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hasirasi2
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Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1115 Bewertungen
Bewertung vom 15.04.2022
In einer stillen Bucht (MP3-Download)
Ventura, Luca

In einer stillen Bucht (MP3-Download)


sehr gut

Sterben, wo andere Urlaub machen

Der Sommer ist schon fast vorbei, als in einem angespülten Koffer vor Capri eine Frauenleiche gefunden wird. Schnell finden die Inselpolizisten Enrico Rizzi und Antonia Cirillo heraus, dass es sich bei der Toten um Maria Grifo, die Direktorin des Musikkonservatorium von Neapel handelt, die in einem Hotel auf Capri übernachtet hatte. Bei der Suche nach einem Mordmotiv stellen sie fest, dass Maria nicht sonderlich beliebt war, sich mit ihrer Tochter zerstritten hatte und bei den Lehrern und Schülern des Konservatoriums als streng, kompromisslos und unnahbar galt. Während Cirillo und Rizzi in diese Richtung ermitteln, taucht ein letzter Brief von Maria an ihre Tochter auf. Darin kündigt diese eine große Überraschung an, ein neues, besseres Leben für sie beide. Wie wollte sie das finanzieren? Auf ihrem Konto sind nur Schulden. Hat sie einen Geldregen erwartet und hängt das evtl. mit der verschwundene Stradivari-Harfe zusammen?

In ihren dritten Fall sind Rizzi und Cirillo ein eingespieltes Team und ergänzen sich perfekt. Sie ermitteln im Milieu der klassischen Musik und bekommen einen Einblick in die harte Auswahl und Ausbildung der Musiker. Dabei legen sie sich wegen ihrer Eigenmächtigkeiten wieder mit ihrem Vorgesetzten an, kommen der Lösung am Ende aber nur durch einen Zufall auf die Spur.
Ihr Privatleben spielt wieder eine große Rolle. So setzt Rizzi im Zuge seiner Nachforschungen auf die Nachbarinsel Procida über, auf der seine Ex-Frau wohnt, sieht ihr Haus aber nur wehmütig aus der Ferne an – ihre Beziehung wird immer noch vom Tod ihres gemeinsamen Sohnes überschattet. Seine Eltern drängen, dass er endlich seine Freundin Gina heiratet, aber die lebt lieber in wilder Ehe. Und Rizzi selber scheint es auch nicht eilig zu haben – die Uhren auf der Insel gehen eben langsamer …
Cirillo hingegen bekommt am Ende nebulösen Besuch aus ihrer Vergangenheit. Ich bin gespannt ob man je erfährt, warum sie nach Capri strafversetzt wurde und ihr Sohn in einem anderen Land lebt.

„In einer stillen Bucht“ ist ein entspannter Cosy-Krimi mit viel italienischem Flair, der Lust auf Capri-Urlaub macht – nach Möglichkeit aber bitte ohne Mord ;-)!

Bewertung vom 14.04.2022
Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2
Pötzsch, Oliver

Das Mädchen und der Totengräber / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.2


ausgezeichnet

Der Styx von Wien

Leopold von Herzfeldt muss sich auf seiner Dienststelle immer noch gegen die Anfeindungen seiner Kollegen wehren, die ihn hassen, weil er jung ist und mit modernen Methoden arbeitet und, weil er Jude ist. Auch sein Vorgesetzter ist nicht immer gegen Vorurteile gefeit, aber er traut ihm einiges zu und betraut ihn mit der Aufklärung eines sehr ungewöhnlich Falls – im Kunsthistorischen Museum wird die mumifizierte Leiche von Professor Alfons Strössner gefunden, der angeblich seit 3 Monaten auf Ausgrabungen in Ägypten weilt. Strössner war vor Jahren auf einer Expedition, deren Mitglieder inzwischen fast alle gestorben sind – sind sie dem Fluch einer Mumie erlegen?! Man wünscht sich Diskretion und keinerlei Aufsehen oder gar eine Pressemeldung. Da Leo so unauffällig wie möglich ermitteln soll, sucht er Hilfe bei Totengräber Augustin Rothmayer, der sich schon von Berufs wegen mit Mumien auskennt und gerade ein Buch über die Totenkulte verschiedener Völker schreibt. Auch Leos heimliche Freundin, die Tatortfotografin Julia Wolf, hilft ihm bei seinen Nachforschungen.
Doch noch ein anderer Fall beschäftigt Wien. Immer wieder tauchen verstümmelte Leichen junger Männer in verschiedenen Stadtteilen auf. Sie alle scheinen Stricher gewesen zu sein und nach ihrem Tod fehlt ihnen etwas Entscheidendes: „Gegen das hier wäre Jack the Ripper nicht mehr als ein blutiger Witz.“ (S. 294) Der Täter wurde bereits zwei- oder dreimal gesehen, verschwand immer aber urplötzlich – geht ein mordendes Phantom um in Wien?!

