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TochterAlice
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Köln

Bewertungen

Insgesamt 1401 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2022
Couple of Men
Krause, Karl;Colijn, Daan

Couple of Men


ausgezeichnet

Schwul unterwegs sind Karl und Daan, ein deutsch-niederländisches Paar, seit sie einander kennen- und lieben gelernt haben, was quasi in einem Atemzug geschah!

Seitdem gehen sie gemeinsam durchs Leben und das ist wörtlich zu nehmen. Denn eines ihrer größten gemeinsamen Hobbys ist das Reisen und da sie zudem Blogger aus Überzeugung sind, sind sie dabei sozusagen immer im Dienst.

Das Reisen nehmen sie ernst - dennoch mit dem Humor, den es verdient. Woran man merkt, dass die beiden schwul unterwegs sind?

Nun, die Regenbogenfahne ist quasi immer dabei. Dann werden auch entsprechende Locations vorgestellt - wohlgemerkt unter anderem.

Denn "Schwul" ist keine Etikette, die sie sich an die Brust heften, sondern ein elementarer Bestandteil ihres Lebens und deswegen stechen sie auch immer mal ins Wespennest. Und reisen dorthin, wo es keine Homosexualität gibt. Einfach, weil sie verboten ist - mit unterschiedlichen Konsequenzen.

Dennoch sind die beiden sympathischen Jungs, die ich sofort ins Herz geschlossen habe - als Paar natürlich - auch "normale" Reisende, die wichtige Tipps haben, mit denen man seine Reisen angenehmer gestalten kann.

In jeder Hinsicht ein ganz besonderes Buch, das ich jedem empfehlen kann. Unabhängig von seiner sexuellen Orientierung. Nur eines sollten die potentiellen Leser mitbringen - Toleranz noch und nöcher - die bieten nämlich auch die beiden Autoren!

Bewertung vom 19.09.2022
SCHNEE
Sigurdardóttir, Yrsa

SCHNEE


ausgezeichnet

Wie immer bei Yrsa Sigurdarsdottir ist der unmittelbare Einstieg der spannendste - als der Sohn kurz vor dem Tode der Mutter entdeckt, dass es offenbar noch eine Schwester gibt. Wie fügt sie sich in die Geschichte ein und existiert sie überhaupt noch?

Und wie passt das alles zu den fünf Wanderern, von denen sich vier aus purer Sensationslust zu einer Winterwanderung aufmachen und bald schon den Kräften der Natur - allem voran eisige Kälte und Schneestürme - gnadenlos ausgeliefert sind.

Letztendlich sind es drei Handlungstränge - der dritte besteht aus einem jungen Paar, das in die Aufklärungsarbeiten den Vorfälle involviert ist - der Mann ist Polizist, die Frau ist als freiwillige Helferin eingebunden.

Die Wanderer - nur vier sind bekannt - werden vermisst und eine großangelegte Suche beginnt in der Gegend, in der man letzte Lebenszeichen von ihnen festmachen kann. Bald schon wird klar, dass in diese Geschichte auch ein übersinnliches Element mit hineinspielt. Und als allgegenwärtiger Akteur wieder und wieder die erbarmungslose, kraftvolle isländische Winterwelt - die quasi auf jeder Seite spüren lässt, dass man die Natur nicht unterschätzen sollte.

Es ist einmal mehr ein eindringlicher, eher ruhiger Thriller, der der isländischen Autorin Yrsa Sigurdardottir gelungen ist. Teilweise war er mir zu ruhig, die Gedanken der Akteure nahmen stellenweise zu viel Raum ein. Doch am Ende wird klar, dass die Autorin sich bis zum Schluss nicht in die Karten schauen lässt - zuletzt gab es noch einmal eine ordentliche Überraschung.

Ein winterlicher Thriller für Leser, die sich nicht so schnell ins Bockshorn jagen lassen!

Bewertung vom 18.09.2022
Die Mauersegler
Aramburu, Fernando

Die Mauersegler


sehr gut

Ein Herrchen und seine Familie
Toni nämlich - von seiner Familie ist aber eigentlich nur Pepa übriggeblieben, sein Hund. Sein Sohn lebt bei der geschiedenen Ehefrau - für beide hat er eigentlich nur Verachtung übrig. Für den Sohn - den aus Tonis Sicht minderbemittelten Nikita - eigentlich schon immer und für Exfrau Amalia ist nicht anderes übriggeblieben.

