entschlossen, Licht ins Dunkel der Vorahnung seines Freundes zu bringen, als der erste Mord geschieht.

Ich bin total angetan von dem Setting der Geschichte, deren Bewohner nach eigenen Angaben aus Piraten und ehemaligen Strafgefangen bestehen. Diese Insel wird also eher durch zwielichtiges Klientel bevölkert und die Personen, die nach und nach in die Geschichte eingeführt werden zeichnen sich auch großteils durch schräge bis unheilsame Verhaltensweisen oder Hintergrundgeschichten aus. Die Abgeschlagenheit der Insel macht das ganze auch dadurch zu einem spannenden Fall, dass der potentielle Täterkreis sehr eingeschränkt ist. So kommen die Ereignisse schnell in Fahrt, während die ersten grausig inszenierten Morde passieren.

Kosuke Kindaichi erinnert mich in seiner Art wie er den Fall auflöst ein bisschen an die Detektiv Conan Geschichten, die ich als Kind verschlungen habe. Auch dort zeichnete sich der private Ermittler durch einen grandiosen Instinkt und eine besondere Auffassungsgabe aus und konnte so die Täter überführen. Ähnlich ist es hier. Gegen Ende des Buches erläutert unser Ermittler die Vorgehensweise des Täters, inklusive Hintergrundgeschichte. Ich mag diese Art des Erzählers sehr gerne und hatte bei der Auflösung des Falls auch ein paar Aha-Momente.

Ich habe das Buch als Hörbuch gehört und fand es ein sehr angenehmes Hörerlebnis, die Geschichte lebt von den Dialogen, die mit angenehmer Erzählstimme vorgetragen werden.

Besonders gefallen haben mir die raue Atmosphäre, die misstrauischen Verhältnisse auf der Insel und das große Familiengeheimnis, das hinter allem steckt. Für mich ein schöner, leicht düsterer, aber sehr unterhaltsamer Kriminalroman.

Bewertung vom 14.08.2023
Die Unbändigen
Hart, Emilia

Die Unbändigen


ausgezeichnet

Es gibt diese Bücher, bei denen weiß man vorab nicht, wie sehr man sie braucht und wie dringend man ihre Botschaft hören muss. „Die Unbändigen“ ist für mich so ein Buch, voller Empowerment, starken Frauen, die ihr Schicksal selbst bestimmen und tiefer Naturverbundenheit. Ein unerwartetes Highlight-Buch.

Zum Inhalt: drei Frauen, ein Schicksalsort, Jahrhunderte zwischen ihnen aber eine tief verwurzelte Verbundenheit. Als Kate in das Cottage ihrer verstorbenen Tante fliegt, ahnt sie nicht, welch unglaubliche Geschichte sie aufdecken wird, die bis ins Zeitalter der Hexenverbrennung reicht.

Ich liebe, liebe, liebe die Erzählstruktur. Die Kapitel sind kurz und wechseln sich sehr gleichmäßig in der Perspektive und Zeitebene ab, sodass man schnell zwischen den Schicksalen der drei Frauen hin und her wechselt, so schnell zu jeder der drei eine Beziehung aufbauen kann und sich die Geschichten, die Probleme und Hoffnungen immer mehr annähern.

Die Grundstimmung im Buch ist sehr düster, denn alle drei Protagonistinnen, sowie auch die anderen erwähnten Weyward-Frauen, haben kein leichtes Los gezogen. Es ist eine Geschichte über Missbrauch, über Machtlosigkeit, über das Anderssein und ausgegrenzt werden. Aber ist auch eine Geschichte über Befreiung, Selbstwert und Mut. Und auch wenn ich beim Lesen permanent dieses beklemmende Gefühl im Nacken hatte, so hat mich dieses Buch doch gleichzeitig auch absolut gefesselt und mitgerissen.

Jede der Frauen hat eine ganz eigene, besondere Geschichte und gemeinsam ergeben sie ein großes, bewegendes Gesamtbild, das sich wie ein Puzzle zusammensetzt. Ein großartiger Lesegenuss.