„Das Mädchen und der Totengräber“ ist bereits der zweite Fall der Reihe mit Leo, Julia und Totengräber Rothmayer und hoffentlich noch lange nicht der letzte. Oliver Pötzsch hat mit ihnen sehr eigenwillige, unangepasste und unverwechselbare Protagonisten geschaffen, die es in ihrem Leben nicht leicht haben.
Leo kann seine gute Kinderstube und das reiche Elternhaus nicht ablegen, man sieht sie ihm schon von weitem an und nicht wenige halten ihn darum eher für einen Dandy oder Schnösel, als einen Inspektor. Dabei ist er sehr gut in seiner Arbeit, ihm fallen logische Fehler und andere Ungereimtheiten sofort ins Auge. Dann beißt er sich daran fest und gibt nicht auf, bis er wirklich alles aufgedeckt hat – sehr zum Leidwesen seiner vorgesetzten. Er setzt auf die neuesten Ermittlungsmethoden wie Tatortfotografie, Fingerabdrücke (ein Trick, um den Täter zu überlisten) und Stadtpläne, auf denen er die Tatorte kennzeichnet um den Täter einzukreisen und näher kennenzulernen, zudem versuchte er ein Psychogramm von ihm zu erstellen. Doch je mehr er sich in seine aktuellen Fälle stürzt, um so mehr vernachlässigt er Julia …
Julia ist etwas halbseiden und geheimnisvoll. Sie lebt mit ihrer unehelichen Tochter im Bordell und macht die Arbeit als Tatortfotografin nur, weil Leo sie ihr versorgt hat und sie das Geld braucht. Dabei gehen ihr die Leichen, die sie fotografieren muss, sehr zu Herzen. Sie ist neugierig und hat ein Auge für Details, entdeckt, wenn etwas auf einem Foto bzw. am Tatort nicht stimmt und ermittelt dann auf eigene Faust. Sie liebt Leo, aber die Unterschiede zwischen ihnen scheinen immer größer und unüberwindbarer zu werden. Er versucht sie in seine Welt zu ziehen, geht nicht auf ihre Wünsche und Vorstellungen ein. Ist ihre Liebe zum Scheitern verurteilt?
Rothmayer ist ein echter Kauz, der seine ganze Familie verloren hat und seit einiger Zeit ein Mädchen bei sich auf dem Friedhof wohnen und arbeiten lässt, das ihn an seine Tochter erinnert. Allerdings ist das Jugendamt dagegen und Rothmayer hat so seinen ganz eigenen Methoden, sich die ungeliebten Besucher vom Hals zu halten …

Oliver Pötzsch hat wieder einen extrem spannenden Fall konstruiert – eigentlich sind es sogar zwei – auf deren Auflösungen ich nie gekommen wäre.
Der Fall mit der Mumie zieht Kreise bis nach ganz oben, selbst Erzherzog Ferdinand scheint involviert zu sein, und Leo muss sich auf großem Parkett beweisen.
Für die Morde an den Stricher

Bewertung vom 12.04.2022
Morgen kann kommen
Kürthy, Ildikó von

Morgen kann kommen


ausgezeichnet

Wie Phoenix aus der Asche

„Beide Schwestern waren Opfer. Vielleicht konnten sie zusammen die Kraft finden, zurück auf die Bühne ihres eigenen Lebens zu treten.“ (S. 198)

Ruths Leben ist auf den Lügen ihres Mannes aufgebaut, die sie bisher nicht sehen konnte oder wollte. Sie hat schon immer lieber weg- als hingesehen, hat erduldet statt aufzubegehren, gegeben statt zu fordern und sich immer zurückgenommen. Jetzt findet sie ein Foto, dass ihr die ganze Wahrheit aufzeigt: „Mein Mann betrügt mich, ich bin in den Wechseljahren, habe kein Kind, ein derangiertes Selbstbewusstsein und garantiert nicht den Mut, neu anzufangen.“ (S. 187) Was soll sie jetzt machen? Gehen oder bleiben? Weiter wegsehen oder endlich Konsequenzen ziehen? Sie weiß nicht mehr weiter, steigt in ihr Auto und fährt nach Hamburg in die Villa ihrer Großeltern, die inzwischen ihrer Schwester Gloria gehört.

