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Benutzername: 
marakkaram
Wohnort: 
Lingen

Bewertungen

Insgesamt 564 Bewertungen
Bewertung vom 06.10.2017
Herrn Haiduks Laden der Wünsche
Beckerhoff, Florian

Herrn Haiduks Laden der Wünsche


ausgezeichnet

*Das große Los oder wie viel Glück verträgt ein Mensch*

Spätestens da hätte ich hellhörig werden müssen. aber ich fühlte mich geschmeichelt, und seine blumigen Worte passten zu diesem so schönen Ort. Außerdem war ich wirklich gespannt zu hören, was er mir erzählen wollte, obwohl oder grade weil ich kein Schriftsteller mehr war.

Der Liebe wegen kam er nach Berlin. der sanfte stille Mann aus dem Morgenland mit dem Clark-Gable-Bart und der wildwüchsigen Nase. Die Liebe zog schnell weiter - Herr Haiduk aber blieb und ist seitdem stolzer Besitzer eines winzigen Kiosk mit allem was das Herz begehrt; Zigaretten, Zeitschriften, Süsses und auch einem Lottostand.

Als seine Stammkundin, die schüchterne Alma, eines Tages einen verlorenen Lottoschein mit den Zahlen des Millionenjackpots findet, ist sie fest entschlossen, den rechtmässigen Besitzer zu finden. Und für Herrn Haiduk ist es selbstverständlich Ehrensache, sie dabei zu unterstützen.

~ * ~ * ~

Mit "Herrn Haiduks Laden der Wünsche" ist Florian Beckerhoff ein absolutes Großstadt-Wohlfühlmärchen gelungen.
Locker, federleicht und mit einem kleinen Augenzwinkern, wie ich es eigentlich nur von französischen Autoren kenne.
Purer Lesegenuss!

Erzählen lässt er die Geschichte von Herrn Haiduk, der sich dabei nicht an den Leser, sondern an seinen Lieblingsschriftsteller, den einzigen, den er kennt, wendet. Paul ist ein ehemaliger Stammkunde von ihm und grade erst wieder zurück in Berlin. Seinen Beruf hat er jedoch, aufgrund von Erfolglosigkeit, schon lange an den Nagel gehängt. Aber das weiss Haiduk ja nicht, oder doch?

Die Hauptfiguren sind allesamt unheimlich sympathisch und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet. Und auch die Nebendarsteller, manchmal nur ganz kurz angerissen, sind unverwechselbar charakterisiert, wie der Kettenraucher, die Gläubige usw.

Eine wunderschöne Geschichte die zeigt, dass das Glück meist in den kleinen Dingen und Gesten zuhause ist.

Fazit: Ich habe Herrn Haiduk geliebt. Seine 10qm sind eine Mini-Oase inmitten der anonymen Großstadt. Hier geht es um das wahre Leben, Glück, Hoffnungen und große Träume... und mittendrin Herr Haiduk...

Bewertung vom 05.10.2017
Er & Sie
Levy, Marc

Er & Sie


gut

Federleicht, spritzig und eher seichte Kost

"Meinst du die halbe Stunde, in der die Frau dachte, sie würde mit einem Verrückten zu Abend essen, oder den Moment, in dem mir bewusst wurde, wie lächerlich du mich gemacht hast?"

Ein recht erfolgloser amerikanischer Schriftsteller und eine angesehene britische Schauspielerin, treffen durch einen Streich in einem Restaurant aufeinander. Beide haben eine mehr oder weniger funktionierende Beziehung ausserhalb von Paris und wissen, dass da nicht mehr sein darf.
Aber seit wann hält Liebe sich an irgendwelche Regeln?

~ * ~ * ~ *
Irgendwie wurde ich beim Lesen dieses Buches immer an Screwballkomödien erinnert. Das liegt weniger an "Komödie", sondern eher am Schreibstil. Wie Levy seine Figuren hier durch die Wortwechsel jagt, vermittelt schon ein gewisses Tempo. Dabei verzichtet er dankenswerterweise auf ein "Er sagt / Sie sagt", so dass sich das Ganze einfach nur flüssig wegliest und Spass macht.

