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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 13.03.2020
Die Geheimnisse meiner Mutter
Burton, Jessie

Die Geheimnisse meiner Mutter


gut

Rose hat ihre Mutter nie gekannt. Als Kind dachte sie sich Fantasiegeschichten aus, die sie ihren Schulfreunden erzählte. Erst als Erwachsene erfährt Rose vom Verschwinden der Mutter Elise, ihrer Liebesbeziehung zur damals berühmten Schriftstellerin Constance Holden, und dass sie ihr Baby bei einer Freundin zurückließ und spurlos verschwand.
Rose liest die beiden Bücher der Holden, die offensichtlich nach Elises Verschwinden nie wieder einen Roman schrieb und beginnt die Frau zu suchen, die zuletzt mit ihrer Mutter sprach.
Der zweite Handlungsstrang berichtet aus der Perspektive von Elise, einer bildhübschen, aber orientierungslosen Frau. Sie lernt Connie kennen und lieben, aber die Beziehung scheitert, auch an ihrer Unfähigkeit Bindungen einzugehen.
Jessie Burton hat einen Sprachstil, der mir sehr gut gefallen hat. Sehr sensitiv beschreibt sie die Frauen, deren Leben und deren Vorstellungen von Glück. Das ist fast ein wenig spröde, so wie auch ihre Frauenfiguren spröde und zerbrechlich wirken. Die Suche nach dem Glück, nach der eigenen Stärke, die Rose und vor ihr, ihre Mutter Elise durchmachten, führt auch zu dramatischen, für mich nicht immer verständlichen Aktionen. So muss ich feststellen, dass mir Elise eigentlich als Charakter immer fremd blieb und ich wenig mit ihren Launen anfangen konnte. Vielleicht werde ich ihr damit nicht gerecht, denn ihre inneren Kämpfe werden von Jessie Burton sehr empathisch beschrieben.
Rose und Elise sind ähnliche Charaktere, sie lassen sich treiben, warten auf Etwas, dass ihrem Leben eine Wende gibt. Während das bei Elise sehr früh geschieht, sie lernt mit 20 Connie kennen und lieben, ohne dass sie daraus Sicherheit zieht oder reift, treibt Rose noch mit Mitte 30 ziellos durchs Leben. Erst als ihr Vater ihr von Constance Holden erzählt, beginnt sie sich mit Vergangenheit auseinanderzusetzen.
Das Buch ist sprachlich schön geschrieben, mein Manko war nur, dass ich mit den Frauenfiguren nicht recht warm geworden bin und das mir dadurch das letzte Quäntchen bei diesem Roman fehlte.

Bewertung vom 11.03.2020
Die Kleider der Frauen
Lester, Natasha

Die Kleider der Frauen


sehr gut

Estella wächst inmitten von Mode und Design auf. Ihre Mutter arbeitet als Näherin in einem bekannten Atelier und Estella zeigt schon von klein an Begabung für Schnitte und Design. Aber es ist das Paris der 40iger Jahre. Besatzung und Krieg lassen wenig Platz für Mode und als Estella bei einer Mission für Widerstand einspringt, bringt sie sich in große Gefahr. Ihre Mutter besteht darauf, dass sie Paris in Richtung New York verlässt und präsentiert ihr auch gleich ihre Geburtsurkunde. Estella hat einen amerikanischen Vater und wurde auch in den USA geboren, so dass sie ohne Schwierigkeiten das Land verlassen kann.

In New York beginnt eine steiniger Weg für Estella, bis sie für ihre Mode anerkannt und gefeiert wird.

Ein zweiter Handlungsstrang beleuchtet das Leben Fabiennes, Estellas Enkelin. Sie lebt in Australien, aber auch New York und Paris sind vertraute Familienorte für sie. Doch ihre Großmutter ist inzwischen hochbetagt und gibt Fabienne noch eine Aufgabe für ihren Paris Aufenthalt mit. Damit erfährt auch sie von einem Familiengeheimnis, dass sie unmittelbar betrifft.

Durch den Kunstgriff, die Handlung zu unterbrechen und mehrere Jahrzehnte in die Zukunft zu springen, bin ich natürlich sehr gespannt auf die Jahre dazwischen geworden und ganz allmählich wird die Geschichte aufgerollt. Zwei sehr gegensätzliche Motive – die Mode und der Widerstand während der Besatzungsjahre – ergänzen sich dabei sehr schön und machen das Lesen farbig und spannend.

