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Benutzername: 
Petra Sch.
Wohnort: 
Gablitz

Bewertungen

Insgesamt 498 Bewertungen
Bewertung vom 01.12.2020
Ihr Königreich
Nesbø, Jo

Ihr Königreich


gut

Wie gut kennst du deinen Bruder? Wie sehr liebst du ihn? Eine Familientragödie.

Kurz zum Inhalt:
Zwei Brüder. Nach dem Unfalltod der Eltern kümmert sich Roy um seinen jüngeren Bruder Carl, bis dieser für ein Studium nach Kanada zieht.
Als Carl nach vielen Jahren voll Enthusiasmus mit seiner neuen Frau in sein Heimatdorf Os zurückkehrt, um ein Spa Hotel zu bauen, das den ganzen Ort reich machen soll, drängen lang gehütete Geheimnisse an die Oberfläche.
Roy ist alarmiert und nervös, weil der Ortspolizist wieder im Fall seines verschwundenen Vaters ermittelt, der vor ihm Ortspolizist war.
Und dann kommen auch noch Gerüchte zum angeblichen Unfalltod ihrer Eltern auf.
Wie gut kennen sich die Brüder wirklich? Wie nahe stehen sie sich tatsächlich? Wird der ältere den jüngeren wie in der Kindheit weiterhin beschützen?


Meine Meinung:
"Ihr Königreich" ist mein erstes Buch von Jo Nesbo. Es geht eigentlich nur um zwei norwegische Brüder. Roy, der ruhige ältere (aber kleinere) und Carl, der sensible jüngere.
Die Geschichte selbst ist in ich-Form aus Sicht von Roy erzählt; der Schreibstil ist eher ruhig und die ganze Atmosphäre ist deprimierend und betrübt.
Anfangs habe ich lange darauf gewartet, dass es ein Krimi wird. Es war eigentlich eine Familiengeschichte mit trauriger Gewalt, die sich langsam entwickelt hat. Gut, diese Story muss man kennen, damit der Plot Sinn ergibt. Es ist auch spannend, das Leben der Familie Opgard sowie der Einwohner des kleinen Dorfes Os zu verfolgen.
Carl kommt nach vielen Jahren in Kanada wieder in sein Heimatdorf zurück, um oben auf dem Berg, auf dem Grund der Brüder, dem sogenannten "Königreich", ein Spa Hotel zu bauen. Er bringt auch seine Frau mit, von der Roy wohl nichts wusste, und in die dieser sich unglücklicherweise verliebt. Da fragt man sich schon das erste mal: WIE gut kennen sich die Brüder wirklich?
Der Autor führt einen anfangs auf falsche Fährten, da zuerst nicht alles aus der Kindheit der Brüder offenbart wird. Viele Details und Geheimnisse kommen erst nach und nach raus. Einiges war mir sofort klar, einiges konnte mich überraschen.
Der Autor wollte wohl mit den Zeitsprüngen und den Wiederholungen Spannung aufbauen bzw. die Geschehnisse und Geheimnisse erst peu à peu aufdecken. Doch leider ging dieses Konzept für mich nicht auf; mir hätte es besser gefallen, die Geschichte chronologisch zu lesen (ohne Wiederholungen) und gleich alle Details zu kennen. Wäre genauso spannend gewesen.

Die ganze Kleinkaff-Dynamik mit dem Hotelbau, und dass alle, die investieren, reich werden, hat mir jedoch gut gefallen. Es war wie eine typische Kleinstadt-Charakterstudie zu lesen. Die Interaktionen der Personen war spannend zu verfolgen; auch wie Carl die Stimmung der Einwohner mit seinem Charme und seiner Rhetorik beeinflussen konnte.

Alles in allem war das Buch ganz gut, dieser für mich neue Plot mit den gegensätzlichen Brüdern und ihren Differenzen hat mir gut gefallen; aber die Umsetzung hätte für meinen Geschmack besser sein können. Die vielen Wiederholungen haben mich irgendwann genervt, trotz des mal anderen Plots. Und es gab gegen Ende doch einige absurde Wendungen, die mich aber gut unterhalten haben, wenn es auch etwas unglaubwürdig war - und etwas viele Leichen ;)
Am Ende gibt es nochmal einen dramatischen Showdown mit einem für mich überraschenden Abschluss.
Klar - dass mir der Schluss persönlich nicht gefallen hat und ich mir hier etwas anderes gewünscht hätte, ist reine Geschmackssache.
Ich glaube ich muss unbedingt auch mal einen der beliebten Harry Hole-Krimis lesen ;)


Fazit:
Gute Idee, interessanter Plot; aber die Umsetzung hätte besser sein können.

