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katikatharinenhof

Bewertungen

Insgesamt 998 Bewertungen
Bewertung vom 05.11.2023
England: The Last Hurrah
Jones, Dafydd

England: The Last Hurrah


ausgezeichnet

Schwarzhumorige und ironische Fotos der sog. "Feinen Gesellschaft"

Dass die Briten einen Faible für schwarzen Humor ist allgemein bekannt. Dass aber eben jener schwarzer Humor auch in exzentrischen Fotos zu finden ist und dabei die sogenannte Feine Gesellschaft Englands auf die Schippe nimmt, beweist Dafyyd Jones in seinem kleinen Fotobüchlein "England: The last Hurrah".

Ein Buch voller hemmungsloser Selbstdarsteller;innen, die, je weiter die Party voranschreitet, alle Regeln der Etikette vergessen, und nicht nur die Zügel schleifen, sondern auch die Hüllen fallen lassen.

Aufnahmen der High Society der 1980er Jahre, die spitzzüngig in der Aussage sind, aber ohne Worte auskommen. Dabei entsteht der Eindruck, dass die Betrachtenden durch die Linse von Jones schauen und so den Fokus auf die Flüchtigkeit des Augenblicks legen, der freizügige Eskapaden, lässig zur Schau gestellte Langeweile und den Verlust jeglicher Fasson bereit hält.

Frei nach dem Motto "Je später der Abend, desto zügelloser die Gäste" fließt der Champagner in Strömen, lupfen die Ballbesucherinnen bereitwillig die raschelnden Röcke ihrer teuren Roben und wandern Hände an Rücken hinunter, die fernab jeglicher Schicklichkeit sind. Die Luft flimmert vor Erotik und unausgesprochenen Einladungen, die Augen weiden sich an Ein- & Ausblicken und manch eine/r muss sich einfach dem Ruf der Müdigkeit hingeben und auf dem fein getrimmten englischen Rasen ein Nickerchen halten.

Herrlich ironisch, zündet hier jede Bildpointe und weiß sehr gut zu unterhalten

Bewertung vom 05.11.2023
Luxury Trains
Bertrand, Simon

Luxury Trains


ausgezeichnet

Glück ist, eine Reise erlebt zu haben, die man nie vergessen wird

Es gibt Reisen, deren Erinnerungen sich dauerhaft in die Herzen einbrennen und unvergessen sind. Dazu gehören auch Reisen mit namhaften Luxus-Zügen, die einen Hauch von Orient, Krimi und Glamour auf Schienen verbreiten.

Simon Bertrand öffnet im vorliegenden Coffee-Table-Book die Türen der Waggons von Royal Scotsman, Trans Siberian Express oder dem legendären Rheingold und zeigt mir seinen eindrucksvollen Aufnahmen, dass das Reisen in diesen wunderschönen Zügen wie das Eintauchen in eine Filmkulisse ist.

Es sind rollende Legenden, die aus dem Dornröschenschlaf erweckt werden, um ihre ganze Pracht und Schönheit zu zeigen. zwischen Luxus am Tag und Bequemlichkeit bei Nacht ziehen immer wieder neue Eindrücke an den Fenstern der Züge vorbei, zeigen Landschaften, an denen sich das Auge nicht satt sehen kann und verwandeln Reiseträume zu bleibenden Eindrücken.

Das Buch erzählt Geschichte und Geschichten, überwältigt mit atemberaubenden Luxus und vermittelt eine ganz besondere Atmosphäre. Flauschig weiche Teppichböden, auf Hochglanz poliertes Mahagoni mit detailreichen Intarsien, elegante Stoffe und funkelnde Kristallgläser, die erlesene Weine und rauchigen Whiskey im Sonnenlicht schimmern lassen, lassen den Glanz vergangener Zeiten aufleben und vermitteln den Reisenden in nostalgisches Flair.

Die exklusiven Waggons reisen durch filmreife Landschaften und verzaubern die Urlauber;innen wie Harry Potter, lassen sie auf Hercule Poirots Spuren wandeln oder erfüllen geheime Träume und Wünsche.

