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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 870 Bewertungen
Bewertung vom 02.03.2022
Das verschlossene Zimmer (eBook, ePUB)
Givney, Rachel

Das verschlossene Zimmer (eBook, ePUB)


sehr gut

Im Sommer 1939 standen die Zeichen auf Sturm. Es war der Beginn einer Offensive, die zunächst Polen erschütterte. „Das verschlossene Zimmer“ fängt im Sommer des Jahres an. Es ist heiß und nicht nur Marie, die Tochter des geschätzten Arztes im Krakauer Krankenhaus, leidet unter der Hitze. Aber sie hat ein viel schwerwiegenderes Problem. Sie wird bald volljährig und weiß immer noch nicht, wer ihre Mutter ist. Jedes Mal, wenn sie ihren Vater danach fragt, schweigt er. Mitunter wird er sogar böse. Die junge Frau weiß sich keinen Rat und öffnet die Tür des Vaterschlafzimmers gewaltsam. Dort findet sie eine Relikt, welches durchaus von ihrer Mutter sein kann.

Der Roman beschreibt die Situation vor dem Einmarsch der Deutschen. Auch in Krakau mussten Juden mit Anfeindungen zurecht kommen. Und weit vor Kriegsbeginn. Die Autorin beschreibt das Leben der Juden sehr bildhaft und ich lernte mal wieder etliches dazu. Das gefiel mir gut.

Die Story nimmt erst langsam Fahrt auf, flacht dann aber ebenso rasch wieder ab. Für mich war sie zu langatmig. Es gibt viele ausführliche Beschreibungen von Begebenheiten, die ruhig etwas kürzer ausfallen konnten. Der Schluss ist dann überhastet und es bleiben Fragen offen. Aber vielleicht schreibt die Autorin ja noch eine Fortsetzung? Das Cover ist passend zur Story gewählt, obwohl dieses Zimmer dann nur noch eine Nebenrolle spielt und kaum noch erwähnt wird. Vier Sterne und ein Leseempfehlung gebe ich trotzdem.

Bewertung vom 01.03.2022
Das Mädchen mit dem Drachen (eBook, ePUB)
Colombani, Laetitia

Das Mädchen mit dem Drachen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Das Mädchen mit dem Drachen“ greift die Geschichte von Lalita auf, die ich bereits im Buch „Der Zopf“ kennenlernen durfte. Léna ist eine französische Lehrerin und sie reist nach Indien. Dort möchte sie ihren schweren Verlust verarbeiten und ihre Depression überwinden. Ein unbedachter Moment und sie schwebt in Lebensgefahr. Wie gut, dass eine junge Inderin sie findet und vor dem sicheren Tod rettet. Dieses Mädchen ist Lalita und sie lässt täglich ihren Drachen steigen. Als sie die französische Frau retten möchte, ruft sie Preeti herbei. Sie ist Kopf einer Gruppe, die sich auf Selbstverteidigung spezialisiert hat. Hier werden Mädchen und junge Frauen geschult, damit sie sich gegen Männer wehren können, die sie vergewaltigen wollen. In Indien gehört das zu den täglichen Ereignissen und wird von der Öffentlichkeit kaum beachtet.

Nachdem ich die beiden vorherigen Bücher der Autorin Laetitia Colombadi sehr gerne las, wartete ich auf ihr neuestes Werk. Und, was soll ich sagen, ich wurde nicht enttäuscht. Auch in diesem Buch schreibt die Autorin von Frauen, die gegen alle Widerstände ihrer Umgebung Großes erreichen. Indien, für viele ein Sehnsuchtsland, wenn es um Fernreisen und exklusiven Urlaub geht. Leider gibt es für Touristen nur die Sonnenseiten zu sehen. Wie es der Bevölkerung tatsächlich geht das wird ausgeblendet.

Ich habe mich noch nie mit dem Leben näher mit Indien beschäftigt und kannte die strengen Unterscheidungen zwischen den Kasten überhaupt nicht. Ich wusste nur, dass in Indien Kühe heilig sind und verehrt werden. Und auch Nachrichten über Massenvergewaltigungen las ich. Die oft völlig unangebrachten Urteile ließen mich fassungslos zurück. Nicht nur das sind Themen, die von Frau Colombadi in ihrem neuesten Buch aufgegriffen wurden. In der Hauptsache geht es um Dalit, die unterste Kaste. Wer hier hineingeboren wurde, hat kaum Chancen auf ein gutes Leben. Mädchen stehen dabei ganz unten im Rang. Sie dienen als Gebärmaschine und Arbeitstier.