Bewertung vom 24.11.2020
Zugvögel
McConaghy, Charlotte

Zugvögel


ausgezeichnet

Das melancholische Leben von Franny in einer traurig-tierlosen Zukunft. Sehr speziell, aber berührend.

Kurz zum Inhalt:
Franny ist schon ihr ganzes Leben lang von Vögeln fasziniert. Ihren Mann Niall lernt sie in einer Vorlesung kennen; er unterrichtet Ornithologie an der Universität.
Als nach und nach alle Vögel beginnen zu verschwinden, beschließt sie, den letzten Küstenseeschwalben auf ihrer Reise zu folgen und macht sich mit der ausgefallenen Crew eines der letzten Fischerboote auf den Weg in die Antarktis. Auf der Suche nach den letzten Fischen, immer den roten Punkt der GPS-Sender der Vögel im Auge; allen Naturgewalten zum Trotz.
Doch wohin die Tiere sie auch führen, ihrer Vergangenheit kann Franny nicht entfliehen...


Meine Meinung:
Die Schreibweise von "Zugvögel" ist am Anfang speziell, aber wenn man sich darauf eingelassen hat, ist man von der blumig umschreibenden Sprache gefangen genommen. Die Atmosphäre ist düster und melancholisch.
Die Autorin arbeitet mit vielen Zeitsprüngen, die leider nicht chronologisch sind. So muss man sich erst zurechtfinden.
Durch die vielen Dialoge ist die Geschichte lebendig; und die Autorin hat schöne Naturbeschreibungen (was davon noch übrig ist) eingefügt - auch wenn man erst mal herausfinden musste, dass die Geschichte wohl in einer fiktiven, nicht so fernen Zukunft spielt, da die Natur zerstört ist und es fast keine Wildtiere mehr gibt. Somit beinhaltet das Buch das aktuelle und brisante Thema Umweltzerstörung und Klimawandel.
Die Atmosphäre, die Verzweiflung und Angst vor der Naturgewalt, aber auch den Zusammenhalt und die Hilfe beim Seesturm hat die Autorin aufwühlend emotional beschrieben, man leidet mit Franny und der Crew mit und hat Kopfkino pur.

Die handelnden Personen sind detailreich beschrieben, sodass man sie bildlich vor Augen hat. Mir haben v.a. die total verschiedenen Charaktere der Crew auf dem Fischerboot gefallen; jeder ist anders mit Ecken und Kanten, speziell und eigen. Vor allem der Kapitän Ennis geht einem Nahe.
Franny ist ein vielschichtiger Charakter mit einer geheimnisvollen Vergangenheit, von der man viele Gedanken zu lesen bekommt. Sie will einerseits zu sich selbst finden, ist andererseits ruhelos und rastlos. Sie kann nicht an einem Ort sesshaft werden und hat "Wanderfüße", wie sie immer sagt. Auch ist sie psychisch angeschlagen und instabil. Sie ist hin- und hergerissen und hat Selbstzweifel; weiß nicht, wo sie hingehört. Doch sie weiß, wo sie hinwill: den Küstenseeschwalben über den Ozean bis in die Antarktis folgen.
Nachdem die Autorin anfangs immer nur kleine Puzzlestücke über die Person Franny hinwirft, ist die Neugierde über ihre Vergangenheit geweckt. Anfangs kann man die Bruchstücke noch nicht zusammensetzen, um zu erkennen, was in ihrem Leben passiert ist.
Leider ging mir genau das nach einiger Zeit auf die Nerven, da diese kleinen Happen immer wiederholt wurden, aber man keine weiteren Infos bekam und die einzelnen Teile nicht zusammensetzen konnte. Erst gegen Ende der Geschichte eröffnet sich das Gesamtbild, das sich aber schon früher herauskristallisiert hatte.
Das Ende ist schön, emotional, und gibt Hoffnung.