Die Begleittexte sind ideen- und einfallsreich sowie mitreißend verfasst. Die grandiosen Fotos laden dazu ein, das luxuriöse Ambiente, die Aussichten und das ganz besondere Flair zu genießen und sich vom steten Rattern der Zugräder in ferne Länder tragen zu lassen.

Bewertung vom 03.11.2023
Das einzige Kind
Lind, Hera

Das einzige Kind


ausgezeichnet

Es gibt Bücher, die uns in einer Stunde mehr erleben lassen, als zwanzig gelebte Jahre (frei nach Oscar Wilde)

Hera Lind hat vor vielen Jahren damit begonnen, die Lebensgeschichten ihrer Leser;innen in einfühlsame, bewegende und zu Herzen gehende Bücher zu verwandeln. Mit "Das einzige Kind" beweist sie wieder einmal, dass das Leben selbst die interessantesten und ergreifendsten Geschichten schreibt und sie nur ein wenig sprachlich nachfeilen muss, um daraus einen Roman zu machen, der binnen weniger Stunden regelrecht verschlugen wird.

Die Geschichte von Djoko, der als 5-Jähriger schon die ganze Wucht und Grausamkeit des Kriege miterleben muss, entwurzelt wird und auf seiner Flucht durch ganz Europa viel gesehen und erlebt habt, wird von Hera Lind sehr einfühlsam und authentisch erzählt. Es gelingt ihr, dass dem kleine Djoko sofort die Herzen der Leserschaft zufliegen und ihn auf seinem steinigen und schmerzhaften Weg durch die Kriegswirren begleiten.

Gerade jetzt, wo nicht nur in Europa, sondern auch in Israel wieder Krieg herrscht und viele Kinder von ihren Eltern getrennt werden oder zu Waisen werden, steigen die von Lind skizzierten plastischen Bilder noch deutlicher aus den Seiten und vermischen sich mit den Bildern des Tagesgeschehens aus den TV-Nachrichten und gehen so noch tiefer unter die Haut. Doch zwischen Grauen, Schrecken und Entsetzen gibt es für Djoko immer wieder Menschen mit Herz, die ihm eine helfende Hand reichen und ihn aus dem Schlamassel ziehen. Es sind Menschen, die wie kleine Hoffnungslichter in der dunkelsten Zeit schimmern und die zeigen, dass das Gute immer über das Böse siegt.

Auch wenn viel Leid und Elend die Ereignisse prägen, so sind es doch immer wieder kleine Augenblicke, die ein Lächeln ins Gesicht zaubern und die von der Schreibenden mit ganz viel Herzenswärme ein die Erzählung eingeflochten werden, damit ihre Leser;innen schmunzeln können. Djoko beim Aufwachsen zuzusehen, ihn durch die Kriegstage zu begleiten und schließlich mit ihm gemeinsam ein Zuhause zu finden, bewegt und berührt. Lind weiß, wie sie eine ohnehin dramatische Lebensgeschichte noch dynamischer und eindringlicher aufbereiten kann, damit auch dieser Roman Spuren im Herzen ihrer treuen Leserschaft hinterlässt.

Ich bewundere Menschen wie Djoko, aus dem im Verlauf des Krieges Franz Peters-Engl wird, denn sie öffnen ihr Herz für ein breites Publikum, teilen ihre intimsten Momente und lassen Menschen wie du und ich an ihrer Geschichte teilhaben. Sie berühren mit ihrem Mut, ihrer ungebrochenen Energie und ihrer Dankbarkeit dem Leben gegenüber und genau das fasst die Autorin immer wieder in absolut lesenswerte Tatsachenromane zusammen.

Klare Leseempfehlung !

