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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 20.04.2020
Makrelenblues / Hanna Hemlokk Bd.9
Haese, Ute

Makrelenblues / Hanna Hemlokk Bd.9


ausgezeichnet

Hanna Hemlokk verdient ihr Geld mit „Sülzletten“, das ist ihr eigener, etwas despektierlicher Ausdruck für Liebesromane im Heftchenformat, die sie unter diversen Pseudonymen verfasst. Doch ihre wahre Bestimmung ist ihre detektivische Spürnase. Als ihre Freundin Marga sie auf Todesfälle im luxuriösen Seniorenpark Elysium aufmerksam macht, die nicht nur gehäuft, sondern auch ziemlich unerwartet kommen, fängt ihre Nase auch an zu kribbeln. Nun sind Todesfälle im Altenheim eigentlich ein Naturgesetz – aber Marga hat schon Recht, irgendwas stinkt da gewaltig.

Freund Harry Gierke hat derweil die Nase voll von den ewigen Berichten aus Tauben- und Kaninchenzüchtervereinen, die sein journalistisches Alltagsgeschäft ausmachen. Er wittert die große Story, denn er hat sich in den Kopf gesetzt, die Wahrheit über den Barschel-Fall herauszufinden. Für Hanna also Stress an allen Fronten.

Der Titel „Makrelenblues“ weist schon die Himmelsrichtung. Hoch im Norden, in der beschaulichen Probstei, nahe der Ostsee, spielt dieser Krimi. Mit viel trockenem Humor und unverwechselbaren Figuren hat er einen besonderen Charme. Hanna Hemlokk, die nun schon zum neunten Mal ihrer Spürnase folgen darf, ist eine überaus sympathische und zupackende Person, Freunde können sich auf sie verlassen. Bei ihren Recherchen ist sie recht unkonventionell, aber als Privatperson hat sie ja auch alle Freiheiten. Schon bald merkt Hanna, dass es gar nicht so ungefährlich ist, sich auf die Ermittlungen im Altenheim einzulassen und hatte Freund Harry vielleicht richtig gelegen, als er von organisiertem Verbrechen faselte? Die Geschichte entwickelt sich zu einem wirklich spannenden Fall, bei dem auch nie die Situationskomik zu kurz kommt. Ute Haese kann beides sehr locker und flüssig verbinden und deshalb machte mir das Lesen auch sehr viel Spaß.

Regionalkrimis leben auch von ihren Landschaften und die hier sind die Beschreibungen sehr farbig und lebendig. Der Küstenwind weht quasi aus den Seiten. Die Autorin hat einen sehr schönen Erzählstil. Ich mag auch in humorvollen und unterhaltenden Krimis eine gute Sprache und das ist oft nicht selbstverständlich, umso schöner, dass hier alles passt.

Bewertung vom 16.04.2020
Kreizkruzefix
Pfundmeier, Monika

Kreizkruzefix


gut

Kurz vor der Premiere der Oberammergauer Passionsspiele wird das Unternehmerpaar Thaller grausam ermordet. Gefunden werden die Leichen von der Metzgerin Theres Hack, die zwar Einheimische ist, aber im Dorf genauso als Außenseiterin angesehen wird die Thallers. Die haben nämlich ihre alte, unrentable Landwirtschaft aufgegeben und mit der Destillation von Gin einigen Erfolg erzielen können. Das ist natürlich ein Dorn im Auge der Dörfler, genau wie Theres‘ Lebensweg, die nicht nur den Ort zum Studium verlassen hat und nach ihrer Rückkehr die heimische Metzgerei total umkrempelte. Alles Bio und kein Schweinefleisch mehr.

Weil Theres die örtliche Polizei nur allzu gut kennt, verlässt sie sich auf ihren eigenen Riecher und wird tiefer hineingezogen, als sie sich das vorstellen konnte. Zwischen Neid und Gier, Frömmigkeit und Heuchelei spitzt sich die Lage bis zur Premiere zu.

Wer einen Regionalkrimi erwartet, wie man ihn zur Genüge kennt, wird sicher überrascht werden. Monika Pfundmeier bürstet das Genre gründlich gegen den Strich. Das beginnt bei der Sprache, die zwar auch mit Dialekt und ortstypischen Ausdrücken garniert ist, aber gar nichts Volkstümliches hat. Die Dialoge sind kurz, und der Erzählstil wirkt etwas spröde und bruchstückhaft. Nachdem ich mich eingelesen hatte, konnte ich dem auch etwas abgewinnen.