Leider war die Geschichte ausserhalb der Wortwechsel eher zäh und langweilig.

Der Schreibstil ist französisch federleicht, vermittelt dadurch aber auch eine enorme Oberflächlichkeit. Mit tiefer gehenden Emotionen wird sich nicht aufgehalten. Dieser Stil, der bei kleinen Bändchen gefällt, lies mich auf knapp 350 Seiten irgendwann doch etwas vermissen.

Auch die Protagonisten blieben insgesamt sehr blass und nur angerissen.

Die Geschichte liest sich sehr nett zur Entspannung, ist aber nichts, was mir auch nur ansatzweise im Kopf bleiben wird. Und sowas finde ich dann immer sehr schade.

Fazit: Wer einen anspruchslosen, flotten Roman zum Abschalten sucht, der kann hier bedenkenlos zugreifen und auch wem ein luftig-leichter französischer Schreibstil gefällt. Ich mag Beides und es hat mich gut unterhalten. Aber erwartet und auch gewünscht hatte ich mir schon ein bisschen mehr Tiefe und greifbare Emotionen. Da bin ich von Levy anderes gewohnt.

Bewertung vom 03.10.2017
Die Party
Day, Elizabeth

Die Party


ausgezeichnet

Mir fiel auf, dass Martins Platz am Tisch als einziger blitzsauber, krümel- und fleckenlos war. Er hätte in diesem Moment aus dem Raum gehen können, und nichts hätte darauf hingewiesen, dass er überhaupt da gewesen war.

Ben`s kleiner Schatten, wird er genannt. Gemeint ist Martin, der seinen Freund seit der Schulzeit anhimmelt, ja fast schon vergöttert. Er ist eine richtige kleine Kopie von ihm geworden.
Ihre Frauen sehen das nicht ganz so gelassen. Vor allem Lucy, Martins Frau, hat über die Jahre ihrer Ehe, immer wieder mit seiner Hingabe, ja fast schon Unterwürfigkeit an Ben, zu kämpfen.
Auf einer Party kommt es dann zum Eklat.

~*~*~*
Ein wahnsinnig vielschichtiges Psychospiel, mit einem Ende, das ich so nicht kommen sehen habe.

Elizabeth Day hat mich mit ihrem ersten, auf Deutsch erschienenen, Roman völlig überrascht. Eine Geschichte, die ich mir erhofft, aber nicht so ausgefeilt erwartet habe.

Die Party, Bens 40. Geburtstag und der Auslöser, steht gar nicht mal im Mittelpunkt.
Viel mehr geht es um die Vielschichtigkeit menschlicher Beziehungen, dass was der Kitt zwischen Liebe und Freundschaft ist, Hingabe, Vertrauen, sein wahres Gesicht nicht verstecken müssen, dazugehören wollen, Gesellschaftsschichten, alltägliche Masken...

Dabei ist das von Elizabeth Day gewählte Format und ihr Schreibstil sehr interessant, abwechslungsreich und spannend. Erzählt wird nicht nur aus dem polizeilichen Verhörraum nach der Party und Martins Sicht, sondern wir erfahren auch durch Lucy`s Tagebucheinträge viel über ihn, ihre Ehe und die Geschehnisse. Dem gegenübergestellt sind immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit; Kindheit, Schulzeit und die Freundschaft zu Ben.

Die beständigen Wechsel machen die Geschichte unheimlich spannend und vielschichtig. Man bekommt tiefe Einblicke in die Charaktere, Beweggründe und Denkweisen und formt sich so sein eigenes Bild.

Fazit: Ein definitives Highlight 2017 und für Fans von Donna Tartt und Lucy Whitehouse ein Must have.
"Die Party" ist spannendes Spiel mit den Tiefen und Abgründen der menschlichen Psyche.

Bewertung vom 20.09.2017
Bilder des Bösen (eBook, ePUB)
Hasler, Britta

Bilder des Bösen (eBook, ePUB)


sehr gut

Julius war für einen Moment sprachlos, als er die ordinäre Fotografie sah.