Die ist das genaue Gegenteil von Ruth, hat erst gegen den dominanten Vater und später alle anderen Männer revoltiert. Sie hat sich nie in ihr Leben reinreden lassen, gewährt jeder gefallenen oder geschundenen Seele Unterschlupf und kümmert sich um sie, wie sie es bis vor 15 Jahren für Ruth getan hat. Bis es zum großen Knall kam, bis ES passiert ist, bis der Kontakt zwischen ihnen abrupt endete. Gloria ist damals fast zerbrochen, dann aber mit Rudis Hilfe wie Phoenix aus der Asche wieder auferstanden. Wird Ruth das auch schaffen?

Rudi, der gute Sozi, ist einer von Glorias Untermietern – aber nur noch so lange, bis er alles in Ordnung gebracht hat, so wie schon sein ganzes Leben, nur bis zu seinem Tod, dessen Zeitpunkt er selbst bestimmen wird. Er ist ihr Anker und Ruhepol, stets höflich und hilfsbereit, aber unter seiner Oberfläche brodelt es.

Auch Glorias Freund Erdal ist bei ihr untergekrochen und schwänzt seine gebuchte Detox-Kur. Er kann und will nicht auf Nahrung, Alkohol oder Drama verzichten. Erdal ist König seiner Welt, von Mutti verwöhnt und verhätschelt, leidet er jetzt am Empty-Nest-Syndrom, denn seine und Karstens Söhne kommen langsam in die Pubertät und nabeln sich ab. Und obwohl sich sein Universum vorrangig um ihn dreht, sieht er trotzdem genau, was bei anderen falsch läuft und greift dann in seiner unnachahmlichen und direkten Art ein.

Ildikó von Kürthy hat es wieder geschafft, mich zum Lachen und Weinen zu bringen, zum Nachdenken und Träumen. „Morgen kann kommen“ hat mich sprachlos gemacht und erschüttert – aber gleichzeitig auch Hoffnung verbreitet. Es geht um Beziehungen zwischen Partnern und Geschwistern, um Kinder und Pubertiere, Mütter und Väter, Lebenslügen und Wahrheiten.

Beim Lesen habe ich mir die Frage gestellt, ob mir das gleiche wie Ruth hätte passieren können. Wie erkennt man einen manipulativen Partner, eine toxische Beziehung und wie kommt man dann möglichst unbeschadet raus? „Ich habe mich vor meinen Augen aufgelöst. Meine Konturen sind verschwommen, ich weiß nicht mehr, wo ich aufhören und wo er anfängt.“ (S. 134) Ab einer bestimmten Stelle hatte ich eine Vermutung, was ES war, und um so mehr taten mir die Schwestern leid, als diese sich dann bewahrheitet hat.

Ich liebe Ildikó von Kürthys Protagonisten (endlich wieder Erdal!) und ihren Erzählstil. Sie schreibt humorvoll und klar auf den Punkt und spricht unbequeme Wahrheiten aus: wie wir Frauen uns geben, was wir uns selbst antun oder antun lassen, nur weil wir denken, dass es erwartet wird oder den gesellschaftlichen Konventionen entspricht, oder um einfach unsere Ruhe zu haben. Sie zeigt wie in „Neuland“ und ihren Kolumnen auf, was für ein falsches Bild wir oft von uns haben und wie wir uns für unser Aussehen geißeln.

Sie verdeutlicht aber auch, wie wichtig Familienbande und Freunde sind, auf die man sich verlassen kann, und dass man sich selbst (ver)trauen muss – und nie die Hoffnung verlieren sollte. Wie schon in „Es wird Zeit“ macht sie Mut für einen Neunanfang, für den es nie zu spät ist.

Ich schließe das Buch mit einem lachenden und einem w

Bewertung vom 07.04.2022
Vier Signoras und ein Todesfall / Anna Antonelli Bd.1
di Fano, Giulia

