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Wedma

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Insgesamt 549 Bewertungen
Bewertung vom 15.05.2018
Charakterfrage
Specht, Jule

Charakterfrage


sehr gut

Das Buch gibt eine gute Vorstellung davon, wie die Psychologen heute eine Persönlichkeit beurteilen, was die Studien heute über eine Persönlichkeitsentwicklung sagen können, was sie als belegt betrachten und was sich eher als Falschwissen entpuppt.

Etwa 222 Seiten des Textes sind in 6 Kapitel aufgeteilt: „Kann ich Persönlichkeit verändern?“ (7 S.); „Was ist Persönlichkeit?“ (4 S.); „Die Big Five“ (15 S.); „Die Persönlichkeit und ihre Entwicklung über die Lebensspanne“ (63 S.); „Die Persönlichkeit im weiteren Sinne“ (115 S.); „Die Persönlichkeit verändern“ (13 S.). Aus dieser Aufstellung kann man u.a. entnehmen, dass es sich hier um die Persönlichkeit dreht, so wie sie heute die Psychologen beurteilen, mit Hinblick auf die Frage, ob man, und wenn ja, wie, die Persönlichkeit verändern kann. Darauf wurde im letzten Kapitel eingegangen.

In „Big Five“ wurden diese im Sinne von „Emotionale Stabilität“, „Extraversion“, „Offenheit für neue Erfahrungen“, „Verträglichkeit“, „Gewissenhaftigkeit“ besprochen. Zu jedem dieser Merkmale wurde ein Persönlichkeitstest angeboten, bei dem man den eigenen Grad der Ausprägung dieser ermitteln kann.

Im 4. Kapitel geht es knapp aber prägnant um die Persönlichkeitsentwicklung, anfangend mit der Entwicklung vor der Geburt, über Kindes-, Jugend-, jungen Erwachsenen-, mittleren Erwachsenen-, und endend mit hohem Alter. Hier gibt es allerlei interessante Erkenntnisse aus den Studien, z.B.: „Bisher ist nicht belegt, dass ein Kind besonders gesprächig, musikalisch oder sportlich wird. Weil es im Mutterleib bereits entsprechend geprägt wurde. …Trainings, die dem ungeborenen Kind bereits Mozart oder chinesische Sprache nahebringen wollen, eher ein Symptom überambitionierter Kindes-Optimierung… S. 39. Da gibt es noch paar gute Sätze über die Weisheit und dass diese nicht unbedingt mit hohem Alter zusammenhängen muss, s. S. 91. Gerade dieses Kapitel fand ich aufschlussreich und bereichernd, auch weil ein Menschenleben einem vor Augen geführt wird, was in o.g. Phasen üblicherweise passiert, was die Studien der Psychologen zu den Zusammenhängen bestimmter Merkmale wie „Big Five“ zu berichten haben uvm.

Auch das 5. Kapitel, in dem über das Selbstwertgefühl, das subjektive Wohlempfinden, die Kontrollüberzeugung und Intelligenz gesprochen wird, ist spannend und durchaus erkenntnisreich. Bei IQ Angaben und Intelligenztests räumt Jule Specht auf: „Aussagen wie ‚Ich habe einen IQ von 142!‘ sind daher mit großer Vorsicht zu genießen und erst dann informativ, wenn zum einen bekannt ist, um welchen Intelligenztest es sich handelt, und zum anderen Informationen zur Messgenauigkeit dieses Tests vorliegen.“ S. 201. Weiter spricht sie von unterschiedlichen Auffassungen von Intelligenz, wie sich Intelligenz entwickelt uvm.

Der Stoff ist sehr zugänglich vermittelt worden. Das Buch liest sich wie eine Art Gespräch unter Freundinnen.

Mich haben so manche Verallgemeinerungen und Annahmen etwas irritiert. Oft wurden die Ergebnisse der US-amerikanischen Studien herangezogen, um die Thesen zu belegen. Die unterliegende Annahme hier, dass diese ohne weiteres auch für Vertreter anderer Nationen, Alters-, Berufs- usw. Gruppen gelten sollen, was eigentlich nicht oder nicht immer oder eher selten der Fall ist. Klar geschieht es hpts., weil es keine vergleichbaren dt Studien gibt. Wenn es diese gab, wurden sie hier herangezogen.