Bewertung vom 02.11.2023
Der Buchladen am Ende der Welt
Shaw, Ruth

Der Buchladen am Ende der Welt


ausgezeichnet

Lebensreise

Schlagen die Leser:innen "Der Buchladen am Ende der Welt" auf und beginnen zu lesen, werden sie sofort Teil einer Lebensreise, die sich selbst wie ein aufregendes Abenteuer in einem ihrer vielen Bücher ihres Buchladens liest. Es ist eine Reise, bei der Ruth von der Getriebenen, immer auf der Suche nach sich selbst und einem Platz im Leben, im Alter zur Heimkehrenden wird, ihre Bestimmung findet und somit auch ihr Herz und ihre Seele endlich zur Ruhe kommen.

Dabei sind die Memoiren der Buchhändlerin nicht in süßen oder gar verkitschten Worten erzählt, sondern sie sind echt, ehrlich und gehen manchmal ganz schön unter die Haut. Es sind Höhen und Tiefen, die im Verlauf der Jahrzehnte ihre Spuren hinterlassen und Ruth zu der Person machen, die sie heute ist. Träume, die wie Seifenblasen platzen und wieder neu geträumt werden müssen, große Gefühle, die nach und nach die rosaroten Wolken Grau färben und die Trauer um Joshua, die ihr fast das Herz zerreißt, sind Stationen in ihrer Lebensgeschichte, die ihr in diesem Moment, wo sie Ruth zum Halten zwingen, unglaublich weh tun. Aber je mehr Jahre vergangen sind, desto stärker wird sie aufgrund dieser Ereignisse.

Ruth segelt über den Pazifik und genau dieses Navigieren durch die Wellen, die mal sanft plätschern können, dann aber wieder hohe Wogen schlagen, steht versinnbildlicht für ihr ganzes Leben. Sie hat die Segel immer wieder neu gesetzt, die Richtung geändert, um am Ende in Neuseeland und bei sich selbst anzukommen.

Viele Krisen pflastern ihren Weg, aber ihre Lebenslust und der Drang, dem Schicksal die Ellenbogen in die Seite zu rammen und zu zeigen, dass sie sich nicht unterkriegen lässt, lassen immer wieder die Sonne im Leben von Ruth scheinen. Neuseeland ist dabei ihre letzte Station und endlich kann Ruth anfangen, Wurzeln zu schlagen. Ihre Buchhandlung ist etwas ganz Besonderes - nicht nur ein Zuhause für Bücher, sondern auch der Ort, an dem Ruth mit Herz und Seele verankert ist und Kraft schöpft.

Mit leisen, kraftvollen und sehr beeindrucken Worten erzählt, ist diese Lebensreise auch ein kleiner Schubser in Richtung der Leserschaft, denn Ruth Shaws Botschaft ist klar und deutlich: Auch aus den Steinen, die man auf dem Lebensweg zur Seite räumen muss, lässt sich im Verlauf der Jahre etwas Wundervolles erschaffen.

Bewertung vom 01.11.2023
Die Beatles, das Universum und der Rest
Janosa, Felix

Die Beatles, das Universum und der Rest


ausgezeichnet

Bandgeschichte im Graphic Novel Stil

Es gibt viele Bücher über die Beatles, die sich vom Inhalt und der Aufmachung her nur wenig unterscheiden. Aber mit "Die Beatles, das Universum und der Rest" ist ein kleines Buchschätzchen erschienen, das nicht nur vom Schreibstil her erfrischend anders ist, sondern auch in seiner Erscheinung.

Komplett im Graphic Novel Stil gehalten, führt dieses Buch durch die aufregende Band- und Musikgeschichte der Fab Four. Die Begeisterung des Autoren-Duos schwappt aus den Seiten, lässt die bekannten Hits als Ohrwürmer frei und wirkt ansteckend bei Fans und Musikbegeisterten. Wissenswertes, Informatives und Unbekanntes findet den Weg in dieses Buch und ermöglicht so ein Eintauchen in das Leben und Wirken der Jungs aus Liverpool.

Was haben ein Apfel, der Herr der Ringe und ein Schwein namens Bruno gemeinsam ? Die teilweise schrägen, aber sehr unterhaltsamen Antworten befinden sich in diesem kurzweiligen Buch, das so fantasievoll ist wie die Band, ihre Songs und Alben.