Ganz besonders gut hat mir Estellas Schicksal gefallen. Eine junge, selbstbewusste Frau, die an sich glaubt und sich auch nicht verbiegen lässt, wenn das Schicksal sie herausfordert. Die Geschichte ihrer Mode, ihres Erfolgs habe in einem Zug gelesen. Eigentlich hätte mir das Thema für einen Roman sogar gereicht.

Naturgemäß bleibt die junge Fabienne dagegen etwas blasser, auch wenn ihr Part schön und romantisch zu lesen ist, mich aber nicht völlig überzeugte.

Der Roman ist sehr schön zu lesen und hielt mich wirklich für Stunden gefangen. Die Mischung aus Familiengeschichte samt vieler Geheimnisse, Liebesgeschichte und historischem Hintergrund, der sehr lebendig wurde, hat mir sehr gut gefallen.

Bewertung vom 11.03.2020
Das Glück wartet am Wegesrand
Weber, Laura

Das Glück wartet am Wegesrand


gut

Ein jähes Beziehungsende führt Diana in eine Sinnkrise. Spontan beschließt sie auf dem Jakobsweg zu pilgern. Es sind keine spirituellen Gründe, eher eine Flucht vor anstehenden Entscheidungen. So bricht sie also kurzentschlossen auf und ich begleite sie als Leserin.

Gefallen hat mir das Wiedererkennen mancher Orte und Plätze, zwar bin ich nicht gepilgert, aber auf einer Reise habe ich viele der Schauplätze selbst kennengelernt. Diana, die sich selbst Didi nennt – was ich nebenbei ziemlich albern finde – macht sich ganz unbedarft auf den Weg und trifft auch gleich am ersten Tag zwei beeindruckende Männer. Vom Jakobsweg als Partnerbörse hat man ja schon öfters gelesen. Aber es ist nicht ganz so einfach, Diana muss er lernen, was sie selber möchte, bevor sie sich wieder auf eine Beziehung einlassen kann. Außerdem begegnen ihr auf dem Weg immer wieder Menschen, die sie erkennen lassen, dass ihre Probleme klein im Vergleich zu anderen sind.

Diana beginnt allmählich zu reflektieren und – wie es so schön heißt: ihr Herz zu öffnen.

Das ist wirklich ein sehr hübsch und gefällig geschriebener Roman, der Jakobsweg gibt den bekannten Hintergrund dazu ab und dient immer wieder als interessante Kulisse. Es ist allerdings nicht neu, was Diana erlebt. Eigene Rückschläge, wie einen verstauchten Knöchel nimmt sie dann schon sehr gelassen hin. Die Begegnung mit kranken Pilgern, mit trauernden Eltern, mit Aussteigern – das alles berichten auch andere Pilger. Aber das empfand ich gar nicht als Manko, denn es sind nun genau die Personen, auf die wahrscheinlich jeder Pilger treffen wird und der Weg wird wohl auch jeden dafür empfänglicher machen. Diese Wandlung bei Diana ist schön zu verfolgen.

Dass es bei einem Roman der mit einem Beziehungsaus beginnt, natürlich auch um neu verlieben geht, ist auch klar. Es gibt also ein hübsches Happy End für Diana und für mich waren es einige sehr unterhaltsame und entspannende Stunden.

Ich sehe das Buch nicht so sehr als Jakobsweg-Roman, sondern als die Geschichte einer Frau, die spät, aber nicht zu spät erkennt, was für sie selbst wichtig ist.

Bewertung vom 08.03.2020
Der freie Hund / Ein Fall für Commissario Morello Bd.1
Schorlau, Wolfgang;Caiolo, Claudio