Fazit: Das Buch ist durchaus aufschlussreich und lesenswert, gerade weil es den Lesern Werkzeug gibt, das die Psychologen für die Beurteilung der Persönlichkeit nutzen (können), und so manches Neues zu dem Thema verrät. Das Buch ist klar für Einsteiger auf diesem Gebiet geschrieben worden. Aber auch Fortgeschrittene können hier einiges für sich mitnehmen.

Gekürzt gemäß der Anforderung von buecher.de

Bewertung vom 14.05.2018
Die Frauen am Fluss
Webb, Katherine

Die Frauen am Fluss


sehr gut

In diesem neuen Roman von Katherine Webb findet man im Grunde alles, was man von einem englischen Frauenroman erwartet: spannende, starke Frauenfiguren, Atmosphäre samt Sittengemälde der zwanziger Jahre des letzten Jh., mehrere Liebesgeschichten. Hinzukommen der Mord und die privaten Ermittlungen.

Es geht erst sehr gemächlich los, was an sich schön und entspannend wirkt. Das Eintauchen in die Atmosphäre der damaligen Zeit gelingt mühelos. Man ist in Irenes Erinnerungen bei ihrem Erwachsenwerden und Nach-dem-wohlhabenden-Mann-in-London-Ausschau-halten hautnah mit dabei. Wie es damals so war, eine junge Frau zu sein, mit all den heute als Anachronismen geltenden Dingen, deutlich werdend auch beim gestörten Verhältnis zu ihrer Mutter, steht klar vor Augen.

Nach Irenes Heirat begleitet man sie in die Dorfidylle Slaughterford auf das Anwesen ihres Mannes Alistair. Ein ruhiges, schönes Leben nah an der Natur. Doch wie es sich nach und nach herausstellt, die Idylle trügt. Und als Alistair brutal ermordet wird, und Irene gemeinsam mit ihrer neuen Freundin Pudding nach dem Mörder sucht, da tun sich die Abgründe auf.

Über diese Freundschaft der ungleichen Frauen, die einander dort ergänzen, wo die Defizite, in welcher Hinsicht auch immer, auftauchen, war nett und ermunternd zu lesen. Da sich die Polizei als unfähig erwies, haben sich die zwei jungen Frauen zusammengetan. Was sie herausgefunden haben, das hätten sie anfangs wohl kaum für möglich gehalten.

Irene kam sympathisch rüber, obwohl sie erst distanziert und etwas kühl rüberkam. Eine realistische Darstellung, denn die damalige Erziehung forderte die jungen Frauen der „besseren Gesellschaft“, sich so zu verhalten. Von zarter und schmaler Statur beweist sie die innere Stärke und Talent zu eigenhändigen Ermittlungen. Auch Pudding, so ziemlich das genaue Gegenteil zu Irene, mit ihrer schlichten Art, aber guten Portion Neugier und der stark ausgeprägten Fähigkeit, logisch zu denken, habe ich gerngehabt. Pudding ist so fest entschlossen, ihrem im ersten Weltkrieg zum Invaliden gewordenen Bruder zu helfen, dass sie einen sofort mitreißt und durch die Geschichte trägt. In dem Sinne weist der Roman auch eine deutliche anti-Krieg Note auf, denn er führt die tragischen Konsequenzen für die einfachen Leute aus dem Dorf und ihre Familien deutlich vor Augen.

Zum Schluss gab es Überraschungen, mehrere, der besonderen Art. Die Auflösung kann man nicht unbedingt klassisch nennen, sie hat aber auch durchaus ihre Reize. Vielleicht auch deshalb wird mir dieser bemerkenswerte Roman von Katherine Webb lange im Gedächtnis bleiben.

Fazit: Ein netter, atmosphärischer, spannender Frauenroman, den frau gern abends oder am verregneten Wochenende durchschmökern kann. Für Fans der Autorin und englischer Frauenromane ein Muss.
Lassen Sie sich einfach überraschen.

Bewertung vom 02.05.2018
Eine bessere Zeit
Cabré, Jaume

Eine bessere Zeit


sehr gut

„Eine bessere Zeit“ ist schon ein recht ungewöhnlicher Roman, den ich gern gelesen habe.
Definitiv kein 08/15 Familienschinken, aus vielerlei Gründen, sollte er auch nicht nach gewöhnlichen Maßstäben des Unterhaltungsgenres beurteilt werden.