Vier Signoras und ein Todesfall / Anna Antonelli Bd.1


sehr gut

Die Spur des Geldes

Annas Leben läuft gerade komplett aus dem Ruder. An nur einem Tag verliert sie ihren Job als psychologische Beraterin der Berliner Polizei wegen mangelnder Teamfähigkeit und ihr Vater stirb in seinem Restaurant in Rimini. Als nach seiner Beerdigung auch noch eine Leiche in seinem Pool treibt, ist das Chaos komplett – der Tote ist ausgerechnet Annas neuer Nachbar aus Berlin, der ihr seinen Wagen geliehen hatte. Was wollte er hier und woher wusste er überhaupt, wo sie wohnt? Und dann ist da noch die Tasche mit dem wirklich, wirklich vielen Geld, die sie kurz zuvor gefunden hat. Zu allem Überfluss stolpert ihr immer wieder ein verliebter Commissario vor die Füße, dessen „… intellektuellen Fähigkeiten auf keinen Fall mit seinem Äußeren mithalten können …“ (S. 49) und der unbedingt ihr Herz im Sturm erobern möchte, dabei aber leider oft übers Ziel hinausschießt.
Zum Glück kann sie sich auf ihre drei Freundinnen vom Krimi-Leseklub verlassen, die ihr in jeder noch so scheinbar ausweglosen Situation beistehen. Das ist zum einen Fabia, eine Anästhesistin, die immer die passende (Beruhigungs-)Pille in der Tasche hat. Emilia hat dank ihrer Oberweite einen Schlag bei Männern und neben ihrem Mann auch ihren Liebhaber fest im Griff. Und Tante Natti, die vierte im Bunde, ist ihre ehemalige Grundschullehrerin, die nie den Überblick verliert und genau weiß, welcher ihrer früheren Schüler ihnen wann und wie hilfreich sein kann.

„Vier Signoras und ein Todesfall“ ist ein schöner Urlaubskrimi mit viel italienischem Temperament und noch mehr Dolce Vita. Der Auftakt der Reihe von Giulia di Fano ist fesselnd und sehr rasant, denn nicht nur Annas Nachbar, auch ihr Vater scheint einige Geheimnisse gehabt zu haben, die das Kleeblatt hoffentlich im nächsten Band aufklären kann. Die Freundinnen sind sehr gewitzt und nutzen geschickt halbseidene Geschäfte und gegenseitige Gefallen, um bei ihren Ermittlungen ans Ziel zu kommen. Dabei werden ihnen nicht nur der verliebte Commissario und Annas ehemaliger Kollege aus Deutschland gefährlich, der die Spur ihres Nachbarn bis zu ihr verfolgt, sondern auch eine obskure russische Bande.

Hinter dem Pseudonym Giulia di Fano verbirgt sich ein Schriftstellerpaar, dass schon lange zusammen Krimis schreibt. Hier punkten sie neben Spannung auch mit Humor und einer kleinen Prise Liebe. Zudem hat das Buch genau die richtige Länge für einen verregneten Urlaubstag in Italien oder einen Sonntag auf der Couch zum Wegträumen ...

Bewertung vom 05.04.2022
Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1
Gray, Gloria;Felder, Robin

Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1


gut

Schrill, schrill, Overkill

Vikki ist Künstlerin, eine Kunstfigur des Münchner Nachtlebens und steht normalerweise nicht vor 12 auf. Wer sie vor dieser Zeit stört, spielt mit seinem Leben. Als ihr Freund Wolf sie trotzdem vormittags anruft um ihr zu sagen, dass der Toni aus Stadelheim ausgebrochen ist, ist guter Rat teuer. Soll sie untertauchen oder sich einen Verbündeten suchen? Denn in all den Jahren im Knast hat Toni nicht nur sie, sondern auch Clanchef Achmet bedroht. Doch noch bevor sie sich zusammen eine Strategie überlegen können, passiert etwas Unvorhergesehenes und Vikki muss in ihre alte Heimat Übertreibling in den Bayrischen Wald fliehen, aus der sie vor Jahren als junger Mann abgehauen ist …

„Zurück nach Übertreibling“ ist der Auftakt einer Krimireihe der transsexuellen Künstlerin Gloria Gray. Man merkt von der ersten Zeile an, dass Vikki Glorias Alter Ego ist – sehr extrovertiert, schräg und immer ein bisschen drüber. Bussi hier, Bussi da, stets top gestylt und die neuesten Outfits auf Instagram, kennt sie in der Szene jeden und jeder kennt sie. So kann sie sich auch auf ihren besten Kumpel Wolf und seine Rockergang verlassen, die sie vor Toni schützen wollen und nach Übertreibling begleiten.

Die Grundidee des Krimis und der Fall an sich haben mir gut gefallen, auch das Genderthema ist toll in die Handlung integriert, aber der zu aus- / abschweifende Erzählstil war leider nicht meins. Stellenweise hatte ich das Gefühl, eine Bühnenshow zu verfolgen, wenn die Autorin vom Hundertsten ins Tausendste kommt und die Handlung zum Ende hin immer weitschweifiger und verdrehter wurde. Auch die z.T. etwas vulgäre Sprache war mir zu viel, obwohl sie irgendwie zu den handelnden Personen passt.

Fazit: Ein überdrehter Provinzkrimi mit Show-Effekten, der für mich etwas zu drüber war.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.04.2022
Teigliebe
Röpfl, Anna

Teigliebe


ausgezeichnet

Backen kann jeder!