Der freie Hund / Ein Fall für Commissario Morello Bd.1


gut

Antonio Morello gelang in Sizilien ein Schlag gegen die Mafia. Danach hatte er die Wahl zwischen einem bewachten Leben in einer Kaserne oder die Versetzung ans andere Ende Italiens. Venedig gefällt ihm nicht, die Menschenmassen, die stinkenden Kanäle, die Vorurteile, die ihm an seiner Dienststelle entgegen gebracht werden, aber da muss er durch.
Gleich sein erster Fall hat es in sich, ein Student wurde erstochen. Er hat sich vehement gegen die Gefährdung der Lagunenstadt durch die Kreuzfahrtriesen ausgesprochen. Francesco Grittieri stammte aus einer vermögenden Familie und wie weit deren Einfluss reicht, erkennt Morello schon daran, dass der Questore die Freigabe der Leiche an die Familie verfügte, bevor eine pathologische Untersuchung erfolgen konnte. Aber der Commissario hat nicht umsonst den Namen „Der freie Hund“, Weisungen haben Morello noch nie aufgehalten, wenn er Verflechtungen zwischen Politik und Mafia vermutete.
Der Krimi ist ohne Zweifel spannend. Er greift auch ganz aktuelle Probleme auf, wie die Kreuzfahrtschiffe, die die Luft verpesten und die Stadt mit Tagestouristen überschwemmen. Wie der immer weniger werdende Wohnraum, der alt eingesessene Venezianer ins Umland zwingt und die steigenden Preise überall. Das macht den Plot aktuell.
Geschrieben ist der Roman sehr flott, fast würde ich sagen: zu gefällig. Kurze Sätze und viele Dialoge machen das Lesen wirklich einfach. Manchmal ist es mir fast mit Klischee überfrachtet. Der junge Taschendieb, der durch Morello geläutert und anschließend für ihn durchs Feuer geht, ist schon nah am Kitsch. Die sympathische Nachbarin, die in Morello wieder Gefühle weckt und ihn den Tod seiner Frau leichter werden lässt, bedient die Romantik.
Dass für die taffe und wehrhafte Kollegin, die nicht grade wie eine Elfe gebaut ist, der Name Anna Klotze gewählt wurde, finde ich etwas unpassend. Im Gegensatz dazu lese ich den Namen der Journalistin, die Morello für sich einnehmen kann, als eine kleine Geste an die Journalistin Petra Reski, die auch im Nachwort erwähnt wird.
Kleine eingestreute italienische Redewendungen, Grüße und Flüche sorgen für das Ambiente, genauso wie die abgedruckten Songtexte, die Morello ganz besonders gern hört.
Das alles ist nicht neu und originell, aber gut gemacht und im Ergebnis ein unterhaltsamer Venedig-Krimi, der wohl der Auftakt einer Reihe sein wird. Der freie Hund wird also wieder beißen.

Bewertung vom 07.03.2020
Mord auf Vlieland / Tödliches Vlieland Bd.1
Jacobs, Jan

Mord auf Vlieland / Tödliches Vlieland Bd.1


ausgezeichnet

Ihre neue Dienststelle in Friesland soll auch ein Neuanfang für die Kommissarin Griet Gerritsen werden. Allerdings wird sie nicht mit offenen Armen empfangen. Sie gilt als eigenwillig und teamunfähig und einer ihrer Alleingänge kostete auch einem Kollegen und Freund das Leben. Das hat Griet aus der Bahn geworfen.


Als auf Vlieland die Leiche des bekannten Hoteliers Vincent Bakker angespült wird, hat sie ihren ersten Fall. Zusammen mit den zugeteilten Kollegen, einer jungen, übereifrigen Anfängerin und dem „Pfannkuchenmann“, einem Mitarbeiter, der schon lange den Schreibtisch nicht mehr verlassen hat und mehr Wert auf regelmäßige Mahlzeiten als auf Fahndungserfolge legt, soll sie ermitteln.

Für Griet wird dieser Fall zur Bewährungsprobe.

Die Insel Vlieland als Schauplatz für einen Debütkrimi hat mich sofort angesprochen und Jan Jacobs schafft es mit Leichtigkeit die Atmosphäre einzufangen. Die friesische Provinz mit ihren Eigenheiten und Eigenbrötlern ist eine tolle Kulisse. Das Flair wird noch durch eingestreute niederländische Ausdrücke verstärkt.

Seine Figuren hat Jan Jacobs vielschichtig angelegt, die privaten Probleme von Griet wirken nicht überzogen, sondern sind wichtig für ihre Entwicklung und ihre Entscheidungen. Deshalb gehören sie auch zu den Ermittlungen und runden ihre Charakterzeichnung ab. Das gilt auch für die beiden Kollegen im Team.

Auch wenn es Griet nicht leicht hat, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen, merkt sie schon bald, dass Vincent Bakker auch eine umstrittene Figur ist. Nicht jeder Bewohner ist mit seinen Expansionsplänen einverstanden gewesen und er hatte viele Feinde. Besonders in der Familie gibt es Spannungen. Gut, dass Griet mit Henk van der Waal einen sympathischen Ortspolizisten zur Seite hat.

