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dorli
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Berlin
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Insgesamt 883 Bewertungen
Bewertung vom 15.01.2018
Angstmörder / Nicholas Meller Bd.1
Stassen, Lorenz

Angstmörder / Nicholas Meller Bd.1


ausgezeichnet

Köln. Nicholas Meller, ein Strafverteidiger, dessen Kanzlei bisher mehr schlecht als recht läuft, bekommt seinen ersten Mordfall auf den Tisch: Wolfgang Rölscheid, ein früherer Mandant, soll seine Frau brutal ermordet haben und hätte Meller gern als Pflichtverteidiger an seiner Seite.

Neben Ich-Erzähler Meller schickt der Autor auch die Jurastudentin Nina Vonhoegen ins Rennen. Nina, gerade erst von Meller als Referendarin eingestellt, strotzt nur so vor Selbstbewusstsein. Sie ist gewitzt, wartet mit einer großen Portion Sachverstand auf und lässt sich bei den Ermittlungen von ihrer körperlichen Behinderung – ihr rechter Arm ist zurückgebildet – keineswegs ausbremsen.

Lorenz Stassen hat mich mit seinem Thrillerdebüt „Angstmörder“ von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt. Schnell war ich mittendrin im Geschehen und hatte schon nach kurzer Zeit das Gefühl, mit den Akteuren gut vertraut zu sein.

Der Autor erzählt die Geschichte nicht nur aus Sicht der beiden Ermittler, sondern präsentiert das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven, so dass man einen guten Einblick in die Ansichten und Beweggründe der Akteure bekommt. In einem zweiten Handlungsstrang lernt man neben der leichtgläubigen Krankenschwester Christine Thalberg auch den Mörder und seine Vorgehensweise kennen. Der Angstmörder ist jemand, der jeden seiner Schritte bis ins Kleinste austüftelt. Er lässt seinen Opfern nicht die geringste Chance, sich aus seinen Fängen zu befreien. Er plant vorausschauend, hält sorgsam alle Fäden in der Hand und verwischt seine Spuren perfekt, denn nichts fürchtet er mehr, als erwischt zu werden.

Der Kriminalfall rund um diesen raffiniert und präzise agierenden Mörder ist von Anfang an spannend und wird im Verlauf der Handlung immer dramatischer. Zahlreiche auftauchende Fragen und unerwartete Wendungen haben mir dabei viel Platz zum Miträtseln und Mitgrübeln über Täter, Motiv und Hintergründe gegeben.

„Angstmörder“ hat mir sehr gut gefallen - ein fesselnder Thriller, der durchweg kurzweilige, spannende Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 11.01.2018
Abschied in Prag
Richman, Alyson

Abschied in Prag


ausgezeichnet

New York im Jahr 2000. Als Josef beim Probedinner vor der Hochzeit seines Enkelsohnes der Großmutter der Braut vorgestellt wird, glaubt er einen Geist zu sehen – vor ihm steht Lenka, die Frau, die er vor 60 Jahren in Prag geheiratet hat…

In „Abschied in Prag“ erzählt Alyson Richman die Geschichte zweier Liebenden, die durch die Wirren des beginnenden Zweiten Weltkriegs getrennt werden und einander über sechs Jahrzehnte hinweg für tot halten. Die Autorin lässt Lenka und Josef abwechselnd zu Wort kommen und von ihren jeweiligen Erlebnissen vor diesem überraschenden Wiedersehen auf der Hochzeit ihrer Enkelkinder berichten.

