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MaWiOr
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Halle

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Insgesamt 3573 Bewertungen
Bewertung vom 28.05.2023
Paul Cézanne
Wagner, Christoph

Paul Cézanne


ausgezeichnet

Der französische Maler Paul Cézanne (1839-1906) war einer der wichtigsten Künstler der Moderne. In seinen Werken sind mehrere Kunststile wie der Realismus, Impressionismus und Anfänge des Kubismus zu finden. Vor allem ab 1895 gewannen seine Werke an Ansehen. In Frankreich und Deutschland wurden seine Gemälde in großen, anerkannten Ausstellungen gezeigt und seine Bekanntheit wuchs über die Jahre.

Band 37 der beliebten Reihe „Junge Kunst“ stellt den „Vater der Moderne“ prägnant und mit zahlreichen Abbildungen vor. Zunächst schildert der Kunsthistoriker Christoph Wagner die künstlerische Entwicklung von Cézanne – von seinen Anfängen zwischen Aix-en-Provence und Paris über die Reifezeit bis zu den erfolgreichen und späten Jahren in der Provence. Dieser Teil ist mit bekannten Gemäldeabbildungen (meist ganzseitig) ausgestattet, deren Motive, Kompositionen und Malweise näher erläutert werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Gemälde vom Sainte-Victoire. Das Bergmassiv im Norden von Aix-en-Provence hatte Cézanne fast 80mal mit der Staffelei festgehalten.

Es schließt sich ein biografischer Teil an, der (auch mit einigen historischen Fotos) einen Überblick zum Leben und zu den Lebensstationen gibt. Den Abschluss bilden einige Fundstücke, Notizen und Dokumente aus dem Archiv. Fazit: eine kompakte und reich illustrierte Einführung zu Paul Cézanne.

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Bewertung vom 26.05.2023
Freiheit
Franzen, Jonathan

Freiheit


ausgezeichnet

„Freiheit“ ist der vierte Roman des US-amerikanischen Schriftstellers Jonathan Franzen, den er 2010 nach einem Schreibprozess von neun Jahren vorlegte. Im Mittelpunkt des Familienromans stehen Walter und Patty Berglund, eigentlich Bilderbucheltern und Ökopioniere. Doch das Mittelstandsehepaar ist in die Jahre gekommen und in die Krise. Ihre Kinder Joey und Jessica werden erwachsen und sind eigenständig geworden, sie wenden sich von den Eltern ab und gehen ihre eigenen Wege mit anderen Partnern. Walter und Patty leben ihre eigenen Träume. So lässt sich der Vogelexperte Walter zum Schutz einer einzigen Vogelart auf einen zwielichtigen Pakt mit der Kohleindustrie ein. Als die beiden Kinder schließlich das Elternhaus verlassen, bricht das Familien- und Eheleben komplett zusammen. Patty gibt sich nicht nur dem Alkohol, sondern auch dem gemeinsamen Jugendfreund Richard Katz hin, der das Leben der Berglunds als omniprä-senter Schatten begleitet. Der gemeinsame Lebensentwurf scheint zum Scheitern verurteilt ...

Der Roman ist aus einzelnen Episoden aufgebaut, in denen der Autor immer wieder den Blickwinkel ändert. Franzen entpuppt sich hier wieder als ein aufmerksamer Beobachter der amerikanischen Gesellschaft. Jetzt liegt der Bestseller „Freiheit“ als Taschenbuchausgabe im dtv Verlag vor.

Bewertung vom 26.05.2023
Ingeborg und das Meer
Erdmann, Wilfried

Ingeborg und das Meer


ausgezeichnet

Ingeborg von Heister (1925-2002) war die erste deutsche Seglerin, die allein den Atlantik bezwang. 1969/70 überquerte die Pionierin mit ihrem Trimaran „Ultima Ratio“ einhand den Ozean in Ost- und Westrichtung – bis in die Karibik und zurück. Nun hat ihr Schwiegersohn, der viermalige Weltumsegler Wilfried Erdmann, der vor einigen Wochen mit 83 Jahren verstorben ist, den Törn von Ingeborg von Heister in einem Buch realistisch und zugleich faszinierend festgehalten. Dabei konnte er auf die Logtagebücher der Skipperin zurückgreifen, außerdem hatte er in der Vergangenheit zahlreiche Gespräche mit ihr über ihre abenteuerliche Reise geführt.

