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Benutzername: 
Lunamonique
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 413 Bewertungen
Bewertung vom 18.03.2017
Sie werden dich finden
Rayburn, James

Sie werden dich finden


sehr gut

James Rayburn ist das Pseudonym des südafrikanischen Schriftstellers Roger Smith. Sein Debüt „Kap der Finsternis“ wird in Hollywood verfilmt. In „Sie werden dich finden“ ist eine Rechnung noch nicht beglichen.

Kate Swifts Tarnung fliegt auf. Sie und ihre Tochter Suzie geraten wieder in den Focus der CIA und ihres Feindes Lucien Benway. Kate braucht Hilfe, wendet sich an ihren alten Freund Philip Danvers und versucht über ihn Harry Hooks Aufenthaltsort herauszubekommen. Der Stratege ist Kates letzte Hoffnung.

Mit einer Bedrohung für Suzie in ihrer Schule überschlagen sich die Ereignisse. Der Thriller hält ein hohes Tempo. Immer wieder geraten Kate und Suzie in eine brenzlige Situation, dabei hat sich Kate gut auf den Tag X vorbereitet, an dem eine weitere Flucht nötig ist. Ihr kaltblütiger Gegner Lucien Benway heftet sich dicht an ihre Fersen. Er hat noch ein zweites Problem zu lösen. Seine untreue Frau Nadja will ihn verlassen. Der Thriller spielt an verschiedenen Handlungsorten, unter anderem Vermont, Berlin, Thailand. Ein kluger Schachzug bringt Kate und Luzie scheinbare Sicherheit. Lässt sich Benway täuschen? Kates Liebe zu ihrer Tochter und ihr Beschützerinstinkt machen sie menschlich. Die ehemalige CIA-Agentin überzeugt mit Intelligenz, Kampfkünsten und ihrem untrüglichen Gespür für Gefahren. Der Gehorsam der 6jährigen Suzie wirkt etwas unnatürlich. Sie zeigt Emotionen, leistet sich aber nie echten Widerspruch und Bockigkeit. Suzie hat einiges hinzunehmen, was sie an ihre Grenzen bringt. Nach dem Verlust ihres Vaters verliert sie wieder einmal ihre Freunde, hält sich an fremden Orten auf, und muss immer sofort spuren, wenn Gefahr droht. Das Team Mutter und Tochter funktioniert. Im Laufe der Geschichte wird ein Geständnis effektvoll eingesetzt. Jean-Philippe, Harry Hook und Philip Danvers zählen zu den interessanten und sympathischen Nebenfiguren, die dem Thriller zusätzlichen Unterhaltungswert verleihen. Ecken und Kanten sind besonders bei Hook und Danvers zu finden. Die weiblichen Akteure wie Hauptfigur Kate, Nadja Benway und Janey Burke erhöhen die Spannung. Eine Tat schockiert. Alles läuft auf einen packenden Showdown hinaus. Der ist leider viel zu kurz geraten, das Ende anders als erwartet. Aus dem letzten Buchdrittel hätte sich mehr draus machen lassen. Ein Akteur, deren Einsatz für zusätzliche Spannung und ein zufriedenstellenderes Ende hätte sorgen können, kommt nicht zum Zuge. Die düsteren Seiten eines Charakters, die sich erst zum Schluss offenbaren, passen nicht so richtig. Es bleiben offene Fragen zu Schicksalen. Nicht ganz rund, das ist der Eindruck auf den letzten Seiten.

Der tropische Handlungsort und Titel haben Anziehungskraft. Das Schwarz im Hintergrund des Titels hat einen beklemmenden Effekt. „Sie werden dich finden“ ist ein fesselnder Thriller. Es gibt kaum Atempausen. Enttäuschung tritt erst auf den entscheidenden Buchseiten auf.

Bewertung vom 16.03.2017
Und jetzt lass uns tanzen
Lambert, Karine

Und jetzt lass uns tanzen


gut

Für das beste belgische Debüt erhielt Karine Lambert 2014 den Prix Saga Café. Ihn ihrem zweiten Buch „Und jetzt lass uns tanzen“ verknüpfen sich die Wege zweier Menschen zum genau richtigen Zeitpunkt.