Das Buch riss mich mit und gleichzeitig war ich bestürzt. Darüber, dass es noch immer Länder gibt, die Frauen so sehr demütigen. In Indien sind sie Menschen zweiter Klasse. Bildhaft und ohne Schnörkel beschreibt die Autorin das Leben dieses Subkontinents. Die Leseempfehlung ist für mich selbstverständlich.

Bewertung vom 26.02.2022
Abseits der Zeit
Musewald, Anna

Abseits der Zeit


sehr gut

Schloss Neuschwanstein ist bis heute ein mystischer Ort und das merkt auch die junge Küchenhilfe Emma recht bald. Sie arbeitet hart und kann sich keinen Fehler erlauben. Die Autorin entführt die Leser in eine Welt, die zwischen Fantasie und Tatsachen wechselt.
Es dauerte eine Weile, bis mich die Geschichte packte. Das lag zum einen an dem außergewöhnlichen Schreibstil und zum anderen an der ebenso besonderen Story. Neben vielen Fakten über das Schloss und seine Umgebung wechselt die Autorin immer wieder von der Gegenwart in vergangene Zeiten. Das geschieht anschaulich und bildhaft und die „Bilder im Kopf“ sind keine Phrase, sie entstehen wirklich.
Wer das Schloss nicht kennt, der wird nach dem Lesen des Buches davon überzeugt sein, dass er bereits eine Führung mitmachte. Auch wenn die Story sich zuweilen dann doch zog, ich gebe eine Empfehlung für dieses Buch von Anna Musewald. Alleine schon aus dem Grund, da es nicht vielen Autoren gelingt, die Fäden zwischen Vergangenheit und Gegenwart stimmig zusammenzuführen.

Bewertung vom 25.02.2022
Die Hexe und die Heilige (eBook, ePUB)
Schweikert, Ulrike

Die Hexe und die Heilige (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Es sind Zwillinge, die in dem Buch als Hexe und Heilige in Erscheinung treten. Sibylla und Helena sind fünf Jahre alt und sehen den Tod des Vaters voraus. Dass das nicht mit rechten Dingen zugehen kann, wissen die Menschen sofort und ihr Urteil ist gefällt. Es sind Hexen, die zu verbannen sind. Helena kommt in ein Kloster und Sibylla beginnt eine Ausbildung zur Hebamme. Sie finden nur für wenige Jahre ihre Ruhe. Schnell sind die Häscher da und wollen die beiden töten.
Ich schätze die Bücher von Ulrike Schweikert sehr. Sie recherchiert sehr genau und ausgiebig, sodass ich immer wieder etwas Neues aus der Geschichte erfahre. Die Hexenverfolgung ist ja kein Märchen. Sie fand statt und es wurde im Namen Gottes vielfach gemordet. Heute unvorstellbar bei uns in Deutschland.
Die bildhafte Sprache von Frau Schweikert ließ mich mitzittern und ich hörte das Knistern der Flammen beinahe wirklich. Und nicht nur das. Auch die Spannung kommt nicht zu kurz in diesem Buch, sodass man es kaum beiseite legen mag. Die Beschreibung etlicher Heilkräuter und deren Wirkungsweise kommen in dem Roman zur Sprache und das gefiel mir ebenfalls sehr gut. Ein gelungener Roman über eine Zeit, die hoffentlich niemals wieder kommt.

Bewertung vom 25.02.2022
Die Jagd (eBook, ePUB)
Filipenko, Sasha

Die Jagd (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der Autor schreibt dieses Mal über einen mutigen Journalisten, der sich mit den Reichen Russlands anlegt. Anton Quint ist sein Name und was dieser erlebt, ist keineswegs abwegig. In Deutschland passieren solche Hetzjagden ebenfalls immer wieder.

„Die Jagd“ ist ein weiterer hervorragender Roman des Autors Sasha Filipenko. Der Anfang mag verwirren und wer keine Geduld hat und das Lesen abbricht, dem entgeht viel. Ich blieb dran, las auch über die vielen Personen zu Beginn und wurde belohnt. Die glasklare Botschaft ist: „Wie wird ein unliebsamer Journalist mundtot gemacht?“ Es gibt einen Auftritt im Fernsehen, wo alleine der Verdacht gegen Quint als Fakt vermittelt wird. Die Zuschauer, (die Gesellschaft?), fällen ihr Urteil, ohne die Wahrheit zu kennen. Weitere Maßnahmen für Gegner des Pressemanns: Stimmung machen im Internet, liken von Fake News und möglichst viele Befürworter dieser Falschmeldungen für sich zu gewinnen.