Dieses nicht-Standarte fängt schon mit einer seinen Hauptfiguren an. Miquel, Anfang vierzig, der seine und die Geschichte(n) seiner Familie zwischen Vorspeise und Dessert erzählt, in dem Restaurant, dessen Wände über Jahrhunderte hinweg Wohnsitz seines Familienclans war, der jungen schönen Frau, die er vllt zu gern mag, um in ihr nur eine Kollegin zu sehen, ist schon ein seltener Typ. Den kann man in keine Schublade stecken. Er ist weder Held noch Antiheld. Er ist irgendetwas dazwischen, auch weil er nicht so recht weiß, was er vom Leben eigentlich will. Er hat eine Künstlerseele: Literatur, Musik spielen in seinem Leben, und im Roman insg., eine große Rolle. Er arbeitet, seinen Neigungen und seiner Expertise entsprechend, bei einem Magazin, in dem er Künstlerinterviews und Kritiken auf Konzerte, etc. veröffentlicht. Selbst künstlerisch tätig ist er nie geworden, er hatte kein Kunsthandwerk gelernt, er ist aber in diesem Milieu wie Fisch im Wasser. Das hat er, wie man im Laufe des Romans erfährt, seinen Genen zu verdanken. Miquel ist letztendlich so, wie er ist, eine Art Archetyp für die Leute dieser Art.

In seiner Familie der Textilfabrikanten gab es schon viel illustrere Typen, schon allein der Onkel ist eine unvergessliche Figur. Den habe ich gern kennengelernt. Noch weitere Familienmitglieder und ihre Geschichten sind gut dabei: Der Stammbaum samt seinen Varianten und all denen, die darin vorkommen, wurde dem Leser keineswegs vorenthalten.

Die Vielfalt an Erzählformen und ihre Handhabe ist auch alles andere als gewöhnlich: mal ist man in einer anrührenden Liebesgeschichte, und das so ziemlich oft, mal findet man sich in einem Frauenroman mit seinen obligatorischen geheimen und wiederentdeckten Tagebucheinträgen, mal liest sich der Roman wie ein sog. Coming of Age Stück, mal, und das doch recht oft, wie ein Werk der höheren Literatur. Auch mit Kontrasten und Parallelismen wurde aktiv gespielt. Aber alles passte ganz gut zusammen.

Der Roman ließ sehr gut lesen. Schon von der Sprache her, von der sichtbaren Fertigkeit des Autors, seine Geschichten packend, mit dem Leser spielend zu erzählen, war klar, dass man in keinem minderwertigen Schubladenroman steckte.

Auch dadurch, dass Cabré es schaffte, viel Stoff spielerisch zu vermitteln, damit die Leser eigenen Gedanken nachhängen und eigene Interpretationen der geschilderten Ereignisse anstellen könnten, man muss und sollte sich die Zeit und Freiheit nehmen, dies auch zu tun, ist dieses Werk etwas ganz Besonderes.

Den Roman ließ ich auf mich paar Tage wirken, nachdem die letzte Seite umgeblättert war. Und je mehr Zeit verging, desto stärker fiel die Wirkung aus. Ich musste feststellen, dass ich gedanklich immer wieder zu Miquel und seiner Familie zurückkehrte und zu immer neuen Interpretationen des Geschilderten gelang. Nach einer Pause lese ich den Roman bestimmt nochmals.

Der Titel passt auch gut, ist mehrdeutig, man kann den so und so auslegen, wie so vieles in diesem bemerkenswerten und auf jeden Fall lesenswerten Roman. Vier gute Sterbe gibt es von mir und eine Leseempfehlung für literarisch Interessierte.

Das Buch ist hochwertig gestaltet: Festeinband, Umschlagblatt aus festem, glattem Papier, Lesebändchen. Perfekt als Geschenk.