Fazit:
Die melodramatische Geschichte einer jungen Frau, die Erlösung sucht, indem sie den letzten Küstenseeschwalben in die Antarktis folgt. Speziell, aufwühlend, tief berührend.

Bewertung vom 15.11.2020
Mord im Auwald
Maly, Beate

Mord im Auwald


ausgezeichnet

Mörderische Sommerfrische im historischen Strombad Kritzendorf

Kurz zum Inhalt:
Sommer 1924: Die pensionierte Lateinlehrerin Ernestine Kirsch verbringt gemeinsam mit ihrem guten Freund, dem ehemaligen Apotheker Anton Böck, und dessen Enkelin Rosa die warmen Sommerwochen im Ferienhaus von Antons Freund in Kritzendorf bei Wien. In der Siedlung beim beliebten Strombad leben allerlei Künstler und Gutbetuchte.
Als zuerst ein Maler unter seltsamen Umständen stirbt, und später auch noch die Schwester seiner Exfrau (die übrigens vor vielen Jahren unter mysteriösen Umständen in der Donau ertrunken ist) tot am Ufer gefunden wird, ist es um Antons Ruhe geschehen, denn Ernestines Neugier ist geweckt!


Meine Meinung:
"Mord im Auwald" ist der 5. Teil um Ernestine Kirsch und Anton Böck. Die Geschichte kann eigenständig gelesen werden, da sie in sich geschlossen ist.
Beate Malys Schreibstil ist lebendig, spannend und interessant - man lernt viel über vergangene Zeiten, und dass es den Menschen 6 Jahre nach dem Krieg schon besser geht als im ersten Band der Reihe, der im Jahr 1922 spielt.
Und die beiden Protagonisten muss man einfach ins Herz schleißen: Anton ist ein bisschen grummelig und möchte am liebsten nur essen und schlafen; und Ernestine ist eine typische Miss Marple. Sobald etwas mysteriös ist, ist ihr Ermittlerinstinkt geweckt und ihre Neugier lässt sie jede Fährte verfolgen. Der Umgang der beiden miteinander - die sich seit April endlich duzen - ist einfach süß und herzerfrischend.
Man trifft auch wieder auf Heide, Antons Tochter, und den Wiener Polizisten Erich Felsberg, einen ehemaligen Schüler von Ernestine, der mit Heide liiert ist. Die Entwicklungen der Personen kann man gut verfolgen. Neu ist Minna, die Cockerspaniel-Dame, die seit vier Wochen bei Anton, Heide und der 7-jährigen Rosa wohnt, und die in der Geschichte mit ihrer Schnüffelnase eine wichtige Rolle spielt.

Diesmal kamen leider sehr viele verschiedene handelnde Personen vor, und ohne mir ein Personenverzeichnis anzulegen, wäre ich wohl oft durcheinandergekommen ;)
Ich mag Ernestines Hartnäckigkeit und Kombinationsgabe, sie löst jeden Fall bzw. findet alle noch so kleinen Spuren und Ungereimtheiten.
Dieser eher ruhige historische Krimi überzeugt durch die Protagonistin, die an Miss Marple erinnert, und an die detailreiche Schnüffler-Arbeit ebendieser Person sowie das Urlaubsfeeling, das gut rüberkommt.
Auch das Ambiente des Strombads und der damaligen Sommerfrischler, der Flair des Künstlermilieus und die Atmosphäre der Siedlung der Reichen wird spannend und authentisch dargestellt. Für mich Kopfkino pur und tolle Unterhaltung!!
Die Auflösung war authentisch und nachvollziehbar.

Zu erwähnen ist auch das wieder einmal wunderschön gelungene Cover: mit dem historischen Design passt es zu den anderen Bänden und lässt die Reihenzugehörigkeit erkennen, und die erhabene Schrift des Titels und die lackschwarzen Ornamente lassen dieses Taschenbuch hochwertig und edel erscheinen.


Fazit:
Wieder ein spannender und unterhaltsamer Fall des charmanten Duos im historischen Kritzendorf bei Wien mit viel Humor und Wortwitz. Eindeutige Leseempfehlung!!