Bewertung vom 14.08.2023
Die Davenports - Liebe und andere Vorfälle
Marquis, Krystal

Die Davenports - Liebe und andere Vorfälle


gut

Ich lese ja super gerne Regency-Romane. „Die Davenports“ greift nun diese herrschaftliche Gesellschaftsstruktur auf und verlegt sie nach Chicago des frühen 20. Jahrhunderts, wo die ersten afroamerikanischen Familien es zu Wohlstand geschafft haben, sich ihre gesellschaftliche Stellung aber immer noch auf dünnem Eis befindet. In diesem Setting entspinnen sich nicht nur diverse Liebeleien, es geht auch darum, seinen Platz und er Welt zu finden und für die eigenen Träume einzustehen. Leider steht die eigentlich tolle Idee ein bisschen dem erdrückenden Beziehungschaos nach.

Zum Inhalt: Die Davenports haben es mit ihrem Kutschereibetrieb zu Wohlstand und Ansehen gebracht und bewegen sich in den besseren Kreisen der Chicagoer Gesellschaft. Trotzdem ist es für die Töchter des Hauses wichtig, eine gute Partie zu machen. Dabei denkt die jüngste Schwester nur daran, selbst Mechanikerin zu werden und en Familien betrieb in die Zukunft zu führen, während die ältere ein ungeahntes politisches Interesse entwickelt.

Neben den zwei Davenport-Mädchen stehen noch zwei weitere jungen Frauen im Fokus der Geschichte: ihre Freundin Ruby, deren Familie kurz vor dem Bankrott steht und für die eine vorteilhafte Heirat der letzte Ausweg scheint und Amy-Rose, Dienstmädchen im Hause Davenport und Mischlingskind, die von einem eigenen Laden und einem selbstbestimmten Leben träumt. Die Frauen könnten auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein, trotzdem stellen sich nach und nach immer mehr Parallelen ein, denn alle vier Frauen sind gefangen in den Konventionen ihrer Zeit, die es schwarzen Frauen sehr schwer machen, über das eigene Leben zu bestimmen.

Die Kapitel sind angenehm kurz und wechseln zwischen den vier Frauen , die sich zwischen den Erwartungen und Hoffnungen ihrer Eltern und den eigenen Lebensträumen bewegen. Diese Grundstory hat mir total gut gefallen und ich hätte mir gewünscht, dass man daraus mehr gemacht hätte. Eine viel zentralere Rolle spielt allerdings das Beziehungschaos um die vier Frauen, die alle mit Männern anbandeln, die in den Augen der Gesellschaft nicht die passende Wahl für sie sind.

Das Buch endet dann auch ziemlich abrupt und gefühlt mitten in der Handlung und hat mich etwas unentschlossen zurückgelassen. Vermutlich wird es Folgebände geben, aber mich hat dieser Nicht-Abschluss ein bisschen gestört. Insgesamt ganz solide, hat aber Potential verschenkt.

Bewertung vom 13.08.2023
Icebreaker / Maple Hills Bd.1
Grace, Hannah

Icebreaker / Maple Hills Bd.1


ausgezeichnet

Ich liebe einfach diese Collegesport-Romances, die so locker-leicht daherkommen und einfach Freude machen und Eisport ist mir dabei der mit Abstand liebste. Dieses Buch sprüht einfach vor Witz und Charme und ich gebe zu, ich hatte etliche Schmacht-Momente und hätte Nate gerne als Bookboyfriend.

Zum Inhalt: Schon seit sie klein ist träumt Anastasia von einer Karriere als Eisläuferin, nicht nur um ihre Eltern stolz zu machen, sondern auch für sich selbst. Und mit ihrem Partner an der Uni von Maple Hill scheint ihr Traum von Olympia endlich zum Greifen nah. Doch dann muss die Eishockey-Mannschaft der Uni aus ihre Eishalle ausweichen und die Sportler sich das Eis teilen. Und das schmeckt Anastasia so gar nicht. Auch wenn ihr Mannschaftskapitän Nathan durchaus gefällt, will sie ihn allein deshalb nicht mögen. Doch der will Stassie unbedingt von sich überzeugen.