Der Roman wurde wie ein Konzert aufgebaut und es gibt viele Pausen dazwischen. Mich hat die Sprache mal wieder fasziniert und das verdanke ich auch der sehr guten Übersetzung von Ruth Altenhofer. Den Ursprung der hier geschriebenen Songtexte können Interessierte im „Zitatnachweis“ nachlesen. Ich bin mal wieder sehr beeindruckt und empfehle den Roman eindringlich. Dass das Cover wieder perfekt gelungen ist, das versteht sich bei Diogenes von selbst.

Bewertung vom 22.02.2022
Vertrauen (eBook, ePUB)
Mishani, Dror

Vertrauen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Avi Avraham gehört zu den besten Ermittler Israels. Allerdings fühlt er sich zuweilen unterfordert und hat eine Versetzung beantragt. In dem Roman „Vertrauen“ vergisst er dieses aber sehr schnell. Er muss zeitgleich zwei Verbrechen aufklären, die ihm sein ganzes Können abverlangen und seinen Wunsch nach Veränderung zunächst vergessen lassen. Immerhin geht es bei einem der Fälle um ein Delikt, welches im Zusammenhang mit dem Israelischen Geheimdienst steht.

Der Verlag Diogenes ist für mich ein Garant für gehobene Literatur. Das gilt auch für dieses Buch. Die vorherigen Krimis um Avi Avraham las ich nicht und konnte dennoch dem Geschehen sofort folgen. Der Autor Dror Mishani verzichtet auf blutige Verbrechen und heiße Sexszenen. Das macht ihn für mich sehr sympathisch. Hier spielen die Akteure der Fälle eine primäre Rolle. Welche Beweggründe führen dazu, dass eine Frau die eigene Tochter dazu veranlasst, ihr Erstgeborenes zu töten? Und welche Macht hat der Mossad über einen Touristen, der wenige Stunden nach seinem Eintreffen in Israel als vermisst gemeldet wird?

Dass das Cover perfekt gewählt wurde und zur Story passt, ist bei Diogenes schon selbstverständlich. Die Charaktere sind realistisch dargestellt und der Spannungsbogen hält über viele Seiten. Ein lockerer aber auch gehobener Stil fesselte mich dauerhaft. Das lag auch daran, dass für mich das Leben in Israel stets etwas Besonderes ist. Autoren, die dort leben und deren Geschichten von hier berichten, faszinieren mich immer wieder. Dror Mishanis Roman zog mich in seinen Bann und ich habe für mich einen Autor entdeckt, dessen andere Bücher ich mit Sicherheit bald lesen werde.

Bewertung vom 18.02.2022
Ich vernichte dich (eBook, ePUB)
Parks, Brad

Ich vernichte dich (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Melanie ist glücklich. Sie lebt im eigenen Haus, hat einen gut bezahlten Job, einen liebenden Mann und einen kleinen Jungen. Manchmal hat sie Stress, wenn sie nicht pünktlich bei der Tagesmutter sein kann. Die ist nämlich streng und droht immer wieder, dass sie den Kleinen bald nicht mehr zu sich nimmt. Das schöne Leben bricht jedoch eines Tages wie ein Kartenhaus zusammen. Der Junge wird aus dem Haus der Tagesmutter geholt und in die Obhut des Jugendamtes gebracht. Melanie soll ihn zum Verkauf angeboten haben und außerdem mit Drogen handeln. Wer will ihr ihren Sohn wegnehmen und damit das Leben der kleinen Familie zerstören?