Bewertung vom 08.11.2020
Raum der Angst
Meller, Marc

Raum der Angst


ausgezeichnet

Escape-Room des Grauens und des Todes

4,5 Sterne


Die Studentin Hannah Preuss wird aus ihrer Wohnung entführt und wacht alleine in einem finsteren Raum auf.
Gleichzeitig ermitteln die Kommissare Bernd Kappler und Eva Dahlhaus in einem anderen Entführungsfall: Ein Reisebus mit einer Gruppe von sieben Leuten wurde entführt, der Busfahrer ermordet. Die Insassen, die Teil eines geheimen wissenschaftlich-psychologischen Escape-Room-Experiments von Prof. Andreas Zargert waren, sind spurlos verschwunden. Wer hat sie entführt und warum?
Bei den Nachforschungen stoßen die Ermittler immer wieder auf "Janus", den römischen Gott der Türe und Tore bzw. der Ein- und Ausgänge...


Meine Meinung:
Ich war von der ersten Seite an gefesselt; der Schreibstil ist rasant und packend; die kurzen Kapitel und der konstant hohe Spannungsbogen lassen einen nur so durch diesen Thriller fliegen.

Die Teilnehmer des psychologischen Experiments sind bunt gemischt und detailliert beschrieben; man hat sofort Beziehung zu ihnen aufgebaut - manche mag man, manche nicht. Deshalb fiebert man umso mehr mit seinen Favoriten mit.
Jeder der Sieben steht für eine Eigenschaft: Intuition, Intellekt, Empathie, Egoismus, Aggressivität, Gelassenheit und Logik.
Da ich keinerlei Erfahrungen mit Escape-Rooms habe, kann ich nicht beurteilen, ob die Denkspiele typisch sind dafür. Ich fand sie jedenfalls spannend, logisch und nachvollziehbar. Und ich habe sehr gerne mitgerätselt, auch wenn ich darin eine Niete bin *lach*
Auch die einzelnen Räume sind total unterschiedlich und interessant und müssen auf verschiedene Weise bzw. von demjenigen Teilnehmer mit der jeweils passenden Eigenschaft gelöst werden.
Doch in jedem Raum stirbt ein Teilnehmer. Die Emotionen der Anwesenden sind anschaulich und kommen gut rüber. Man kann sich gut in alle hineinversetzen und leidet mit.
Dass Hannah mit ins Spiel kommt, macht das Ganze noch mitreißender. Warum wurde ausgerechnet sie entführt und in das blutige Spiel integriert? Wie kann sie der Gruppe helfen? Kann sie erklären, wer Janus ist? Die Auflösung dazu fand ich äußerst spannend.
Übrigens ist dieser Thriller nichts für schwache Nerven; die Tötungsarten sind nämlich sehr brutal, grausam und blutig.

Auch wenn ich nicht immer alles als ganz logisch empfand und einige Fragen offen blieben, war ich so gepackt von diesem Escape-Room-Thriller; übrigens der erste in dieser Art für mich. Man grübelt mit; hofft, dass die Gruppe die Rätsel lösen kann und somit weiterkommt und vor allem fiebert man mit, ob alle überleben.
Der Autor hat es geschafft, den perfiden Killer recht lange geheim zu halten. Die Auflösung ist psychologisch packend und eigentlich traurig, aber nachvollziehbar.

Als tolles Goodie gibt's im hinteren Buchdeckel eine Illustration des ersten Raums, den die sieben Teilnehmer lösen mussten.


Fazit:
Spannender, grausamer und blutiger Escape-Room-Thriller, der von Anfang an fesselt und einen in seinen Bann zieht. Ich vergebe 4,5 Sterne.

Bewertung vom 06.11.2020
Die perfekte Sünde / Luc Callanach Bd.4
Fields, Helen

Die perfekte Sünde / Luc Callanach Bd.4


ausgezeichnet

Genialer 4. Teil der Reihe um die Ermittler Ava Turner und Luc Callanach

4,5 Sterne


In Edinburgh wird die junge Zoey Cole entführt, verstümmelt und sterbend am Straßenrand zurückgelassen. Der wahnsinnige Täter hat ihr zwei große Stücke Haut entfernt. Kurz darauf verschwindet eine weitere junge Frau. Im Kinderwagen ihres Babys wird eine Puppe gefunden - genäht aus Zoeys Hautstücken! Und darin findet sich ein Zettel mit einem Bibelvers.
DCI Ava Turner und DI Luc Callanach ermitteln: haben sie es mit einem irren religiösen Täter zu tun? Bald verschwindet eine weitere junge Frau...