Dieses Buch bringt einfach alles mit, was eine gute Romance braucht: sympathische Protagonisten, mit denen man mitfühlen kann, ein cooles Setting, eine Prise Spice und richtig viele süße Momente, die die Funken sprühen lassen. Ich habs geliebt, dass die Beziehung der Protas zwar stürmisch begann, dann aber fast schon Slow Burn wurde und sie eine tiefe Beziehung, basierend auf Freundschaft und Vertrauen, aufbauten. Dadurch hatte die Geschichte eine emotionale Tiefe, wie sie mir oft bei Romcoms fehlt.

Neben den absolut tollen Protagonisten gab es auch einfach bezaubernde Nebencharaktere und Freundschaft spielt im Buch ebenfalls eine große Rolle. Ich mochte den Witz, den die Chats der Mannschaft versprühten und die echte, ehrliche Loyalität die Lola und Anastasia verbindet. Diese kleinen Episoden der Nebenhandlung lockerten die Geschichte immer wieder auf und haben einfach Spaß gemacht.

Was ich wirklich toll fand war, dass beide Protas Schwächen zugelassen haben, gemeinsam an ihren Sorgen gewachsen sind und zusammen einfach eine tolle Einheit bildeten, in der sich aber keiner für den anderen aufgeben muss. Ich liebe diese Geschichte und möchte gerne mehr solche Bücher lesen

Bewertung vom 13.08.2023
Wandering Souls
Pin, Cecile

Wandering Souls


ausgezeichnet

Ich hatte vorab viel über „Wandering Souls“ gehört, darunter viel Lob und Überschwang, was mich meist eher abschreckt, als zum Kauf animiert. Trotzdem war ich neugierig auf diese Geschichte, die sich zwischen Fakt und Fiktion bewegt. Und bin nicht enttäuscht worden, sondern tief ergriffen, betroffen und unfassbar traurig, wie viel Leid Menschen ertragen müssen, in der Hoffnung auf eine sichere Zukunft.

Zum Inhalt: von Vietnam in die USA- für den Vater von Anh ist das zum Lebenstraum geworden. Seiner Familie ein besseres und freieres Leben bieten, den American Dream leben. Foch dann kommt alles anders und plötzlich ist Anh für ihre zwei jüngeren Brüder verantwortlich. Und gestrandet in England. Ein Leben, das sie sich nicht ausgesucht hat, aber zur Zuflucht wurde.

Dem Buch liegt die Geschichte der Autorin zugrunde, was es nochmal eindringlicher macht. Zudem ist die Geschichte gespickt mit Zeitungsartikeln, die das ganze Ausmaß des Grauens verdeutlichen, wie es die Autorin selbst nicht in Worte zu fassen vermag. Einen netten stilistischen Kniff fand ich, war es, dass der Geist des verstorbenen Bruder über seine Geschwister wacht und die Geschichte aus dem Jenseits begleitet.

Die Schrecken der Überfahrt, die Trostlosigkeit der Auffanglager und die Ungewissheit des neuen Lebens wurden gut rübergebracht und verbindlich. Auch die Schwierigkeiten und die Abweisung, auf die die Geschwister treffen kamen sehr authentisch rüber und haben mich an vielen Stellen betroffen gemacht. Denn wenn man ehrlich ist, ist Flüchtlingspolitik immer noch nichts, womit wir uns mit Ruhm bekleckern.

Beim Lesen habe ich immer zwischen Schock, Entrüstung und ehrlicher Hoffnung für das Schicksal der Familie geschwankt. Die Geschichte geht wirklich nahe und bleibt bis zum Schluss wirklich tiefgreifend.
Ein wichtiges Buch mit einer mutigen Geschichte, die viele hören sollten

Bewertung vom 08.08.2023
No Longer Alone / Mulberry Mansion Bd.3
Niemeitz, Merit

No Longer Alone / Mulberry Mansion Bd.3


sehr gut

Die Mulberry Mansion und ich hatten ja keinen leichten Start, nachdem Band 1 einfach nicht so meinen Geschmack getroffen hatte. Bei diesem Band muss ich nun sagen: der tat schon ein bisschen weh beim lesen, wat aber gleichzeitig der bisher interessanteste und tiefgründigste, was leider aber auch dazu führte, ich ihn stellenweise etwas überladen fand, um allen Themen gerecht zu werden.