Marguerite und Marcel haben beide ihre Partner verloren. Marcel hadert mit dem Schicksal. Ihn quälen Schuldgefühle. Das Leben hat seinen Sinn eingebüßt. Marguerite, die sich ihrem Ehemann immer angepasst hat, entdeckt neue Freiheiten. Während der Thermalkur „Geheimnisse der Jugend“ begegnen sich die beiden zufällig und alles verändert sich.

Die Geschichte beginnt mit der Beerdigung von Marguerites Ehemann, einem angesehenen Notar. Marguerite ist 78 Jahre alt. Ihre Ehe war vom Vater arrangiert worden. Hat sie ihren Mann je geliebt? Marguerites Leben ohne Leidenschaften berührt. Erst mit dem Tod ihres Partners wird ihr bewusst, worauf sie so viele Jahre verzichtet hat. Sie entdeckt ihre eigene Persönlichkeit und blüht auf. Wie Marguerite ist es auch anderen Frauen ihrer Zeit ergangen. Sie wurden in ein Korsett gepresst, das sie mit Anmut getragen haben. Ihre wahren Gefühle haben sie verheimlicht. Es ging um Anstand, den guten Ruf, ums Versorgtsein. Das Glück war zweitrangig. In Handlungswechseln gibt es Einblicke in den Werdegang von Marcel und Marguerites Leben. Marcel hatte eine innige Beziehung zu Nora. Die Art ihres Todes und der Verlust machen ihm schwer zu schaffen. Jeder der beiden geht anders mit seiner Trauer um. Schauspielerin Iris Berben schafft es, den Charakteren Kontur zu verleihen. Sie betont Marguerites Sanftmut und verleiht der Hauptfigur und ihrer Veränderung Ausdruckskraft. Für Marcel ist Marguerite die Rettung. Sie gibt ihm das Lachen zurück. Die Geschichte ist liebenswert, aber es fehlt ihr an originellen Ansätzen. Durch Binsenweisheiten und Klischees wirkt sie angestaubt. Marguerites Sohn ist in die Fußstapfen des Vaters getreten und will die Kontrolle über Marguerite zurückgewinnen. Liebe im Alter ist nichts Ungewöhnliches. Marguerite und Marcel müssen sich jedoch mit Unverständnis und Hindernissen auseinandersetzen. Wenn Marguerite 1959 22 Jahre alt war und heute 88, lebt sie in der Moderne (bzw. in der Zukunft), und dann passt das alles weniger. Wer selbst den Partner verloren hat, dem macht die Geschichte Mut. Der Liebe kann man überall und in jedem Moment begegnen.

Das Cover mit dem Drahtseilakt der beiden älteren Menschen, den alten Häusern und blauem Himmel hat Anziehungskraft und Humor. Auch der Titel verspricht eine mitreißende Story. So bezaubernd wie angekündigt und erhofft ist „Und jetzt lass uns tanzen“ nicht. Mehr Ungewöhnliches, Humor und magische Szenen hätten der Geschichte gut getan.

Bewertung vom 15.03.2017
Das Herz der verlorenen Dinge
Williams, Tad

Das Herz der verlorenen Dinge


sehr gut

Eigentlich sollte mit Band 4 „Der Engelsturm“ die „Das Geheimnis der Großen Schwerter“-Fantasy-Reihe abgeschlossen sein. Autor Tad Williams hat sich von seinen Lesern überzeugen lassen, wieder in die Welt von Osten Ard einzutauchen. „Das Herz der verlorenen Dinge“ nimmt Fans und Neulinge mit auf eine abenteuerliche Reise.

Der Krieg ist zu Ende gegangen, die Nornen richten weiter Massaker an. Graf Virgi hat die Verfolgung eines Nornen-Heers aufgenommen und bittet Herzog Isgrimnur um Hilfe. Wird es ihnen gemeinsam gelingen, die Feenwesen auszulöschen?