Mir hat der Auftakt zu der neuen Serie sehr gut gefallen, er lässt auch Raum für die weitere Entwicklung der Figuren und ich bin schon gespannt, wie Griet an neue Fälle herangehen wird.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.03.2020
Die Königin von Berlin
Roth, Charlotte

Die Königin von Berlin


sehr gut

Karoline Neher, geboren in der pfälzischen Provinz, hat nur ein Lebensziel: raus aus der Enge. Sie ist Schauspielerin, Sängerin und auch eine Femme fatale. Sie nimmt sich in den frühen Zwanziger Jahren, dass was ihr zusteht und für Sentimentalitäten hat sie keine Ader.
Ihr Aufstieg ist kometenhaft. Sie verkehrt in den Kreisen Feuchtwanger, Wedekind, Weill, Brecht und Klabund, der wird ihr Ehemann, eine komplizierte und turbulente Zeit, für Brecht wird sie Muse und Geliebte. Er schrieb Rollen für sie und versagte doch kläglich, als sie Hilfe gebraucht hätte.
Die Zwanziger Jahre waren auch ein politisch unruhige Zeit, Neher engagierte sich als Kommunistin und nach der Machtergreifung Hitlers ging sie mit ihrem zweiten Ehemann Anatol Becker zuerst nach Prag, später nach Moskau. Als Schauspielerin konnte sie nicht mehr arbeiten, im Zuge der „Säuberungen“ wurde Carola Neher verhaftet. Sie starb in einem Gefangenenlager in Russland an Typhus.
Wie ein Theaterstück präsentiert Charlotte Roth ihren Roman um eine außergewöhnliche Frau, damit stellt sie auch klar, dass sie keine Biografie vorlegt, sondern sich erzählerische Freiheit nimmt und die historisch belegten Ereignisse die Folie für ihren Roman sind.
Charlotte Roth hat eine unglaublich mitreißende Art zu erzählen und ihr gelingt es, mich nach wenigen Seiten völlig in Bann zu ziehen. Auch wenn ich vorher nur sehr wenig über die Schauspielerin wusste, hat mich ihre Persönlichkeit fasziniert. Wäre Carola Neher 50 Jahre später geboren, sie wäre eine der großen Figuren der Frauenbewegung geworden. Sie machte sich um Gleichberechtigung keine Gedanken – sie lebte sie, auch wenn der Preis dafür hoch war. Die Autorin hat die vielen Facetten dieser Frau in ihrem Roman gebündelt und damit eine Hauptfigur geschaffen, an der man sich auch reiben kann. Nur gleichgültig bleibt Carola Neher den Lesern nie.
Eingebettet hat sie Carolas Geschichte in eine Rahmenhandlung, die zurück in die Pfalz führt. Dort taucht eines Tages Georg Becker auf, der sich für die Wurzeln der Familie Neher interessiert und mit der Bibliothekarin Anette Kontakt aufnimmt. Diese Einschübe sind ein Ruhepol und rundet diesen Roman ab.

Bewertung vom 06.03.2020
Friedhof der Krustentiere / Thies Detlefsen Bd.8
Koch, Krischan

Friedhof der Krustentiere / Thies Detlefsen Bd.8


ausgezeichnet

Es gibt keine Ruhe für Polizist Thies in Fredenbüll. Eine Einbruchserie beunruhigt die Bewohner und ist Gesprächsthema in „De hidde Kist“, genau wie Alexa, die neue häusliche Hilfe für Piet. Allerdings hält die zum Leidwesen von Antje nicht viel vom Putenschaschlik Hawaii.

Tadje, Thies‘ Tochter hat einen Praktikumsplatz in einem Hotel auf der Hallig Westeroog ergattert, aber das ist kein Traumlos. Sie ist eher Alleinkraft in diesem heruntergekommen Haus, in dem sich eine Gruppe zu einem esoterischen Seminar „Hellfühlen und Hellsehen“ getroffen hat. Aber was auf der Hallig vor sich geht, hat mit Hellfühlen wenig zu tun, die Atmosphäre wird immer beklemmender.

Dann verschwindet noch Haukes Tante Telse samt seinem Prachtstück, dem Mustang und der Teppichmuster im Kofferraum. Hauke ist jetzt im Raumausstattergewerbe tätig und die Designs „Shining“ und „Psycho“ seine Favoriten. Im Dorf schwingt der neue Friseur Eddie seine Scheren beidseitig und zaubert verwegene Cuts auf die von Alexandra eher mit Einheitslook versehenen Köpfe. Kein Wunder, dass die Damenwelt in Fredenbüll und Umgebung Schlange steht.