Lenka Maizel, die nach einer sehr glücklichen Kindheit in Prag Kunst studiert, verliebt sich in Josef Kohn, den Bruder ihrer Freundin und Mitstudentin Veruška. Da das Leben in der Tschechoslowakei Ende der 1930er Jahre aufgrund der politischen Lage für Juden immer schwieriger wird, beschließen die beiden, schnell zu heirateten, damit Josefs Eltern auch für die Maizels Ausreisevisa und Schiffspassage nach Amerika organisieren können. Als Lenka erfährt, dass es für ihre Eltern und ihre Schwester keine entsprechenden Papiere geben wird, entschließt sie sich, zunächst bei ihrer Familie in Prag zu bleiben und Josef nachzureisen, sobald es Visa für alle gibt. Doch es sollte alles anders kommen…

Lenka und ihre Familie landen in Theresienstadt. Alyson Richman erzählt äußerst anschaulich und eindringlich von Lenkas Erlebnissen in dem Konzentrationslager und beschreibt das Grauen, das unsägliche Leid, die Schikanen und Misshandlungen, die die Juden erdulden mussten, sehr ausführlich und realistisch. Es ist immer wieder erschütternd zu lesen, mit wie viel Kälte und Brutalität Menschen einander begegnen können.

Josef kommt nach einem mehrmonatigen Aufenthalt mit seiner Familie in England allein in New York an. Er beendet sein Medizinstudium und wird Geburtshelfer, er trifft Amalia, heiratet sie und gründet mit ihr eine Familie. Dennoch sind seine Gedanken immer bei Lenka. Er träumt von ihr. Da seine Briefe ungeöffnet zurückkamen, hat er nach Kriegsende versucht, Lenka über einen Suchdienst zu finden, musste jedoch erfahren, dass ihr Name auf einer Liste aus Auschwitz steht…

Alyson Richman besitzt die beeindruckende Fähigkeit, die Gedanken und Gefühle ihrer Protagonisten mitreißend darstellen und auf den Leser zu übertragen. Ich habe mit den Akteuren gelebt und gelitten, gebangt und gehofft. Habe Kummer und Furcht genauso mit ihnen geteilt, wie die kleinen Glücksmomente. „Abschied in Prag“ lässt mich ergriffen zurück – eine tiefgründige, berührende Geschichte, die nach dem Lesen noch lange nachklingt.

Bewertung vom 09.01.2018
Karolinas Töchter
Balson, Ronald H.

Karolinas Töchter


ausgezeichnet

Chicago 2013. Die 89-jährige Lena Woodward bittet den Privatdetektiv Liam Taggart und die Anwältin Catherine Lockhart ihr bei der Suche nach den während des Zweiten Weltkriegs in Polen verschollenen Zwillingstöchtern ihrer längst verstorbenen Freundin Karolina zu helfen. Liam und Catherine nehmen den Auftrag an und lassen sich Lenas Geschichte erzählen…

Die 1924 geborene Lena wächst als Tochter des wohlhabenden jüdischen Kaufmanns Jacob Scheinmann im polnischen Chrzanów auf. Das Leben des fröhlichen, aufgeweckten Mädchens ändert sich jäh, als ihre Heimatstadt am 4. September 1939 von deutschen Truppen besetzt wird. Lena und ihre Familie versuchen, sich der neuen Situation so gut es geht anzupassen, doch nur anderthalb Jahre später bricht Lenas bisherige Welt völlig zusammen: ihre Familie wird abgeholt und umgesiedelt, während sie selbst sich auf Geheiß ihres Vaters auf dem Dachboden ihres Hauses versteckt hält…

Ronald H. Balson erzählt diesen auf wahren Begebenheiten beruhenden Roman sehr eindringlich. Seine Beschreibungen und Schilderungen sind detailreich und präzise, sie sind mitreißend und haben mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt.

Es gelingt dem Autor ganz hervorragend, die Lage in dem vom Krieg zerrütteten Polen darzustellen und die vorherrschende Stimmung in Chrzanów sowie in den Lagern der Konzentrationslager Groß-Rosen und Auschwitz-Birkenau wiederzugeben. Besonders die Skrupellosigkeit der Besatzer und die unwürdigen Bedingungen, denen die polnische Bevölkerung damals ausgesetzt war, werden intensiv geschildert, so dass man als Leser eine recht genaue Vorstellung davon bekommt, was die Menschen alles durchmachen mussten.