Neben den Zitaten aus den Tagebüchern informiert Erdmann die LeserInnen detailreich und doch verständlich über die Welt des Segelns. In seinen Zwischentexten spürt man ebenfalls das Fernweh und den Drang zum Segeln, zur Freiheit, der beide immer wieder in die Ferne trieb. Es ist eine ehrliche und doch poetische Schilderung dieser einmaligen Reise mit Wind und Wellen, glückseligem und aber auch belastendem Alleinsein. Ergänzt wird die Neuerscheinung durch zahlreiche Abbildungen (z.B. von der täglichen Arbeit an Bord), einer Auflistung der technischen Details des Trimarans „Ultima Ratio“, den Kosten der Ozeanrunde und Erläuterungen von seemännischen Ausdrücken.

Fazit: Eine packende Schilderung und ein passendes Geschenk (nicht nur für Segler). Und eine Hommage an Ingeborg von Heister und Wilfried Erdmann.

Bewertung vom 02.05.2023
De bello Gallico / Der Gallische Krieg. Lateinisch/Deutsch
Caesar

De bello Gallico / Der Gallische Krieg. Lateinisch/Deutsch


ausgezeichnet

„De bello Gallico“ (dt. „Der Gallische Krieg“) ist ein Hauptwerk der antiken Geschichtsschreibung. Der römische Feldherr Gaius Julius Caesar schildert darin seine Eroberung Galliens in den Jahren 58–51 v. Chr. Er unterwarf nach und nach die gallischen Stämme, die im heutigen Frankreich und Belgien lebten, und unternahm Feldzüge gegen die Germanen und Britannier.

Cäsars umfangreicher Bericht besteht aus acht Büchern. Das achte Buch ist allerdings von seinem Freund, dem hohen Offizier und persönlichen Sekretär Aulus Hirtius verfasst. Ein zentrales Element in seinem Bericht stellt das Motiv der Rechtfertigung dar, da Cäsar ohne Senatsbeschluss keinen Krieg beginnen konnte. Neben dem Verlauf der Kriegshandlungen und der Eroberungen werden hier auch zum ersten Mal die germanische und die keltische Kultur in vielen Einzelheiten beschrieben. Cäsar schrieb den Text meist direkt nach den Ereignissen nieder, so ist er besonders lebendig und von klarem und prägnantem Stil.

Seit rund 200 Jahren ist Caesars Bericht vom Gallischen Krieg die klassische Schullektüre in Deutschland – meist für den Lateinunterricht. Zig Generationen von Schüler*innen mussten Teile daraus lesen und übersetzen. So gibt es bereits zahlreiche Reclam-Ausgaben dieses Geschichtsklassikers. Die vorliegende zweisprachige Ausgabe wird mit zahlreichen erläuternden Anmerkungen, einem Verzeichnis der Eigennamen und einigen Karten ergänzt. Das umfangreiche Nachwort (immerhin 50 Seiten) des Althistorikers Jörg Fündling vermittelt zudem Informationen zu Autor, Werk, historischen Hintergründen und zur Forschungsgeschichte.

Bewertung vom 01.05.2023
Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf
Kant, Immanuel

Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf


ausgezeichnet

Die kleine philosophische Schrift „Zum ewigen Frieden“ verfasste Immanuel Kant (1724-1804) im Jahre 1795 – es ist also ein Alterswerk des großen Philosophen der deutschen Aufklärung. In seiner Schrift betonte Kant, dass der zwischenmenschliche Naturzustand kein friedlicher, sondern ein Zustand des Krieges ist. Deshalb sei es unerlässlich, den Frieden fortlaufend neu zu stiften. Das bloße Unterlassen gegenseitiger Feindseligkeiten sei noch kein Garant für einen dauerhaften Friedensschluss zwischen den Völkern.