Es ist genial, wie Krischan Koch hier Stephen King eine Hommage bereitet und das Ganze wunderbar bodenständig nach Fredenbüll und ins Watt verlegt. Das ist nun schon der achte Band aus der Serie, aber immer wieder sind die Geschichten frisch und originell. Wie die Zeit vergeht, merkt man nur am Alter der Zwillinge von Thies, die schon mit einem Bein im Berufsleben stehen und am kleinen Finn, Nicoles Sohn. Gut, dass Koch einige Leichen spendiert hat, so kann Nicole beweisen, dass es eine gute Entscheidung war, in Husum ein Kriminalkommissariat einzurichten.

Die Ereignisse scheinen sich fast zu überschlagen und es ist klasse, wie alle Handlungsfäden, so entfernt sie auch schienen, sich am Ende zusammenfinden. Der Fredenbüller Kosmos ist wie eine Parallelwelt, in die ich gerne eintauche. Ich liebe die lakonischen Dialoge, den Witz, der auf den Punkt getimt ist und den trockenen Humor.

Wie bei jedem Band ist das Titelbild wieder ein echter Hingucker. Gerhard Glück erzählt in seinen Bildern richtige kleine Geschichten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2020
Wo das Glück zu Hause ist / Happy Ever After Bd.1
Colgan, Jenny

Wo das Glück zu Hause ist / Happy Ever After Bd.1


sehr gut

Nina Redford ist mit Leib und Seele Bibliothekarin. Das richtige Buch für den richtigen Leser zu finden ist ihr Lebensziel und wenn sie es wieder einmal genau getroffen hat, ist sie glücklich. Aber das soll nicht mehr lange so dauern, die kleine Bibliothek in Birmingham wird aufgelöst. Alles wird zentralisiert und die Stadtverwaltung setzt eh auf Online-Angebote und E-Books. Da braucht man auch nicht so viel Personal.
Alles was an Büchern aussortiert und entsorgt werden soll, möchte Nina retten. Zu jedem einzelnen Buch hat sie eine Beziehung. Als sie auf eine Verkaufsanzeige für einen alten Lieferwagen stößt, kommt ihr die Idee: eine mobile Buchhandlung, das wäre doch etwas für sie. Der Lieferwagen steht zwar in Schottland, aber was macht das schon. Doch eine Idee ist eine Idee und die Realität funkt manchmal dazwischen.
Als Bücherfan kann ich kaum einem Roman widerstehen, in dem es um Bücher, Buchhandlungen oder Bibliotheken geht. Hier hatte ich ein-zwei Kapitel lang ein wenig Anfangsschwierigkeiten, aber dann hat mich das Buch richtig abgeholt. Natürlich darf in dieser Wohlfühlgeschichte auch eine tüchtige Portion „Liebesgedöns“ nicht fehlen, aber wenn das Ganze in Schottland spielt und auch den rauen Charme der Landschaft widerspiegelt, passt es doch bestens.
Eine wirklich nette Geschichte, charmant geschrieben und die Figuren sind allesamt liebevoll gezeichnet. Eine junge Frau wie Nina möchte man gern zur Freundin haben und sich von ihr die Lieblingsbücher vorstellen lassen.
Ich habe das Buch wirklich gern gelesen und mich mit Nina über ihre Idee gefreut und mit ihr gelitten. Was will man mehr, wenn man in eine Geschichte eintauchen kann.

Bewertung vom 03.03.2020
Tod im Leuchtturm
Ziegert, Susanne

Tod im Leuchtturm


gut

Julia Lange kehrt auf Neuwerk zurück um während der Wintermonate den Leuchtturm zu hüten. Sie ist auf der Insel aufgewachsen, aber ihre Erinnerungen darin sind nicht gut. Vor 29 Jahren wurde ein kleiner Junge getötet und ihre Zeugenaussage, die sie später auf handfesten Druck der Familie zurücknahm, hat ihr Leben zerstört. Als Lügnerin gebrandmarkt, hat sie sich ganz zurückgezogen. Doch nun scheint sie ihrem Leben eine neue Wendung geben zu wollen.

Doch nur einige Tage später wird sie tot in der Badewanne aufgefunden. Ein Suizid, wie sogleich festgestellt wird. Nur ihre neue Freundin Margo, eine neu nach Cuxhaven gezogene Künstlerin, will das nicht glauben und beginnt auf eigene Faust zu schnüffeln.