Gleich zu Beginn werden die handelnden Personen genannt und kurz charakterisiert. Das kennt man aus Film und Theater. Auch die Kapitelüberschriften erinnern an ein Drehbuch. Da werden Ort und handelnde Personen genannt und Assoziation mit einem Drehbuch passt. Für den Leser funktioniert mit den einzelnen Szenen auch das Kopfkino.

Der Plot ist ganz raffiniert gestaltet, obwohl ich schon früh einen Verdacht hatte, (der sich auch bestätigte) war ich schon auf Ablauf und Hintergründe gespannt. Nicht ganz so gut gefallen haben mir einige Figuren, die waren mir zu überzeichnet und in ihrer Charakterisierung nicht ganz schlüssig.

Mal ein anderer Regionalkrimi, der auch schon mit der Ausstattung aus der Reihe fällt. Der grüne Farbschnitt korrespondiert mit der Titelgestaltung, das finde ich originell und gelungen.

3,5 Sterne

Bewertung vom 14.04.2020
Dünentraumsommer
Janz, Tanja

Dünentraumsommer


gut

Marieke, eine junge Witwe, lebt mit Sohn Emil im Ruhrgebiet. Emils Asthmaanfälle werden immer stärker, so verlegt sie ihren Lebensmittelpunkt schweren Herzens an die Nordsee. Da in Sankt-Peter-Ording ein Pflegedienst personelle Verstärkung braucht, fällt ihre Wahl auf diesen Ort. Eine Wohnung kann die neue Chefin auch vermitteln. Im Haus der älteren, alleinstehenden Berta fühlt sich Marieke sofort wohl und gut aufgehoben.

Auch die Arbeit als Alltagshelferin macht ihr Spaß, sie hatte schon immer einen guten Draht zu älteren Menschen. Die Einsamkeit der Senioren ist auch in einer Kleinstadt wie SPO ein Problem, doch Marieke hat eine spontane Idee, geboren aus den Kuchenspenden zu einem Gemeindefest, gründet sich den Oma-Kuchen-Club um die Menschen zusammenzubringen.

Ein voller Erfolg, lediglich der Besitzer eines Cafès reagiert naturgemäß nicht grade begeistert auf die Konkurrenz. Schade, denn er ist eigentlich sehr nett und Marieke verspürt zum ersten Mal seit langer Zeit und fast gegen ihren Willen wieder Herzklopfen.

Die Friesenromane von Tanja Janz sind sehr leichte, ja man kann sagen, fast seichte Unterhaltung. Aber sie schreibt humor- und temperamentvoll, so dass man sich gern in die Traumwelt entführen lässt. Sommer, Sonne, Strand und Meeresbrisen sind ja auch ein anregender Hintergrund und das Küstenflair hat mich wieder angesprochen. Ein kleiner Kurzurlaub auf dem Balkon zu einer Zeit, da Reiseverbot und Kontaktbeschränkungen herrschen, ist ja auch nicht zu verachten.

Die Figuren der Autoren sind immer sehr sympathisch beschrieben und ihre Charakter alle warmherzig, kleine Probleme, die für Verwicklungen sorgen – das Buch braucht ja auch einen gewissen Spannungsbogen – münden natürlich in ein Happy End.

Aber trotzdem gibt es immer wieder Szenen, die auch nachdenklich stimmen, zum Beispiel, wenn Marieke in Briefen an ihren toten Ehemann von ihrem Gefühlsleben und ihren Sorgen schreibt, oder als sie erkennt, dass Emil einen Vater vermisst.

Ein unterhaltsamer Sommerroman, genug das Richtige für den Urlaub, ob im Strandkorb oder auf dem Balkon mit 3,5 Sternen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.04.2020
Die Kinder von Nebra
Schiewe, Ulf

Die Kinder von Nebra


ausgezeichnet

Die Himmelsscheibe von Nebra ist ein ganz besonderer archäologischer Fund. Seit ihrem Auftauchen beschäftigt sie die Wissenschaft und noch mehr die Fantasie der Menschen. Es scheint ein winziges Fenster in das Leben unserer Vorfahren, ihr Denken und ihren Glauben.