Backt Ihr regelmäßig Kuchen, Kekse oder Torten? Wenn nicht, was hindert Euch daran? Traut Ihr Euch nicht? Fehlen Euch die passenden (Grund-)Rezepte? Meine Leidenschaft fürs Backen wurde schon früh geweckt, denn ich durfte meiner Oma oft in der Küche helfen. Von ihr habe ich auch das Standardbackbuch der DDR „Das Backbuch“ geerbt.

Etwas ganz Ähnliches aber viel Moderneres hat jetzt Anna Röpfl herausgebracht. In „Teigliebe“ erklärt sie die 4 Grundteigarten Rührteig, Mürbeteig, Hefeteig und Biskuitteig reichlich bebildert Schritt für Schritt. Außerdem kann man über einen QR-Code auch Videoanleitungen ansehen. Zu jedem Grundteig gibt es verschiedene Varianten und vegane und glutenfreie Alternativen. Wer es ausgefallen mag oder keine komplette Kücheneinrichtung hat, kann auf Rezepte ohne Backofen (Parfait), Backform (Muffins), Waage (Tiramisu) oder Rührgerät (Kekse) zurückreifen – es sollte sich also trotz jedes Handicaps das passende Backwerk finden lassen.
Da das Buch mit Tipps und Tricks zu Zutaten, Ausrüstung und Hilfsmitteln startet, ist es wirklich auch für totale Backneulingen geeignet. Und wenn man dann geübt ist, kann man am Ende eigene Rezepte eintragen.

Schon beim Betrachten der wunderbaren Fotos läuft einem das Wasser im Mund zusammen und inzwischen haben wir einige Rezepte ausprobiert. Besonders angetan haben es uns die supersaftigen Rührkuchen (das ist nämlich eine echte Kunst), der Hefekranz und der Apfel-Bienenstich, den musste ich jetzt schon zweimal backen.
Allerdings habe ich auch das Talent, genau das Rezept zu finden, welches nicht klappt. In „Teigliebe“ bin ich am No bake White Chocolat Cheesecake gescheitert, der trotz über 24 h Kühlzeit einfach nicht fest wurde. Allerdings macht er sich bestimmt gut als Dessert in Gläsern, vielleicht probiere ich das noch mal aus.

Mein Fazit: Teigliebe ist ein tolles Backbuch für Einsteiger (oder Fortgeschrittene, die auf der Suche nach neuen Rezepten sind). Mir hat die Auswahl und Vielfältigkeit der Rezepte gefallen und dass es zu jeder Teigvariante auch vegane oder glutenfreie Alternativen gibt.

Bewertung vom 02.04.2022
Die wundersame Reise der Bienen
Keweritsch, Katja

Die wundersame Reise der Bienen


sehr gut

Phönix aus der Asche

An einem verzauberten Abend in Nizza macht Christopher Anna den Heiratsantrag, auf den sie schon 6 Jahre wartet. Trotzdem kann sie nicht ja sagen und erbittet sich Bedenkzeit. Als sie am nächsten Tag nach Hause reisen wollen, bekommt Anna im Flugzeug eine Panikattacke und muss aussteigen. Christopher fliegt allein, weil er einen wichtigen beruflichen Termin hat und denkt, dass sie mit dem nächsten Flugzeug nachkommt. Doch Anna kann kein Flugzeug mehr betreten, auch ein Bus oder Zug gehen nicht – die Enge und das Ausgeliefertsein, die Abhängigkeit vom nächsten fahrplanmäßigen Halt beängstigen sie. „Ich hatte Angst vor der Angst. Es war zum Verrücktwerden.“ (S. 28) Auch ein Auto selbst zu fahren, traut sie sich nicht zu – aber Mitfahren müsste gehen. Über die Mitfahrzentrale findet sie Harm, der in Südfrankreich Bienenköniginnen ausliefert und danach zurück an die Nordsee fährt. Doch die Reise dauert viel länger als geplant, immer wieder kommt etwas Unvorhergesehenes dazwischen. Und langsam beginnt Anna die Fahrt zu genießen und aus der Zweckgemeinschaft wird Freundschaft.