Der Protagonist führt sehr detailliert, faktenverliebt und wortgewaltig in seine Geschichte ein, in deren Gegenwart er mit seinem Hund alleine steht bzw. lebt, wenn auch nicht mehr lange.

Schon im nächsten Juli will er seinem Leben ein Ende setzen, trotz Vorhandenseins eines Sohnes wie auch eines Hundes. So beschreibt er sein letztes Jahr in exakt 365 Kapiteln, so dass man beim Lesen immer mitfiebern kann: tut er's oder tut er's nicht?

Das klingt makaber und genauso ist es gemeint. Toni ist gewissermaßen ein Menschenfeind, man fragt sich immer wieder, ober er das alles, was er so aus sich herausschüttet, ernst meint.

Bewertung vom 13.09.2022
Zehn Jahre du und ich
Hughes, Pernille

Zehn Jahre du und ich


gut

Der Leser weiß schon ziemlich viel im Voraus

Allem voran das Allerwichtigste. Dass sich nämlich bei den beiden Protagonisten Charlie und Becca aus Hass Liebe entwickelt und das im Laufe von 10 Jahren, nämlich nach dem Tod der gemeinsamen Freundin Ally, die für jeden von ihnen so viel mehr war, nämlich der Lebensmensch.

Für Becca - bei der ich sehr gut nachvollziehen kann, warum Charlie sie nicht mag - ist sie schon seit Langem der wichtigste Mensch im Leben. Der sie auch nicht im Stich lässt, als sie den Mann fürs Leben, nämlich Charlie, trifft. Was mich durchaus erstaunt, denn Becca ist wirklich überaus häufig ein wahrer Kotzbrocken, der sich immer in den Vordergrund spielen muss, vor allem, wenn es gerade überhaupt nicht passt. Würde man sie als taktlos bezeichnen, wäre das die Unertreibung der Woche. Mindestens. Auch wenn es so scheint, als wäre sie Ally gegenüber ein besserer Mensch gewesen.

Was wir als Leser nicht überprüfen können. Denn der Roman setzt mit Allys Beerdigung ein: die Arme ist in sehr jungen Jahren einer besonders aggressiven Krebsart erlegen und sowohl Becca als auch Charlie, mit dem Ally verlobt war, sind untröstlich.

Wie nicht anders zu erwarten, verarbeiten sie Allys Tod vollkommen unterschiedlich und vor allem Becca meint, Charlie Jahr für Jahr mitteilen zu müssen, dass er falscher nicht hätte handeln können.

Jahr für Jahr? Ja, denn Ally hat ihnen Aufgaben aufgegeben, die sie zusammen erledigen sollen.

Klingt nervig? Es wird besser, vor allem zur Mitte hin. Jedenfalls so sehr, dass ich doch noch statt einem drei Sterne habe springen lassen!

Bewertung vom 13.09.2022
Finde den Tempel in dir
Kemkes, Antonia

Finde den Tempel in dir


ausgezeichnet

Es gibt eine Meditation - hilfreich bspw. bei Angst- und Panikattacken, auch bei Depression - die "der sichere Ort" heißt - nach einigen Übungen findet man innerlich immer wieder dorthin zurück, fühlt sich gestützt, geheilt und gekräftigt. Hier soll man sich einen Ort, an dem man sich besonders wohlfühlt, vorstellen, der immer wieder eine Art zu Hause, einen Rückzugsort bieten kann, wo auch immer man ist.

Die Autorin des vorliegenden Buches fährt einen anderen Ansatz: sie bietet den inneren Tempel, also einen Raum im eigenen Inneren als Rückzugs- und Zufluchtsort an, für unterschiedliche , auch unterschiedlich intensive Meditationen und andere Übungen. Dieser Tempel steht in Verbindung mit Yoga; bei den meisten vorgestellten Übungen muss man allerdings keine allzugroßen körperlichen Verrenkungen veranstalten. Meist sind es sogar gar keine.

Dieser Ansatz bietet eine Vielfalt von Möglichkeiten und das Tolle daran ist, dass sie mit etwas Übung an jedem Ort, zu jeder Zeit, abrufbar sein sollen. Das hängt natürlich von jedem Selbst und von seiner Fähigkeit, sich in die Ausführungen hineinzuversetzen, ab.

Ich möchte jedoch behaupten, dass diese so einladend, offen und vielseitig dargestellt sind, dass jeder einen oder mehrere Varianten für sich entdecken kann.