Ronald H. Balson zeichnet das Bild einer mutigen jungen Frau, die als Näherin in einer Kleiderfabrik arbeitet und sich gemeinsam mit ihrer Freundin Karolina durch die Kriegsjahre kämpft. Es geht für die beiden einfach nur darum, die Schrecken und das Leid zu überleben. Auch als Karolina schwanger wird, halten sie zusammen und kümmern sich nach der Geburt gemeinsam um die Zwillinge Rachel und Leah. Als das jüdische Ghetto in Chrzanów aufgelöst wird und ihre Deportation erfolgt, lassen Lena und Karolina die Kinder zurück, um deren minimale Überlebenschance zu wahren.

Neben dem historischen Geschehen hat auch die aktuelle Handlung in Chicago einiges an Spannung zu bieten. Nicht nur, dass Lenas Sohn Arthur absolut gegen die Suche nach den Zwillingen ist und nicht davor zurückschreckt, einen Prozess gegen seine Mutter anzustrengen, um sie entmündigen zu lassen, auch über die Glaubwürdigkeit ihrer Geschichte sowie über die Frage, warum Lena so viele Jahre mit ihrer Suche nach den Kindern gewartet hat, wird diskutiert.

„Karolinas Töchter“ lässt mich tief beeindruckt zurück. Diese mitreißend erzählte Mischung aus Historie und Fiktion hat mich durchweg fest im Griff gehabt und mir nicht nur Einblicke in ein dunkles Kapitel europäischer Geschichte gewährt, sondern mich zudem intensiv an dem Schicksal der Akteure teilhaben lassen. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 05.01.2018
Dezembermord
Frech, Jochen

Dezembermord


ausgezeichnet

Göppingen. Im Stauferbrunnen wird die Leiche eines Mannes entdeckt. Kleidung und erste Befragungen lassen vermuten, dass der Mann, bei dem es sich laut seinem Pass um den 58-jährigen Henry Foret handelt, dem Obdachlosenmilieu angehört, doch es gibt auch Hinweise, die dieser Annahme widersprechen. Die Ermittlungen der Kripo kommen mangels Spuren nicht richtig in Gang, alle Überlegungen verlaufen im Sande und die Frage wird laut, ob es sich womöglich gar nicht um Mord, sondern um einen tragischen Unglücksfall handelt…

Ein weiterer Toter wird aufgefunden, der erkennbar einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Da dieser Mord, abgesehen von der Tatsache, dass der Mann auch durch Ertrinken ums Leben gekommen ist, auf dem ersten Blick keine Verbindungen zum Fall Foret aufweist, gehen die Ermittler davon aus, dass die beiden Fälle nicht zusammenhängen…

„Dezembermord“ ist bereits der zweite Fall für den ehemaligen SEK Ermittler Moritz Kepplinger und die Polizeiobermeisterin Lea Thomann, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis des vorherigen Bandes bestens verständlich.

Jochen Frech versteht es ausgezeichnet, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Spannung wird schnell aufgebaut und bleibt durchgehend auf einem hohen Level. Zahlreiche im Handlungsverlauf auftauchende Fragen haben mir viel Platz zum Miträtseln und Mitgrübeln über Täter, Motive, Zusammenhänge und Hintergründe gegeben.

Die Krimihandlung ist vielschichtig und realitätsnah. Eine Vielzahl an Personen, häufige Perspektivwechsel, unterschiedliche Schauplätze und diverse Nebenhandlungen verlangen konzentriertes Lesen, um nicht den Faden zu verlieren. Auch wenn es nicht immer ganz leicht ist, den Überblick zu behalten, haben mir das abwechslungsreiche Geschehen und der komplexe Handlungsaufbau besonders gut gefallen. Jochen Frech wartet mit einer Fülle von Details auf. Der Autor schildert nicht nur die Ermittlungsarbeit in den aktuellen Fällen sehr ausführlich - man ist als Leser bei allen Ermittlungsschritten dabei, hat Anteil an den Ideen, Überlegungen und Bedenken der Kommissare und bekommt sowohl die Erfolge wie auch die Fehlschläge präsentiert - auch den Polizeialltag und die privaten Angelegenheiten der Ermittler erlebt man intensiv mit.

„Dezembermord“ hat mich durchweg gefesselt. Ein spannender Krimi, der den Leser umfassend an den Höhen und Tiefen des Ermittleralltags teilhaben lässt.