„Die wundersame Reise der Bienen“ ist ein überraschender Roadtrip der besonderen Art, der zwei völlig verschiedene Menschen zusammenschweißt.
Harm hat kein gutes Gefühl, als er Anna zum ersten Mal sieht – gestrandet am Flughafen in Nizza mit Luxuskoffer und Perlenohrringen. Warum braucht sie eine Mitfahrgelegenheit?! Aber er nimmt sie trotzdem mit und wird so zu ihrem Lebensretter, denn ihr entgleitet gerade alles. Dabei führt sie ein perfektes Leben, liebt ihre Arbeit und ihren Freund, der ihr Fels in der Brandung ist, auf den sie sich immer verlassen kann, der in ihrem gemeinsamen Leben die Richtung vorgibt.
Anna versteht ihre Angst nicht, oder warum die sie gerade jetzt erwischt, und Harm kennt sich zu ihrer Verwunderung damit aus. „Du darfst dich der Angst nicht hingeben. Aber du darfst auch unter keinen Umständen gegen sie ankämpfen Angst ist ein Wächter Sie passt auf dich auf, zeigt dir, wo du genauer hinschauen musst, weil irgendetwas in deinem Leben nicht stimmt.“ (S. 62)
Durch die entschleunigte Reise wird sie aus ihrer Komfortzone geholt und beginnt, ihr Leben zu reflektieren. Sie entdeckt das Zeichnen wieder für sich, es wird zu einer Art Therapie. „… ein Stift in der Hand beruhigte mich, wenn das Chaos aus meinem Kopf Formen annahm, die ich erkennen und begreifen konnte.“ (S. 316)
Aber auch Harm reist mit schwerem Gepäck. Er hat einen wichtigen Menschen verloren und sucht einen Weg in den Neuanfang: „Man muss Abschied nehmen, um weiterleben zu können.“ (S. 296)

Ich hatte selbst jahrelang Panikattacken, kenne die Angst vor der Angst und konnte mich sehr gut in Anna hineinversetzen. Ich weiß auch, wie wichtig dann ein Partner ist, der einen auffängt und erdet. Die Autorin erzählt dieses schwere Thema sehr einfühlsam, berührend und eindringlich, aber trotzdem auch leicht.

Katja Keweritsch hat einen tollen Schreibstil. Sie spickt die Handlung mit philosophischen Betrachtungen und ergänzt sie durch lebendige Beschreibungen der Orte und Sehenswürdigkeiten, durch die die Reise führt. Man bekommt sofort Lust, selber mit dem Auto durch die Provence zu reisen und in Lavendelfeldern und Weinbergen zu übernachten. Außerdem vermittelt sie interessanten Details zu Bienenköniginnen und Umweltschutz.

Bewertung vom 30.03.2022
Raquel - Ein Polizeischwein ermittelt / Inspektor Valente und Polizeischwein Raquel ermitteln Bd.3
Elderen, Heidi van

Raquel - Ein Polizeischwein ermittelt / Inspektor Valente und Polizeischwein Raquel ermitteln Bd.3


ausgezeichnet

Friede, Freude, Eierkuchen?

„Im Kräutergarten der Sundance Community liegt eine Leiche.“ (S. 8) ist nicht gerade der Satz, den Inspektor Fernando Valente und sein Polizeischwein Raquel beim Sonnenbaden hören wollen, zumal die Community ansonsten für Yoga, Veganismus, Frieden und freie Liebe bekannt ist. Doch nach einer Ayahuasca-Zeremonie mit einem berauschenden Trank liegt am nächsten Morgen eine der Teilnehmerinnen tot zwischen Lavendel und Majoran. Der Notarzt diagnostiziert einen Herzinfarkt, aber der Gerichtsmediziner findet heraus, dass dieser künstlich herbeigeführt wurde. Fernando und seine Chefin / Zwillingsschwester Patricia müssen mit Raquels tatkräftiger Unterstützung herausfinden, wem der Tod der Frau nutzt. Schnell stellen sie fest, dass die Community nach außen zwar den Eindruck einer großen glücklichen Familie vermittelt, es unter der Oberfläche aber ganz schön brodelt. Dabei kommt Raquel dem Täter wohl zu nah, denn sie verschwindet und Fernando bekommt zusammen mit einem Schweineohr eine Lösegeldforderung zugeschickt …

Ich bin ein Fan der ersten Stunde dieser charmanten Krimireihe. Fernando ist eine herrlich tragikomische Gestalt, unglücklich in die verheiratete Anabela verliebt, steht er auf Arbeit unter der Knute seiner Zwillingsschwester und zu Hause unter der seiner Mutter und Großmutter, obwohl er schon fast 40 ist. Zudem versucht seine Mutter immer verzweifelter, ihn endlich unter die Haube und zu kriegen, schließlich will sie Enkelkinder! Abschalten kann er am besten beim Surfen und Kuscheln mit Rachel. Die ist einfach zum Knutschen, sehr liebenswürdig und verfressen, immer glücklich und sehr anhänglich, bringt sie so manches Herz zum Schmelzen.