Damit bringt sie die Kommissarin Rike von Menkendorf gegen sich auf. Die ist im Augenblick gar nicht drauf, ihr alter Chef geht in Ruhestand und der neue Revierleiter hat sie offensichtlich auf die Abschussliste gesetzt. Der Umgangston in der Dienststelle und die Intrigen machen ihr schwer zu schaffen.

Mit diesem Krimi bin ich nicht so ganz warm geworden. Toll fand ich das Lokalkolorit, die Beschreibungen von Neuwerk, dem Watt, den Wattfahrten und alles was mit der Küste zu tun hat. Das hat mich auch bei der Stange gehalten. Die beiden Hauptfiguren, Rike und Margo haben mich nicht ganz überzeugen können. Ich bekam einfach kein Bild von ihnen, etwas was mir nur ganz selten passiert. Möglicherweise hätte mir die Kenntnis der Vorgängerbände dabei geholfen, obwohl dieser Fall ganz eigenständig ist.

Da sowohl Margo, wie auch Rike so nebeneinander her ermitteln und auch zu ganz unterschiedlichen Kenntnissen kamen, habe ich die beiden Handlungsstränge nicht immer unter einen Hut gebracht. Obwohl der Plot ganz schlüssig aufgebaut und auch aufgelöst wurde. Die Autorin versteckte mehr oder weniger kleine Hinweise, die mich schon bald auf die Spur brachten.

Ich fand das Buch hauptsächlich vom landschaftlichen Hintergrund interessant, da ich mich manchmal über die Protagonisten wunderte und besonders die Intrigen im Kommissariat überzogen fand, wurde es allerdings kein Lieblingskrimi.

Bewertung vom 01.03.2020
Das kann uns keiner nehmen
Politycki, Matthias

Das kann uns keiner nehmen


sehr gut

Der Erzähler reist nach gut 20 Jahren noch einmal nach Afrika um den Kilimandscharo zu besteigen. Er hat noch eine Rechnung offen, seine erste Reise endete in einem Desaster, das auch seine Beziehung zu Mara zerstörte. Er will dieses Kapitel abschließen und es stört ihn gewaltig, dass er bei seiner geplanten Übernachtung im Krater nicht allein ist. Ein Zelt ist bereits aufgebaut und er lernt Tscharli kennen. Einen ausgemergelten Bayer, laut, prollig und unangenehm. Ein Schneesturm schweißt die beiden Reisenden wider Willen aneinander und Hans, ein gebildeter, polyglotter Hamburger, von Tscharli stets nur als „Hornbrillenwürschtl“ oder wegen seines Tuches „Windelhans“ genannt, setzt seine Reise mit ihm fort.
Die gemeinsame Woche wird beide Männer verändern, vielleicht sogar eine Freundschaft entstehen lassen…..
Beide Reisegefährten haben eine tragische, zerbrochene Liebesgeschichte im Rucksack und die zwei abwesenden Frauen sind in Gedanken und Gesprächen im Hintergrund präsent. Tscharli ist – neben seinem exzessiven Alkoholgenuss - gesundheitlich schwer angeschlagen und Hans merkt bald, dass er der Begleiter auf einer letzten Reise ist, die Tscharli noch einmal nach Daressalam und in seine Vergangenheit führt.
Politycki hat einen unnachahmlichen Erzählstil. Die Geschichte dieser beiden so unterschiedlichen Männer ist einfach wunderbar erzählt. Der afrikanische Hintergrund sehr aktuell und kenntnisreich in Szene gesetzt. Ganz allmählich machte ich als Leserin die gleiche Wandlung wie Hans durch. Meine Abneigung gegen Tscharli wandelte sich allmählich in Empathie zur Sympathie. Wenn er in seinem Bayrisch-Suaheli Pidgin redet, sich Hans voll Peinlichkeit windet und zu seinem großen Erstaunen merkt, wieviel Respekt, ja Freundschaft Tscharli von den Einheimischen entgegengebracht wird, hat das auch großen Unterhaltungswert.
Ich habe die Reise mit Spannung verfolgt und bin manchmal zwischen Abscheu und Sympathie hin und her gerissen gewesen, aber immer hat mich der Autor voll in seinen erzählerischen Bann geschlagen. Es war mein erstes Buch dieses Autors und es wird sicher nicht mein letzter Text von ihm sein.