So schreibt Kant: „Der Krieg selbst bedarf keines besonderen Bewegungsgrundes, sondern scheint auf die menschliche Natur gepfropft zu sein.“ Weiter spricht er von der „Bösartigkeit der menschlichen Natur, die sich im freien Verhältnis der Völker unverhohlen blicken lässt“. „Der Friedenszustand unter Menschen“ sei „kein Naturzustand, der vielmehr ein Zustand des Krieges ist, d. i. wenn gleich nicht immer ein Ausbruch der Feindseligkei-ten, doch immerwährende Bedrohung mit denselben.“

Bis heute hat die Schrift nichts an Aktualität verloren. Kants Versuch, konkrete politische Überlegungen mit einer systematischen rechtsphilosophischen Reflexion zu verbinden, seine scharfen Analysen und sein Reichtum an Ideen zur Friedensstiftung, können immer noch Vorbild für politische Entscheidungen sein.

Der vorliegende Reclam-Band (zum bevorstehenden 300. Geburtstag des Philosophen im nächsten Jahr) ist eine durchgesehene und bibliographisch ergänze Auflage des Jahres 1987. Besonders informativ das Nachwort des Herausgebers Rudolf Malter.

Bewertung vom 25.04.2023
Wellen
Keyserling, Eduard von

Wellen


ausgezeichnet

Der Roman „Wellen“ des deutsch-baltischen Schriftstellers Eduard von Keyserling (1855-1918) erschien 1911 und führt, wie viele seiner Werke, in die kurländische Adelsgesellschaft, die sich in der Sommerfrische eines Fischerdorfes zusammenfindet. Die Generalin von Palikow hat ihre Familie und Bekannten zu Ferien am Meer eingeladen.

Im Mittelpunkt der Handlung steht jedoch ein anderes gesellschaftlich verfemtes Paar, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft niedergelassen hat: der bürgerliche, freidenkende Maler Hans Grill und seine adlige Frau, die bildschöne Gräfin Doralice, die ihren Mann, einen älteren Grafen, verlassen hat. Seitdem gilt sie als verruchte Ausbrecherin aus der adeligen Welt, die jedoch mit ihrer Aura und ihrem Charme mehrere Personen der Gesellschaft in ihren Bann zieht. So entsteht bald schicksalhaftes Beziehungsgeflecht, voller Erotik und Dramatik, das sich vor der imposanten Kulisse des Meeres auf engem Raum abspielt. So kommt Hans Grill schließlich bei einem Unwetter auf dem Meer um, während die Gräfin sozial isoliert zurückbleibt. Stiller Beobachter und gelegentlicher Kommentator des Dramas ist der körperlich missgestaltete Geheimrat Knospelius.

Eduard von Keyserlings impressionistischer Roman „Wellen“ zeichnet ein Psychogramm der adligen Gesellschaft vor dem Ersten Weltkrieg. Außerdem ist die Sommergeschichte eine Liebeserklärung an die Ostsee. Die Reclam-Ausgabe ist mit einem informativen Nachwort der Literaturwissenschaftlerin und Autorin Gabriele Radecke ergänzt.

Bewertung vom 25.04.2023
Am Südhang. Eine Sommererzählung
Keyserling, Eduard von

Am Südhang. Eine Sommererzählung


ausgezeichnet

Der Schriftsteller Eduard von Keyserling (1855-1918) wurde häufig als „baltischer Fontane" bezeichnet. In der Erzählung „Am Südhang“ aus dem Jahre 1914 verbringt der junge Adlige Karl Erdmann von West-Wallbaum, der soeben zum Leutnant befördert wurde, die Sommerferien auf dem baltischen Landgut seiner Familie. Doch aus der ungestörten Erholung bei Spaziergängen im Garten wird jedoch nichts, denn er verliebt sich unsterblich in die attraktive Daniela von Bardow, eine Freundin seiner Mutter. Seit seiner Jugend hegte er Gefühle für sie. Das gilt aber auch für den Hauslehrer Aristides Dorn, dem die Angebetete ebenfalls schönen Augen macht. Zusätzlich droht noch ein bevorstehendes Duell mit einem anderen Mann, das jedoch unblutig endet, da beide Duellanten absichtlich danebenschießen. Da Aristides die Liebesstunden von Karl und Daniela nicht verborgen bleiben, verliert er alle Hoffnung und begeht Selbstmord. Die Erzählung endet mit der Beisetzung Aristides’ und der Abreise Danielas.

