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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 27.03.2020
Feuertaufe. Lorenz Lovis ermittelt
Troi, Heidi

Feuertaufe. Lorenz Lovis ermittelt


sehr gut

Für Lorenz Lovis kommt es knüppeldick. Sein Großonkel bittet ihn auf dem Krankenbett den Erbhof weiterzuführen und beruflich läuft es auch nicht. Er lässt sich von seinem verhassten Chef bei der Staatspolizei zur Kündigung provozieren. Nun steht er mit einem überschuldeten Bauernhof da, ohne Ahnung von der Landwirtschaft zu haben und sein regelmäßiges Einkommen fällt auch weg. Was bleibt ihm übrig als seine Dienste als Privatermittler anzubieten. Neben einem kleinen Job um einen gemobbten Schüler, bekommt er vom wichtigsten Mann des Dorfes, Baron Cavagna, einen Auftrag.

Lovis ist ein sympathischer, aber auch ein wenig ungeschickter Mann. Es klappt weder so recht mit den Frauen, sowohl bei der Verflossenen, wie auch bei neuen Begegnungen fehlen ihm die richtigen Worte, dafür wird er rot wie ein Pennäler. Bei seinen Ermittlungen stockt es auch, aber meist hat er den richtigen Instinkt und was noch wichtiger ist, die richtigen Helfer an seiner Seite.

Auch wenn er von Landwirtschaft nichts versteht, wird ihm allmählich klar, wie wichtig der Hof für seine Identität ist und er beginnt sich dafür zu interessieren.

Der Krimi ist ein Debüt und stellt mit Brixen eine Südtiroler Stadt in den Mittelpunkt, die sonst im Schatten von Bozen und Meran steht. Inmitten der Idylle von Weinhängen und Apfelplantagen lauern Missgunst, Neid und Gier. Eh er sich versieht, steht Lovis mittendrin und gleich auch noch unter Verdacht.

Ich habe das Buch gern gelesen und mich auch gut unterhalten. Das liegt an der sympathischen Erzählweise und natürlich auch am Südtiroler Ambiente. Die Figuren hat sich Heidi Troi sehr schön ausgedacht und bei den Dialogen sorgen Dialektpassagen für Lokalkolorit. Die meisten Dialektsätze kann man gut verstehen, vielleicht wäre ein kleines Glossar für die nächsten Abenteuer von Lorenz Lovis keine schlechte Idee.

Es war jetzt nicht der spannendste Krimi, den ich gelesen habe, da gibt es sicher noch Luft nach oben. Aber der erste Band macht Lust auf mehr. Auch in idyllischen Gegenden gibt es sicher eine Menge zu ermitteln.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.03.2020
Spätsommer ist auch noch Sommer
Lindgren, Minna

Spätsommer ist auch noch Sommer


gut

Ulla ist 74 als ihr Mann nach langer Krankheit verstarb. Die ganzen Jahre hat sie ihn gepflegt und es war weder leicht, noch war es schön, denn ihr Mann war ein Kotzbrocken mit Alkoholproblem. Doch kaum ist er tot, tauchen die Kinder Marko uns Susanna auf und wollen nun das Leben ihrer Mutter bestimmen. Am besten gleich in ein Pflegeheim, da ist für sie gesorgt, was soll sie in ihrem Alter denn sonst noch wollen.
Doch Ulla wehrt sich, zwar sind viele Kontakte während der langen Zeit der Krankenpflege eingeschlafen, aber mit den alten Freundinnen Hellu und Pike frischt sie ihren Kontakt auf und besonders Pike lässt vom Italienischkurs und Hot Yoga bis zum Silver Online Dating nichts aus.
Minna Lindgren hat einen turbulenten und in Teilen sehr komischen Roman um das Selbstverständnis einer Frau in 70igern verfasst. Ja, ich musste häufiger schmunzeln, auch mal ein wenig innehalten, aber so ganz glücklich hat mich das Buch nicht gemacht. Lässt sich eine vitale und gesunde 74jährige wirklich so von ihren Kindern schikanieren? Hört zu, wenn sie sich über ihren Kopf weg unterhalten und ihre Unterbringung in einem Pflegeheim organisieren und versuchen ihre finanzielle Unabhängigkeit zu beschneiden?
Dazwischen sind die Treffen mit ihren Freundinnen meist eher von der schrill, Hellu will noch etwas vom Leben haben und Pike ist dringend auf der Suche nach einem Mann. Das bringt Ulla in manch peinliche Lage.
Aber auch wenn sie die Autorin überspitzt und ironisiert, einen wahren Kern hat sie durchaus getroffen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.03.2020
Rosie
Tremain, Rose

