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Bella von www.bellaswonderworld.de
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Karlsruhe
Über mich: 
Ich bin 31 Jahre alt und mein größtes Hobby ist das Lesen. Ich verschlinge alle möglichen Titel querbeet durch die verschiedensten Genres. Meine Leseleidenschaft teile ich mit anderen Lesebegeisterten auf meinem Blog www.bellaswonderworld.de

Bewertungen

Insgesamt 1143 Bewertungen
Bewertung vom 23.08.2019
Effi liest
Moretti, Anna

Effi liest


sehr gut

Beschreibung

1894. Die junge Effi soll in einem Pensionat zu einer vornehmen Dame erzogen werden, um in die Gesellschaft eingeführt werden zu können und einen passenden Ehemann zu finden. Bei der Erziehung dort erhält sie jedoch keinerlei Einblick in die näheren Details, die das Eheleben mit sich bringen werden. Als Effi eines Tages bei einem Ausflug ein Buch mit unsittsamen Inhalt enteckt und von ihrer Lehrerin damit erwischt wird, muss Effi vorzeitig die Schule verlassen und zu ihrem Vater nach Berlin heimkehren.

In Berlin hofft Effi Antworten auf ihre zahlreichen Fragen zu finden. Doch kaum zu Hause angekommen reist auch schon ihre Tante an, um die weitere Erziehung der Achtzehnjährigen zu übernehmen.

Meine Meinung

Elena Sophie von Burow, kurz Effi, ist die Heldin des Romans und wächst mit ihrer neugierigen und unaffektierten Art schnell an das Leserherz. Mutig und zielstrebig schlägt sich Effi auf ihrem Weg zu mehr Wissen, Aufgeklärtheit und Emanzipation durch die von Männern dominierte Welt.

Dabei werden ihr die unterschiedlichsten weiblichen Charaktere zur Seite gestellt wie z. B. Fräulein Grimaud, Effis Lehrerin am Pensionat, die ich mir bildhaft vorstellen konnte, mit ihrer sauertöpfischen Miene und einem unter der Oberfläche brodelndem Temperament, wenn sich ihre Schützlinge mal wieder daneben benehmen. Als sie mit einem dampfenden Zug verglichen wird, konnte ich fast nicht mehr an mich halten. Noch viel besser gefallen hat mir Effis Tante mit ihrer skurrilen, verzückenden und strengen Art, die jedoch keinerlei Zweifel an der Liebe zu ihrer Nichte lässt.

»Was ist so schlimm an einer Praline, die weiß, wofür sie raschelt?« fragt Effis beste Freundin und Vertraute Betty ganz zu Recht und stößt damit ein wichtiges Thema des Romans an. Frauen werden aufgrund der von Männern angenommen zarten Konstitution ihres Geschlechts nicht für voll genommen und erhalten nur Zugang zu einem begrenzten Wissen. Die jungen Damen von gutem Stand bereiten sich somit auf ein Leben als Ehefrau vor und können nur Mutmaßungen darüber anstellen was in der Ehe tatsächlich auf sie zukommt. Das einzige, was ihnen mit auf den Weg gegeben wird, sind eine gute sittsame Erziehung und die Förderung der Talente wie z. B. Malen, Musizieren und Sticken.

Effi entdeckt durch Zufall ein wissenschaftliches Buch über den Genuss, doch bevor sie mehr über den darin beschriebenen Liebesakt in Erfahrung bringen kann, wird die Lektüre konfisziert und als Konsequenz daraus wird sie kurzerhand des Pensionates verwiesen, um nicht noch andere Mädchen mit ihrem vermeintlichen Wissen und unsittsamen sowie neugieren Verhalten zu verderben.

Zusammen mit zwei Freundinnen setzt sie alles daran an das Buch zu gelangen, schließlich kann sich Effi nicht vorstellen warum manches Wissen nicht für Frauen zugänglich, ja sogar schädlich sein sollte, vor allen Dingen wenn es sie selbst betrifft. Im Zug zurück nach Berlin lernt sie den jungen Arzt Max von Waldau kennen, der sie unwillkürlich in ihrer Annahme bestätigt. Aus diesem Ausgangspunkt entspinnt sich ein herrlich humorvoller Plot, der mich trotz der vorhersehbaren Storyline gebannt an die Seiten fesselte, so dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Fazit

Eine fluffig-leichte Unterhaltungslektüre die mit viel Humor die biedere Zeit des 19. Jahrhunderts zum Leben erweckt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.08.2019
Pirouetten
Walden, Tillie

Pirouetten


sehr gut

Meine Meinung

Tillie Walden erzählt in ihrer autobiographischen Graphic Novel »Pirouetten« von ihrem steinigen Weg des Erwachsenwerdens, der sie durch die harte Schule von Eiskunstlauftraining, Mobbing und Coming-Out zu einem selbstbestimmten Leben führte.