Meine Meinung:
"Die perfekte Sünde" ist der 4. Teil der Reihe um DCI Ava Turner und DI Luc Callanach. Das Buch kann jedoch eigenständig gelesen werden, da die Geschichte in sich geschlossen ist.
Der Titel mit "Die perfekte..." lässt die Reihenzugehörigkeit erkennen. Der Titel passt auch inhaltlich, was sich aber erst ab etwa dem letzten Drittel erschließt.

Der Schreibstil von Helen Fields ist wieder sehr flüssig zu lesen, da sie es hervorragend schafft, einen konstanten Spannungsbogen zu halten und die Kapitel mit fiesen Cliffhangern enden zu lassen. Somit will man das Buch gar nicht aus der Hand legen.
Auch ist der Modus Operandi des Täters mal etwas ganz Neues und verblüffend: junge Frauen werden sterbend am Straßenrand zurückgelassen, ein großes Stück der Haut herausgeschnitten; und dort, wo diese Haut-Puppen dann auftauchen, ist das neue Opfer zu finden. Gruselig, perfide und unheimlich.
Auch wie die jeweiligen Bibelverse zu deuten sind, lässt einen rätseln.
Natürlich will man wissen, wer und warum die jungen Frauen tötet und und aus deren Haut Puppen näht.
Die Autorin schafft es hervorragend, dass man die ganze Zeit im Dunklen tappt und man vorher keine Chance hat, den Täter zu erraten. Die ganze Story sowie die Auflösung des Täters und dessen Motiv ist stimmig, logisch und glaubwürdig. Auch wenn ich mit dem Ende zuerst nicht ganz glücklich war, bin ich dann doch zufrieden gewesen; denn wie auch im echten Leben geschieht nicht alles so, wie man es gerne hätte. Und diese glaubwürdigen Details - wie aus dem echten Leben - mag ich an dieser Reihe so gerne.

Besonders gut gefällt mir, dass die Ermittlungsarbeit der Polizisten authentisch und nachvollziehbar dargestellt ist. Genau wie im wahren Leben gibt es jede Menge Spuren, denen nachgegangen werden muss; und nicht jede Spur führt zu einem Ergebnis.
Auch die anderen handelnden Personen sind allesamt interessante Charaktere mit Ecken und Kanten, mit denen man mitfiebert.
Wer schon die anderen Teile gelesen hat, kann die interessanten privaten Entwicklungen der Ermittler verfolgen.
Spannend ist auch der zweite Handlungsstrang, wo obdachlose Drogensüchtige verletzt werden, indem ihnen ein "Z" in die Wange geritzt wird; bei dem man lange rätselt, wie das mit der Hauptgeschichte zusammenhängt.


Fazit:
Genialer temporeicher 4. Teil der Reihe um die Ermittler Ava Turner und Luc Callanach; mit einem fesselnden Plot und einer glaubwürdigen Auflösung.

Bewertung vom 04.11.2020
Ein ganz alter Trick
Krämer, Fee

Ein ganz alter Trick


sehr gut

Kurzweilige Unterhaltung: Jung und Alt hecken was aus...

Pascal lebt im Internat "Schloss Karlssee", weil er von seiner Mutter und dem Stiefvater dorthin abgeschoben wurde.
Da ist es auch kein Wunder, dass er ständig neue Späße und Scherze ausheckt.
Als er eines Tages den Rollator der alten Ingelotte aus der Seniorenresidenz im Teich versenkt, bringt dies das Fass zum überlaufen und er wird zur Strafe in den Ferien zur Mitarbeit im Altenheim "Residenz Sonnenstrahl" verdonnert.
Zuerst ist Pascal darüber nicht begeistert, doch mit der Zeit lernt er Ingelotte und die anderen besser kennen. Und Ingelotte erzählt von einem Schatz - und Pascal soll ihr helfen, diesen Schatz zu heben, weil er klein, schnell und schlau ist!