Fazit: Ein ungewöhnlicher und ein sehr ungewöhnlich guter Roman, der in keine Schublade passt. Wer mal was ganz anderes, Gutes und literarisch Starkes lesen möchte, der kann hier gerne zugreifen, sich dabei Zeit und Raum nehmen, und gespannt auf die Wirkung sein.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.05.2018
Eine Stimme in der Nacht / Commissario Montalbano Bd.20 (MP3-Download)
Camilleri, Andrea

Eine Stimme in der Nacht / Commissario Montalbano Bd.20 (MP3-Download)


sehr gut

Den neuen Fall mit Montalbano habe ich gern gehört. Es ist nicht nur ein nettes Wiedersehen mit Montalbano& Co. Hier ist doch einiges anders.
Klappentext beschreibt den Inhalt ganz gut: „Im sizilianischen Vigàta verschwindet eine stattliche Summe aus der Geldkassette eines Supermarkts, der von der Mafia kontrolliert wird. Tags darauf findet man den Geschäftsführer erhängt. Wenig später erhält Commissario Montalbano Besuch von Giovanni Strangio, dem Sohn eines einflussreichen Lokalpolitikers. Strangio hatte nach der Rückkehr von einer Geschäftsreise seine Lebensgefährtin ermordet in der Wohnung aufgefunden.
Während der Polizeipräsident aus Furcht vor einem Skandal manchem Schwur nur allzu gerne Glauben schenkt, bleibt Montalbano unbeirrt von wasserdichten Alibis. Und läuft zur Bestform auf, wenn es darum geht, skrupellose Mörder mit seinen ganz eigenen Methoden in die Falle zu locken“
Eigentlich ist alles wie gehabt, es gibt aber kleine Abweichungen:
Die Haushälterin Adelina kocht wie gewohnt ihr vorzügliches Essen, das Montalbano abends auf seiner Terrasse genießt. Diesmal aber immer allein. Mir fehlte ein wenig die Gesellschaft, die man in anderen Fällen schon als illustre, skurril, umwerfend schön, immer trinkfest, aber auch bereichernd für die Geschichte erlebt hatte.
Der Gerichtsmediziner ist immer noch mürrisch. Er überrascht aber hier auch mal mit einem Freundlichkeitsanfall.
Dr. Tomaseo fährt immer noch sehr unsicher. Dies wird hier mit einem Satz abgehandelt. Seine Macke wg schöner Frauen kam hier wie in vorigen Fällen fast unverändert wieder vor.

Fazio greift, wie schon oft, vor, er erledigt viele Vorarbeiten der Ermittlung von selbst. Was Montalbano in dieser Folge stets zur Weißglut bringt, wenn Fazio cool verkündet: schon erledigt.
Mimi Augelo bleibt wiedermal im Hintergrund und wirkt hier eher blass und unnütz.
Catarella verdreht die Namen immer noch ganz fleißig, hilft Montalbano in technischen Sachen, aber diesmal gibt es kein Türenknallen. Wie er ins Büro seines Chefs kommt, bleibt in dieser Folge konsequent ausgeblendet.
Livia ist da, aber nur am Telefon, um z.B. ihren Liebsten zu erinnern, dass er Geburtstag hat.
Diesmal verdreht keine schöne Frau Montalbano den Kopf. Es wird aber ein brutaler Mord an solcher Frau ermittelt. Bis auf die Szene, in der die Tote geschildert wird, gibt es keine Schilderungen der nackten Frauen oder die lüsternen Gedanken eines alternden Mannes, was ich als sehr wohltuend empfand.
Die alte Rivalität von zwei Mafia-clans und ihr Einfluss auf das Leben in Vigata ist unverkennbar. Ihre Verbindungen reichen bis in die oberen Etagen der lokalen Politikerkreise.
Pipo Ragonese mit seinem Hühnerarschgesicht ist auch da, diesmal ist er sehr deutlich als Handlanger der korrupten Machtstrukturen unterwegs und verbreitet ihre verdrehte Sicht der Ereignisse. Nach dieser Interpretation ist Montalbano angeblich schuld.
Montalbanos Journalisten-Freund bei Tele Vigata hilft ihm ungemein, seine, Montalbanos Sicht der Ereignisse an die Zuschauer auszustrahlen uvm.
Was mir gleich aufgefallen war: als ob das Ganze eine Verjüngungskur erhalten hätte. Da wird mit Elan und Lust an die Arbeit rangegangen, Monatlbano ist sehr gut in geistiger Form und hat Spaß am Rätseln und den Ermittlungen.
Mir gefiel auch, wie die Geschichte erzählt wurde, erinnerte mich an die früheren Folgen, u.a. durch das erzählerische Können und schöne, klare, aussagestarke Sprache.
Bodo Wolf hat auch diesmal den Fall wunderbar vorgetragen, aber auch bei ihm, und gerade am Anfang, hörte ich eine Aufbruchstimmung heraus, was insg. recht positiv auffiel.