Auch wen ich selbst noch nie in Portugal war, habe ich dank Heidi van Elderens Schilderungen ein genaues Bild vom Hinterland der Algarve vor Augen. Sie kann das Flair dieser Landschaft und die Eigenheiten seiner Bewohner toll vermitteln.
Der Fall ist wieder sehr komplex, im Laufe der Ermittlungen tun sich immer mehr Tatverdächtige und Motive innerhalb und außerhalb der Community auf. Es hat mir großen Spaß gemacht, Fernandos und Patricias spannende Nachforschungen zu verfolgen und zu versuchen, vor ihnen auf den Täter zu kommen – was ich natürlich nicht geschafft habe. Die Philosophie der Kommune ist gut in die Handlung eingebunden und gewährt einen Einblick in eine mir sonst fremde Welt. Auch die Beziehungen und Spannungen zwischen den verschiedenen Personen waren sehr gut nachvollziehbar.
Und nachdem Fernando Anabela diesmal nicht so wirklich zugehört hat, bin ich sehr gespannt, ob sie ihr Geheimnis im nächsten Band lüften kann – ich habe da ja eine sehr starke Vermutung ;-)!

5 Sterne und meine Leseempfehlung für diesen sehr spannenden, kurzweiligen und charmanten Krimi!

Bewertung vom 28.03.2022
Stimmen der Freiheit / Die Frauen vom Reichstag Bd.1
Gabriel, Micaela A.

Stimmen der Freiheit / Die Frauen vom Reichstag Bd.1


ausgezeichnet

Wie Frauen ihre Stimme finden

Micaela A. Gabriel, die unter den Pseudonymen Micaela Jary und Michelle Marly schon sehr erfolgreich ist, schreibt in ihrer neuen Reihe über deutsche Parlamentarierinnen. Sie berichtet aus zwei Sichtweisen über die Anfänge von Frauen in der Politik und erzählt in Rückblenden, was diese auf sich genommen haben, um ihre Ziele zu erreichen. „Um als Kandidatin aufgestellt zu werden, muss eine Frau von der Pike auf in einem Frauenverband gedient haben und dazu noch eine Studierte sein … Nur dann erhält sie die notwendige Unterstützung. Oder sie ist so berühmt, dass die Partei durch die Prominenz der Anwärterin gewinnt.“ (S. 392)

Marlene von Rungstedt ist Mitglied der DDP und eine der ersten Frauen im Berliner Parlament. Sie ist studierte Juristin, auch wenn sie nur als Assistentin ihres Vaters (einem der Mitautoren des BGB) in dessen Kanzlei arbeiten darf, und mit 38 Jahren noch unverheiratet, obwohl es nie an Bewerbern gemangelt hat – aber als Ehefrau und Mutter hätte sie ihren Beruf aufgeben müssen. Für sie war schon immer klar, dass sie für die Rechte der Frauen, das allgemeine Wahlrecht und die Gleichstellung im (akademischen) Beruf eintreten will. Gegen alle Widerstände erkämpft sie sich das Jurastudium und berät danach Frauen in juristischen Fragen. Nach dem 1. WK lässt sie sich vom Kriegsamt beauftragen, die Helferinnen der Bug-Etappe aus Warschau nach Deutschland zurückzuführen. Im Gegensatz zu den Soldaten wurden die Frauen (Krankenschwestern, Küchenpersonal etc.) bei den Transporten nämlich oft „vergessen“ und wurden so zum Freiwild für die Sieger.
Eine ihrer Konkurrentinnen ist ihre ehemalige Schulfreundin Sonja Grawitz. Diese stammt im Gegensatz zu ihr nicht aus einem gutbürgerlichen Elternhaus, sondern hat sich vom 3. Hinterhaus auf die großen Theaterbühnen hochgearbeitet und ist jetzt eine Person des öffentlichen Lebens. Das hat sie auch dadurch geschafft, dass sie die langjährige Geliebte des Landadeligen Justus von Oswald wurde, Marlenes großer Liebe … Jetzt nutzt sie ihre Bekanntheit, um für die DNVP anzutreten.