Die preisgekrönte Zeichnerin Tillie Walden hat sich für ihr autobiographisches Werk die wohl schwerste Zeit, die des Heranwachsens, herausgepickt und erzählt von den prägendsten Ereignissen in ihrem jungen Leben. Da ihr Leben über Jahre hinweg durch das harte und disziplinierte Eislauftraining, welches das Aufstehen mitten in der Nacht und Turniere am Wochenende mit sich brachte und ihr fast die Luft zum Atmen nahm, bestimmt wurde, nimmt dies dementsprechend den größten Teil des Comics ein. Zu Beginn eines jeden Kapitels stellt Tillie Walden eine bestimmte Eiskunstlauffigur vor und gibt Auskunft darüber, was sie mit dieser verbindet.

Zwischen dem eintönigen und stark durchgetakteten Leben stechen Tillies zwiespältige Emotionen als junges in vielerlei Hinsicht unsicheres Mädchen hervor. Unter der Oberfläche spürt Tillie ganz deutlich, dass sie sich in Wirklichkeit zu Mädchen hingezogen fühlt und das Eiskunstlaufen entwickelt sich mit der Zeit zu einer wahren Hassliebe. Denn Tillie kann überhaupt nichts mit dem frühen Aufstehen, den Kostümen, und dem aufgebrezelten Make-Up anfangen. Passend zu der niedergeschlagenen Stimmung die Tillie durch ihrer Findungsphase begleitet, ist der Graphic Novel in einem schlichten Design und einer dunklen Lilafarbenen Koloration gehalten, die sich auf das wesentliche konzentriert und eine unglaublich dichte Atmosphäre heraufbeschwört und nur kurzzeitig durch gelb dargestellte Lichtblicke unterbrochen wird.

»Piouretten« ist das beeindruckende Werk einer inspirierenden Künstlerin, dass Mut macht den eigenen Weg zu gehen, möge dieser sich auch noch so schwer gestalten. Es werden unterschiedliche Themen angeschnitten, von dem Cliquendasein in einer Mädchenmannschaft insbesondere dem internen Konkurrenzkampf über Mobbing und sexuelle Belästigung bis hin zu dem starken Hadern bezüglich des richtigen Zeitpunktes für das Coming-Out. Dabei spielen immer wieder wichtige Stützpfeiler in Tillies Leben eine Rolle (wie z. B. ihre erste Eiskunstlauflehrerin und ihre Cello-Lehrerin), die ihr Kraft geben, sie unterstützen und auf ihrem Weg begleiten. Etwas zu kurz kommt mir bei der ganzen Geschichte die erste Liebe zu einer Mitschülerin sowie der Umgang mit sexueller Belästigung. Den Grund hierfür würde ich allerdings bei der Tatsache suchen, dass es sich hier um eine biographische Geschichte handelt und die Autorin sehr ehrlich ihren eigenen Gefühlen Ausdruck verleiht. Insbesondere die Schilderung ihrer familiären Verhältnisse hat mich stark getroffen und so ist es umso bewundernswerter mitzuverfolgen, wie sich diese junge Frau ihren Weg bahnte.

Durch die klare Struktur, die sich wie ein roter Faden durch die Kapitel des autobiographischen Comics zieht, die minimalistische und pointierte Farbgestaltung in Lila- und Gelbtönen und die leicht verständliche Panelführung kann ich »Piouretten« auch Comic-Neulingen, die sich für eine gut erzählte Comic of Age Geschichte interessieren, sehr ans Herz legen.

Fazit

Eine berührende und beeindruckende Coming-of-Age und Coming-Out Geschichte verpackt in einer ausdrucksstarken Graphic Novel.

Bewertung vom 23.08.2019
Endzeit
Vieweg, Olivia

Endzeit


sehr gut

Meine Meinung

Die Graphic Novel »Endzeit« von Olivia Vieweg wurde, nach ihrer ersten Veröffentlichung 2012 im Schwarzer Turm Verlag, letztes Jahr in einem hübschen Softcover im Carlsen Verlag neu aufgelegt. Die postapokalyptische Zombie-Story hat mich alleine durch das leuchtende Cover neugierig gemacht, welches bereits auf eine außergewöhnliche Story abseits des Mainstream schließen lässt.