Bewertung vom 03.01.2018
Der Drink des Mörders
Rademacher, Miriam

Der Drink des Mörders


ausgezeichnet

Tanzlehrer Colin Duffot ist voller Vorfreude, er soll seinen langjährigen Freund und Kollegen Paddy Lore für die Überfahrt New York - Southampton auf dem Kreuzfahrtschiff „Mermaid“ vertreten. Doch der Job verläuft anders, als Colin es sich erhofft hat. Gleich am ersten Abend wird der schottische Lakritzfabrikant Ted Toole ermordet und Colin - allseits bekannt als versierter Hobbydetektiv - soll die Ermittlungen übernehmen…

Während Colin auf der Mermaid nach Spuren sucht, lassen es sich seine zu Hause gebliebenen Freunde Jasper und Norma nicht nehmen, ihren Beitrag zur Lösung des Falls zu leisten. Sie düsen kurzerhand in Teds Heimatort Howgrove, um dort seiner Familie auf den Zahn zu fühlen…

„Der Drink des Mörders“ ist bereits der dritte Fall für die muntere Ermittlertruppe aus den Cotswolds, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Miriam Rademacher hat einen angenehm zu lesenden, sehr unterhaltsamen Schreibstil. Schon nach wenigen Seiten ist man mittendrin im Geschehen und kann prima mit den Akteuren mitfiebern.

Die Autorin wartet auch in diesem Band mit einer großen Portion Wortwitz und reichlich Situationskomik auf. Der Humor ist frisch und natürlich und wirkt zu keiner Zeit aufgesetzt. Besonders begeistert haben mich die außergewöhnlichen Figuren. Jeder Einzelne bekommt schnell ein Gesicht und bringt mit seinen Eigenarten, Besonderheiten und Macken eine Menge Schwung in die Handlung, so dass durchweg für eine lebhafte Szenerie gesorgt ist.

Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht, mit Colin und seiner fidelen Einsatztruppe auf Mörderjagd zu gehen – „Der Drink des Mörders“ ist ein Krimi, der nicht nur von der ersten bis zu letzten Seite kurzweiliges Lesevergnügen bietet, sondern dem Leser auch viel Platz zum Mitgrübeln und Miträtseln über Täter und Motiv gibt.

Bewertung vom 18.12.2017
Tod von oben
Ehlers, Jürgen

Tod von oben


ausgezeichnet

In seinem historischen Roman „Tod von oben“ nimmt Jürgen Ehlers den Leser mit in die 1940er Jahre in die besetzten Niederlande und erzählt sehr spannend von dem „Englandspiel“ – einer gemeinsamen Operation von deutscher Abwehr und Sicherheitspolizei im Zweiten Weltkrieg.

Der Autor hat die historischen Ereignisse zwischen Juli 1941 und November 1942 mit einer fiktiven Geschichte rund um den Fallschirmagenten Gerhard Prange und die 19-jährige Jüdin Sofieke Plet verknüpft und damit ein sehr authentisches Bild der damaligen Zeit gezeichnet.

Der Student Gerhard - eher leidlich zum Agenten ausgebildet - soll für die Engländer in den Niederlanden spionieren. Der junge Mann wird direkt bei seiner Landung von der Polizei geschnappt, hat aber Glück im Unglück: der Reichskommissar für die Niederlande, Arthur Seyß-Inquart, ist sein Nennonkel und Gerhard wird nicht, wie bei feindlichen Spionen sonst üblich, hingerichtet, sondern bekommt das Angebot, als Doppelagent für die deutsche Spionageabwehr tätig zu werden…

Sofieke ist untergetaucht. Sie hat sich von ihrer Familie losgesagt und hat nur noch Kontakt zu ihrem Bruder Jaap, der ihr gefälschte Papiere besorgt. Um etwas Geld zu verdienen, untervermietet sie ein Zimmer – an Gerhard…

Zwischen Gerhard und Sofieke entwickelt sich eine Liebesbeziehung. Doch beide leben gefährlich und ihre Situation wird im Verlauf der Handlung immer dramatischer…