Fazit: Ein ganz guter Fall, der in die höheren Politikerkreise führt und in dem deutliche Kritik an die korrupten Vertreter der Medien deutlich wird, bei dem aber auch die schöne kulinarische Seite nicht zu knapp ausfällt. Hat mir insg. ganz gut gefallen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.04.2018
Das Geheimnis der Keltenfürstin
Ebinger-Rist, Nicole;Krausse, Dirk

Das Geheimnis der Keltenfürstin


ausgezeichnet

„Das Geheimnis der Keltenfürstin“ ist ein faszinierendes, sehr hochwertig gestaltetes Buch, das die längt vergangenen Zeiten aufleben lässt und Begeisterung für Geschichte und Heimatkunde weckt.
Dem kurzem Vorwort und Prolog folgen vier Kapitel: „Das Grab der Keltenfürstin – Lage und Entdeckungsgeschichte“, „Die Grabkammer und ihr Inhalt – Gold und magische Steine“, „Heuneburg-Pyrene – Fürst(innen)ensitz und älteste Stadt Mitteleuropas“, „Zeit- und Standesgenossen der Fürstin – Verbündete oder Konkurrenten?“ Die Überschriften passen perfekt zum Inhalt.
So erfährt man im ersten Kapitel, anhand von großartigen Fotos, Karten, Ablaufabbildungen, wie es zu dem Fund kam, wie die Ausgrabungen verliefen, wie man das Ganze freigelegt hat, und sehe da: Ein Stück v. d. Fürstin entfernt liegt das Skelett einer anderen Frau. Man kann sehr gut nachvollziehen, wie die Funde lagen, wo der Körper, wo der Kopf der Fürstin, wo der Schmuck, etc.
Im zweiten Kapitel geht es ausführlicher darum. Röntgen und CT- Bilder zeigen Schmuckstücke und Skelette aus dieser Perspektive. Es gibt zudem noch die Extra-Kapitel, die erklären z.B., warum die Bronzefiebeln bei der Fürstin eher gewöhnlich ausfallen, im Vergleich zu Goldfiebeln aus anderen Gräbern. Weiter liest man über und sieht die großartigen Fotos der Bernsteinobjekte, sowie Schläfen- oder Ohrenringe aus Gold uvm. Ein sehr interessantes Extra „Witwentod und Totenfolge – historische Quellen berichten“ bereichert die Ausführungen und hilft, die Funde im Kontext des damaligen Zeitgeschehens zu sehen. Skelett eines Mädchens, unweit von Frauen, wirft noch mehr Fragen auf. Es ist spannend, diesen Nachforschungen zu folgen. Einiges kann man heute nicht mehr erklären, aber: Vieles wird auch über den Zustand des Holzes herausgelesen, denn die Grabkammer war aus Holz gefertigt. Und moderne Mitteln können schon vieles wiederaufleben lassen.
Im dritten Kapitel werden u.a. die doppelseitigen Bilder der rekonstruierten Heuneburg präsentiert, Blick von oben, auch Nahaufnahmen, wie die Häuser aussahen, innen wie außen, wie die Befestigungen aufgebaut wurden, wie dicht besiedelt die Burg z.T. war uvm. Hier gibt es auch paar spannende Extras.
Das vierte Kapitel erzählt über andere Keltensitze und stellt sie in den Rahmen des Zeitgeschehens. Im „Sappho, Solon, Siddharta: Historische Zeitgenoss(inn)en der Keltenfürstin“ sieht man, wer um die Zeit aktiv war, usw.
Der Anhang ist auch sehr informativ: Er fängt mit einer geographischen Karte in Farbe „Völker und Kulturen (600 v. Chr.)“, gefolgt von der Zeitschiene von ca. 800 v.Chr. bis 350 v. Chr., auf Doppelseite, die einen großartigen Überblick verschafft. Dabei ist links vertikal die Zeitachse und oben die Themen: „Heuneburg Akropolis“, „Heuneburg Umgebung“, „Keltische Fürstensitze“, „Antikes Weltgeschehen“. Hier sieht man z.B., dass Heuneburg- Plateaus um ca. 650 v. Chr. errichtet und besiedelt und um ca. 450 v. Chr. zerstört wurde. In der nächsten Spalte, die die Umgebung von Heuneburg beschreibt, sieht man u.a., wann die Fürstin geboren, wann sie gestorben war, wann die Grabhügel gebaut wurde. Die Nachbarspalten zeigen, wann und wo andere keltischen Sitze und die Gräber errichtet wurden, und wie das Ganze vor dem Hintergrund des antiken Weltgeschehens zu verorten ist.
Das Buch ist großartig gestaltet: Festeinband, Umschlagblatt, 160 Farbabbildungen auf hochwertigem Papier, uvm. Eine wahre Freude, so ein Buch aufschlagen zu können!

