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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
buchwürmchen
Wohnort: 
reutlingen
Über mich: 
Das Leben ist viel zu kurz um schlechte Bücher zu lesen!

Bewertungen

Insgesamt 449 Bewertungen
Bewertung vom 10.11.2011
Zeitlupe
Coetzee, J. M.

Zeitlupe


sehr gut

Schon der Titel "Zeitlupe" diktiert dem Leser bereits das Tempo, in dem das Buch gelesen sein will. Obwohl knapp 300 Seiten, nicht wirklich dick, konnte ich es nicht in einem Zug lesen, allzu oft musste ich nachdenken und grübeln.
Zum Inhalt: erzählt wird die Geschichte eines 60 jährigen Fotografen, Paul Rayments, der gleich zu Beginn des Buches ein Bein nach einem Fahrradunfall verliert. Wir erfahren, dass Paul weder Familie, noch richtige Freunde hat. Er ist zwar sehr klug und jammert so gut wie nie, doch ab diesem Zeitpunkt seines Lebens, auf Hilfe angewiesen, beginnt er physisch und psychisch ab zu bauen.
Zunächst testet er ein paar Pflegerinnen, die ihm aber nicht wirklich zusagen, dann letztlich tritt die kroatische Tagesschwester Marijana Jokic in sein Leben ein. Sie ist so ganz anders: pragmatisch, stämmig, matronenhaft jedoch nicht unattraktiv. Für Paul wird sie Objekt der Begierde. Er verliebt sich in sie, in diese Frau, die glücklich verheiratet ist, drei Kinder hat und auch sonst an ihm kein sexuelles Interesse hat. Sie versteht die Krankenpflege als ihre persönliche Berufung und sonst teilt sie mit Paul nichts. Ab hier beginnen die Komplikationen.
Es ist ein beeindruckendes, wunderbares Buch, mit phantastischen Charakteren, eine zarte Konstruktion, intelligent und toll geschrieben. Es gehört zu meinen Top 100.

Bewertung vom 02.11.2011
Das Labyrinth der Wörter
Roger, Marie-Sabine

Das Labyrinth der Wörter


ausgezeichnet

Der etwas einfach gestrickte Romanheld und Ich-Erzähler dieser unkonventionellen Liebesgeschichte heißt Germain. Kein Wunschkind wie er selbst erfahren musste, wurde von seiner Mutter sehr streng erzogen, und weil er nie der Hellste war, brach er die Schule ohne Abschluss ab. Er verdient seither sein Lebensunterhalt mit schlechtbezahlten Gelegenheitsjobs, trinkt oft über den Durst und führt ein kontaktarmes tristes Leben. Dieser schrullige 45 jährige Germain, ist zwar ein Dummkopf, aber doch schlau genug um zu wissen wie beschränkt er ist. Er lebt in einem Wohnwagen, baut Gemüse an und schnitzt kleine Holztiere. Eine wundervolle Freundschaft bahnt sich an, als er eines Tages auf einer Parkbank, beim Taubenfüttern die kultivierte 86 jährige Margueritte kennenlernt. Sie ist eine sehr gebildete Frau, promovierte Biologin und passionierte Leserin. Ein Buch hat sie immer dabei und weil sie an Germain gefallen findet, führt sie ihn gefühlvoll in eine vollkommene Welt der Wörter ein.
Marie-Sabine Rogers erzählt in dieser Geschichte über eine wundervolle Freundschaft, mit großer Anmut und Sensibilität, poetischer Sprachschönheit, konstruiert Bilder die man so schnell nicht mehr vergisst.
Mit absoluter Überzeugung: Empfehlenswert!