Bevor die Geschichte losgeht, wendet sich Tad Williams an seine Leser. Anstoß und Zuspruch haben seine Phantasie beflügelt. Die persönlichen Worte bringen einem den Autor und seine Schreibwelt näher. Eine Fortsetzung ist immer eine Herausforderung. Die Klippen wurden scheinbar mit Leichtigkeit genommen. Auch wer die ersten Bände der Reihe nicht kennt, findet sich schnell in Osten Ard zurecht. Felsgässler Porto und sein neuer Freund Hafengässler Endri ermöglichen das Mitfiebern. In Handlungswechseln erhält der Leser Einblick in die Geschehnisse bei den Sterblichen und Nornen. Die starken und gerissenen Weißfüchse beweisen ihre Unberechenbarkeit. Sind sie überhaupt zu schlagen? Herzog Isgrimnur und Virgi kommen mehr als einmal an ihre Grenzen. Werden Porto und der kampfunerfahrene Endri die Schlachten überleben? Ein scheinbarer Sieg kann sich schnell in eine Niederlage verwandeln. Für Überraschungsmomente sorgt der Nornenzauber. Tad Williams lässt nicht nur eine Welt auf Papier sondern auch im Kopf entstehen. Das Grauen des Krieges schockiert. Wer entkommt hat oft nur pures Glück. Imposante Charaktere wie der Herr des Sanges Akhenabi, Generalin Suno`ku, Großmagister Yaarike und die rätselhafte Ayamini steigern die Spannung. Wer hat welche Interessen und Ziele? Nicht alles ist durchschaubar. Gelungen ist die Auflösung, welche Bedeutung der Titel hat. Es werden Erwartungen geschürt. Umso überraschender ist, dass es diesem Fall keine Steigerung gibt. Allein die Namen der Charaktere und Orte sind originell. So manche Wendung und ein besonderer Schachzug zum Schluss war so nicht zu erahnen. Das Glossar und die Karten am Ende des Buches sind ein informatives Plus. Der Auszug aus „Die Hexenholzkrone – Der letzte König von Osten Ard 1“ weckt die Neugierde auf den nächsten Band.

Durch Details, Farben und Titel hat das Cover eine unglaubliche Anziehungskraft. Auch der Autorenname lässt zum Buch greifen. „Das Herz der verlorenen Dinge“ ist nicht ganz so magisch wie andere Werke von Tad Williams, hat aber immer noch einen hohen Unterhaltungswert. Sein Erzählstil reißt einfach mit.

Bewertung vom 07.03.2017
Nur mal schnell das Mammut retten / Nur mal schnell Bd.1
Krüger, Knut

Nur mal schnell das Mammut retten / Nur mal schnell Bd.1


ausgezeichnet

Von Autor Knut Krüger stammen die „Tatort-Oslo“-Krimireihe und Fußballbücher wie „Elf Kicker und ein falsches Spiel“, „Fußballsammelsurium“ und „Die musst du kennen – Die besten Fußballspiele(r) aller Zeiten“. In „Nur mal schnell das Mammut retten“ steht Henry vor einer fast unlösbaren Aufgabe.

Der zehnjährige Henry wünscht sich nichts sehnlicher als einen Hund. Seine Eltern haben immer wieder Ausreden parat und verschieben die Entscheidung. Henry ist nach einem erneuten, erfolglosen Überredungsversuch mächtig enttäuscht. Er radelt in den Wald und hat prompt einen Fahrradunfall. Was hat ihn zu Fall gebracht?

Henry geht es wie vielen Kindern, die sich unbedingt ein Haustier wünschen. Er sieht den Kumpel in dem Vierbeiner, seine Eltern Arbeit und Probleme. Die überraschende Wende kommt mit dem Fahrradunfall. Henry stößt mit einem Tier zusammen, das niemand auf einem Waldweg unter einem Schnee- und Blätterhaufen erwartet hätte. Ein originelles Szenario und der Auftakt zu einem unglaublichen Abenteuer. In seine Entdeckung weiht Henry sofort seine Freunde Finn und Zoe ein. Zusammen finden sie eine Lösung. Kinder gehen mit seltsamen Begegnungen anders um als Erwachsene. Für sie ist die Welt voller Wunder. Vieles bringt sie zum Staunen. Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Henry erzählt. Dank glücklicher Fügung verreisen seine Eltern und seine englische Oma passt auf ihn auf. Sie ist weltoffen und verständnisvoll. Gelungen ist der Vergleich mit Queen Elisabeth. Trotzdem verheimlicht Henry ihr seinen Fund. Henrys Vorsicht ist nachvollziehbar. Er weiß nicht wie Oma auf den neuen Familienzuwachs reagieren würde. Mit dem seltsamen Tier, das sich erst einmal in seiner neuen Umgebung zurechtfinden muss, steigt der Humorfaktor. Das Verhalten ähnelt einem Hund. Die Kinder beweisen will Einfallsreichtum und Tatkraft. Die kindgerechte Sprache und so manche verrückte Szene lässt Bilder im Kopf entstehen. Es gibt mehr Details über Henrys Tier z.B. hinsichtlich Größe. So kann es sich der Leser noch besser vorstellen. Spekulationen werden angeregt. Wo kommt Henrys neuer Freund her und warum verhält er sich manchmal so merkwürdig? „Nur mal schnell das Mammut retten“ könnte der Auftakt zu einer Kinderbuchreihe sein. Nicht alle Fragen werden beantwortet. Die Auflösung ist gelungen, das Thema „Vorurteile“ zum Schluss wirkungsvoll platziert.