Fazit: Dieses Werk ist ein Leseerlebnis par excellence. Für Geschichte- und Archäologie-Begeisterte ist es ein Muss. Auch diejenigen, die sich dafür erst begeistern wollen, finden hier einen sehr guten und eindrucksvollen Einstieg. Ein großartiges Buch. Bitte mehr davon!

Gekürzt gem. Anforderung v. Buecher.de

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.04.2018
Seitenblicke
Ameruoso, Timo

Seitenblicke


ausgezeichnet

In diesem Buch werden viele spannende und nützliche Dinge erzählt, die ein Pferdebesitzer oder einer, der mit Pferden oft zu tun hat, wissen sollte, um einen adäquaten Umgang mit Pferden an den Tag legen zu können.
Das Buch ist eher für Einsteiger geschrieben, aber auch Fortgeschrittene werden hier paar gute Tipps finden können.

Rund 160 Seiten des Textes sind in 3 Teile geordnet: 1. Grundlagen, 2. Die korrekte Arbeit im Ring, 3. Reiten; die in mehrere Unterkapitel aufgeteilt sind, plus Service – Equipment Vorwort und Nachwort.

Bei Grundlagen erklärt Timo Ameruoso u.a., wie Pferde denken, was für sie wichtig ist, wie man ihr Verhalten richtig deutet und das Beste daraus macht. Sehr schön fand ich, dass Timo nicht nur das Wissen über die Psyche des Pferdes vermittelt, er sagt auch gleich, wie man diese Erkenntnisse im Umgang mit Pferden einsetzt, was so ein Verhalten auf Dauer bringen wird, alles schön mit vielen Beispielen aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz illustriert. Manches mutet schon fast philosophisch an, z.B. wenn er über Unterordnung und Unterwerfung, Wertesystem usw. spricht. Gleich am Anfang stellt er klar: „Das Training beginnt bei dir“.

Es gibt viele Farbfotos, insb. im Teil 2, die die Ausführungen, wie man nun mit dem Pferd arbeitet, vom Abstreichen bis zum Trainingsaufbau, noch stärker verdeutlichen. Ums Verladen, Satteln, Angurten, Anreiten usw. geht es im Teil 3. Alles klar und zugänglich beschrieben. Wenn man doch Fragen hat, gibt es die Möglichkeit, mit Timo persönlich Kontakt aufzunehmen oder sich auch die Videos auf der bekannten Plattform anschauen.

Das Buch ist hochwertig ausgestattet: mit vielen Farbfotos, die übrigens toll und professionell gemacht worden sind, auf schönem, glatten, weißen Paper. Es ist zwar eine TB Ausgabe, aber die überarbeitete und ergänzte von 2018. Das Buch ist leicht, zudem hat es ein praktisches Format, passt in jede Tasche.

Im Vergleich zu Timos Buch von 2017 „Zum Aufgeben ist es zu spät“ liegt hier der Schwerpunkt deutlich auf der Arbeit mit den Pferden und ihren Besitzern. Das erstere Buch ist eher darüber, was Menschen aus dem Umgang mit Pferden lernen können, plus seine eigene Lebensgeschichte. Habe ich auch gelesen, fand ich auch sehr gut.

Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, das Pferdeliebhabern viele nützliche Dinge über Pferde und ihre Psyche verrät, und Tipps gibt, wie man zum Pferd ein vernünftiges Verhältnis aufbauen kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.04.2018
Die Tyrannei des Schmetterlings
Schätzing, Frank

Die Tyrannei des Schmetterlings


weniger gut

Nachdem paar bekannte Autoren ihre Werke zum Thema KI (Künstliche Intelligenz) abgeliefert haben, geht nun auch Frank Schätzing ins Rennen.
Es war mein erstes Werk des Autors, und dabei wird es leider auch bleiben.