Wien um die Jahrhundertwende. Es ist die Zeit der bitteren Armut, der Psychoanalyse und Prostitution.
Julius, der zusammen mit seinem Freund, dem ehemaligen Polizisten Lischka, eine Detektei betreibt, haben die Schatten der Vergangenheit nie losgelassen. Die Welt in die Luise von Schattenbach ihm einen kurzen Einblick gewährt hat, kann er nicht vergessen und er sucht sein bisschen Seelenheil immer öfter bei einer Prostituierten.
Und auch die kleine Detektei hält sich in diesen Zeiten allein durch betrogene Ehefrauen mehr Schlecht als Recht über Wasser.
Doch dann bittet die Polizei, in Gestalt ihres alten Bekannten Tscherba, um Unterstützung bei der Suche nach einem brutalen Serienmörder, der es auf Prostituierte abgesehen hat.
Sind Julius und Lischka dem gewachsen?

Manchmal dachte ich wirklich: nein; aber das macht die zwei ja nur umso menschlicher und sympathischer.

Britta Hasler legt mit ihrer Fortsetzung von "Das Sterben der Bilder" einen weiteren sehr gut recherchierten und die Atmosphäre der damaligen Zeit großartig einfangenden historischen Krimi hin.

Der aber, und das muss man dazusagen, eindeutigere SM-Erotikszenen enthält, als nach dem Ende des ersten Teils zu erwarten war. Aber sie gehören zur Geschichte von Luisa und haben mich beim Lesen nicht gestört.
Im Gegenteil, sie passen nicht nur in die Zeit, sie unterstützen auch die ganze düstere, teilweise beklemmende Atmosphäre, die mir, wie auch schon im ersten Teil, wahnsinnig gut gefällt. Man kann sich hineinversetzen in die jungen Frauen und Kinder und irgendwann nicht nur ihre Motivation nachvollziehen, sondern auch ihre Gefühle.

Die verschiedenen Charaktere sind toll ausgearbeitet und rundum gelungen.
Und auch der Schreibstil ist sehr flüssig, elegant und zieht einen durch die Geschichte. Vor allem da der Spannungsbogen, aufgrund unterschiedlicher Handlungsstränge, immer wieder enorm in die Höhe schiesst und bis zum Showdown fast keine Verschnaufpause zulässt.

Fazit: Atmosphärisch dichter Krimi aus dem alten Wien, mit starken Geschichten und eindeutigen Erotik-Elementen. Ich würde mich über weitere Bücher mit Julius, Lischka und natürlich Luise freuen.

Bewertung vom 19.09.2017
Das Haus der Monster
King, Danny

Das Haus der Monster


ausgezeichnet

Andererseits war das hier tiefstes, dunkelstes Lincolnshire. Wenn so mancher Stamm im Kongo gewollt hätte, hätten sie herkommen und den Einheimischen Glasperlen verkaufen können.

Wer kennt ihn nicht noch aus seiner Kindheit, den kauzigen alten Sonderling, bei dem`s einen gegruselt hat, obwohl man gar nicht wusste warum. Der blos "Buh" sagen musste und all die coolen Kids gaben Fersengeld. Und dessen Haus einen genauso verwahrlosten Eindruck machte, wie er selbst.

Eines Tages stellt John Coal mit Erstaunen fest: dieser Mann ist er!
Die Kids spielen ihm fiese Streiche und John weiss, wenn er nicht für den Rest seines Lebens Zielscheibe sein will, muss er handeln und zwar jetzt. Und so beschliesst er die Jungs mit einem Trick zu ködern und ihnen seine Geschichte zu erzählen...
~ * ~ * ~ *
...und die hat es in sich.

Danny King verpackt hier eigentlich 4 Schauergeschichten, mit einem durchgängigen Bezug: John, in einer nicht minder spannenden und passenden Rahmenhandlung und fügt das Ganze zu einem starken Konstrukt zusammen.

Die Geschichten an sich sind recht unterschiedlich; von Anfang an atmosphärisch sehr dicht, steigern sie sich dennoch jedes Mal noch in Sachen Düsternis und Beklemmung.
Aber was sie alle gemein haben, ist ein umwerfend großartiger Humor. Weder platt noch plump, noch wird man ihn auch nur eine sekunde überdrüssig. Sowas von herrlich trocken und tief schwarz.