Absolut lesenswert und ein wundervolles Geschenk für Fans - nicht nur zu Weihnachten

Bewertung vom 01.11.2023
Sand

Sand


ausgezeichnet

Nicht Jede/r versteht es, jedes einzelne Sandkorn als etwas Wertvolles anzusehen (unbekannt)

Bata illic hatte ihn in den Schuhen aus Hawaii, Belinda Carlisle malte Kreise in ihn und Kinder bauen stundenlang fantasievolle Burgen mit ihm - Sand. Auf den ersten Blick vollkommen unscheinbar, aber eine nähere Betrachtung lohnt sich.

Was nämlich aus Myriaden von winzigen Gesteinskörnern besteht, ist nicht nur Werkstoff für Glas und Beton, sondern auch gleichzeitig Lebensraum, Sehnsuchtsort und bedrohte Ressource.

Der vorliegende Sachbildband widmet sich ausführlich dem ökologischen Tausendsassa und beleuchtet sinnvolle und weniger durchdachte Nutzungsarten dieses Rohstoffes, der scheinbar unendlich vorhanden ist. Vom Raubbau an der Natur bis hin zum verzweifelten Versuch, den Sand in künstlichen Inseln in eine neue Bestimmung zu pressen, finden Interessierte hier Informatives und Wissenswertes, das erstaunt, verblüfft und nachdenklich stimmt.

Eindrucksvoll reihen sich die bunten Sandproben des Museum Wiesbaden auf und zeigen eine wunderschöne Farbpalette, die von tiefdunkelrot, curryfarben, grau bis hin zu cremeweiß reichen und die Vielfalt der Gesteine in sich trägt. Beim Blick durchs Mikroskop wird aber deutlich, dass längst nicht mehr jedes Sandkorn aus Gestein besteht, sondern Mikroplastik Einzug an unseren Stränden gehalten hat.

Staunend, fast schon ehrfürchtig, habe ich minutenlang die Sandkornkunst betrachtet, bei der ein einzelnes Sandkorn mit einer Sandburg verziert worden ist. Für das bloße Augen nicht erkennbar, aber dank des Elektronenmikroskops wird ein kleines Wunderwerk sichtbar.

Das Buch erzählt Geschichte und Geschichten über das Leben mit Sand und gibt auch intime Einblicke in das Leben von Nomad:innen, deren Zuhause der Sand ist. Ihre Lebensweise ist vorbildlich und nachahmenswert, wissen sie doch die Ressource Sand zu schätzen und zu würdigen.

Die Begleittexte wecken die Neugier auf die Ausstellung, die eindrucksvollen Fotografien machen Heißhunger auf die optischen Eindrücke und vermitteln beim Betrachten schon erste Aha- und Wow-Momente.

Sehr lesenswert !

Bewertung vom 31.10.2023
Winterzauber im Salzkammergut
Retzek, Ilse

Winterzauber im Salzkammergut


ausgezeichnet

Im Salzkammergut, doa kammer gut lustig sei (Operette "Im Weißen Rössl")

Der Schnee verwandelt alles in eine glitzernde weiße Märchenlandschaft und macht aus dem Salzkammergut ein Winterparadies. Fernab vom Skizirkus lädt Ilse Retzek mit ihrem Buch "Winterzauber im Salzkammergut" ihre Leser:innen dazu ein, auch einmal hinter die Sommerkulisse zu schauen und dabei kleine Schätze zu entdecken.

Die Region stellt sich im winterlichen Gewand vor und zeigt sich von ihrer wohl schönsten Seite, die zwischen gelebter Tradition und dem Auseinandersetzen mit der Geschichte ganz viel Neues, Aufregendes aber auch Entspannendes zu bieten hat.

Von der kaiserlichen Residenz Bad Ischl bis zum Mondsee öffnet Retzek die Türen kleiner Manufakturen, Museen, Kaffeehäusern und dem ein oder anderen Schatzkästchen und zeigt, wie wunderbar das Winterglitzern sich nicht nur anfühlt, sondern auch in einen Urlaub integrieren lässt, um die beliebte Region von einer anderen Seite kennenzulernen.