Die Coverszene und der Titel stimmen auf eine humorvolle, abenteuerliche Geschichte ein. Sehr gut gewählt sind auch die fröhlichen Farben. Die Gestaltung und ein ungewöhnliches Tier ziehen alle Blicke aufs Buch. „Nur mal schnell das Mammut retten“ ist für Kinder ab 7 Jahren gedacht und ein Lesespaß für die ganze Familie. Was kann man von Tieren lernen? Auch davon erzählt dieses Kinderbuch.

Bewertung vom 05.03.2017
Das Glück der kleinen Augenblicke
Montasser, Thomas

Das Glück der kleinen Augenblicke


ausgezeichnet

Zu Thomas Montassers Werken zählen unter anderem „Ein ganz besonderes Jahr“, „Monsieur Sean und sein Gespür für Glück“, „Weil die Erde keine Google ist“, „Die Elternfernbedienung & andere grandiose Erfindungen“ und „Peer vom Meer“. In „Das Glück der kleinen Augenblicke“ verändert ein schicksalhafter Zufall alles.

Lektorin Marietta Piccini arbeitet als freie Mitarbeiterin für den kleinen Londoner Literaturverlag „Millefeuille“. Als ein Windstoß ihr die Papiere aus den Händen fegt, glaubt sie wenig später alles wieder eingesammelt zu haben. Da drückt ihr ein Fremder eine Mappe in die Hand, die sie ebenfalls verloren haben soll. Kaum begreift Marietta was geschehen ist, ist der Mann auch schon verschwunden. Marietta sucht in der Mappe nach einem Hinweis auf den Besitzer und entdeckt ein Manuskript. Sie kann der Versuchung nicht widerstehen, es sich durchzulesen.

Paul Trevor Swift, der in allem Schlechten das Gute sieht, mit Humor und Abenteuerlust auf die Ereignisse reagiert, wird zum Vorbild. Hagel, Hundehaufen, nichts kann ihm was anhaben. Mariettas langwierige Suche nach dem unbekannten Autor sorgt für Spannung. Wird es ein Happy End geben? Ein Schachzug des Autors erschreckt kurzfristig. Der Schluss verdeutlicht wie klug der Plot gestrickt ist.

Mit der alltäglichen, aber doch besonderen Sommerszene und dem vom Buch verdeckten Gesicht verströmt das Cover Humor. Der eindrucksvolle Titel ist etwas zu klein geraten. „Das Glück der kleinen Augenblicke“ ist ein warmherziger und weiser Roman, der einem das Herz öffnet. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 01.03.2017
DEMUT / Harry Svensson Bd.1
Olsson, Mats

DEMUT / Harry Svensson Bd.1


gut

„Demut“ von Autor Mats Olsson bildet den Auftakt zur Thriller-Reihe um den ehemaligen Journalisten Harry Svensson.

Harry Svensson hat seinen Job als Journalist bei einer Stockholmer Zeitung aufgegeben. Eine Weinhändlerin nimmt mit dem angehenden Kneipenwirt Kontakt auf. Der Wein kann nicht überzeugen. Von Ulrika Palmgren erhofft sich Harry mehr. Hat sie die gleichen Interessen wie er? Das Date verläuft anders als erwartet.

Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus Sicht von Harry erzählt. Harry wirkt sympathisch. Er geht mit seinen speziellen Neigungen vorsichtig um. Alles geschieht nach Absprache. Missverständnisse nicht ausgeschlossen. Zweimal ist er zur falschen Zeit am falschen Ort und wird dadurch in Mordfälle verwickelt. Wie Harry in den Strudel des Täters gezogen wird, ist originell. Humor blitzt bei einer Wende durch. Ein Ex-Journalist kann seine Neugierde nicht abstellen. Nicht nachvollziehbar ist, dass er sich aufgrund seiner Tatort-Dokumentation keinen Rüffel von Hauptkommissarin Eva Mansson einfängt. Welches Motiv steckt hinter den Taten? In Handlungswechseln erhält der Leser Einblick in die Psyche des Mörders. Durch Harrys umfangreiche Recherchen verlangsamt sich das Tempo des Thrillers. Mysteriöse E-Mails ziehen den Kreis um Harry enger. Wer hat beim Katz- und Mausspiel die Nase vorn? Überschneidungen „Täter und Harry“ sorgen für Spannung. Leider ebbt die kurzzeitig fesselnde Atmosphäre schnell wieder ab. Autor Mats Olsson spielt mit dem „Was wäre wenn-Gefühl“, spart aber wirklich packende Szenen über lange Strecken aus. Harry bringt mit seinem Ermittlungs-Alleingang andere in Gefahr. Hier wird Potential verschenkt. Eine Verfolgung lässt für ein paar Momente den Leserpuls hochschnellen. Warum ist die Polizei trotz der Morde derart untätig? Warum wird aufgrund der besonderen Eigenarten des Täters nicht in einem speziellen Milieu ermittelt? Die Antworten, die es im Laufe der Geschichte gibt, sind nicht zufriedenstellend. Privates und ein mysteriöses Mädchen haben Unterhaltungswert. Bei Letzterem bleibt eine Auflösung offen, worauf wohl in den nächsten Bänden eingegangen wird. Die 733 Seiten sind eine Herausforderung. Harry hat es mit einem gefährlichen Psychopathen zu tun, verliert sich aber gegenüber Eva viel zu lange in Heimlichtuerei. Eigentlich unglaublich, dass ein Ex-Journalist einen Serientäter dermaßen unterschätzt. Zumal er immer mehr Details über den Mörder und seine zahllosen Opfer herausfindet. Zum Schluss wartet der Thriller mit einer Überraschung auf. Der Ausklang ist gelungen. Es lässt sich erahnen, dass etwas nicht wie geplant gelaufen ist.

Das Cover verspricht mit wenigen Mitteln Spannung. Der Titel weckt die Neugierde. „Demut“ ist nicht so fesselnd wie erwartet. Hauptfigur und Erzählstil haben aber auch etwas Überzeugendes. Greift der Autor etwas mehr in die Thriller-Trickkiste und hat bei den nächsten Bänden mehr Überraschungen und packende Szenen parat, würde das der Reihe gut tun.

Bewertung vom 25.02.2017
Cruelty: Ab jetzt kämpfst du allein
Bergstrom, Scott

Cruelty: Ab jetzt kämpfst du allein


sehr gut

„Cruelty - Ab jetzt kämpfst du allein“ ist der Debüt-Roman von Scott Bergstrom. Gwen wird mit einer Wahrheit konfrontiert, die ihr Leben verändert.

Gwendolyn ist Sieben als ihre Mutter ermordet wird. Am zehnten Todestag und gleichzeitig Dads Geburtstag kommt die Erinnerung an die Ereignisse in Algier wieder hoch. Gwens Vater, ein Diplomat im Auswärtigen Amt, reist einen Tag später geschäftlich nach Paris und verschwindet dort spurlos. Was ist geschehen?