Jürgen Ehlers schickt in diesem Roman neben Gerhard und Sofieke fast ausschließlich historische Personen ins Rennen und bleibt zudem durchweg nah an den dokumentierten Fakten. Das macht diesen Roman nicht nur besonders interessant, sondern vor allen Dingen äußerst glaubwürdig. Alle Akteure werden vom Autor lebendig und ausdrucksvoll dargestellt und wirken in ihrem Tun überzeugend.
Besonders faszinierende Personen waren für mich zum einen der ehemalige Fremdenlegionär und zur Zeit der Handlung in der Spionageabwehr tätige Richard Christmann, weil er kaum zu durchschauen ist und man nie weiß, was er mit seinen Aktionen wirklich bezweckt; und zum anderen Dorli, die Tochter des Reichskommissars Seyß-Inquart, die sich mit ihren gerade einmal 14 Jahren viele Gedanken macht und die Schandtaten ihres Vaters hinterfragt.

Ich musste beim Lesen immer wieder den Kopf schütteln - es ist wirklich kaum zu glauben, wie die Engländer sich damals haben austricksen lassen. Die gefangenen Agenten waren mehr als bemüht, auf ihre vertrackte Situation aufmerksam zu machen und die Verantwortlichen in London zu warnen, doch es wurden unaufhörlich immer neue Agenten, Waffen und Munition in die besetzten Niederlande geschickt.

Jürgen Ehlers erzählt diese Geschichte mit einem hohen Tempo. Die Darstellung der Ereignisse ist anschaulich und klar, der Schreibstil fast nüchtern und sachlich. Gut gewählt, wie ich finde, da weitschweifige Umschreibungen nicht zu der Handlung gepasst hätten.

„Tod von oben“ hat mir sehr gut gefallen – eine mitreißende Geschichte, die mir nicht nur spannende Lesestunden beschert hat, sondern mir auch interessante Einblicke in die Spionagetätigkeit während des Zweiten Weltkriegs ermöglicht hat.

Bewertung vom 18.12.2017
Nach dem Schweigen
Drews, Christine

Nach dem Schweigen


sehr gut

London. Ellen Cramer hat sich nach dem Unfalltod ihrer Schwester vor 17 Jahren um deren Kinder Saskia und Max gekümmert, besonders zu ihrer Nichte hatte die erfolgreiche Unternehmerin ein enges, sehr vertrauensvolles Verhältnis. Jetzt ist Ellen tot. Sie ist aus dem 20. Stock eines Hochhauses in die Tiefe gestürzt. Selbstmord, wie es anfangs heißt. Das kann und will Saskia nicht glauben. Als dann nach kurzer Zeit feststeht, dass Ellen ermordet wurde, begibt Saskia sich auf Spurensuche und muss schnell feststellen, dass sie ihre Tante eigentlich gar nicht gekannt hat…

Christine Drews versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil ganz hervorragend, den Leser in den Bann dieser düsteren Familiengeschichte zu ziehen.

In mehreren Handlungssträngen begegnet man neben Saskia und ihren Angehörigen ganz unterschiedlichen Leuten, die auf den ersten Blick nichts mit Saskias Familie zu tun haben. So lernt man Jack Bernard kennen, in dessen Hof Ellen stürzt. Außerdem die drogensüchtige Noemi Redcliff, die den vermeintlichen Mörder gesehen hat und Sienna Johnstone, die sich beobachtet fühlt.

Schon nach wenigen Seiten baut sich eine unterschwellige Spannung auf. Nicht nur, dass Saskia herausfindet, dass Ellen Geheimnisse hatte, man spürt auch an den Reaktionen der Akteure auf Ellens Tod, dass hier nicht alles so ist, wie es zunächst den Anschein hat. Immer neue Fragen und überraschende Wendungen sorgen für ein abwechslungsreiches, immer dramatischer werdendes Geschehen - den Leser erwartet eine spannende Spurensuche, bei der man durchweg prima über Zusammenhänge und Hintergründe grübeln kann.