Rosie


ausgezeichnet

Ich kenne und schätze Rose Tremain als Romanautorin. In ihrem neuen Buch erzählt sie die Geschichte ihrer Kindheit. Es ist eine autobiografische Erzählung, sie verdichtet ihre eigenen Erinnerungen zu einem eindringlichen Bild einer exemplarischen Kindheit in der englischen oberen Mittelschicht. Auch wenn der Krieg viele Einschnitte brachte, lebte man wohlhabend und sorgenfrei. Die Sommer verbrachte Rosie – so wurde sie als Kind genannt – auf dem Anwesen ihrer Großeltern. Da fehlte es zwar auch an menschlicher Nähe, aber das Haus Linkenholt bot Geborgenheit und gleichzeitig Freiheit.
In London spürte sie noch stärker die Gleichgültigkeit und Oberflächlichkeit ihrer Eltern. Ihre einzige Bezugsperson und Vertraute war ihre Nanny, so wünschte sie sich oft, dass Nanny ihre Mutter wäre. Sehr schnell wurde sie und ihre Schwester in ein Internat geschickt, Fluch und Segen zugleich, weil sie dort anfangs noch einsamer war, aber durch ein, zwei engagierte Lehrerinnen gefordert und angeleitet wurde und so die ersten Schritte zu ihrem späteren Lebenswerk machen sollte.
Die Kindheitserinnerungen sind leicht, manchmal humorvoll, aber doch sehr eindringlich erzählt. Ich spürte die Verlassenheit von Rose, die sich an die wenigen Zeichen von Zuneigung ihrer Eltern klammerte. Der Untertitel „Szenen aus einem verschwunden Leben“ weist schon auf die manchmal anekdotische Erzählweise hin und sicher veränderten sich ihre Erinnerungen im Laufe ihres Erwachsenenlebens. Sie reflektiert ihre Kindheit und kann ohne Verbitterung und ausgesprochenen Schuldzuweisungen zurückblicken.
Es bleibt für den Leser aber der Eindruck einer lieblosen Erwachsenenwelt, die sie umgab. Die Kinder wurden wohlgenährt und gut gekleidet, aber blieben ansonsten eher ein Störfaktor im gesellschaftlichen Leben der Eltern. Das erklärt sich auch durch die eigenen Kindheitserfahrungen der Mutter, die nie Liebe erfuhr und die deshalb auch ihren eigenen Töchtern nicht weitergeben konnte.
Ganz besonders interessant fand ich, dass aus ihren kindlichen Begegnungen und Erfahrungen auch schon der Grundstock an Figuren ihrer späteren Romane gelegt wurde. Sie weist in Fußnoten auch immer wieder darauf hin. Ihre Erinnerungen enden mit dem Beginn ihres Studiums an der Sorbonne und markieren damit auch die endgültige Lösung vom Elternhaus.
Sehr gut gefallen haben mir auch die Familienfotos, die diese Erinnerungen abrunden. Dass die Autorin das Buch ihrer Nanny Vera Sturt widmet, zeigt wie wichtig ihr diese einzige Vertraute ihrer Kindheit war.
Wieder ein Buch von Rose Tremain, das mir ausgesprochen gut gefallen hat. Sie kann einfach wunderbar schreiben.

Bewertung vom 22.03.2020
Die stummen Wächter von Lockwood Manor
Healey, Jane

Die stummen Wächter von Lockwood Manor


gut

1939 – in London steigt die Furcht vor deutschen Bombenangriff. Da erreicht das Natural History Museum Majo Lockwoods Angebot, einen Teil der Sammlung auf seinem Landgut Lockwood Manor unterzubringen. Die junge Kuratorin Hetty Cartwright begleitet die Evakuierung der Säugetierabteilung.

Das alte, halb verlassene und marode Landhaus bietet zwar ausreichend Platz, aber eine erschreckende Atmosphäre macht Hetty Angst. Ausgestopfte Tiere verschwinden, die Sammlung wird trotz Bewachung immer wieder verändert und Schaukästen beschädigt. Nicht nur Mäuse und andere Schädlinge gefährden die Sammlung, auch vom Major scheint eine unheimliche Bedrohung auszugehen.