„Die Jungen warten jetzt gespannt auf die Hinrichtung.“ Der irrführende Einstieg mit dem Literaturkurs in der Schule ist gelungen. Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Gwendolyn erzählt. Sie ist erst 18 Monate mit ihrem Vater in New York und geht auf die Privatschule Danton Academy. Als Neuling und Außenseiterin muss sie sich mit mobbenden Mitschülern herumschlagen. Es fällt leicht, Sympathie für Gwen zu entwickeln. Niemand außer ihrem Vater weiß, wie es in ihr aussieht. Die Erinnerungen an den schrecklichen Tod der Mutter schockieren. Mit ihrer Intelligenz, ihrem Sprachtalent und Faible für Kunstturnen ist Gwen eine außergewöhnliche Hauptfigur. Eine zufällige Begegnung fesselt. Wird mehr daraus? Mit einer überraschenden Wende bricht Gwens Zwei-Mann-Familienwelt zusammen. Das Tempo steigt. Werden die Ersatzgroßeltern Bela und Lili Gwen helfen können? Autor Scott Bergstrom stellt Gwen vor eine fast unlösbare Aufgabe. Sie muss ihre Angst überwinden und sich gefährlichen Herausforderungen stellen. Mit einer Reise und einem Zusammentreffen steigt die Spannung. James Bond-Flair kommt auf. Wem kann Gwen vertrauen? Hinter jeder Ecke könnte der Feind lauern. „Die Angst in deinem Bauch ist nur ein Gefühl. Nichts weiter.“ Gwens Veränderung ist nachvollziehbar. Sie hat ein Ziel, das ihr Handeln bestimmt. Der Erzählstil reißt mit. Bilder entstehen im Kopf. Jede Szene, Atmosphäre ist greifbar. Der Leser ist nah am Geschehen, gerät fast in die Rolle eines unsichtbaren Beobachters. Der Thriller spielt an verschiedenen Handlungsorten. Mit Berlin und besonders Prag erreicht die Spannung einen neuen Level. Nicht nur die Gegner beweisen Kaltblütigkeit. Der Showdown ist harter Tobak. Im letzten Buchdrittel wirkt Gwen zu abgeklärt und brutal. Es bleiben Fragen offen. Ein Teil der Feinde spielt plötzlich keine Rolle mehr. Hat der Leser oder Autor etwas übersehen? Eine überraschende Wende ist gelungen. Das Ende lässt auf einen zweiten Band schließen.

Auf dem Cover sind Hauptfigur und Titel effektvoll in Szene gesetzt. Die leuchtende Titelschrift und düstere Details ziehen die Blicke aufs Buch. „Cruelty - Ab jetzt kämpfst du allein“ fesselt, läuft aber auch ein bisschen aus dem Ruder. Der Großteil der Geschichte ist nicht vorhersehbar. Ein Thriller, der sich zu lesen lohnt.

Bewertung vom 20.02.2017
Gefährliche Ernte / Perez Bd.2
Sola, Yann

Gefährliche Ernte / Perez Bd.2


weniger gut

„Gefährliche Ernte“ ist Band 2 der Südfrankreich-Krimireihe um Hobbyermittler Perez. Autor Yann Sola stellt seine Hauptfigur vor schwierige Aufgaben.

Ausgerechnet auf dem Weinberg seines Vaters Antonio wird ein Toter gefunden. Der Alte steht unter Schock und sagt außer dem Wort „Creus“ nichts mehr. Perez steht vor einem Rätsel. War es nur der Tote, der den Senior außer Fassung gebracht hat? Und warum hat er sein Versprechen gebrochen und gibt dem Kommissar einen unglücklichen Hinweis?

Mit dem Verkehrstau in den Sommerferien und einem deswegen verärgerten Perez mag keine mitreißende Frankreich-Atmosphäre aufkommen. Es hätte Möglichkeiten für einen spannenderen und kreativeren Einstieg gegeben. Weinprobe, Streitigkeiten mit der Ex, eine private, überraschende Nachricht, Autor Yann Sola versucht dem Leser am Anfang der Geschichte die Hauptfigur nahe zu bringen. Der übergewichtige, fußfaule Perez entspricht nicht dem typischen Bild des lässigen, agilen Privatdetektives. Zu seinem Vater hat er eine schwierige Beziehung. Sein Geschäftssinn, Faible für Wein und Delikatessen und dem Hang zu illegalen Tätigkeiten machen ihn aber interessant. Ein Highlight ist der sture Antonio, der sich nichts vorschreiben lässt und mit der einen oder anderen Information hinterm Berg hält. Abschweifungen lassen den Mordfall zeitweise in den Hintergrund treten. Aufgrund des langsamen Tempos und fehlender fesselnder Passagen kommt wenig Krimiflair auf. Mit einem zweiten Mordfall wird es rätselhafter. Details überraschen. Wie hängt alles zusammen? Untypisch redselig für seinen Beruf ist Kommissar Boucher. Seine Intelligenz beweist er mit einem gelungenen Schachzug. Das Thema „Flüchtlingsdrama“ wirkt anfangs etwas holperig eingesetzt. Geht es nur darum, dem Krimi einen aktuellen Bezug zu geben? Zum Schluss sammelt Perez Sympathiepunkte. Seine besondere Beziehung zu Marianne und Freundschaft zu Haziem geben ihm Ecken und Kanten. Es wird emotionaler. Das Rätsel geht anders aus als erwartet. Perez‘ Betroffenheit bei der Auflösung ist verständlich. Der Showdown lässt kurz Spannung aufkommen. Viel zu spät offenbart der Krimi eine Portion Raffinesse.