Unsere Meinung:
Die Geschichte über den junge Pascal hat uns sehr gut gefallen. Da Pascal die fehlende Liebe seiner Eltern irgendwie kompensieren muss, ist es schlüssig, dass er zB dem Schulskelett ein Kostüm anzieht oder eben einen Rollator im Teich versenkt.
Obwohl die Geschichte in der erzählenden Form geschrieben ist, kann man Pascals Gefühle sehr gut nachvollziehen.
Auch dass er nicht davon begeistert ist, als Strafe in den Ferien im Altenheim auszuhelfen.
Doch das Schöne ist: Pascal merkt von Tag zu Tag, dass ihm zuerst Ingelotte - die so ganz anders ist als sämtliche anderen alten Leute, die er bis jetzt kennengelernt hat - und später auch die anderen Bewohner der Residenz Sonnenstrahl sehr ans Herzen wachsen! Was natürlich auch mit dem Angestellten Talal und Ingelottes Enkel Jonathan zu tun hat, mit denen er sich angefreundet hat.
Es gibt viel Wortwitz, und vor allem Ingelotte, die so unkonventionell, modern und schlagfertig ist, muss man einfach lieben!

Auch die ganze Einbruchs-Aktion der "Diebes-Gemeinschaft", um an den Schatz zu kommen, ist phantasievoll und amüsant.
Ganz toll ist hier die Message, dass für jeden etwas anderes ein Schatz ist! Für den einen sind es materielle Werte, für den anderen vielleicht Erinnerungen.
Nicht ganz so gut gefiel mir leider, dass Ingelotte den Hund mit Schlafmitteln betäuben wollte. Auch wenn sich diese dann als Placebo herausgestellt haben, dem Hund nichts passiert ist und am Ende nochmal betont wird, dass so etwas Tierquälerei wäre - aber Kinder soll man gar nicht erst auf dumme Ideen bringen.

Fee Krämer hat es prima geschafft, ernste Themen humorvoll zu verpacken. Es macht unheimlich viel Spaß, die Streiche von Pascal zu verfolgen, und die Vier beim Bergen des Schatzes zu beobachten.
Ein tolles Skater-Daumenkino in den rechten unteren Seiten des Buches rundet die Geschichte ab.
Das Cover ist zwar etwas Kinderbuch-untypisch, weil es so dunkel ist und nur aus zwei Farben besteht, aber man kann ganz toll Pascal auf seinem Skateboard und Ingelotte mit ihrem Rollator erkennen.


Fazit:
Eine kurzweilige und humorvolle Unterhaltung mit der Botschaft, dass auch "alte Leute" durchaus noch jemandes Leben bereichern oder sogar aufpeppen können und dass ein Schatz nicht unbedingt etwas Materielles sein muss.

Bewertung vom 27.10.2020
Die Stimme
Tremayne, S. K.

Die Stimme


sehr gut

Wenn ein digitaler Assistant dein Leben übernimmt...

Kurz zum Inhalt:
Jo Ferguson,33, wohnt alleine in der Luxuswohnung ihrer besten Freundin Tabitha, da diese zu ihrem Verlobten Arlo gezogen ist. In ihrer Einsamkeit spricht sie viel mit dem Home-Assistant "Electra", der für Licht, Heizung, Musik, etc. sorgt.
Bis Electra eines Tages die Kontrolle über Jos Leben übernimmt. Sie spricht zu Jo, und sie weiß von dem schrecklichen Geheimnis, das Jo bis jetzt wahren konnte.
Electra will Jo in den Wahnsinn und somit in den Selbstmord treiben...


Meine Meinung:
Die Geschichte ist hauptsächlich in ich-Form aus Sicht von Jo erzählt, somit erhält man tiefen Zugang zu ihrer Gedanken- und Gefühlswelt, was das Ganze noch bedrückender macht. Es gibt auch wenige Kapitel in Erzähl-Form aus Sicht von anderen handelnden Personen.
Leider konnte ich mit Jo nicht so ganz warm werden. Sie ist mir zu depressiv, ihr ganzes Leben ist irgendwie traurig und einsam, sie ist frisch geschieden, weil sie ihren Mann per erotischem Chat mit Liam betrogen hat; sie bekommt auch wenige Aufträge als Journalistin und ist so gut wie pleite. Und irgendwie ist sie total oberflächlich. Nur ihr Verhalten gegenüber dem Obdachlosen, den alle "Autos" nennen, macht sie mir sympathisch.
Dass sie nicht mit Tabitha über das Erlebte von damals spricht, fand ich nicht nachvollziehbar. Sehr gut nachvollziehbar fand ich hingegen ihre Angst, ebenso an einer psychischen Krankheit zu leiden wie ihr Vater, der auch Stimmen hörte und sich damals deswegen das Leben genommen hat. Denn niemand glaubt ihr, dass Electra zu ihr spricht. Und für böse Hassmails und ein leergeräumtes Konto gibt es ja erklärbare Gründe.
Doch als sich langsam alle Freunde und Bekannten von ihr abwenden, beginnt Jo sich zu wehren - das fand ich extrem toll, stark und mutig. Auch wenn sie immer wieder mal in ihre Angst zurückfällt, doch auch an Schizophrenie zu leiden wie ihr Vater...