Ulf Schiewe, der in seinen historischen Büchern immer meisterhaft Realität und Fiktion vermischt und daraus spannende Geschichten webt, hat sich diese Himmelsscheibe als Mittelpunkt seines neuen Romans genommen.

Er führt mich in die Bronzezeit, in die Gegend zwischen Saale und Unstrut und zeichnet das Leben der einfachen Bauern und Handwerker. Wie sie eingebunden mit der Natur leben, ihre Existenz durch frühen Ackerbau und ein wenig Viehzucht fristen. Auch Werkzeuge und natürlich auch Waffen wurden bereits geschmiedet. Das Wissen um die Gestirne brachte Utrik von seinen Reisen mit, die ihn als junger Mann bis in den Nahen Osten führte. Eine Himmelsscheibe zu schmieden war sein Lebensziel.

Die einfachen Leute leiden unter der Willkür des despotischen Fürsten Orkor und seines Sohnes, der die Menschen unterdrückt und versklavt. Das alles im Namen eines neuen Gottes, Hador – ein grausamer und strafender Gott, der nur durch Menschenopfer besänftigt werden kann.

Rana, Utriks und Herdis Tochter, ist als Priesterin für die Göttin Destarte bestimmt und sie will die Ungerechtigkeit nicht länger hinnehmen und nimmt, mit Hilfe der Scheibe und einiger Getreuer, den Kampf gegen die übermächtigen Herrscher auf.

Eine wirklich spannende und mitreißende Geschichte. Ulf Schiewe kann mit seinen Worten farbige Bilder und vergangene Welten auferstehen lassen. Wie immer fließt exakt recherchiertes Wissen ein und gibt den Hintergrund für diesen Roman aus der Bronzezeit. Ich war von Anfang an fasziniert, obwohl ich mit ein bisschen Skepsis an das Buch ging, weil ich fürchtete, dass es vielleicht zu sehr zur Fantasy-Geschichte wird. Aber diese Befürchtung war grundlos. Natürlich muss ein Autor in einen Roman, der in der Frühzeit spielt, viel Fantasie mitbringen um die Geschichte zu füllen. Das ist wirklich hervorragend gelungen. Die Figuren – hier fand ich das Personenverzeichnis mit der Erklärung der einzelnen Stämme und Clans sehr hilfreich – sind lebendig geworden. Allen voran die Frauenfiguren, die mir besonders gut gefallen haben.

Mit großem Interesse bin ich auch in die mystische Welt der Menschen eingetaucht. Ihr Glaube an Götter, die das Schicksal vorbestimmen, eine Naturreligion, in die auch Himmelserscheinungen und die Jahreszeiten einbezogen wurden, denn diese Beobachten beeinflussten die Ernten und damit das Überleben.

Ich muss nur ein kurzes Fazit geben: Ein toller Roman !!

Bewertung vom 12.04.2020
Die Kunst des stilvollen Wanderns - Ein philosophischer Wegweiser
Graham, Stephen