10 von 14 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.11.2011
Die Farm
Grisham, John

Die Farm


schlecht

Meiner Ansicht nach: ein misslungener Versuch Grishams ein neues literarisches Feld zu erobern. Erzählt aus der Sicht eines siebenjährigen Jungen (äußerst Unglaubwürdig), gelingt es dem Autor zu keiner Zeit eine überzeugende Story aufzubauen, Baseballregeln seitenlang, Bauwollanbau im Überfluss, alles andere bleibt auf der Strecke. Ich konnte diesen Roman nicht fertig lesen, auf Seite 134 gab ich auf.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.10.2011
In Zeiten des abnehmenden Lichts
Ruge, Eugen

In Zeiten des abnehmenden Lichts


sehr gut

Anhand vier Generationen schildert Herr Ruge die Entstehung, Entwicklung und Zerfall einer politischen Ideologie, so wunderbar in der Theorie, so unrealisierbar in der Praxis. Die ersten Protagonisten Wilhelm und Charlotte sind überzeugte Kommunisten der ersten Stunde, immer treu den Moskauer Genossen, selbst dann noch, als ihre Söhne Opfer der Stalinistischen Säuberungen werden. Sohn Werner als subversives Element verschwindet gänzlich, Kurt kehrt nach langer Lagerhaft in die DDR zurück. Er widmet sich der Geschichte, Trotz Karriere und Erfolg, kann er die Erfahrungen in der UDSSR nicht vergessen und dennoch passt er sich äußerlich der DDR Gesellschaft an. Sein Sohn Alexander hingegen ist zu Heuchelei und Kompromissen nicht bereit, erst recht nicht als ihm bewusst wird, dass er sein ganzes Leben in der kleinen, engen Welt, innerhalb der rigorosen DDR Grenze verbringen muss.
Als die künstlich hergestellte kommunistische Struktur der DDR bereits ins Wanken gerät, steuern die ersten drei Generationen auf den großen Knall zu. Opa Wilhelm übt an Gorbatschow Kritik, seiner Ansicht nach, lief alles seit Stalins Tod schief, dass dieser Schuld am Verschwinden seines Sohnes Werner ist, steht für den noch immer eingefleischten Kommunist nicht zur Debatte. Kurt sieht voller Hoffnung die Rettung in der Perestroika, sein Sohn Alexander hingegen, jeder Zuversicht beraubt, flieht in die große freie Welt.
Es gelingt Herrn Ruge mit Humor und Sensibilität, Politik und Geschichte unterhaltsam und verständlich zu vermitteln. Ein klein wenig störend empfand ich den ständigen Wechsel des Erzählers. Ich hatte Anfangs Schwierigkeiten zu erkennen, wer da gerade seine Erfahrung zum Besten gibt, erst später genoss ich die abwechslungsreiche Sichtweise. Und trotzdem oder gerade deshalb: ein absolut empfehlenswertes Buch.

41 von 54 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2011
Hotel Ruanda

Hotel Ruanda


ausgezeichnet

Im April 1994 bricht das schwer erarbeitetet Friedensabkommen zwischen den regierenden Hutus und der Minorität Tutsi durch die Ermordung des Ruandischen Präsidenten zusammen. Während die UN Blauhelme und die gesamte westliche Welt tatenlos zusieht, werden in nur 100 Tagen fast eine Million Menschen auf grausamster Weise getötet.

Hotel Ruanda erzählt die wahre Geschichte von Paul Rusesabagina, Manager eines noblen Hotels in Kigali, selbst mit einer Frau aus der Tutsi Minderheit verheiratet, der sich bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs mit den alltäglichen Rassenkonflikten abgefunden hat und sich über sein verhältnismäßig glückliches und privilegiertes Leben freut. Als der Konflikt eskaliert und die Hetzkampagne gegen die verhasste Minorität zunimmt, siedelt Paul seine Frau, die Kinder und einige seiner Nachbarn in das von Blauhelmen beschütze Hotel über. Der kommandierende Colonel Oliver (Nick Nolte) verspricht internationale Hilfe die bereits unterwegs sei, es stellt sich jedoch heraus, dass die UN-Truppen nur den Auftrag haben, die Touristen sicher aus dem krisengeschüttelten Land zu evakuieren. Mittlerweile befinden sich über tausend Flüchtlingen im Hotel und Paul ist hilflos den Gewalttaten der Hutu ausgeliefert. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt, mit seinen guten Kontakten im In- und Ausland, seiner Menschlichkeit und Zivilcourage, wird er zum „Schindler“ für 1.268 Menschen.