Die wunderschöne bunte Farbgebung der Panels in hellen Tönen von Gelb, Orange und einer ganzen Palette an Pink-Tönen von Rosarot über Fuchsia bis hin zu Magenta mag im ersten Augenblick nicht besonders gut zu einem düsteren Endzeitszenario passen. Genau das und natürlich der starke Plot mit zwei weiblichen Hauptprotagonisten, die ganz ohne männliche Hilfe zurechtkommen haben mich unglaublich beeindruckt. Olivia Vieweg beweist mit ihrem Graphic Novel meisterhaft, dass bunte Bilder mit einer tief gehenden Geschichte Hand in Hand gehen können.

Schauplatz der Zombie-Apokalypse ist Deutschland. Um genau zu sein, es konnten sich nur Menschen in Weimar und Jena retten und diese führen nun ein von Zäunen abgetrenntes Leben. Alle Güter zum Überleben werden über den Zugverkehr, der nun nicht mehr für Menschen bestimmt ist, ausgetauscht. Natürlich bringt eine solche Endzeitgeschichte die ein oder anderen psychotischen Traumata mit sich.

Nach einer kurzen Einführung begegnen sich Vivi und Eva im verbotenen Zug woraus zuerst eine Zweckgemeinschaft entsteht, denn beide möchten sich nach Jena durchschlagen. Während die unterschiedlichen Charakterzüge der beiden Protagonistinnen freigelegt werden, Vivi leidet seit der Zombie-Apokalypse an Angstzuständen und kann vor lauter Albträumen kaum eine Nacht durchschlafen und Eva ist eine absolut starke Persönlichkeit, die sich viele Gedanken um die (Um)Welt macht und sich selbst zu helfen weiß, entwickelt sich eine bedingungslose Freundschaft zwischen den Mädchen.

Das Beste an der Geschichte sind natürlich die fabelhaften Zeichnungen Viewegs, bei denen mir die andersartige Darstellung der Zombies, deren Infizierung sich durch Blumenranken bemerkbar macht, am meisten gefallen haben. Die bereits erwähnte Farbgebung sorgt für die passende atmosphärische Untermalung und erzeugt eine starke emotionale Stimmung.

Diese Graphic Novel hat es echt in sich, denn man merkt den beiden Protagonistinnen deutlich an wie schwer sie an den Zombie-Vorfällen zu knabbern haben. Sie müssen sich nicht nur gegen die Infizierten zur Wehr setzen, sondern sich auch mit Schuldgefühlen aufgrund des eigenen Überlebens auseinandersetzen. Ein bisschen zu kurz kommt mir bei der tief gehenden Geschichte über Hoffnung und Freundschaft die Abhandlung des Endes. Außerdem hätte ich gerne noch etwas mehr über die Hintergründe dieser außergewöhnlichen Pflanzen-Zombies erfahren. Vielleicht wird es dazu ja noch eine Unterfütterung in der Filmadaption, die noch diesen Monat in die deutschen Kinos kommt, geben? Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt darauf, wie das Material filmisch umgesetzt wurde. Der Film zu Olivia Viewegs Graphic Novel kommt am 22. August 2019 in die deutschen Kinos.

Fazit

Eine packende Graphic Novel bei der nicht nur die Zombie-Apokalypse im Vordergrund steht, sondern es auch um bedingungslose Freundschaft und Hoffnung geht.

Bewertung vom 23.08.2019
Nächstes Jahr in Havanna / Kuba Saga Bd.1
Cleeton, Chanel

Nächstes Jahr in Havanna / Kuba Saga Bd.1


sehr gut

Beschreibung

Marisol ist in Miami aufgewachsen und macht sich nach dem Tod ihrer Großmutter Elisa zum ersten Mal auf den Weg nach Kuba um ihre Wurzeln kennen zu lernen. Seit sie denken kann bekam sie von Elisa, die immer einmal nach Hause zurückkehren wollte, Geschichten über ihre karibische Heimat und das Leben in Havanna erzählt, und nun ist es an Marisol die Asche ihrer verstorbenen Großmutter nach Kuba zu überführen.

In Havanna taucht Marisol tief in ihre Familiengeschichte ein und stößt auf die Briefe der ersten großen Liebe ihrer Großmutter, die alles, was sie zu wissen glaubte, verändern.