Die Kunst des stilvollen Wanderns - Ein philosophischer Wegweiser


sehr gut

Vor gut hundert Jahren begann der englische Journalist und Reiseschriftsteller zu Fuß die Welt zu erkunden. Im Wandern fand er alles, was für ihn zur Freiheit, Charakterbildung und Selbstreflexion gehörte. Neben seinen Reiseberichten verfasste er auch eine Art Ratgeber zum richtigen Wandern.
Das mag uns heute vielleicht ein wenig aus der Zeit gefallen erscheinen. Die Wahl des richtigen Stiefels, genagelt oder nicht, spielt in Zeiten von High Tech Ausrüstung keine Rolle mehr. Auch wie eine durchnässte Tweedjacke getrocknet wird, damit sie wieder als wärmende Zudecke gebraucht werden kann, liest man heute eher mit Heiterkeit.
Seine Bemerkungen zu den Erfahrungen des Reisens, zur fremden Kulturen, denen er offen gegenüber tritt, können auch heute noch überzeugen. Wenn er von der Gastfreundschaft nomadischer Völker erzählt und auch wie schnell sie ausgenutzt werden können, kann man das ohne weiteres auch auf heute Abenteuer- und Rucksacktouristen übertragen.
Besonders gefallen haben mir seine Anmerkungen zur richtigen Reiseliteratur, da ist fast ein kleiner Kanon von den antiken Philosophen bis zur Bibel. Lediglich von Krimis rät er ab, die sind zu schnell ausgelesen und beschweren dann nur den Rucksack.
Ja, man kann schon ein wenig Fernweh bekommen und liest neidisch von wunderbaren Nächten unterm Sternenhimmel. Auch wenn er über Wildtiere eher naiv daherkommt, weder Pumas und Bären haben ihn auf seinen Wanderungen in den USA geschreckt, wenn sie sein Camp besuchten. Aber vielleicht war es damals so, dass Bären ein Camp nicht als Nahrungsquelle ansahen. Auch einen menschenleeren, einsamen Yosemite NP kann man sich heute kaum noch vorstellen.
„Die Kunst des stilvollen Wanderns“ ist ein Büchlein, wie in eigentlich nur ein Engländer schreiben konnte. HarperCollins hat es in sehr hübscher Ausstattung neu aufgelegt, eine Wiederentdeckung im Genre „Armchair Travel“.

Bewertung vom 10.04.2020
Mordseeluft / Caro Falk Bd.1
Johannsen, Emmi

Mordseeluft / Caro Falk Bd.1


ausgezeichnet

Caro Falk kurt auf Borkum. Schon bei der Erstuntersuchung fällt ihr der Chef der Kurklinik, Dr. Schäfer, nicht grade angenehm auf. Trotzdem hätte sie ihn nicht gern gegart und gesotten in der Strandsauna gefunden! Wie es scheint, geht die örtliche Polizei von einem Unfall aus, das entspricht ganz und gar nicht Caros Wahrnehmung und so beginnt sie auf eigene Faust zu ermitteln, aber nicht ganz allein. Jan Akkermann, wohlgeformter Türsteher der Borkumer Disco und Strandyogalehrer steht ihr zur Seite.

Dabei hätte Caro genug eigene Probleme und müsste sie nicht noch andere suchen. Die Scheidung von ihrem notorisch untreuen Ehemann ist zu einem schmutzigen Rosenkrieg ausgewachsen. Sie steht nun mit ihrem Sohn und ohne Geld da. Aber ihr Temperament und ihre Energie sind nur zeitweise verloren gegangen. Der Fall bringt eine ganz neue Caro zum Vorschein.

Wer sich dachte, eine Borkumer Mutter-Kind-Kurklinik ist ein höchst beschauliches und gar langweiliges Umfeld, hat sich getäuscht. Es geht hoch her zwischen Gruppentherapie und Walking und Caro steckt mit ihren Ermittlungen mittendrin. Das ist wirklich höchst vergnüglich zu lesen und auch das Mitraten macht so richtig Spaß. Ich habe lange spekuliert und die Spuren die Emmi Johannsen legt, sind ziemlich tricky. So war auch die Auflösung tatsächlich noch eine Überraschung für mich.

Bei Lesen bekam ich ein wunderbares Insel-Feeling. Hätte ich noch im Hintergrund Wellengeräusche gehört, wäre ich komplett abgetaucht. Der angenehm lockere Schreibstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen. Der Krimi punktet mit Spannung und viel Humor, es gab einige Szenen, die ich wohl nicht mehr aus dem Kopf bekomme. So werde ich in Zukunft bei Buffets die gebratenen Hühnerbeinchen meiden.

Da ich Borkum aus Inselurlauben kenne, war das Lokalkolorit noch ein besonderes Tüpfelchen auf dem i. Die Strandsauna, der Leuchtturm, die Kurklinik – das sind alles Orte, bei denen meine Erinnerung die passenden Bilder liefert. So fühlte sich das Lesen wie ein kleiner Urlaub an. Grade jetzt, wo wir alle in der Wohnung festsitzen und Reisepläne in weiter Ferne sind, war das Buch ein kleiner Lichtblick für mich.