Idylle und Abgrund liegen nah beieinander. Das Cover verrät nichts, passt aber zum Inhalt. Der Titel macht neugierig. Sehr kreativ ist die Gestaltung nicht. Das relativ dünne Taschenbuch benötigt wenig Platz, z.B. im Reisegepäck. „Gefährliche Ernte“ ist eher etwas für Perez-Fans, die mehr über den Hobbyermittler erfahren wollen.

Bewertung vom 17.02.2017
Zutritt nur für echte Abenteurer! / Saint Lupin's Academy Bd.1
White, Wade Albert

Zutritt nur für echte Abenteurer! / Saint Lupin's Academy Bd.1


ausgezeichnet

„Saint Lupin’s Academy – Zutritt nur für echte Abenteurer“ ist das Debüt von Wade Albert White und bildet den Auftakt zur Kinderbuchreihe.

Anne wird nach Mitternacht 13 Jahre alt und kann endlich mit ihrer Freundin Penelope das Waisenhaus verlassen. Als der eiserne Ritter die Fahrkarten verteilt, geht Anne leer aus. Sie wendet sich an die Oberin. Angeblich legt das Versorgungsschiff schon vor Mitternacht ab, und deswegen soll Anne ein weiteres Jahr im Waisenhaus bleiben. Es muss dringend ein Plan her, damit Anne doch noch mit ihrer besten Freundin abreisen kann.

In „Eine Art Prolog“ werden die Gepflogenheiten im „Saint Lupin’s-Institut für Fortwährend Ungezogene und Grässlich Unansehnliche Kinder“ erklärt. Haferschleimdiät, Arbeit im Kohlebergwerk, die Kinder erleben düstere Zeiten. Kein Wunder, dass alle Waisen ihren 13.Geburtstag und die jährliche Ankunft des Versorgungsschiffes herbeisehnen, um endlich dieses trostlose Heim samt miesepetriger Oberin verlassen zu können. Die Geschichte beginnt mit Annes Vorfreude. Geht ihr Wunsch nach einer Abenteuerjagd und der Suche nach ihrem wahren Zuhause endlich in Erfüllung? Es fällt leicht, mit Anne und Penelope mitzufiebern und sich in diese ungewöhnliche Story herein zu finden. Der Erzählstil reißt mit. Das Unglaubliche, wie ein hohler, eiserner Ritter als Bewacher, wirkt ganz real. Es entstehen Bilder im Kopf. Wade Albert Whites erdachte Welt nimmt immer mehr Formen an. Von Seite zu Seite geht es origineller zu. Eine überraschende Wende folgt der anderen und lässt Spannung aufkommen. Witzig sind die Feuerechse mit Namen „Hund“ und eine ganz andere Erklärung für „Navi“. Band 1 hat von Anfang an einen hohen Unterhaltungswert. Gut und Böse haben Ecken und Kanten, jeder Charakter seine eigene Persönlichkeit. Penelopes Eifer, Annes Zielstrebigkeit und Hiros Hilfsbereitschaft reißen mit. Für Spannung sorgen kaltblütige Gegenspieler und ein kniffliges, originelles Rätsel. Band 1 erinnert aufgrund der phantasiereichen Einfälle ein bisschen an Michael Endes „Die Unendliche Geschichte“ und entwickelt einen eigenen Zauber. Viel Humor bringen die Einschübe wie Briefe, Zitate, Auszüge, Klauseln, Regeln und Legenden hinein. Toll ist auch die Idee mit dem unterschätzten Buch. Bald wird deutlich, was sich hinter der Alten Welt verbirgt. Wahrheiten kommen ans Licht. Das Abenteuer übertrifft die Erwartungen. Vieles lässt sich nicht vorhersehen. Der Showdown und auch die Erklärung des Titels sind sehr gelungen.