Die Gräueltaten werden angedeutet, blutige Szenen bleiben dem Zuschauer erspart, Regisseur und Drehbuchautor Terry George baut weder auf Gewaltdarstellungen noch auf große Gesten, sondern erzählt feinfühlig die Heldentaten Pauls, der sich seine Menschlichkeit bewahrte, trotz Angst und Verzweiflung. Dieser Film hinterließ bei mir ein tiefes Gefühl der Scham und Betroffenheit ob der Untätigkeit der „zivilisierten“ Welt.
Auch dem Kameramann ist ein Kompliment zu machen, trotz der oftmals hektischen Handlungen, verliert er nie die Geduld, hält die Kampfhandlungen distanziert fest und zeigt besonders in den ruhigen und traurigen Momenten ein passendes Gespür für Intimität. Die Schauspieler agierten beängstigend authentisch und dafür schon die maximale Sternenzahl, Don Cheadle verlieh seinem komplexen Charakter mühelos die notwendige Tiefe und nur seinem emotionalen und glaubwürdigen Spiel ist es zu verdanken, dass die Vermittlung eines so unangreifbaren Begriffes wie Menschlichkeit funktioniert ohne belehrend zu wirken. Einfach nur fabelhaft!

Bewertung vom 08.09.2011
The Cement Garden
McEwan, Ian

The Cement Garden


sehr gut

Vier Kinder zwischen 6 und 16 Jahren verlieren zuerst den Vater und nicht lange darauf, die Mutter, und mit diesem Verlust beginnt eine chaotische Zeit, in dem sich die Geschwister streiten, entfremden, entwickeln um sich dann wieder näher zu kommen. Das die Kinder Vollweisen sind merkt zunächst niemand, den die Familie lebte vor dem Tod der Eltern sozial und wohnlich isoliert, erst als Julie einen Freund hat beginnt das wahre Drama. Ein sehr gut geschriebenes makabres und düsteres Buch, mit beklemmender Atmosphäre in einer trockenen, lakonischen Sprache, zurückhaltend in Emotionen, kein Satz zu viel. Ich habe es sehr gerne gelesen!

Bewertung vom 08.09.2011
Der Zementgarten
McEwan, Ian

Der Zementgarten


sehr gut

Vier Kinder zwischen 6 und 16 Jahren verlieren zuerst den Vater und nicht lange darauf, die Mutter, und mit diesem Verlust beginnt eine chaotische Zeit, in dem sich die Geschwister streiten, entfremden, entwickeln um sich dann wieder näher zu kommen. Das die Kinder Vollweisen sind merkt zunächst niemand, den die Familie lebte vor dem Tod der Eltern sozial und wohnlich isoliert, erst als Julie einen Freund hat beginnt das wahre Drama. Ein sehr gut geschriebenes makabres und düsteres Buch, mit beklemmender Atmosphäre in einer trockenen, lakonischen Sprache, zurückhaltend in Emotionen, kein Satz zu viel. Ich habe es sehr gerne gelesen, einzig die Übersetzung ist nicht 100% gelungen. Wenn möglich, die englische Ausgabe lesen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.09.2011
Drachenläufer
Hosseini, Khaled

Drachenläufer


ausgezeichnet

Erst mal begonnen, konnte ich es kaum noch aus der Hand legen, fesselnd, faszinierend, mitreißend. Keine reale Geschichte, vielmehr ein Geflecht dreier Handlungsstränge, die zu einem sehr gelungenen Roman führen, interessante und immer noch aktuelle Themen werden verknüpft ohne den Leser zu überfordern. Im Mittelpunkt steht die Freundschaft zweier Jungs, Amir, Sohn eines Intellektuellen, selbstbewusst bis egoistisch, der andere, Sohn des Dieners, Hassan, loyal und aufopfernd.