Zum Inhalt: Willow und Maxton sind beste Freunde. Und das quasi seit ihrem ersten Tag an der Uni. Bei Max kann Willow ganz sie selbst sein, er erdet sie und umhüllt sie mit Ruhe. Und trotzdem verbirgt sie einen Teil von sich vor ihm, den sie tief in sich selbst vergraben hat und den niemand zu Gesicht bekommen darf. Doch dann verändert sich etwas zwischen den beiden und Willow fragt sich, ob es nicht Zeit ist, sich wieder jemandem ganz zu öffnen.

Was ich an sich total mochte war das Studentenverbindungs-Thema. Nicht nur, dass wir Maxton dadurch mal von einer anderen Seite erlebt haben, die auch durch die Challenges einen gewissen Thrill mit in die Story eingebracht hat, ich fand auch schön, dass es diesmal so viel "Außenhandlung" gab. Die Mansion selbst stand ja in den vergangenen Bänden schon im Zentrum und ich mochte es einfach, dass diesmal auch so viel im Umfeld der Protas passierte, was nichts mit der WG zu tun hat.

Die Freundschaft, Verbundenheit und Chemie zwischen Willow und Maxton fand ich gut angelegt, passend dosiert und sehr authentisch rübergebracht, um nicht aufdringlich, aber trotzdem emotional zu sein. Man merkt aber auch, dass beide mit einigem zu kämpfen haben. Mein größtes Manko an dem Buch ist daher, dass die Handlung den tiefgreifenden Problemen und ihrer Aufarbeitung gar nicht gerecht werden kann. Dazu wird auch rund um die geheime Verbindung ein weiteres Trigger-Thema eröffnet, das dann aber einfach irgendwie im Raum stehen bleibt. Ich denke, hätte man sich hier auf 1-2 Themen fokussiert, wäre man diesen auch gerechter in der Aufarbeitung geworden. Mir fehlte da einfach an allen Enden die Konfrontation bzw. der Abschluss mit dem, was die Figuren beschäftigt und gehemmt hat.

Ansonsten kann ich nur sagen, dass sich die Geschichte wieder sehr angenehm lesen lässt, es inzwischen ein paar wiederkehrende Elemente in die Bänden gibt, die irgendwie das Gefühl von Heimkehr erzeugen und ich mich im Setting wieder sehr wohlgefühlt habe. Durch die geheime Verbindung und die Herausforderungen kam hier zudem auch etwas Spannung auf, was ich einen gelungenen Kniff fand.

Bewertung vom 08.08.2023
Porträt auf grüner Wandfarbe
Sandmann, Elisabeth

Porträt auf grüner Wandfarbe


ausgezeichnet

Ich liebe diese verworrenen Familiengeschichten bei denen nach und nach ans Licht kommt, was jahrzehntelang im Dunkeln lag. „Porträt auf grüner Wandfarbe“ ist zwar vordergründig eine ausschweifende Familiensaga, voller Geheimnisse, Tragödien und Verluste, aber es hält der Zeit um den zweiten Weltkrieg auch den Spiegel vor und lässt Geschichte lebendig werden. Dieses Buch hat mir richtig gut gefallen, mich mitgerissen und erschüttert, aber gleichzeitig auch mit hoffnungsvoller Freude erfüllt.

Zum Inhalt: eine Reise mit ihrer Großmutter wird mit Gwen zu einer Reise in die Vergangenheit ihrer Familie, als sie alte Tagebücher von Ella, Freundin ihrer Großmutter Ilsabé und Ersatzmutter von Gwens eigener Mutter, findet, in denen Ella ihre Geschichte und Erinnerungen festgehalten hat. Und Gwen muss feststellen, dass in ihrer Geschichte immer noch über vieles geschwiegen wird und ist fest entschlossen, die Geheimnisse endlich zu lüften.

Was mir total gut gefallen hat ist das zeitliche Setting, rund um die beiden Weltkriege. Es wird jeweils die Zeit davor und danach beleuchtet, ohne jedoch auf den Krieg selbst einzugehen. Stattdessen stehen die Lebensumstände der zentralen Familie, sowie von Ellas Bekannten und Wegbegleitern im Fokus. Und die Schrecken dieser Zeit sind auf subtile Art trotzdem allgegenwärtig und spürbar.