Ein wundervolles Buch, das ich sicher auch verschenken werde - wenn auch nicht dieses Exemplar - das brauche ich in der nächsten Zeit, um mich so richtig einzuarbeiten. Beim ersten Lesen habe ich große Lust bekommen, mich eingehend damit zu beschäftigen!

Bewertung vom 12.09.2022
Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1
Storm, Andreas

Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1


weniger gut

Der mit Abstand langweiligste Krimi des Jahres

Und zwar mit einem Riesenabstand zur Nr. 2 (ehrlich gesagt, gibt es die bisher nicht). Deswegen verkneife ich mir das Wörtchen "vorerst" - denn hier muss ich den guten alten Spruch "Schlimmer geht nimmer" bemühen.

Was habe ich mich gefreut auf den Krimi zu diesem spannenden Thema, der Beutekunst, waren meine bisherigen (einige Jahre zurückliegenden) Erfahrungen mit der belletristischen Aufarbeitung doch nicht die besten. Ich konnte nicht ahnen, dass sich das Niveau noch um Längen nach unten bewegen wird.

Denn: die wundervollen Rechercheergebnisse, die Rückblicke in die 1940er und 1960er Jahre - das alles wird in einem so umständlichen Stil, in dem man sich quasi jeden einzelnen der zahlreich vorkommenden Charaktere separat herausgraben muss, um eine Besonderheit an ihm oder ihr zu entdecken, präsentiert, dass ich regelmäßig beim Lesen eingeschlafen bin.

Wer also ein wirksames Schlafmittel sucht, dem kann ich den Krimi von ganzem Herzen empfehlen, ansonsten würde ich eher die Finger davon lassen. Und ja, ich habe ihn in Gänze gelesen, es hat nur etwas gedauert. Mein Trick: ich habe ihn mir an Locations vorgeknöpft, an denen Einschlafen einfach nicht möglich war. Welchen, das bleibt mein Geheimnis!

Bewertung vom 12.09.2022
Das Medaillon
Gohlke, Cathy

Das Medaillon


ausgezeichnet

Da, wo es am meisten wehtut

Man könnte auch sagen: da, wo es den meisten weh tat - in der Zeit, als die Nationalsozialisten an der Macht waren. Oh, sie haben den Menschen vielerorts sehr viel Leid zugefügt, aber es gibt durchaus einen Flecken Erde, wo sie von Anfang bis zum Ende zugange waren und besonders fies wüteten. Und das ist Polen. Dort ging es schon vor dem Krieg zur Sache, was Jagd auf Menschen und auf die Macht anging, der Krieg wurde dort angezettelt, die schlimmsten Konzentrationslager befanden sich dort und als ob das nicht ausreichte, ließen sich die Nazis weitere perfide Sammlungsformen, in denen sie vor allem Juden wie auch andere in ihren Augen unliebsame Zeitgenossen einsperren und quälen konnten einfallen. Allen voran das Warschauer Ghetto als Vorstufe zu den Lagern - das ist hier im Roman auch eine zentrale Handlungsebene.

Dorthin wird das Ehepaar Rosa und Itzhak samt Rosas Mutter geschickt, dort wird ihre kleine Tochter Ania geboren und dort trennen sich die Wege der Familie wieder und verbinden sich mit denen der Engländerin Sophie, die quasi in Warschau festsitzt - ihr polnischer Ehemann Janek ist schon seit Jahren fort und sie hat keine Ahnung, ob sie ihn wiedersehen wird. Ihre eigene Familie, das ist in dieser grausamen Zeit ihr Antriebsmittel zum Überleben.

Den Abschluss findet der Roman in England kurz nach dem Krieg, wo alle Fäden zusammenlaufen.

Es ist ein ebenso schmerzhafter wie eindringlicher Roman, der uns nicht nur nach Polen, sondern auch nach Litauen führt und uns Lesern das ganze Grauen des Naziregimes offenbart. Aber die Autorin Cathy Gohlke schreibt auch von Menschlichkeit, Wärme und Gnade. Diese und viele andere Emotionen werden Leser durchleben, die bereit sind, sich dem Roman zu stellen. Was wirklich sehr viel Mut erfordert.

Bewertung vom 12.09.2022
Ein Muskelkater will auch gekrault werden
Randrianarisoa, Florence

Ein Muskelkater will auch gekrault werden


sehr gut

Lerne deinen Körper besser kennen
Und auch den Deiner anderen Familienmitglieder! Hier werden diverse Phänomene erläutert, die zu Zipperlein oder auch ernsthaften Erkrankungen führen. Auf der anderen Seite erfährt man aber auch im Detail, was es mit Popel, Ohrenschmalz und Pupsen auf sich hat und wie man damit umgehen sollte.