Schon der Anfang hat meine Geduld in vielerlei Hinsicht überstrapaziert. Was als Erstes eher negativ auffiel: das Ganze ist zu breit und zu wortreich erzählt worden. Zudem reichlich überamerikanisiert. Mir war, als ob ich in einem der letzten S. King Romane gelandet war. Bloß hier versucht Schätzing, päpstlicher als der Papst zu sein, diese ohnehin überzeichnete amer. "Coolness" in den Dialogen ums etliche verstärkt.

Ich wollte schon ziemlich früh aufgeben:
Der Autor hat nicht geschafft, mich für seinen Roman zu gewinnen. Die Figuren wirkten eher zombi- und klischeehaft, mit keiner konnte ich durch die Geschichte gehen.

Passieren im Sinne von Action tat da auch nicht viel. Dieses Wenige an Handlung war mit dicker Soße aus Blabla gründlich überkleistert.

Nahezu alles wurde ausgiebig kommentiert. Warum? Damit der Leser bloß nicht in Versuchung kommt, selbst zu denken? Alles wurde ins Kleinste vorgekaut, vorgedacht, erklärt und in Unmengen an solchem Einheitsbrei dargereicht. Mir wollte das bloß nicht schmecken. Oder ist das endlose Blabla eher dazu, darüber hinweg zu täuschen, dass es eigentlich nicht allzu viel zu sagen gibt? Stattdessen viel heiße Luft, was in Zeitverschwendung bei solch fragwürdiger Unterhaltung mündet.

Wie oft musste ich denken: Er überstrapaziert wieder mal meine Geduld. Ich war paarmal dabei, das "Vergnügen" abzubrechen, dann aber entschieden, dass ich bis zum Ende bleiben werde. Zumindest ein Werk des Autors wollte ich in Gänze kennenlernen.

Auch weiter in der Geschichte riefen die Figuren eher Befremden hervor. Mit wem soll man sich da assoziieren? Etwa mit dem Scheriff, der dieser Aufgabe kaum gewachsen scheint, sein Bildungsniveau lässt schon einiges zu wünschen übrig, und sich alles erklären lassen muss, wodurch man bei dieser Art der Infoversorgung nicht aus dem Gähnen rauskommt? Oder mit der 17-jährigen Tochter, die mal Teenie, mal Erwachsenen-Allüren an den Tag legt? Das ganze natürlich auf eine überzeichnet amerikanische Art.

So langsam reimte sich Luther, der Name der Hauptfigur, auf Looser. Insb. als es ihm auch nach zigstem Mal nicht aufging, was Ares eigentlich heißt.

Der Schreibstil ist oft hochtrabend, ja blumig, wirkt auch dadurch aufgesetzt, was im Kontrast zu den überzeichnet lässig-coolen Dialogen steht. Als ob der Autor mir etwas vortäuschen, besser dastehen will, als dies eigentlich der Fall ist.

Sorry, den Lobgesang aus der 5 Sterne Abteilung kann ich absolut nicht nachvollziehen.

Wenn man das Verhältnis von eingesetzten Sprachmitteln zu der Wirkung setzt, z.B. in Form von Mitgehen, Mitfiebern, in die Geschichte eintauchen können und wollen, schaut es in etwa wie 90 zu 10 aus. Mit reichlich an Sprachmitteln wurde vergleichsweise wenig erreicht. Es ist ein Versuch, nach dem Prinzip „viel hilft viel“ vorzugehen, was eher amateurhaft rüberkommt und höchstens Langeweile, Kopfschmerzen und Schade-um-meine-Zeit- Gefühle erzeugt.

Da lese ich doch lieber die Sachbücher. Sie sind heute so großartig geschrieben, dass sie mir viel lieber sind und viel spannender rüberkommen, auch weil man da meine Geduld nicht überstrapaziert und recht gradlinig auf den Punkt kommt, als solches mit viel heißer Luft aufgeblasenes etwas, was an Hauch von nichts in Sachen Neues zu KI denken lässt.

Sascha Rothermund liest professionell, stellenweise etwas hochtrabend und überzeichnet dramatisierend.

Fazit: Ich wollte mich für dieses Werk begeistern. Leider hat es mir wenig Anhaltspunkte hierzu geliefert.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2018
Der Elitenreport
Meck, Georg;Weiguny, Bettina

Der Elitenreport


weniger gut

„Der Eliten Report“ hat mir leider gar nicht zugesagt. Ich kam aus dem Kopfschütteln nicht heraus. Oft genug musste ich gegen den Drang ankämpfen, das Buch in die hinterste Ecke zu pfeffern. Die Altpapiertonne ist aber ein viel umweltfreundlicherer und adäquaterer Ort dafür.