Micaela A. Gabriel schreibt sehr lebendig und gewährt so einen guten Einblick in die damalige sehr unruhige, von Kriegen und Aufständen geprägte Zeit. Man begleitet die beiden Frauen von 1898 bis 1919. Damit hört die Handlung leider gerade da auf, wo es noch spannender wird – mit ihrem Einzug ins Parlament. Ihr Weg dahin ist zwar auch interessant, allerdings wurden mir manche politischen Winkelzüge zu ausführlich beschrieben. Trotzdem haben mir die beiden unterschiedlichen Ansätze bzw. Beweggründe von Marlene und Sonja gut gefallen, die Art, wie sie ihre Stimmen finden und einsetzen. Wobei Sonja das sogar im wörtlichen Sinne macht und in einem Werbefilm auftritt, der Frauen die Abläufe bei der Wahl erklärt. Es ist erschreckend, dass wir Frauen erst seit reichlich 100 Jahren wählen und uns damit aktiv an der Politik beteiligen dürfen.
Ich konnte Sonjas Wunsch nach einem gesellschaftlichen Aufstieg gut verstehen, auch wenn ich mich persönlich nicht an einen Mann hängen würde, um das zu erreichen. Sie tat mir fast leid, wie sie alle Hoffnungen und Träume auf Justus von Oswald projiziert hat und ihn einfach nicht loslassen konnte oder wollte – obwohl der nur Marlene liebt.
Marlene hingegen trifft die Entscheidung gegen einen Mann und eine Familie sehr bewusst. Sie will ihre Freiheit und Selbstbestimmung nicht aufgeben. Zudem mussten Frauen im Staatsdienst genau wie Lehrerinnen im Zölibat leben.

Ein kleines Highlight ist der Gastauftritt des jungen Hans Albers, der auch Lieder von Micaelas Vaters Michael Jary gesungen hat.

Mein Fazit: Ein spannender Auftakt mit Luft nach oben.

Bewertung vom 25.03.2022
Prost, auf die Nachbarn
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Nachbarn


ausgezeichnet

Mordwaffe: das eigene Auto

Wer Kommissar Tischler kennt weiß, wie sehr der an seinem Auto hängt, einem alten Jaguar E-Type von 1969. Wahrscheinlich beschäftigt ihn darum auch der Fall des getöteten ehemaligen Anwalts so sehr – dessen fast neuer Mercedes wurde nämlich so manipuliert, dass der Fahrer verunglücken musste. Verdächtige gibt es viele, nicht zuletzt Tischlers „Schrauber“ hatte allen Grund dazu, dem Toten ans Leder zu wollen. Der war nämlich dafür bekannt, sämtliche Preise zu drücken oder Rechnungen im Nachhinein zu kürzen. Auch bei Gericht hatte der Anwalt keinen guten Ruf, weil er noch die schlimmsten Schwerverbrecher mit fiesen Tricks raushauen konnte. Darauf weißen die Ordner voller Drohbriefe ehemaliger Gegner und Geschädigter hin, welche die Ermittler bei ihm finden.

Wie schon bei den Vorgängerbänden lebt auch „Prost, auf die Nachbarn“ vom Lokalkolorit und dem Zwischenmenschlichen. Gerade die Frotzeleien zwischen Tischler und POM Fink sind extrem unterhaltsam, versucht ersterer doch, den inzwischen 30jährigen Fink von Mutti, deren Kochkünsten und den ewigen Trachtenjankern abzunabeln. Diesmal spielen auch die Polizeisekretärin und der Herzhafte von Brunello eine nicht unwesentliche Rolle – ich habe Tränen gelacht – und Rosis Gastauftritt (und Tischlers Rolle dabei) hat mich sehr amüsiert!

Brunngries ist ein typischer kleiner Ort, in dem die Nachbarn alles voneinander wissen, oder sich das zumindest einbilden. So hat jeder eine Meinung zum toten Anwalt und nicht wenige haben ihm den Tod gegönnt. Er war ein echter Menschenfeind und bei allen unbeliebt! Einzig seine direkten Nachbarn beschreiben ihn als hilfsbereit und nett, das passt so gar nicht zum sonstigen Charakter des Opfers. Zumal selbst sein Enkel nicht gut auf ihn zu sprechen ist.

Polizeioberrat Schwenk macht wie immer Druck, weil ihm die Ermittlungen nicht schnell genug gehen und er um die Einnahmen aus dem Tourismus fürchtet. Dabei sind Tischler und Fink mit der TUF-Methode wieder sehr erfolgreich und präsentieren einen Täter, den ich nicht auf dem Schirm hatte, zu raffiniert hat Friedrich Kalpenstein meinen Verdacht in komplett andere Richtungen gelenkt – so muss ein Krimi sein.
Ach ja, auch privat bleibt es bei Tischler spannend, denn er hat eine neue Nachbarin die sehr an ihm interessiert zu sein scheint ...

Ich bin wieder begeistert und schon sehr gespannt auf Tischlers nächsten Fall!