Zweites Hauptthema ist eine komplizierte Vater-Sohn-Beziehung: die Freundschaft der Kinder leidet unter den Bemühungen Amirs die Achtung seines Vaters zu erlangen, dieser jedoch hat für seinen sensiblen Sohn, der sich mehr für Literatur als für Fußball interessiert, nicht viel Verständnis. Der Leser erfährt die gesamte Geschichte in einer Rückblende des erwachsen Ich-Erzählers Amir.

Der dritte Handlungsstrang, politisch angehaucht ohne störend zu sein, beschäftigt sich mit dem Zerfall Afghanistans, erst durch den Einmarsch der Russen, dann durch die Machtergreifung der Taliban.
Amir flieht mit seinem Vater nach Amerika, und die Beziehung erhält eine überraschende Wendung: während Amir erfolgreich sein Leben meistert, wird der stolze Vater mit einer Welt konfrontiert die er nicht verstehen kann und will, hilflos wirkt er geradezu.

Im letzten Drittel laufen die Handlungsstränge zusammen: Amir kehrt inkognito nach Afghanistan zurück und bekommt die Gelegenheit, Verrat und Schuld zu sühnen.
Ein wichtiges Buch mit einem verhaltenen Happy End. Traurig und anrührend gelingt es dem Autor, Bilder des heutigen Afghanistan dem Leser zu unterbreiten, packend, einzigartig, jedoch nicht aufdringlich. Ich werde dieses Buch mit Sicherheit wieder lesen und empfehlen kann ich es auf jeden Fall!

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.09.2011
Die Farbe der Träume
Tremain, Rose

Die Farbe der Träume


sehr gut

Die frischvermählten Joseph und Harriet folgen dem Strom der englischen Auswanderer und machen sich 1864 auf den Weg nach Neuseeland, um dort ein gemeinsames Leben aufzubauen. Steinig und Schwer ist ihr Vorhaben, aber ihr Kampfgeist ungebrochen. Sie leben zunächst mit Josephs Mutter in einer kleinen Lehmhütte, diese soll später mal zu einer prächtigen Farm ausgebaut werden, trotz Entbehrungen und Rückschläge hält Joseph an seinem Traum fest und ist entschlossen ein erfolgreicher Farmer zu werden. Diese Pläne ändern sich jedoch plötzlich, als er auf seinem Grundstück meint Gold entdeckt zu haben. Das Fieber bricht aus und es gibt kein zurück mehr!

Gerade wer die vielen Bücher auf dem Markt, mit ähnlichem Thema kennt und ihr Groschenromanniveau nicht schätzt, wird dieses Buch mögen. Sprachlich und inhaltlich befindet sich dieser Roman auf einer ganz anderen Ebene. Durch die fesselnde Erzählweise befindet man sich mittendrin im Goldrausch der damaligen Zeit, fühlt das Scheitern und Gewinnen der Protagonisten hautnah mit. Für mich Klasse!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.09.2011
Die Taube
Süskind, Patrick

Die Taube


sehr gut

Auch bei dieser Geschichte kommt Süßkinds Hang zum Außergewöhnlichen zum Vorschein. Ganz nüchtern und ernst erzählt er uns die Geschichte eines Mannes, der seit Ewigkeiten immer das gleiche tut, ein rigoros durchgeplanter Alltag aufbaut, mit unheimlich wenig glücklich ist bis zu dem einen Tag, an dem eine verirrte Taube sein Leben völlig aus der Bahn wirft. Genau 99 Seiten, 24 Stunden im Leben des Jonathan Noel. Es passiert wirklich nicht viel, aber der Erzählstil ist einfach nur hinreisend, eine derartige Intensität zu zaubern, dürfte nur wenigen Schriftstellern gelingen.