Während man mit Saskia mitfiebert und ihre weiteren Schritte verfolgt, wendet der Täter sich seinem nächsten Opfer zu. Er folgt einem von langer Hand vorbereiteten Plan. Ich konnte seine Beweggründe am Ende zwar nachvollziehen, hätte mir aber besonders hinsichtlich des Ausfindigmachens seiner Opfer eine deutlichere Erklärung gewünscht.

„Nach dem Schweigen“ hat mir sehr gut gefallen - ein fesselnder Thriller, der mir ein paar spannende Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 15.12.2017
Der Zerberus-Schlüssel
Schilddorfer, Gerd

Der Zerberus-Schlüssel


ausgezeichnet

„Der Zerberus-Schlüssel“ ist der vierte Teil der Serie rund um den Piloten und Abenteurer John Finch, dieser Thriller ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich. Auch diesmal wartet Gerd Schilddorfer mit einer fesselnden Mischung aus Realität und Fiktion auf. Der Autor versteht es ganz ausgezeichnet, historische Fakten, wahre Begebenheiten, reale Persönlichkeiten sowie existente Schauplätze mit fiktivem Geschehen und spannender Krimihandlung zu verweben. Auf den Leser wartet eine mitreißende, actionreiche Spurensuche – es gilt, Hintergründen zu durchschauen, Zusammenhängen aufzudecken und knifflige Rätsel zu lösen.

2. Juni 2016. Annette Krüger entdeckt in einem verlassenen Berliner Mietshaus eine mumifizierte Leiche. Auf dem Boden neben dem seit mindestens 20 Jahren toten Mann findet Annette einen Zettel mit chinesischen Schriftzeichen. Obwohl Mord nicht ausgeschlossen werden kann, sind die Ermittlungen in diesem Fall nicht allzu dringlich und für Kommissar Thomas Calis kein Anlass, seinen geplanten Urlaub abzusagen. Dass Calis seine Reise nach Österreich dennoch verschieben muss, liegt an den drei Männern, die am nächsten Tag erdrosselt in ihren jeweiligen Wohnungen aufgefunden werden…
Während die Identität der Mumie der Berliner Polizei Rätsel aufgibt, ist den Mitgliedern des Triaden-Treffens in Shanghai schnell klar, um wen es sich bei dem Toten handelt, als sie die Nachricht und die Bilder vom Fund der Leiche erhalten…
Major Llewellyn Thomas befindet sich derzeit in Glenfinnan. Als ihm ein Päckchen mit einem nepalesischen Dolch zugestellt wird, bricht er seinen Sommerurlaub in den schottischen Highlands ab…
In Wien erhält der Kunstdieb Alexander Reiter einen Anruf aus Tel Aviv. Er soll für den Leiter der Einsatztruppen des Mossads einen Reisebericht des Grafen Calice über dessen ostasiatische Expedition in den 1870er Jahren ausfindig machen…

Wer die Bücher Schilddorfers kennt, der weiß, dass das noch nicht alles ist, was der Autor an unterschiedlichen Handlungssträngen zu bieten hat. Neben dem aktuellen Geschehen gibt es mehrere Ausflüge zu interessanten Begebenheiten in der Vergangenheit.

So begleitet man den deutschen Hilfskreuzer „Komet“, der in geheimer Mission unterwegs ist und sich im Sommer 1940 mit Hilfe sowjetischer Eisbrecher einen Weg durch die Nordostpassage in den Pazifik bahnt…
Im Juni 1971 erhält Pilot John Finch in Kairo den Auftrag, den Sonderbeauftragten des MfS Schuhmann und dessen Entourage nach Angola zu fliegen…
10. November 1989. Die DDR hat ihre Grenzen geöffnet. Harald Gärtner sitzt in seiner West-Berliner Wohnung und ist fassungslos. Sorgen machen ihm vor allen Dingen in den Stasi-Unterlagen befindliche Listen, auf denen sein Name steht. Ein Anrufer beruhigt ihn und sagt ihm, dass er zum Schläfer werden soll…
Und im August 2010 entwendet Alexander Reiter in Salzburg aus einem Haus, das dem Sohn des NS-Kunsthändlers Gurlitt gehört, fünf Gemälde, darunter ein Bild, das eine chinesische Parkanlage zeigt…