Besonders Ella, die für die damalige Zeit einen beeindruckenden Werdegang hingelegt hat, ist mir schnell ans Herz gewachsen und ich habe mir so sehr ein glückliches Ende für sie gewünscht, nachdem sie sich schon als Kind ein anderes Leben, ein bedeutendes Schicksal erhofft hat.
Das Buch ist eine Geschichte über die Unbarmherzigkeit des Schicksals, über Egoismus, Verluste aber auch unerschütterlichen Zusammenhalt.

Der gefasste Erzählstil, Ilsabés kapriziöse Nüchternheit und Gwen sture Suche nach Antworten in den ausweichenden Andeutungen ihrer Verwandten haben für mich ein authentisch-sympathisches Gesamtbild für diese bewegende Geschichte geschaffen. Ein Buch, das man nur schwer loslassen will.

Bewertung vom 08.08.2023
Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
Strobel, Arno

Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.


sehr gut

Arno Strobel ist für mich der Meister der Psychospielchen und hier zeigt er mal wieder was er drauf hat und nimmt uns mit auf eine Irrfahrt durch die menschlichen Abgründe und spielt mit den Erwartungen des Lesers. Eingefleischten Strobel-Fans könnte aber der eine oder andere Kniff aus dem Thriller-Repertoire bekannt vorkommen.

Zum Inhalt: vor zwei Jahren verschwanden Evelyn Bruder und seine Frau auf dem Weg in den Urlaub in Frankreich. Seitdem sucht Evelyn nach einer Spur von ihm. Als das Phantombild des Campingplatz-Mörders auftaucht, der seit einiger Zeit sein Unwesen treibt, ist sie am Ende ihrer Kräfte. Denn der Mann auf dem Bruder sieht ihrem Bruder erstaunlich ähnlich. Und sie beschließt alles zu riskieren, um endlich Gewissheit zu haben.

Ich muss sagen, die Geschichte kommt vom Gewaltlevel her fast schon seicht daher, wenn man überlegt, was man von Strobel sonst so kennt. Es wird zwar einiges angedeutet, aber wenig konkret beschrieben. Viel mehr wird in diesem Buch mit der geistigen Verfassung der Protagonistin gespielt, die sich zwischen Selbstbetrug und Gaslighting bewegt. Diese etwas subtilere Art hat mir aber vom Stil her gut gefallen. Generell ist die Verfassung der Protagonistin von Beginn an sehr ambivalent dargestellt, wodurch sich direkt von Anfang an die Frage danach stellt, wohin diese Story führen soll.

Und obwohl die Geschichte in sehr vielen Punkten nur Andeutungen macht und sonst sehr unkonkret bleibt, so baut sich trotzdem Spannung auf und ich musste einfach dranbleiben, da diese bedrohliche Sogwirkung entsteht, die droht einen mitzureißen ins Dunkel der menschlichen Abgründe. Und obwohl ich die Prämisse wirklich stark fand, blieb zuletzt der Eindruck, dass irgendwas fehlte. Vielleicht, weil ich inzwischen so viele Bücher von Strobel gelesen habe, dass es irgendwann schwer ist, mit etwas völlig neuem um die Ecke zu kommen.
Ich halte das Buch aber trotzdem für einen gelungenen Thriller, der einen durchaus um den Schlaf bringen kann. Nur für mich eben nicht mein Lieblings-Strobel.

Bewertung vom 08.08.2023
Die Erinnerungsfotografen
Hiiragi, Sanaka

Die Erinnerungsfotografen


ausgezeichnet

Es gibt Bücher, die machen glücklich und traurig zugleich, sind Balsam für die Seele und lassen es einem schwer ums Herz werden. Für mich ist „die Erinnerungsfotografen“ so ein Buch. Hätte nicht erwartet, dass mich die Geschichte derart mitnimmt, aber ich bin froh, ihr begegnet zu sein.

Zum Inhalt: wohin gehen wir, wenn wir sterben? Herr Hirasaka ist Betreiber eines ganz besonderen Fotostudios. Hier landen die Seelen Verstorbener, bevor sie die letzte Reise antreten. Umgeben von den Bildern ihres Lebens erinnern sie sich an die glücklichsten Momente und daran, was sie erlebt haben und zurücklassen müssen. Und erleben einen besonderen Moment noch einmal neu.