Bewertung vom 05.04.2020
Das Beste kommt noch
Roper, Richard

Das Beste kommt noch


sehr gut

Eine kleine Unaufmerksamkeit lässt Andrew beim Einstellungsgespräch einer städtischen Behörde mit „Ja“ antworten – es war die Frage nach Ehefrau und Kindern – und nun kommt er aus der Nummer nicht mehr raus. Immer mehr muss er seine Geschichte ausschmücken, wenn der harmoniebedachte Chef sich nach der Familie erkundigt. Das ist eigentlich Andrews einzige Abwechslung in seinem privaten und beruflichen Dasein. Er ist amtlich bestellter Nachlassverwalter, für all die alten und einsamen Menschen, die unbemerkt in ihren Wohnungen versterben. Seine Arbeit hat ihn nicht abstumpfen lassen, im Gegenteil, jeden Auftrag versucht er mit Empathie zu erledigen. Egal, wie verwahrlost und vermüllt die Wohnungen sind, die er betritt, immer versucht er etwas Positives im Leben der Verstorbenen zu finden.
Doch als die neue Mitarbeiterin Peggy kommt, werden seine ganzen Pläne über den Haufen geworfen.
Was auf den ersten Blick wie ein eintöniges Leben wirkt, ist auf den zweiten Blick vielschichtiger. Mit Andrew lernen wir einen Mann kennen, der sich nicht freiwillig zurückgezogen hat, aber allmählich damit abgefunden hat. Es scheint ihm an Antrieb zu fehlen, seine Situation zu ändern. Aber dennoch bleibt er ein sympathischer Charakter. Ich finde diesen Protagonisten typisch „englisch“ – ein wenig verschroben und eigenbrötlerisch. Auch die Geschichte wirkt erst recht makaber, mit skurrilem Humor, aber dann spürt man auch die Anteilnahme des Autors mit seiner Figur und seinem Plot.
Mir hat dieser Roman wirklich gut gefallen, der Plot ist ausgefallen und mit viel Witz und Empathie umgesetzt. Alle Figuren, ob sympathisch oder unsympathisch, wie Andrews Schwager Carl, sind sehr gut portraitiert. Ich habe auch die Erzählweise von Richard Roper genossen, er schreibt unterhaltsam und kurzweilig zu lesen. Vom Drama bis zur Liebesgeschichte ist alles drin, was gute Unterhaltung ausmacht.
Das Fazit: es ist nie zu spät, dem Leben eine neue Richtung zu geben.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.04.2020
1965 / Thomas Engel Bd.1
Christos, Thomas

1965 / Thomas Engel Bd.1


weniger gut

Ein historischer Krimi auf zwei Zeitebenen – 1939 und 1965 – der auch noch in Düsseldorf spielt, das hat gleich mein Interesse geweckt. Ich bin zwar erst gut 10 Jahre später nach Düsseldorf gezogen, aber auch die Zeit davor war in vielen Erzählungen lebendig.

Die Hauptfigur ist Thomas Engel, ein junger Kriminalkommissar, der ziemlich naiv und noch grün hinter den Ohren ist. Der dörflichen Enge des Niederrheins möchte er unbedingt entfliehen und ein Freund und Kriegskamerad seines Vaters, „Onkel Strobel“ macht ihm das Angebot zur Kripo in Düsseldorf zu kommen. Die Ausbildung ist schnell beendet, Thomas ist wissbegierig und lerneifrig und tritt so seinen Dienst unter die Fittiche von Kurt Strobel an. Gleich sein erster Fall ist erschütternd. In den Ruinen der Kaiserswerther Pfalz wird ein ermordetes junges Mädchen gefunden und zu Thomas großer Verwunderungen sind die Ermittlungen stockend, sogar offensichtliche Dinge werden nicht beachtet und an einer Obduktion ist gar nicht zu denken. Ein Unfall beim Spielen auf der Mauer – so das abschließende Urteil. Thomas’ Weltbild bekommt einen ersten Riss.
Dann das berühmte Rolling Stone Konzert in Gelsenkirchen, Thomas ist als Beamter abgestellt und das Konzert stellt dann sein Leben endgültig auf den Kopf.