Mir war von Anfang an klar - da dies ja keine Gruselgeschichte ist - dass ein Mensch hinter den Manipulationen durch Electra stecken muss. Derjenige, den man so oft verdächtigt hat, weil er ein offensichtliches Motiv hat, konnte es meiner Meinung nach nicht sein - das wäre ja zu offensichtlich gewesen. Der Autor hat es jedoch sehr gut geschafft, dass ich absolut nicht drauf gekommen bin, wer es war. Erst, als dieses Rätsel aufgelöst wurde, wusste ich jedoch sofort den Grund für diese Taten. Auch wenn ich es ein bisschen an den Haaren herbeigezogen fand.

Mit diesem Thriller, der übrigens mein erster von S.K. Tremayne war, bestätigt der Autor meine Überzeugung, kein Smart-Teil in welcher Art auch immer im Haus haben zu wollen. Schon gruselig, wenn man geheim ausspioniert wird, entweder nur abgehört oder auch per Video... brrr… Und wenn es noch so praktisch ist. Denn wenn dadurch sein Leben plötzlich derart auf den Kopf gestellt werden kann - gar nicht auszudenken. Da stehe ich lieber auf und gehe zum Lichtschalter/Radio/Heizung, und stelle alles selber an und aus und habe dafür ein friedliches Leben.


Fazit:
Aufstehen und selbst die Geräte bedienen bricht euch keinen Zacken aus der Krone. Dafür kann euch keiner euer Leben zur Hölle machen. 4 Sterne für diese gruselig-schaurige Geschichte mit einer nicht ganz so überzeugenden Protagonistin, die jedoch durchaus wahr werden könnte...

Bewertung vom 11.10.2020
Arthurs wildes Hundeleben
Abidi, Heike

Arthurs wildes Hundeleben


ausgezeichnet

ein total witziges Körper-Tausch-Abenteuer

Kurz zum Inhalt:
Arthurs allergrößter Wunsch ist es, einen Hund zu haben. Doch seine Eltern glauben, dass er noch nicht die Verantwortung dafür übernehmen kann.
Bis eines Tages Lucky für eine Woche zur Pflege zu ihnen kommt und Arthur auf Lucky aufpassen darf. Arthur ist überglücklich!
Doch dann geschieht eines Morgens etwas völlig Unfassbares: Arthur und Lucky wachen im jeweils anderen Körper auf!?
Wie können sie diesen Tausch bloß wieder rückgängig machen?


Unsere Meinung:
"Arthurs wildes Hundeleben" ist eine total witzige Geschichte über einen tierischen Körpertausch: Arthur erwacht plötzlich im Hundekörper und kann sich nur noch bellend mitteilen, und Hund Lucky muss auf zwei Beinen zurechtkommen und sogar in die Schule gehen.
In jedem Kapitel gibt es einen Teil aus Sicht von Arthur erzählt, und einen Teil aus Sicht von Lucky, jeweils in ich-Form. Das macht das Ganze noch lustiger und man kann sich somit sowohl in Arthur als auch in Lucky ganz toll hineinversetzen!
Das Buch ist an junge Leser ab 8 Jahren gerichtet. Es ist natürlich auch super zum Vorlesen geeignet und dadurch, dass jedes Kapitel nochmal in einen Arthur- und Lucky-Teil untergliedert ist, kann das Buch auch problemlos von ungeübten Lesern gelesen werden, denn man kann nach jedem dieser eher kürzeren Teile eine Pause einlegen. Weil man unbedingt wissen will, was die beiden im jeweils anderen Körper erleben und wie sie wieder zurücktauschen können, mag man sowieso immer weiterlesen.