Das kreative Cover mit dem hervorragend in Szene gesetzten Titel und den phantasievollen, teils farbenfrohen Details zieht alle Blicke auf sich. Ein großes Lob für die liebevolle Gestaltung. Die Aufmachung verspricht ein aufregendes Abenteuer und der Inhalt setzt dem noch eine Schippe drauf. Der ungewöhnliche Abschluss mit „Eine Art Epilog“ und „Der geheime Epilog“ erweist sich als besonderer Trumpf und schürt die Erwartungen auf Band 2.

Bewertung vom 13.02.2017
Rain Dogs / Sean Duffy Bd.5
McKinty, Adrian

Rain Dogs / Sean Duffy Bd.5


ausgezeichnet

„Rain Dogs“ ist der fünfte Band der Sean Duffy-Reihe von Adrian McKinity. Detective Inspector Sean Duffy bekommt es ein zweites Mal in seiner Karriere mit einem locked room mystery zu tun.

Wegen eines Taschendiebstahls wird Duffy in den frühen Morgenstunden von Detective Constable Alexander Lawson telefonisch aus dem Schlaf gerissen. Das Diebstahlopfer ist ausgerechnet ein VIP aus der finnischen Delegation, die vor kurzem angereist ist. Kaum ist das Rätsel gelöst wird Sean Duffy zu einem Selbstmord gerufen, der Fragen aufwirft.

Der Anfang mit Muhammed Alis Besuch in Belfast ist sehr gelungen. Sein Auftritt gerät mit einer nicht abgesprochenen Aktion aus den Fugen. Demonstranten wie die National-Front-Shinheads warten nur darauf, dass den Polizisten ein Fehler passiert. Spannung kommt auf. Humorvoll wird es mit dem Taschendiebstahl, den der Carrickfergus CID aufklären soll. Was hat es damit auf sich? Hinter jedem Ereignis scheinen Verwicklungen zu lauern. Das Undurchsichtige und Rätselhafte erhält seinen Höhepunkt durch den Tod einer Frau inmitten einer abgeriegelten Burg. Es lässt sich erahnen, dass mehr dahinter steckt. Eine Auflösung ist trotzdem weit entfernt. Gebannt verfolgt man als Leser die Ermittlungen. Sean Duffy lässt nichts unversucht, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Ein weiterer Todesfall schockiert. Die Paukenschläge sind effektvoll eingesetzt, obwohl es im letzten Fall eine kleine Andeutung gab. Alexander Lawson sticht neben Duffy als intelligenter Ermittler heraus. Aber auch Detective Sergeant McCrabbans Urteil der Sachlage spielt eine wichtige Rolle. Wie Sean Duffy kennt er den alten locked room mystery-Fall. Hat Sean Duffy sein Gespür für die Wahrheit und Ungereimtheiten verloren? Die Irreführung des Lesers gelingt. Nachforschungen ziehen sich schleppend hin. Ist der Gegner gerissener als die Ermittler? Ein ungewöhnlicher Handlungsort sorgt für viel Atmosphäre. Duffys Ironie ist unterhaltsam. Er ist den Lesern, was die Auflösung des Rätsels betrifft, einen Schritt voraus. Eine sehr gute, wirkungsvoll inszenierte Story. Auch der Einblick in Sean Duffys Privatleben reißt mit. Welche Tricks hat der Gegner noch auf Auflager? Es bleibt bis zum Schluss spannend.

Das Cover verrät nicht viel, wirkt aber mit der düsteren Szene und dem kreativen Titel anziehend. Die rote Schrift hebt den Autorennamen hervor. Adrian McKinty hat einen eigenen, unverwechselbaren Erzählstil entwickelt. Jedes Detail, jede Szene trägt zum Unterhaltungswert des Krimis bei und spielt vielleicht auch am Ende eine wichtige Rolle. Das Irland der Achtziger ist für Polizisten ein Minenfeld. Es fällt leicht, mit Sean Duffy und seinem Team mitzufiebern. Wer „Rain Dogs“ gelesen hat, will auch alle anderen Werke des Autors kennenlernen.