Ein wenig schaurig wird es schon, wenn die Krampusse auf der Bildfläche erscheinen. Ganz anders bei der Kripperlroas, bei der wunderschöne Krippen die weihnachtliche Botschaft verkünden. Schlitten-Gaudi gibt es auf der längsten Rodelbahn Österreichs, während andernorts der nächtliche Himmel durch glühende Heißluftballons regelrecht verzaubert wird. Eine Kapelle aus Steinsalz, Sternenkino oder Schneeschuh-Touren - das Salzkammergut bietet unendlich viele Möglichkeiten.

Auch widmet sich die Autorin den nicht so glitzernden Seiten der Region und zeigt die Narben, die der Verlauf der Zeitgeschichte im Salzkammergut hinterlassen hat. Feinfühlig und taktvoll bindet sie selbst die dunkle Vergangenheit mit ein, deren Spuren heute noch deutlich zu sehen sind und für immer geprägt haben . Sie findet aber immer den richtigen Ton, um zu erinnern und nicht zu vergessen und schlägt gekonnt wieder den Bogen in die Erlebniswelt Salzkammergut, die für gute Laune, Wintervergnügen und Erholung steht.

Tipps zum Einkehren und Verweilen dürfen selbstverständlich nicht fehlen und ergänzen den reich bebilderten Reiseführer perfekt.

Bewertung vom 29.10.2023
Unterm Himmel
Kranich, Laura

Unterm Himmel


ausgezeichnet

Versuche stets ein Stückchen Himmel über deinem Leben festzuhalten - Marcel Proust

Wir alle leben unter einem Himmel und bewundern immer wieder die vorüberziehenden Wolken, die zuckende Blitze und das nächtliche Leuchten Myriaden von Sternen. Laura Kranich öffnet mit ihrem Buch nicht nur die Wolkendecke für die Leser;innen, sondern zeigt ihnen anhand atemberaubender Aufnahmen, wie schön unser Firmament ist, auch wenn hinter manch einer wunderschönen Himmelsschauspiel die Auswirkungen eines Waldbrandes oder Vulkanausbruches stecken.

Sie erzählt verständlichen und leicht zu verinnerlichen Worten, wie diese Wetterphänomene entstehen, klärt über den Ursache und Wirkung auf und weckt eine gewisse Neugier für ihren Arbeitsbereich, der so viel mehr ist als trockene Physik und und Wissenschaft. Zwar entstehen mitunter mystische Himmelszaubermomente durch die Veränderungen des Klimawandels, jedoch weiß die Autorin ihnen durchaus Himmelsglanz und Nachtgefunkel zuzusprechen.

Die Leser:innen müssen nicht studiert haben, um sich von den begeisternden Worten von Kranich mitreißen zu lassen, sondern können das komplette Buch einfach genießen, wenngleich Kranich zum Umdenken und Handeln auffordert, damit wir noch lange den Zauber des Nachthimmels genießen können.

Ein magisches kleines Buch, das trotz mahnender Worte nicht verurteilt und so eine gesunde Balance zwischen nächtlicher Faszination und kleinen Veränderungen der eigenen Lebensweise mit großen Auswirkungen findet.

Absolut lesenswert !

Bewertung vom 29.10.2023
Talmäander
Frings, Lena

Talmäander


ausgezeichnet

Natur - so idyllisch, so brutal

Lena Frings schriebt in ihrem Buch nicht nur von den idyllischen Flussschleifen, die eine Augenweide sind und sich tief und prägend nicht nur in die Flusslandschaften, sondern auch ins Gedächtnis der Menschen, die dort leben, geprägt haben. Doch Lena Frings hat einen ganz besonderen Bezug zur Ahr, ist sie doch dort aufgewachsen.

Ihr Buch ist somit eine Kindheitserinnerung, die jäh vom tragischen Hochwasser des Jahres 2021 durcheinander geworfen wird und eine Auseinandersetzung mit eben jenem Ereignis, das auch deshalb so zerstörend und mit aller Wucht auf das Ahrtal trifft, weil es eben jene Flussmäander sind, die der Mensch immer wieder beschneidet, um sich die Natur Unteran zu machen.