In der Geschichte ist ganz viel Wortwitz enthalten: zB nennt Lucky die Kinder "Zweibeinerwelpen".
Und eine Szene fanden meine Tochter und ich total amüsant: Als sich Lucky im Jungenkörper an der roten Ampel auf den Boden setzt. Denn als Hund muss er bei der roten Ampel ja auch immer "Sitz" machen ;)

Die Geschichte hat viele wichtige Themen: Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Respekt, Verständnis und natürlich Hundehaltung. Man lernt auf spielerische Weise, wie man richtig mit einem Hund umgeht und wie man sich Hunden gegenüber verhält. Auch was sie nicht fressen dürfen und die Gesundheit und Pflege kommen zur Sprache. Wir als nicht-Hunde-Kenner haben somit sehr viel gelernt!
Natürlich gibt es, nicht nur mit dem Rücktausch (auf dessen Lösung wir nicht gleich gekommen wären ;) ein ganz tolles Happy-End! :D

Betonen möchten wir auch die tollen schwarz-weiß Illustrationen, die das Gelesene noch mal Untermalen und die viele witzige Szenen in Bilder fassen! Somit muss man beim Lesen UND beim Bild betrachten schmunzeln :D


Fazit:
Ein ganz tolles, spannendes und aufregendes tierisches Körpertausch-Abenteuer mit viel Humor, bei dem man nebenbei spielerisch ganz viel lernt - nicht nur über Hunde. Ganz klare Leseempfehlung!!

Bewertung vom 11.10.2020
Wer auf dich wartet / DCI Jonah Sheens Bd.2
Lodge, Gytha

Wer auf dich wartet / DCI Jonah Sheens Bd.2


sehr gut

Mord via Skype beobachtet - der zweite Fall für DCI Jonah Sheens und sein Team

Kurz zum Inhalt:
Aidan will via Skype seiner Freundin Zoe nah sein - sie ist nicht zu sehen, jedoch aus dem Bad zu hören. Plötzlich hört er jemanden zur Haustür hereinkommen und sieht einen Schatten ins Bad huschen. Danach Kampfgeräusche im Hintergrund. Der Schatten verschwindet wieder. Von Zoe ist nichts zu sehen.
Aidan informiert anonym die Polizei. Diese kann am nächsten Tag jedoch nur noch die Leiche der jungen Frau bergen und geht zuerst von Selbstmord aus.
Wieso hat Aidan die Polizei nur anonym informiert; was hat er zu verbergen?


Meine Meinung:
"Wer auf dich wartet" ist der zweite Teil um das Ermittlerteam DCI Jonah Sheens, DC Juliette Hanson, DS Ben Hanson und DS Domnall O'Malley. Es ist schön, wieder die alten Bekannten zu treffen. Der Schreibstil von Gytha Lodge ist wie immer sehr gefällig und rasch zu lesen. Es gibt immer wieder Zeitsprünge zwischen den aktuellen Ermittlungen und zurück in die Vergangenheit, beginnend vor 20 Monaten, wo man über das Leben von Zoe und ihren Freunden erfährt.
Denn mit der Zeit werden all ihre Bekannten zu Verdächtigen; weil diejenigen sich teilweise auch quer stellen, anstatt daran interessiert zu sein, den Mörder ihrer Freundin zu finden. Lange Zeit weiß man nicht, wer der Täter ist; außerdem löst sich erst nach und nach das Rätsel auf, was Aidan zu verbergen hat.
Das Miträtseln macht großen Spaß, jedoch bin ich schon viel früher als die Ermittler auf den Täter gekommen; das hätte man nicht so lang ziehen müssen, da es offensichtlich war.
Die Auflösung ist zwar authentisch, jedoch ist es auch etwas klischeehaft und ich kann das Verhalten des Täters nicht immer nachvollziehen. Außerdem war mir der 'Showdown' etwas zu überzogen.

Im Buchdeckel vorne gibt es eine Übersicht von Zoes Freunden, die alle Verdächtige sind, und hinten im Buchdeckel werden die Ermittler kurz vorgestellt, was ich sehr hilfreich empfinde.


Fazit:
Ruhiger Fall, der auf zwei Zeitebenen spielt, wo sich erst nach und nach alle Beziehungsgeflechte auflösen. Für mich stand der Täter jedoch schon recht früh klar.