Jane Healey beschwört in ihrem unterhaltsamen und stimmungsvollen Schmöker die viktorianische Zeit herauf. Ich fühlte mich bei der Beschreibung der nicht greifbaren Bedrohung und der Ängste an Manderley aus DuMauriers Roman „Rebecca“ oder auch an Brontes „Wuthering Heights“ erinnert. Das Labyrinth der Räume auf Lockwood Manor, ein geheimnisvolles, verschwundenes Blaues Zimmer, das durch die Alpträume von Major Lockwoods Tochter Lucy geistert, nächtliche Geräusche und seltsame Erscheinungen, verstärken diesen Eindruck.
Auch der Major scheint ein dunkles Geheimnis zu hüten und längst hat er seine freundliche Maske fallen lassen zeigt seinen Jähzorn und seine Machtgelüste. Seltsame Dinge ereignen sich und seltsame Gäste bevölkern das Haus.

Irgendwie scheint der Roman aus der Zeit gefallen, aber Healey gelingt es, den viktorianischen Schauerroman neu zum Leben zu erwecken. Ich konnte mich der Atmosphäre nicht entziehen und die Geheimnisse um dieses Haus erzeugten eine Gänsehaut-Spannung, die mich richtig fesseln konnte. Zwischen Hetty und Lucy entspinnt sich eine zarte Freundschaft, gemeinsam wollen sie sich den Bedrohungen stellen.

Aufgelockert wird die Atmosphäre durch Hettys Eigenart, Menschen die ihr begegnen mit Tieren zu vergleichen, da der Major zu einem Königstiger, die Haushälterin zu einem Sandfuchs, die Vergleiche finde ich sehr stimmig und sie beschwören sofort ein Bild vor meinen Augen.

Eingestreut und durch kursiven Druck kenntlich gemacht, sind die Träume, die Lucy und auch Hetty heimsuchen. Hier möchte ich auch einen Kritikpunkt anfügen. Das Schriftbild war für mich reinstes Augengift, ein, zwei Punkte größer, wäre mein Lesevergnügen größer geworden. Ansprechend und ein echter Blickfang ist das Cover. Blütenranken, ein Kolibri und ein schwarzer Jaguar nehmen Bezug auf den Roman.

Ein unterhaltsamer Roman, auf den der Begriff „Schmöker“ wirklich passt.

Bewertung vom 21.03.2020
Haarmann
Kurbjuweit, Dirk

Haarmann


gut

In den unruhigen 20iger Jahren trieb Haarmann in Hannover sein Unwesen. Er ermordete über 20 junge Männer und zerstückelte ihre Leichen. Die Spitze der Perversität war der Verkauf des Fleisches an die notleidende Bevölkerung. Wie Jack the Ripper ist auch Fritz Haarmann längst in die Kriminalgeschichte eingegangen. Seine Taten haben Filme und Bücher inspiriert.

Auch der Autor Dirk Kurbjuweit hat diesen Stoff aufgenommen. Sein Buch ist ein Roman, hält sich bei der Beschreibung Haarmanns eng an die vorhandenen Dokumente. Als Gegenspieler führt er die fiktiven Kriminalisten Lahnstein und Müller ein. Lahnstein ist erst kürzlich aus französischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt und noch nicht richtig im zivilen Leben angekommen. Er trägt schwer am Verlust seiner Frau und seines Sohnes, über deren Schicksal der Autor den Leser fast bis zum Schluss im Unklaren lässt.

Die Suche nach dem Mörder der Jungen zeigt die wirren Zeiten der Zwischenkriegsjahre. Die Bevölkerung leidet Not, die politische Situation ist mehr als unsicher und die noch junge Demokratie überhaupt nicht gefestigt. Extreme politische Anschauungen finden nicht nur bei der Bevölkerung Anklang, auch im Kommissariat sind mit dem Sozialdemokraten Lahnstein und dem reaktionären Müller zwei gegensätzliche Standpunkte vertreten. Müller nutzt auch die Stimmung um gegen den angeschlagen wirkenden Lahnstein zu intrigieren.

Damit illustriert der Autor auch die historisch nachgewiesenen Fehleinschätzungen der damaligen Polizei und der zum Teil dilettantisch anmutenden Ermittlungen, die dem „Werwolf von Hannover“ jahrelang weiteres Morden ermöglichten. Kann man die Persönlichkeit des wohl krankhaft veranlagten Haarmanns überhaupt erklären? Hier hatte ich nicht das Gefühl, da blieb für mich vieles im Dunkeln.