Nun haben wir also einen angepassten, unbedarften jungen Mann, der durch ein Konzert sein Leben um 180° dreht. Er stellt sich gegen alle Autoritäten und streift innerhalb von wenigen Wochen alles ab, was sein bisheriges Leben ausmacht. Wie ein James Bond beginnt er zu agieren und die Geschichte wird immer unrealistischer und durch den hölzernen und mehr als schlichten Schreibstil kann sich einfach kein Lesegenuss entwickeln. Dazu kommen noch die platten und unbeholfenen Dialoge.

Klar, dass in den 60iger Jahren noch viele Alt-Nazis in Behörden und Ämtern ihren Dienst taten, die Pädagogik noch mit Repression und Zwang gleichgesetzt wurde und in psychiatrischen Krankenanstalten ein unguter Geist herrschte. Aber da alles in diesem Roman verarbeitet wird, wirkt er überfrachtet und der Autor kennt nur Schwarz und Weiß. Seine Figuren sind grob gezeichnet, auch in der Handlung gibt es keine Zwischentöne.
Ich habe mich jedenfalls mit zunehmender Verärgerung durch das Buch gearbeitet, auch wenn es mal einige ansprechende Abschnitte und Szenen gab. Aus der biografischen Notiz im Klappentext entnehme ich, dass Thomas Christos als Drehbuchautor arbeitet. Nun, ein Drehbuchautor ist nicht automatisch auch ein guter Romanautor.

Der Untertitel „Der erste Fall für Thomas Engel“ legt eine Fortsetzung nahe. Aber ganz sicher nicht für mich.

Bewertung vom 31.03.2020
Wenn die Alpen Trauer tragen
Archan, Isabella

Wenn die Alpen Trauer tragen


sehr gut

Mitzi ist eine etwas besondere junge Frau. Eine Tragödie in ihrer Kindheit hat sie geprägt und ihr ein Leben voller Schuldgefühle beschert. Vielleicht interessiert sie sich deshalb so für die Schicksale anderer Menschen. Ein Zeitungsartikel über eine alte Dame, die einen Enkeltrick-Betrüger überlistete, veranlasst sie den Kontakt mit ihr herzustellen. Doch kurz nach der Begegnung kommt die Frau bei einem Brand ums Leben und es scheint sich um Brandstiftung zu handeln. Mitzi beginnt nun auf ihre ganz eigentümliche Art zu ermitteln. Hilfe, wenn auch anfangs nur etwas widerwillig bekommt sie von Inspektorin Agnes Kirschnagel, der Mitzis Gespür für Mord schon einmal bei einem Fall half. (Die Alpen sehen und sterben)

Agnes und Mitzi ergeben schon ein eigenwilliges Ermittlergespann und dabei bleiben einige humorvolle, manchmal sogar skurrile Szenen nicht aus. Das macht besonders viel Spaß beim Lesen. Zwar werden findige Krimileser schon bald auf die richtige Spur kommen, aber der Plot birgt noch einige trickreiche Wendungen und so bleibt die Spannung erhalten.

Ganz besonders Mitzis Aktionen haben mir beim Lesen manchmal Herzklopfen beschert, denn sie stürzt sich recht spontan in gefährliche Situationen. Aber sie scheint einen Schutzengel zu haben. Nicht zuletzt auch einen realen in der Person von Inspektorin Agnes Kirschnagel, die schließlich Mitzi und ihren Hang zu eigenen Ermittlungen kennt.

Isabella Archans Krimis gefallen mir durch ihren Schreibstil sehr. Es die Mischung aus Humor, Sprachwitz und Figurenzeichnung die ihre Geschichten so originell und unverwechselbar machen. Liebenswert finde ich auch, dass manche Figuren aus anderen Büchern einen kleinen Gastauftritt bekommen.

Der Krimi spielt in großen Teilen in der Wachau, Melk und Krems bilden einen landschaftlich schönen Hintergrund. Auch wenn Agnes Kirschnagels Dienstelle in Kufstein ist und Mitzi in Salzburg wohnt, spielen die Alpen keine besondere Rolle. Deshalb fand ich den Titel nicht ganz passend zum Inhalt. Allerdings passt er zum ersten Band der Reihe und soll wohl die Verbindung herstellen.

Ganz zum Schluss kommen auch die Leckermäuler auf ihre Kosten. In einem Krimi aus der Wachau dürfen die Marillen nicht fehlen und so gibt es noch ein Rezept für Marillenknödel im Anhang.