So oberflächlich, so verklärend, so oft und gründlich um den heißen Brei herum, aber nie etwas wirklich Wissenswertes! Unverhohlene Werbung fast auf jeder Seite für diese Herrschaften, ihre Firmen und Vereinigungen, oft im Ton hochjubelnder Anbiederung, all das in einem Buch habe ich mir bei meinem besten Willen nicht vorstellen können. Das muss man erstmal hinbekommen.

Die Probleme werden höchstens mal angesprochen, als Köder am Anfang, ganz vorsichtig an der Oberfläche gekratzt, und rasch da weggerannt. Und das ganze „Vergnügen“ löst sich wieder im leeren Blabla und der Beweihräucherung der Eliten auf: Ach, ist die Beratungsfirma XY (Ich lasse den richtigen Namen hier weg) so großartig! Was für ein toller Zusammenhalt, wie prima es sich dort arbeiten lässt, welche Netzwerke, die die Jobsuche erleichtern, was für Vorzeigeunternehmer sie doch schon hervorgebracht hätten, usw. Glänzende Fassade. Wer schon mal dahinter geblickt hat, kommen bei diesen Darstellungen Begriffe wie Verklärung und Veräppelung in den Sinn.

Schon bei der Definition am Anfang, die keineswegs eindeutig ausfällt, geht es sehr elitenfreundlich, wenn nicht hochtrabend- anbiedernd zu. Weiter bleibt es auch dabei.

Ich war schlicht perplex ob der Inhaltlosigkeit dieses Reports insg. Überall im Buch stecken die Klebezettel mit meinen Kommentaren, die mir beim Lesen in den Sinn kamen: „Habe den Eindruck, die Autoren wollen eher meine Zeit stehlen, ohne mir etwas Wissenswertes dafür zu bieten.“, „Wieder bloß leeres Geschwätz“, „Ach, unverhohlene Werbung und Product Placement auch noch!“, „Bin ich hier in der Boulevardzeitung gelandet? Typisches Verhalten, um von wirklich wichtigen Dingen wegzulocken“, „Blabla, Palaver-palaver, was soll das?“, „Für welche DALs (Dümst anzunehmende Leser, ein Begriff a. d. Verlagswesen) ist das bitte geschrieben worden?“, „Verherrlichung der Großkonzerne und Eliten insg., unverhohlene Werbung zu ihren Gunsten“, „Diese Darstellungen sind nichts weiter als Werbung der Eliten“, „Wieder Werbung“, usw. So geht es bis zum Ende.

Auch die Sprache hat mich herzlich wenig erfreuen können. Entweder hochtrabend mit deutlichem Hang zur Anbiederung, wenn es z.B. um Merkel& Co. geht. Ja, die Dame taucht da auch paar Mal auf.

Oder auch flapsig, möchte-gern-cool, z.B.: Eine Juniorchefin war für ihre Aufgaben präpariert, liest man dort. Und warum nicht schlicht „vorbereitet“? Warum Fremdwörter benutzen, wenn es aussagestarke deutsche Verben gibt?

Was mir positiv aufgefallen war: Das Buch ist hochwertig gemacht: Festeinband in Hellblau, Umschlagblatt aus festem, glattem Papier, passendes Lesebändchen.

Fazit: Inhaltslos, oberflächlich, voller unnützer Infos. Anbiedernde Verherrlichung der Eliten, gepaart mit Unmengen an Werbung zu ihren Gunsten.

Mir wurde meine kostbare Lesezeit gestohlen, dabei die Absicht, etwas wirklich Wissenswertes zu geben, scheint gar nicht dagewesen zu sein.

Wenn Bücher verklären statt aufklären, habe ich kein Verständnis dafür. Schade um die Bäume, die ihr Leben dafür hergeben mussten.

Wenn Sie mal etwas Brauchbares über Eliten lesen wollen:

„Die Angst der Eliten“ von Paul Schreyer.
„Fassadendemokratie und Tiefer Staat“ von Ulrich Mies, Jens Wernicke (Hrsg.)
„Lügen die Medien?“ von Jens Wernicke.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.