Der Kriminalroman ist auch ein Zeitbild der Zwanziger Jahre, die für weite Teile der jungen Republik und ihrer Menschen lange nicht so Golden war, wie es Filme oder Bücher suggerieren. Ein wenig habe ich die Spannung vermisst, vielleicht auch durch die Gewichtung auf die Figur des Kommissars Lahnstein. Auf alle Fälle aber ein interessanter Roman mit kriminalgeschichtlichem Hintergrund.
3, 5 Sterne

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.03.2020
Das Leben neu backen
Potts, Olivia

Das Leben neu backen


gut

Olivia Potts ist Anwältin. Sogar eine erfolgreiche, sie gehört zur „höheren Anwaltschaft“ und eine Übernahme in der Kanzlei ist nur noch eine Formalität. Doch dann stirbt ihre Mutter. Ein Verlust, den sie nicht einfach wegstecken kann. Im Gegenteil, je länger sie trauert, umso stärker wird das Verlustgefühl. Sie will ihrer Mutter nahe sein, indem sie alte Familienrezepte nachkocht und nachbackt um mit dem altvertrauten Geschmack die Erinnerung wach zu halten
Auch ihr Beruf erscheint ihr nun die falsche Wahl, sie kann nicht mehr abschalten und sie verliert die professionelle Distanz. Da wagt sie einen radikalen Schnitt: Sie meldet sich in der berühmten Kochschule Le Cordon bleu für die Patisserie-Ausbildung an.
Jeder Mensch trauert anders und Olivia Potts lässt die Leser ihres autobiografischen Buches an ihrem Trauerprozess teilhaben. Beim Lesen nehme ich quasi die Position einer Freundin ein, die Olivia durch diese Zeit begleitet. Das liegt sicher an ihrem natürlichen, unverstellten Sprachstil. Bei ihren Fehlschlägen leide ich mit und über komische Begebenheiten kann ich lächeln. Ganz nebenbei erfahre ich viel über die klassische französische Backkunst, die traditionellen Dekorationen und das Zuckerwerk. Die Autorin fügt dazu die Rezepte ein, die sicher interessant sind, mich aber nicht unbedingt zum Nachbacken inspirierten.
Gerade bei einem so tief persönlichen Vorgang wie Trauer, die jeder Betroffene anders erfährt und fühlt, kommt man bei diesem Buch der Autorin nahe. Vielleicht auch, weil man selbst ganz andere persönliche Erfahrungen gemacht hat und eine andere Facette der Trauerbewältigung kennenlernt.
Erwähnenswert ist die wunderschöne Ausstattung des Buches, inzwischen ein Markenzeichen des Wunderbaum Verlags.

Bewertung vom 19.03.2020
Der Franken-Bulle
Luck, Harry

Der Franken-Bulle


gut

Die erfolgreiche Krimiautorin Barbara Schauer hat sich für die Verfilmung ihres Buches einen kleinen Cameo Auftritt gewünscht. In einer Szene soll sie das Mordopfer spielen. Die Klappe fällt auf der Oberen Brücke in Bamberg und der Schuss streckt die Schauer nieder. Das Requisit wurde mit einer scharfen Waffe ausgetauscht. Wer profitierte vom Tod der Autorin?
Kommissar Horst Müller tappert mit seiner Kollegin Paulina durch den Fall. Ich wähle den Ausdruck „tappert“ ganz bewusst, denn Kommissar Müller ist ein bekennender Derrick Fan. Und nicht nur das, auch die gesammelten Folgen der „Schwarzwaldklinik“ genießt er gern mit einem Gläschen Eierlikör. Horst Müller scheint in der Vergangenheit steckengeblieben zu sein und er ist sich des Anachronismus durchaus bewusst, ja man kann sagen, er genießt es.
In diesem Krimi wird nicht mit Seitenhieben gespart, es trifft die Branche der Regionalkrimis, die der Autor wohl selbstironisch aufs Korn nimmt, denn schließlich lesen wir ja gerade einen aus seiner Feder und so wird immer mal auch auf den Vorläuferband Bezug genommen. Schließlich hat ja Müller auch diesen Fall gelöst.
Dazu wird immer mal wieder ein Handlungsstrang um eine Theatergruppe eingeblendet, die in einem Hotel ein neues Stück probt. Die „Bärenfalle“ orientiert sich durchaus an Agatha Christies „Mausefalle“. Auch hier wieder der Subtext, den der Autor in seine Handlung einbaut.
Die Dialoge fand ich ganz witzig, wobei mir aber im Lauf der Geschichte die ständigen Anspielungen auf die altmodischen Gewohnheiten von Müller und seine grammatikalische Besserwisserei etwas zu viel wurden. Da setzte für mich ein Abnützungseffekt ein.
Ich habe das Buch ganz gern gelesen, obwohl ich mir nach der Beschreibung sowohl mehr Spannung, wie auch mir Bamberg Lokalkolorit erhofft habe.