„Ich vernichte dich“ war mal wieder ein guter Thriller. Auch wenn sehr schnell klar ist, dass Melanie benutzt wird und ihr die Drogen untergeschoben wurden. Das Warum und die Lösung des Falles lassen keine Langeweile aufkommen. Mit vielen Wendungen und unvorhersehbarem Ende überzeugt der Autor. Bis kurz vor Schluss wusste ich tatsächlich nicht, wer der Täter ist. Aber nicht nur die Story um das Verbrechen ist gelungen. Auch die Kindheitsgeschichte der Hauptperson erzählt Brad Parks mitreißend und realistisch. Auffallend ebenfalls, dass er sich gut in die Gesetzeslage einlas und auch hier mit Fakten daherkam. Ein gelungener Thriller, der an Spannung kaum zu überbieten ist. Klare Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 17.02.2022
Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1 (eBook, ePUB)
Frank, Sylvia

Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Galas Ehemann, Paul Èluard ist ein erfolgreicher Dichter. Momentan leidet er allerdings an einer Schreibblockade und das ist der Grund für die Reise des Paares. Sie hoffen, dass er sich im spanischen Cadaqués erholen kann. Dort begegnet Gala dem jungen, unbekannten Künstler Dali. Sie ist sofort fasziniert von seinem Auftreten, seinen Ansichten und seiner Unbekümmertheit. Auch Salvatore wird von Galas Charme gefangen genommen. Allerdings ist er 10 Jahr jünger als sie und zudem ist sie verheiratet. Was nimmt im Sommer 1929 seinen Anfang?

Salvatore Dali ist wohl nicht nur Kunstliebhabern ein Begriff. Er malte unter anderem auch Uhren in allen möglichen Variation. Mal schwebend, mal fließend und für ihn war es eine Form der Verarbeitung von Einsteins Relativitätstheorie. „Die Beständigkeit der Erinnerung“ gilt als bekanntestes seiner Werke. In welcher Form Gala ihm half, dass er tatsächlich zur Berühmtheit wurde, das beschreibt die Autorin Sylvia Frank in ihrem Roman „Gala und Dali – Die Unzertrennlichen“. Das macht sie in einer so lebendigen Sprache, dass ich wirklich beeindruckt war. Auch ihre Recherchen waren ausgiebig. Keineswegs gab sie sich mit Halbwahrheiten zufrieden.

Nicht nur die ausführlichen Berichte über Ereignisse gefielen mir. Ebenfalls die Tatsache, dass Salvatore und Gala trotz ihrer Armut immer an das große Ziel glaubten. Und später dann nie vergaßen, wo sie her kamen. Die Zeit war eine andere als heute und für uns kaum vorstellbar. Nur dann, wenn sie so klar gezeichnet wird, dann kann ich mich bestens in die Vergangenheit zurück fühlen.

Bewertung vom 16.02.2022
Ende in Sicht (eBook, ePUB)
Rönne, Ronja von

Ende in Sicht (eBook, ePUB)


sehr gut

Im Klappentext steht der Satz: „Ein unvorhersehbares, dramatisches, unangemessen komisches Lesevergnügen“. Hella ist 69 und auf dem Weg in die Schweiz, zum Sterben. Juli, eine junge Frau von fast 16 stürzt sich von einer Wildbrücke, die viel zu niedrig für Selbstmord ist. In #EndeinSicht treffen beide aufeinander. Unterschiedlicher können Menschen nicht sein und trotzdem halten sie es miteinander aus. Ja, viel mehr entwickelt sich während der Fahrt Richtung Schweiz.

Wer bei #EndeinSicht tiefgreifende Erfahrungen mit Menschen sucht, die selbstmordgefährdet sind, der wird enttäuscht. Die Autorin Ronja von Rönne schreibt viel mehr ein Roadmovie der besonderen Art. Hella denkt, dass sie auf dem absteigenden Ast ist und ihr das Leben nichts Neues mehr bieten kann. Dabei erlebt sie mit Juli so viel Unvorhergesehenes, dass sie fast ihre Sorgen vergisst. Und Juli? Warum kommt ein so junger Mensch dazu, dass er nicht mehr leben möchte?

Wie schwerwiegend sind die Gründe der beiden Frauen für die Sehnsucht nach dem Tod? Mal mehr oder weniger lustig, da diese „Witze“ mir dann doch zu konstruiert und albern waren, lässt sich das Buch rasch durchlesen. Es bringt wenig Tiefe und hat etliche Längen. Ein Satz gefiel mir aber besonders gut und den zitiere ich hier: „Hatte irgendjemand eigentlich schon mal untersucht, wie klimafreundlich Selbstmord ist.“ Dieses Zitat ist typisch für den Stil der Autorin. Was es mit den Schneckenhäusern auf sich hat, das berührte mich sehr und mein Verständnis für Juli war da. Aus dem Grund gibt es auch vier Sterne und eine Leseempfehlung.