Oh mein Gott, ich liebe die Grundidee dieser Geschichte und mochte die beiden Wegbegleiter total gerne. Ein bisschen schade dass man über die beiden und ihr jeweiliges Schicksal nichts erfahren hat, aber so standen natürlich die Kunden des Studios im Fokus. In drei Einzelgeschichten werden nicht nur Individualschicksale erläutert, sondern auch der Bogen zum großen und ganzen geschlagen. Und ich find die Auswahl der Einzelschicksale überraschend und bewegend.

Als auf dem Klappentext von einem Yakuza-Mitglied die Rede war, war ich erst skeptisch, fand aber tatsächlich, dass mir diese Geschichte sogar am Besten gefallen hat. Das ganze Buch ist eine Geschichte von Verlust, von Loslassen, aber auch davon zu lieben und etwas bleibendes in der Welt zu hinlassen. Davon berührt zu werden und andere zu berühren. Und das hat die Geschichte für mich so besonders und so ergreifend gemacht.

Ich wusste nicht,. was mich bei diesem Buch erwarten würde, aber ich bin froh, dass es mir in die Hände gefallen ist. Und ich liebe die Vorstellung davon, dass am Ende des Weges jemand auf uns wartet und man am Ende nicht allein ist.

Bewertung vom 03.08.2023
Bei euch ist es immer so unheimlich still
Schröder, Alena

Bei euch ist es immer so unheimlich still


sehr gut

In „Bei euch ist es immer so still“ arbeiten zwei Frauen ihre gemeinsame und individuelle Vergangenheit auf, in der Hoffnung auf eine gemeinsame Gegenwart. Ein Buch darüber, dass auch in den besten Familien niemand fehlerlos ist. Eine Geschichte, die Mut macht Neuanfänge zu wagen und altes hinter sich zu lassen.

Zum Inhalt: Silvia ist 33, Hausbesetzerin und seit neustem Mutter. Der Kindsvater will weder mit ihr noch seinem Sprossen nich etwas zu tun haben und so steht Silvia allein vor der Unsicherheit ihres Lebens. Aus einem Gefühl heraus fährt sie zurück nach Hause, zu ihrer Mutter, die für sie einst Grund zur Flucht aus dem elterlichen Leben war. Können die Frauen einander eine Stütze sein?

Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen und hauptsächlich aus Sicht der beiden Protagonistinnen erzählt. Zwischendurch schleicht sich aber auch mal ein Abschnitt aus Sicht einer der Nebencharaktere ein, was für Abwechslung sorgt und die Geschichte mit Hintergrundinformationen füttert. Untermalt wird die Story von kleinen Nostalgiemomenten- von gelingsicherer Dr. Oetker Krem bis zu selbstaufgenommenen Musikkassetten. Dadurch stellt sich ein sehr gutes Gefühl für die damalige Zeit ein, die authentisch wiedergegeben wird.

Die Geschichte beginnt recht banal. Silvia, einst rebellisches Kind, nun verlorene Erwachsene, reist zurück in ihre Heimat. Mit Sehnsucht im Herzen und der Suche nach Antworten beginnt die Aufarbeitung ihrer etwas undurchsichtigen Familiengeschichte. Und die wurde für mich mit jeder Seite spannender. Denn nach und nach enthüllen sich die Ereignisse, die zum familiären Zerwürfnis führten.

Und genauso unaufgeregt wie die Geschichte erzählt wird, so ist auch das Ende. Irgendwie hoffnungsvoll, aber gleichzeitig kein klassisches Happy End, sondern irgendwie authentisch und unvorhersehbar, so wie das Leben eben spielt. Mir hat das Buch gut gefallen und ich habe mich zwischen den Seiten immer wieder selbst in die Lebend er beiden Frauen versetzt gefühlt. Der Erzählstil ist leise, manchmal nüchtern und gleichzeitig bewegend und an manchen Stellen stürmisch. Ein Buch voller Gegensätze und versteckter Gemeinsamkeiten, das nachklingt.