Bewertung vom 18.03.2020
Krabbenkuss mit Schuss / Ostfriesen-Krimi Bd.7
Franke, Christiane;Kuhnert, Cornelia

Krabbenkuss mit Schuss / Ostfriesen-Krimi Bd.7


sehr gut

Ostfriesland ist ein heißes Krimipflaster. Ganz besonders für Lehrerin Rosa, die ein unnachahmliches Talent für Leichenfunde zeigt. Nicht immer zur Freude von Dorfpolizist Rudi, der aber im Grunde ihren Spürsinn und ihre scharfsinnigen Schlussfolgerungen schätzt.

Rosa wollte eigentlich nur die Alpakafarm von Frau Ewenberg besuchen um einen Klassenausflug zu besprechen. Dort herrscht Aufregung, da einige Alpakastuten hochträchtig sind und die Geburten jeden Augenblick erwartet werden. Aber dann unterbricht ein Schrei die friedliche Umgebung und als Rosa Frau Ewenberg ins Haus folgt, sieht sie die Dame am Fuße der Treppe knien, wo ihr Ehemann in seinem Blut liegt. Ist er die Treppe heruntergestürzt?

Rudi hat nun einen zweiten Fall, denn eine ominöse Erpressung beschäftigt ihn bereits. Die vergoldete Teekanne, das Firmenzeichen eines bekannten Ostfriesen-Tee Herstellers wurde entwendet und für die Rückgabe eine seltsame Forderung gestellt. Da kommt seinem Kollegen Schnepel die Ehefrau als Hauptverdächtige grade Recht, außerdem hat der Tote auch in dieser Teefirma gearbeitet. Wer Schnepel kennt, weiß wie schnell.

Gut, dass Rosa wieder in ihrer Schnüfflerehre gepackt ist, wer weiß, was Schnepel sonst für krude Theorien aufstellt, die außer ihm, keiner so recht glaubt.

Rosa, Rudi und Postbote Henner samt seiner großen Familie bilden einen ganz besonderen ostfriesischen Kosmos. Man kann gar nicht anders, als von ihnen begeistert zu sein. Wenn es ein Beispiel für trockenen ostfriesischen Humor braucht, dann muss man nur zu den Krimis des Duos Christiane Franke und Cornelia Kuhnert greifen. Man merkt, dass den beiden Autorinnen ihren Spaß mit der Geschichte und ihren Protagonisten an. Ihren Plot haben sie mit viel Augenzwinkern entwickelt und auch was ihren Figuren im Lauf der Geschichte sonst noch passiert, ist witzig und unterhaltsam. Dazu gibt es Küstenfeeling pur und immer mal wieder ein leckeres Rezept zum Nachkochen und nachbacken. Schließlich ist ja auch der Ostfriesische Tortenclub im Ort beheimatet, so darf die Anleitung für die legendäre Ostfriesentorte nicht fehlen.

Bewertung vom 16.03.2020
Der Gin des Lebens / Kulinarische Kriminalromane Bd.1
Henn, Carsten Sebastian

Der Gin des Lebens / Kulinarische Kriminalromane Bd.1


sehr gut

Carsten Sebastien Henn ist ein ausgewiesener Connaisseur, der auch noch gut schreiben kann. In seinem neuen Buch nimmt er sich sehr kenntnisreich dem Klassiker unter den Long Drinks an: dem Gin.

Schon das Titelbild weckt Lust darauf und macht auf den Kriminalroman neugierig. Der ist nun ganz klassisch aufgebaut. Ein junger Mann wird aus der Bahn geworfen und nimmt das zum Anlass sich mit einem Hobby seines verstorbenen Vaters zu beschäftigen: der Destillation von Gin. Eine Flasche seiner Eigenmarke gibt es noch und Bene Lerchenfeld ist überrascht vom exzellenten Geschmack. Notizen und eine Visitenkarte aus dem Nachlass des Vaters führen Bene nach Plymouth und dort ins Callaghans Bed & Breakfast.
Nun beginnt eine spannende Spurensuche in der Vergangenheit, eine Suche nach dem perfekten Gin und eine Suche zum Weg in Cathy Callaghans Herz.