Eduard von Keyserling entführt die Leser*innen mit dieser Sommererzählung in die untergehende Welt des baltischen degenerierten Adels. Darüber hinaus beeindruckt die sinnliche Farb- und Pflanzenmetaphorik, erschaffen von einem der großen Erzähler des frühen 20. Jahrhunderts.

Bewertung vom 25.04.2023
Liebe oder Eierlikör - Fast eine Romanze
Heldt, Dora

Liebe oder Eierlikör - Fast eine Romanze


ausgezeichnet

Das endlose Meer, der fast weiße Strand, die sanften Dünen und über allem ein blauer Himmel und die Frühlingssonne. Wahrlich eine perfekte Ferienkulisse. Doch die Idylle trügt, denn irgendetwas stimmt nicht. Jedenfalls für Ernst Mannsen. Die sonst so verlässliche Hilke Petersen hat plötzlich einen zartrosa Lippenstift und Nagellack aufgetragen. Mit fast fünfzig. Nun hat die ansonsten spröde Tourismusbeauftragte keine Zeit mehr für die Kirchenorgel und auch auf dem Frühlingsbasar oder im Kinderclub lässt sie sich nicht mehr blicken.

Das sieht nach Liebe aus … und tatsächlich hat Hilke nur noch Augen für den Inhaber des neuen Luxushotels im Dorf. Für Ernst Mannsen ein Aufschneider und Großmaul vom Festland. Ernst sieht eine Katastrophe kommen und ist fest entschlossen, sie zu verhindern. Doch gegen Frühlingsgefühle und gegen die Dating-App mit dem Namen „Liebe oder Eierlikör“ scheint er machtlos. Außerdem hat Hilke ihren ganz eigenen Kopf ... Doch am Ende kann jedes Dating-Portal einpacken. Eine wunderbare und frische Sommerlektüre.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.04.2023
Günter Grass
Stolz, Dieter

Günter Grass


ausgezeichnet

Der Schriftsteller Günter Grass (1927-2015) hat ein reiches und vielseitiges literarisches Werk hinterlassen. Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter des „magischen Realismus“ und zählt zu den Großen der deutschen Literaturgeschichte. Der Autor, Lektor und Grass-Kenner Dieter Stolz hatte bereits 1999 einen Überblick über das literarische Gesamtwerk von Günter Grass herausgegeben. 2005 folgte eine aktualisierte Ausgabe, die nun nach knapp zwanzig (und dem Tod des Schriftstellers vor acht Jahren) noch einmal aktualisiert und erweitert wurde.

Stolz bespricht und analysiert darin das Oeuvre des Nobelpreisträgers – von der „Blechtrommel“ (1959) über „Das Treffen in Telgte“ (1979) bis hin zu seinem letzten Werk „Vonne Endlichkeit“ (2015). Neben den weltbekannten Romanen, näher betrachtet in dem ausführlichen Kapitel „Vom weiten Rock zum weiten Feld“, widmet sich Stolz auch der Lyrik, den Theaterspielen sowie den Novellen („Katz und Maus“, „Im Krebsgang“) und den Erzählungen (u.a. „Unkenrufe“ oder „Mein Jahrhundert“) von Günter Grass. Dabei spürt er Konstanten und Entwicklungen in dessen literarischen Werk auf.

Die knapp 500 Seiten sind eine gelungene und detaillierte Einführung in das Lebenswerk von Grass, ergänzt durch den Epilog „Mein Grass – ein ganz persönlicher Erfahrungsbericht“, in dem er „einen zweifellos parteiischen Blick, aber trotz aller Subjektivität interessanten Blick hinter die Kulissen wirft“.