Trotz ständig wechselnder Schauplätze und einer Vielzahl an Personen konnte ich der Geschichte bestens folgen. Es ist nicht nur spannend, die Akteure auf ihrer Jagd nach Informationen zu begleiten, es macht vor allen Dingen großen Spaß, mitzurätseln und die gewonnenen Erkenntnisse wie ein Puzzle zu einen Bild zusammenzusetzen. Nach und nach wird die Zusammengehörigkeit der einzelnen Handlungsfäden immer deutlicher und schließlich fügen sich die unterschiedlichen Inhalte zu einem Ganzen zusammen.

Ausnehmend gut gefallen hat mir der lässige Umgangston zwischen den Akteuren. Wortwitzige Dialoge und lockere Sprüche sorgen für gute Unterhaltung; besonders die Wortgefechte zwischen Calis und Arthur Bergner von der Spurensicherung haben mich schmunzeln lassen.

„Der Zerberus-Schlüssel“ hat mich durchweg begeistert - ein abwechslungsreicher, gut durchdachter Thriller, der mitreißend erzählt wird und mit einer lebhaften, fesselnden Szenerie punkten kann.

Bewertung vom 04.12.2017
Schwarzbubenland
Gasser, Christof

Schwarzbubenland


ausgezeichnet

Solothurn. Die Ehefrau des Alt-Regierungsrats Daniel vom Staal ist seit nunmehr zwölf Jahren verschwunden. Die polizeilichen Ermittlungen sind schon seit langem eingestellt. Als vom Staal per Post ein Schmuckstück seiner Frau erhält, ist er sich sicher, dass Elisabeth noch lebt. Er beauftragt die freischaffende Journalistin Cora Johannis, der neuen Spur nachzugehen und etwas über den Verbleib seiner Frau herauszufinden…

Gerade noch hat Cora Johannis sich geärgert, dass sie einen als sicher gewähnten Auftrag für eine Reportage beim „Solothurner Tagblatt“ nicht erhalten hat, da bekommt sie das äußerst einträgliche Angebot des ehemaligen Regierungsrates. Nicht nur der Ausgleich für das ausgefallene Honorar beim Tagblatt lockt, auch Coras Ehrgeiz ist erwacht. Sie nimmt den Job an. Bei ihrer Suche nach Elisabeth landet sie in dem kleinen Ort Gilgenberg und wird nicht gerade freundlich empfangen…

Christof Gasser hat mich mit „Schwarzbubenland“ von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt. Der Krimi wird flüssig und spannend erzählt und der gesamte Handlungsverlauf ist sehr gut durchdacht und ausgefeilt.

Nicht nur der spannende Kriminalfall hat mich schnell gepackt, auch das Personal, das der Autor ins Rennen schickt, hat mich begeistert. Die Figuren werden ausnahmslos interessant und vielschichtig präsentiert und bekommen schnell ein Gesicht. Selbst Nebenfiguren wirken echt und lebendig und bereichern mit ihren Eigenheiten die Szenerie. Zudem gelingt es Christof Gasser hervorragend, die Emotionen seiner Protagonisten wiederzugeben, so dass ich durchweg mit allen Akteuren mitfühlen und mitfiebern konnte.

Cora war mir sofort sympathisch. Sie hat alles, was eine Investigativjournalistin braucht, ist unerschrocken, wenn es um die Recherche geht, zielstrebig und stur, wenn sie Informationen will. Auch wenn ihr ihre zurückliegenden Aufenthalte in Krisengebieten heute noch Albträume bescheren, liebt sie ihren Beruf. Die alleinerziehende Mutter liebt aber auch ihre Kinder. Sie möchte in beiden Lebensbereichen alles richtig machen, gerät dabei jedoch an ihre Grenzen. Besonders im Umgang mit ihrer pubertierenden Tochter Mila wirkt ansonsten so toughe Frau manchmal richtig hilflos.