Eingestreut und farblich abgesetzt ist eine Geschichte des Gins, seiner Herstellung, der diversen Geschmacksträger „Botanicals“ genannt und viel Wissenswertes, das Henn seinen Lesern mitgibt. Die haben mir mindestens so gut gefallen wie der übrige Roman. Außerdem gibt es im Klappenumschlag Karten und ich liebe Landkarten, die mich direkt in den Handlungsort katapultieren. Der Krimi ist grundsolide aufgebaut, birgt allerdings keine besonderen Überraschungen oder Höhepunkte. Henn kann aber schreiben und so liest sich seine Geschichte flüssig und unterhaltsam. Allerdings fand ich den Plot ein wenig zu sehr ausrechenbar.
Gelungen ist die Mischung aus Lovestory, Krimi und Familiendrama. Ich könnte mir das Buch wirklich gut verfilmt vorstellen, ideal für einen Samstagabend im ZDF am Sendeplatz von Lindström und Pilcher.

Wer englisch angehauchte Cozy Crimes mag und vielleicht auch Interesse an Gin hat, ist bei diesem Buch bestens aufgehoben.

Bewertung vom 15.03.2020
Glasflügel / Kørner & Werner Bd.3
Engberg, Katrine

Glasflügel / Kørner & Werner Bd.3


sehr gut

Der Morgen beginnt nicht schön für den Kopenhagener Schüler, der sich mit Zeitungsaustragen sein Taschengeld aufbessert. In einem Stadtbrunnen findet er einen Toten. Es bleibt nicht bei diesem Leichenfund. Jeppe Kørner wird auch an den Folgetagen damit konfrontiert. Alle Toten haben eines gemeinsam: sie waren in einer privaten Jugendpsychiatrie – dem Haus Sommerfuglen (Schmetterling) – tätig. Das Heim wurde nach dem Suizid einer jungen Bewohnerin geschlossen, ihr Vater gab der Heimleitung die Schuld. Damit steht er ganz oben auf der Verdächtigenliste.

Aber es ist nicht so einfach, wie es scheint. Jeppe, der schmerzlich seine Kollegin Anette Werner vermisst, stochert im Nebel, Verdächtige haben ein Alibi, ehemalige Bewohner sind zum Teil in anderen Kliniken oder im Ausland.

Eines wird dem Leser aber schnell klar, die Missstände in Sommerfuglen gingen tief und sie stehen sicher auch den Morden in Verbindung. Außerdem zeigt die Autorin in ihrem spannenden Krimi auch die Systemfehler in einem Gesundheitssystem auf, in dem Patienten sich der Wirtschaftlichkeit unterordnen müssen. Die Überforderung der Schwestern und Pfleger ist greifbar.

So beginnt nämlich auch das Buch. Im vorangestellten Prolog werden wir Zeugen, wie eine an ihre Grenzen gekommene, labile Schwester einen hochbetagten und schwierigen Patienten per Injektion „erlöst“. Damit begleitet mich natürlich den ganzen Krimi über die Frage, ob hier schon ein Fingerzeig auf den Täter gegeben wurde.

Anette Werner fühlt sich in der Elternzeit unglaublich müde, es gibt keine ruhigen Nächte mehr, aber auch gelangweilt. Ihr fehlt die Arbeit, vielleicht auch die intellektuelle Herausforderung. Was in manchen Krimis der Part der Privatermittler ist, die der Polizei ins Handwerk pfuschen, das übernimmt nun Anette. Allerdings mit guten Ergebnissen, die Jeppe immer mal wieder auf die Sprünge helfen. Denn wer als Ersatz einen netten Kollegen bekam, der intern der „Hosenträger-Onkel“ genannt wird, kann auch jede Hilfe gebrauchen.

In einem kleinen Nebenstrang darf man sich auch auf die Schriftstellerin Esther freuen, die man schon aus den vorhergegangen Büchern kennt. Auch hier schafft es die Autorin, mich lange im Unklaren zu lassen, ob Esters Erlebnis eine Verbindung zu Sommerfuglen zeigt.

Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, die Spannung kontinuierlich hoch und wird immer wieder mal durch leisen Humor oder eine witzige Bemerkung gebrochen. Deutlich zu spüren ist auch das Anliegen, das die Autorin transportieren möchten: die Zustände in einem immer stärker belasteten Gesundheitssystem, das für Personal und Patienten gleichermaßen grenzwertig ist.