Danny King glänzt mit Ideenreichtum und spielt nicht nur mit den Jungs, denn auch als Leser weiss man irgendwann nicht mehr, was man von seinen Geschichten halten soll. Nimmt man das alles für bare Münze oder will John die Kinder blos er- und verschrecken? War ich mir irgendwann meiner Sache ganz sicher, hat mich die Auflösung dann doch überrascht.

Fazti: Was soll ich sagen, es hat einfach Spass gemacht, mich durch Johns Leben treiben zu lassen. "Das Haus der Monster" hat alles, was eine gute Gruselgeschichte braucht und ich hoffe, das bald weitere Romane des Autors übersetzt werden und Danke an den Luzifer Verlag, dass sie hiermit den Anfang gemacht haben. Bitte mehr davon.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.09.2017
Palast der Finsternis
Bachmann, Stefan

Palast der Finsternis


ausgezeichnet

Eine Druckwelle lässt die Wände der Kapsel erzittern. Er denkt an das Mädchen mit dem schwarzem Haar, ein stählernes Mädchen, mit winzigem, verwundeten Herzen. Zunächst hat er sie für Aurelie gehalten, aber was für ein närrischer Traum das war. Aurelie ist fort. Aurelie ist frei.

Eine Gruppe Jugendliche, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam haben, folgen einer Einladung zu einem Forschungsprojekt. Es geht um den sogenannten "Palais du Papillon", ein unterirdisches Schloss aus der Renaissance, das grade erst wiederentdeckt wurde. Aber als sie in Frankreich ankommen, wird sehr schnell klar, das nichts so ist wie es scheint und sie in Lebensgefahr schweben...
~ * ~ * ~ *
Ich mag ja diese gruseligen, leicht mystisch angehauchten Geschichten und konnte den Erscheinungstermin von "Palast der Finsternis" kaum abwarten. Obwohl ich bei 18€ für ein Taschenbuch schon echt schlucke. Aufgewogen wird das zwar ein wenig durch das faszinierende Metallicartige Cover im 3D Look, aber ich persönlich würde darauf verzichten, wenn der Preis dadürch sinkt. Aber das nur am Rande.

Die Geschichte selber hält was sie verspricht; eine abenteuerliche Reise durch ein unterirdisches Schloss mit mystischen Elementen. Spannung pur!
Manchmal allerdings schon fast ein wenig zu überambitioniert, so dass man als Leser vom Tempo und Ideenreichtum stellenweise fast erschlagen wird. Dann können die kunstvoll arrangierten und präparierten Sääle des Schlosses ihre volle Wirkung gar nicht richtig entfalten. ich hätte mir hier und da ein paar mehr Atempausen gewünscht, um das Bild in seiner Gesamtheit erstmal sacken zu lassen, auszukosten und dann auch noch ein Stückchen weiter zu entdecken. Zudem wäre ein Lageplan der Räume im Schloss zur Orientierung hilfreich gewesen.
Aber das ist auch schon mein einziger Kritikpunkt.
Denn der Schreibstil ist ansonsten sehr bildhaft und flüssig.

Zu behaupten, das Buch würde auf 2 Zeitebenen spielen, wäre jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber ja, es gibt immer wieder kurze Abschnitte über die damaligen Geschehnisse, man erfährt häppchenweise etwas über die Familie Bessancourt und was damals geschah. Das ist in seiner Kürze überaus geschickt eingeflochten und macht die Geschichte umso interessanter. Ich wäre jedesmal gern noch länger in der Vergangenheit verweilt.

Fazit: Für alle Fans von mystischen Gruselgeschichten (im Jugendsektor) fast schon ein Muss.
In der Gegenwart besticht die Story durch spannungsgeladene Aktion und Schockmomenten und in der Vergangenheit ist sie unheimlich mystisch dicht und faszinierend.