Frings führt die Leser:innen durch die Stationen ihrer Kindheit, mit denen liebevolle Momenten verbunden sind und erzählt die Geschichte eines Ortes, der von und mit dem Fluss lebt. Auch der Wiederaufbau, der noch immer anhält und noch lange nicht abgeschlossen sein wird, spielt eine wichtige Rolle und hier wird die junge Autorin sehr deutlich, ohne belehrend zu wirken.

Der Aufbau kann immer nur im Einklang mit der Naut erfolgen, denn die Folgen des Klimawandels lassen immer häufiger Bäche und Flüsse über die Ufer treten. Das Lesen der Landschaft, der Flüsse und ihrer natürlichen Läufe, Schleifen und Mäander ist unbedingt notwendig, um zukünftige Unwettern eben nicht eine so große Angriffsfläche zu bieten.

So klein das Buch auch ist, so intensiv sind die Worte und Gedanken, die nachdenklich stimmen, aber trotzdem nicht erdrückend wirken. Ergänzt mit einer Vielzahl an interessanten Illustrationen und Zeichnungen, wunderschönen idyllischen Fotos und Aufnahmen vom Hochwasser , fordert das Buch zum Überdenken des eigenen Handels auf und hinterlässt deutliche Spuren.

Bewertung vom 27.10.2023
Andromeda
Bohman, Therese

Andromeda


sehr gut

"Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste." - Heinrich Heine -

Mit den ersten Schritten in den Stockholmer Verlag Rydéns öffnet sich für Studentin Sofie eine Welt, in der die Fantasie, aufregende Geschichten und kleine Schätze Zuhause sind. Auch wenn sie sich erst freischwimmen muss merkt sie schon bald, dass die von Verlagsleiter Gunnar auf der Taufe gehobenen Reine "Andromeda" etwas ganz Besonderes ist. Denn in dieser Reihe dürfen sich die Worte mit ihrer ganzen Wucht entfalten, einhüllen und verzaubern. Aber der Höhenflug endet abrupt, als Gunnar stirbt und Sofie plötzlich wieder auf sich alleine gestellt ist....


Es gibt viele Bücher über Bücher und die große Kunst ist es, etwas zu kreieren, das einzigartig und besonders ist, um inmitten der vielen beschriebenen Buchseiten zu leuchten. Und genau das ist Therese Bohamn mit "Andromeda" gelungen. Im Buch befindet sich eine wunderschöne Metapher, die ganz genau beschreibt, was mir beim Lesen dieses Romans passiert - ein Buch wie eine Flaschenpost, die gefunden werden will und ihren Schatz nach dem Öffnen zugänglich macht.

Dabei gelingt es Bohmann, viel zwischen den Zeilen einließen zu lassen und trozdem klare Aussagen zu treffen, die die Leser:innent umgarnen und bezirzen. Ein Buch, das eine eher ungewöhnliche Beziehung zwischen einer jungen Studentin und ihrem in die Jahre gekommenen Vorgesetzten auf eine ganz intime, aber nicht bloßstellende Art beleuchtet und nicht zwischenmenschliche Interessen, sondern die gemeinsame Verbundenheit zum geschriebenen Wort in den Vordergrund stellt.

Sofie blüht regelrecht auf und mit jedem Buch, das in der "Andromeda"-Reihe als Stern am Bücherhimmel funkeln darf, funkelt auch Sofie etwas mehr. Viele werden die Beziehung der beiden kritisch betrachten, fußt sie doch auf einer gewissen Abhängigkeit. Aber hier über Moral und Ethik zu urteilen, wäre falsch und es liegt einzig und allein der Fokus auf der positiven Entwicklung, die Sofie aus dieser Beziehung ziehen kann.

Das Buch bietet viele interessante Einblicke, ist eine Hommage an die Welt der Bücher und die, die es möglich machen, uns immer wieder darin zu verlieren. Manches ist ein wenig sperrig im Ausdruck, aber trotzdem sehr lesenswert :)