Christof Gasser kann auch mit einer großen Portion Lokalkolorit punkten. Dank der detailreichen Beschreibungen konnte ich mir die Schauplätze in und um Gilgenberg – ein fiktives Dorf, das der Autor in die reale Landschaft des Schwarzbubenlandes eingebettet hat – sehr gut vorstellen. Die Besonderheiten des beschaulichen Landstriches werden hervorgehoben, die lokalen Begebenheiten und auch die Eigenarten der Einheimischen fließen in die Handlung ein. Ein paar Einwürfe in Mundart runden den Regionalkrimi prima ab.

„Schwarzbubenland“ hat mir sehr gut gefallen. Ein angenehm zügig zu lesender Krimi, der mit interessanten Charakteren und einer fesselnden Handlung zu überzeugen weiß - ein rundum spannendes Lesevergnügen.

Bewertung vom 30.11.2017
Tannenglühen
Gungl, Petra K.

Tannenglühen


ausgezeichnet

Wien in der Vorweihnachtszeit. Die fast 60-jährige Strafverteidigerin Franziska Ferstl hat beschlossen, mit dem kommenden Jahr in den vorzeitigen Ruhestand zu gehen. Dieses Vorhaben muss sie jedoch zunächst einmal auf Eis legen, denn Siegfried Fürstenstein, ein Partner in ihrer Kanzlei, wird tot – erdrosselt mit einer Lichterkette! – im Besprechungszimmer unter dem Weihnachtsbaum aufgefunden. Es kommt noch schlimmer: Maximilian Frank, ein weiterer Partner der Kanzlei und langjähriger Freund von Franziska, gilt als Hauptverdächtiger in diesem Mordfall. Für Franziska ein Grund, noch einmal ihr ganzes Wissen und Können zu mobilisieren, um Max aus dieser furchtbaren Situation herauszuboxen…

Petra K. Gungl hat einen angenehm zu lesenden, sehr fesselnden Schreibstil, so dass ich schnell mittendrin im Geschehen war und schon nach kurzer Zeit das Gefühl hatte, mit allen Akteuren gut vertraut zu sein.

Die Autorin hat ein gutes Händchen für Figuren. Jeder Einzelne bekommt schnell ein Gesicht und nimmt einen wichtigen Platz in der Geschichte ein. Die Akteure werden dabei sehr authentisch dargestellt und handeln glaubwürdig und nachvollziehbar.

Franziska ist eine Protagonistin, der man gerne folgt. Die Endfünfzigerin ist eine energiegeladene Strafverteidigerin, die nicht nur ihre ganze Erfahrung in diese Ermittlungen legt, sondern auch mit Willensstärke und einer großen Portion Coolness aufwartet. Sie weiß sich durchzusetzen, sagt geradeheraus, was sie denkt und ist äußerst gewitzt, wenn es darum geht, Fakten zu sammeln und Inforationen aus Befragten herauszukitzeln.

Franziska muss die Ermittlungsarbeit nicht allein bewältigen. Die Autorin hat ihr den charmanten Anwalt Kurt Thesch zur Seite gestellt. Der junge Jurist mit den Lausbubenaugen ist Franziska in punkto Witz und Tatendrang fast ebenbürtig und bringt dadurch zusätzlichen Schwung in die Handlung.

Die Ermittlungen im Mordfall gestalten sich schwierig, denn die Situation in der Kanzlei erweist sich viel undurchsichtiger, als Franziska geahnt hat. Dubiose Geldgeschäfte und Kontakte zur Russen-Mafia, die schon länger hinter ihrem Rücken gelaufen sind, bringen sie mächtig ins Schwitzen und auch Siegfrieds Affäre mit einer Mitarbeiterin wirft einige Fragen auf. Es hat mir durchweg großen Spaß gemacht, Franziska bei ihrer aufregenden Spurensuche zu begleiten und mit ihr mitzufiebern und mitzuermitteln.

„Tannenglühen“ hat mir sehr gut gefallen – ein abwechslungsreicher, gut durchdachter Krimi, der von der ersten bis zur letzten Seite kurzweilige, spannende Unterhaltung bietet.