Bewertung vom 24.08.2017
Das jüngste Kochbuch aller Zeiten
Cleusters, Jan-Philipp

Das jüngste Kochbuch aller Zeiten


weniger gut

Ich weiss ja nicht, vielleicht bin ich da einfach schon zu alt für, andererseits wusste ich schon mit 12 wie ich mir ein Sandwich lecker belege. Und nur, weil man mal Mangostücke auf einen Burger packt, ist man noch lange nicht so hipp, wie man sich grad fühlt.

Für mich sehr schlichte und einfache Rezepte. Leider nichts Neues und schon gar nichts Besonderes. Allein schon, wer bei einer Spinat-Ricotta Lasagne mit Tomatensauce mit Geschmacksverstärker Zucker arbeitet.... naja...
Besonders enttäuscht war ich von der Rubrik "Shape Food", die fast ausschliesslich aus Fisch-Gerichten besteht. Da hat die leichte Küche, doch soooo viel mehr zu bieten.

Es gab auch ganz nette Sachen wie Omas Hackbraten oder Omas Schweinebraten, aber die habe ich nicht in diesem Kochbuch erwartet. Genauso wenig wie Feigen, die einfach nur in einer Pfanne mit Zucker leicht karamelisiert werden. Dafür benötige ich kein Kochbuch und Verfeinerungen und Varianten sind in diesem Buch leider Fehlanzeige.

Für Kochanfänger okay und für Leute, die sich gerne ein Buch von J.-P.Cleusters ins Regal stellen möchten.
Ich persönlich fand es eher einfallslos und altbacken. Omas schlichte Küche neu vermarktet.
Vielleicht sind wir Altstein-Vegetarier aber auch allein schon aus der Not heraus kreativ im Kochen, damals gab es halt noch nicht wirklich Alternativen im Supermarkt.

Die Aufmachung ist übrigens ganz nett, mit ansprechenden seitengroßen Fotos. Kalorienangaben gibt es keine und auch wirklich hilfreiche Tipps und Tricks sucht man vergeblich.

Fazit: Da hatte ich mir mehr von versprochen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.08.2017
Töte mich
Nothomb, Amélie

Töte mich


sehr gut

>> Daher sah er in der Weissagung Rosalba Portendueres die Vernichtung seines Glaubens und seiner Kunst. Genauso gut hätte man einem Chefkoch das Misslingen jenes Gerichtes ankündigen können, das ihn in den Rang einer Legende erhoben hatte; oder noch schlimmer: das er mit seinem Essen einen Star der Restaurantkritik vergiften würde. >>

Graf Neville hatte es in der hohen Kunst seine Gäste glücklich zu machen, zu einer wahren Meisterschaft gebracht. Das ist sein höchstes Gut und Streben.
Nachdem er sich letztendlich damit abgefunden hat, sein Schloss zu verlieren, bereitet ihm allein seine Jüngste, Serieuse, mit ihren immer riskanteren Aktionen langsam Sorgen.
Als sie eines Nachts von einer Wahrsagerin halb erfroren im Wald aufgelesen wird, prophezeit diese ihm, er werde auf seinem nächsten Fest einen Gast töten!
Erst belächelt lässt es Neville schon bald nicht mehr schlafen, ist es doch sein letztes Fest auf dem Familiensitz. Aber auch Serieuse macht sich so ihre Gedanken....

~ * ~ * ~ *

Der Anfang hat mich schlichtweg begeistert; locker, mit leichter Hand und einem Augenzwinkern, erzählt Amelie Nothomb und lässt den Grafen in einer herrlich schrulligen Einzigartigkeit über sich selbst und seine Familie sinnieren. Und das mit einer ansprechenden Tiefe.

Das ist schon großes Kino, das ich da Seite um Seite genussvoll verschlungen habe. Ja, ich habe diese kleine Geschichte in einer Nacht gelesen, umso bewusster fiel dann auf, das mir irgendwann die Richtung, der Verlauf, den sie nahm, nicht mehr gefiel. Mir gingen die Gedanken des Grafen, anfangs noch recht amüsant: wen bringe ich am geschicktesten wie um, so dass meine Familie auch weiterhin gern gesehene Gäste sind..., zum Schluss ein wenig zu vehement zu weit. Und auch das Ende konnte mich nicht wirklich versöhnen.