Ein Buch, das mir vieles mitgeteilt hat, was ich noch nicht wusste. Und mehr noch Dinge, die mir immer schon oder zumindest seit geraumer Zeit bekannt waren.

Was mich zum Nachdenken brachte: Weiß ich so viel mehr als andere (kann ich mir im Grunde genommen überhaupt nicht vorstellen) oder gibt es inzwischen so viele, die so wenig wissen.

Ich glaube, letzteres ist der Fall und betrifft vor allem jüngere Generationen (40 abwärts). Diese sind wahrscheinlich nicht mehr so erzogen worden, dass man erstmal zu Hause herumdoktorte, bevor man in die Apotheke oder zum Arzt ging. Denn über die Jahre des Krieges (sowie davor und danach) gab es diese Möglichkeiten gar nicht. Also mehr Selbsthilfe.

Ich bin überzeugt, dass wir Älteren so einiges von diesre Selbsthilfe mitgenommen haben und deswegen auch mehr Ursachenforschung betreiben. Wobei natürlich vieles, was wir meinen zu wissen, auch Quatsch ist, weil es Mythen sind.

Und genau deswegen sollten auch wir dieses Buch lesen, denn mit diesen wird hier gnadenlos aufgeräumt.
Man kann auch einiges Hilfreiche erfahren - ich als Teetrinkerin habe mich sehr gefreut, zu erfahren, dass Schwarztee Karies vorbeugt!

Ich hätte mir am Ende noch ein Glossar und im Idealfall Tabellen, auf denen in Kurzform Problemfelder und die dazugehörenden Behandlungsformen (und natürlich auch don'ts) aufgeführt sind. Aber sonst ist dies ein sehr aufschlussreiches, leicht zu lesendes Werk.

Bewertung vom 10.09.2022
Ameisen fällt das Sprechen schwer
Frauchiger, René

Ameisen fällt das Sprechen schwer


weniger gut

Der Roman startet mit einer Situation, in die sich wahrscheinlich jeder schon mal hineingedacht hat: man kann sich von einem auf den anderen Augenblick an nichts mehr erinnern und startet sein Leben quasi neu.

Hier ist es Peter Haller, der - offenbar während einer Heimfahrt nach einem Arbeitstag - auf einmal nicht mehr weiß, wer er ist. Alles ist für ihn neu und unbekannt. Er lernt sowohl sein Umfeld als auch sich von Beginn an neu kennen, wobei er diverse Mechanismen entwickeln muss, um damit nicht aufzufallen, was schwer genug ist.

Der Autor René Frauchinger schreibt eloquent und eindringlich, es war der Inhalt, die Entwicklung des Plots, dem ich bald nicht mehr folgen konnte und ich muss gestehen - ich habe mich ziemlich gelangweilt. Nicht meins leider, auch wenn die im Roman dargelegten Gedankengänge eigentlich zum Mitgehen, zum Mitdenken angelegt sind - nur konnte ich ihnen leider so gar nicht folgen!

Bewertung vom 08.09.2022
Ein Bild von einer Frau
Bub, Natascha

Ein Bild von einer Frau


sehr gut

Wie verweigert man etwas, ohne "nein" zu sagen?



Darin ist der große Autor Ernest Hemingway, der Anfang der 1950er Jahre so gar nicht zurückgezogen auf Kuba lebt, der absolute Meister. Das bekommt auch Insa Schönberg zu spüren, die sich Anfang 1953 um den bereits älteren Herrn bemüht.

Nicht ohne Erfolg: er lässt sie bei sich wohnen, nimmt sie mit auf diverse Unternehmungen - aber das Bild, auf das sie so scharf ist, das verweigert er ihr.

Nein, eigentlich nicht einmal das, er lässt es einfach nicht zu. Eine elegante Geschichte, in der es für meinen Geschmack manchmal ein bisschen zu wenig in die Tiefe geht. Gerne hätte ich gewissen Schwingungen, Empfindungen und Entwicklungen nachgespürt, aber da brauchte es ein wenig mehr "Fleisch" als Vorlage.

Dennoch ein Roman, den ich wirklich gern gelesen habe, der mir farbig wie Kuba selbst in Erinnerung bleiben wird und in dem die Autorin Natascha Bub oftmals die richtigen Worte fand.