Ich bin hin- und hergerissen und habe es erst einmal ein wenig sacken lassen. Im Endeffekt muss ich zugeben, dass es mich einfach sehr gut unterhalten hat - Ende hin oder her.

Fazit: Mein erstes Buch der Autorin, deren Schreibstil und Ideen mich begeistert haben, so dass es mit Sicherheit nicht mein letztes war.

Bewertung vom 19.08.2017
Grandhotel Angst
Garnier, Emma

Grandhotel Angst


ausgezeichnet

Ich sah hinüber zum Hotel, dessen weiße Fassade unschuldig in der Sonne strahlte. Rein sah es aus, einladend in seinem Luxus. Hätte ich nicht selbst erlebt, wie es dieses Gebäude vermochte, einen mit seiner düsteren Atmosphäre zu durchdringen, ich hätte jeden, der hier einen Spuk vermutete, für verrückt erklärt.

Wir schreiben das Jahr 1899 und das Grandhotel Angst ist das luxuriöseste, was die ligurische Küste zu bieten hat, der Titan unter den mondänen Grandhotels der Zeit.

Die junge Nell, die hier ihre Flitterwochen verbringt, ist beeindruckt von seiner Pracht und Eleganz, aber auch gleichzeitig ein wenig erschlagen von der Größe und Noblesse. Und nicht nur den Namen "Angst" findet sie beunruhigend. Die Legende, die sich um das Gebäude rankt, zieht Nell immer mehr in ihren Bann; denn warum ist ihr Ehemann plötzlich so nervös und aufbrausend? So kennt sie ihn gar nicht, aber sehr schnell muss sie sich fragen, kennt sie Oliver überhaupt? Welche Geheimnisse verbirgt er vor ihr?

~ * ~ * ~ *
Als Fan von Daphne du Maurier, Victoria Holt etc. habe ich Emma Garniers "Grandhotel Angst" verschlungen.

Ich muss gestehen, es war ein absoluter Spontankauf am Erscheinungstag. Ich liebe Geschichten um alte Hotels, Häuser und deren Legenden und nachdem ich die Fotos damals/heute in der Buchklappe gesehen hatte, war es ganz klar meins. Denn das Hotel ist, im Gegensatz zur Geschichte, keine Fiktion und war das angesagteste Grandhotel der Jahrhundertwende. Schon damals rief der Name Fragen auf. Fakt ist wohl, dass der Besitzer Adolf Angst es nach sich benannt hat, aber sehr bewusst auch mit dem Namen kokettiert.

Trotz allem war ich, wahrscheinlich aufgrund des Covers, total überrascht, einen Roman im "alten" Stil oder besser gesagt, dieses Genres vorzufinden. Vielleicht sollte das im Vorfeld ein wenig mehr hervorgehoben werden.

Das Hotel ist der perfekt gewählte Schauplatz für diese mystisch angehauchte Geschichte, in der es in erster Linie um eine junge Frau geht, die rasch erkennen muss, dass sie gar nicht weiss, wen sie da geheiratet hat. Und damit spielt die Autorin sehr geschickt und hält dieses Verwirrspiel bis zur letzten Seite.

Der Schreibstil von Emma Garnier (hinter der sich Heike Koschitz verbirgt) ist atmosphärisch sehr dicht. Und das sowohl in der lebendig leichten Beschreibung der Umgebung, der Natur, schlicht der Riviera als auch in der düster-beklemmenden Grundstimmung, des Hotels und der Legende. Sie baut den Fluch, der Nells Zerissenheit nur noch verstärkt, ganz geschickt ein.

Fazit: Nein, es ist kein typischer Krimi oder Schauerroman, sondern eine Romance der Jahrhundertwende mit Elementen von beidem. Das Setting ist großartig gewählt und die Figuren scheinen direkt aus der Zeit gegriffen. Man merkt, das hier viel Herzblut und eine fundierte Recherche drinsteckt.

Von mir eine ganz klare Empfehlung für alle Fans des Genres.