Meine Meinung

Das spannende an Chanel Cleetons Roman »Nächstes Jahr in Havanna« ist, dass die Autorin sehr viel aus ihrer eigenen Geschichte hat einfließen lassen, denn sie selbst stammt aus einer kubanischen Familie, ist aber in Florida aufgewachsen. Auf den ersten Blick erwartet man von ihrem Roman, der gleichzeitig den Auftakt zu einer mehrteiligen Kuba-Saga bildet, lediglich eine locker-leichte Sommerlektüre mit dramatisch-romantischen Liebesgeschichte. In gewisser Hinsicht bekommt man auch genau das geboten, und doch bin ich sehr begeistert davon, welche Rolle die Geschichte Kubas, die Revolution und die Spaltung zwischen Kubanern und Exil-Kubanern dabei einnimmt.

Chanel Cleeton erzählt die Story in zwei Handlungssträngen: Im ersten Strang geht es zurück in das Jahr 1958. In Kuba braut sich eine Revolution zusammen, denn die Regierungsentscheidungen durch Batista werden von vielen Kubanern nicht mehr so einfach hingenommen und so erhalten die Revolutionären, allen voran Fidel Castro starken Zulauf. Die junge Elisa Perez verkehrt als eine von drei Töchtern eines erfolgreichen Zuckerplantagenbesitzers in der High Society Havannas und verliebt sich verbotenerweise in einen Anhänger der Revolution. Nach dem Sturz Batistas flieht ihre Familie nach Miami, so dass sie von ihrer großen Liebe getrennt wird.

Der zweite Strang spielt sich in der Gegenwart ab und wird von Elisas Enkeltochter Marisol erzählt, die nun nach Kuba reißt um den letzten Wunsch ihrer Großmutter zu erfüllen, indem sie ihre Asche in die Heimat zurückbringt. Außerdem ist es ihre erste Reise zurück zu ihren Wurzeln als Kubanerin. Besonders die Bandbreite an Gefühlen die Marisol bezüglich ihrer Herkunft durchlebt sind unglaublich greifbar geschildert, sie tanzt zwischen endlich angekommen zu sein und fühlt sich dennoch nur als Gast. Als Marisol auf die gesammelten Liebesbriefe an ihre Großmutter stößt beginnen die beiden Handlungsstränge immer mehr ineinander zufließen und auch der Spannungsbogen nimmt merkbar an Tempo zu.

»Nächstes Jahr in Havanna« ist ein hervorragender Roman, wenn man sich in Gedanken nach Kuba begeben möchte, denn die Autorin lässt die exotischen Schauplätze vom Malecón über die Strände Varaderos in bunten Farben lebendig werden, so dass man förmlich die Salsaklänge hören kann und die salzige Meeresluft auf der Haut spürt. Außerdem ist es ihre besonders gut gelungen eine tolle Mischung aus Familiensaga und einem Hauch politischem Zeitgeschehen zu kreieren. Ich freue mich deshalb ganz besonders auf den nächsten Band der Kuba-Saga, der bereits im Dezember unter dem Titel »Wir träumten von Kuba« erscheinen wird und die Geschichte von Elisas Schwester Beatriz beinhaltet.

Fazit

Eine mitreißende Sommerlektüre die kubanische Rhythmen erklingen lässt und auch etwas in die politischen Gefilde der Revolution eintaucht.

Bewertung vom 23.08.2019
Die Bluse
Vivès, Bastien

Die Bluse


gut

Meine Meinung

Der Comic »Die Bluse« von Bastien Vivés ist mir gleich ins Auge gesprungen und hat mich durch die Thematik angesprochen. Der französische Künstler erzählt in seinem Werk die Geschichte einer jungen Frau, die sich selbst erst durch eine kleine Wende in ihrem Leben besser kennen lernt, ihre Lust austestet und ihre Fähigkeiten bewusst wahrnimmt.

Die Literaturstudentin Séverine führte ein eingefahrenes, gar langweiliges, Leben mit ihrem Freund Thomas der ihr nur wenig Aufmerksamkeit schenkt und am liebsten Zeit mit seinen Freunden beim Spielen und Serien schauen verbringt. Als sich Séverine eine Seidenbluse ausleiht verändert das nicht nur ihre eigene Wahrnehmung von sich, sondern auch die Menschen um sie herum betrachten die junge Frau plötzlich in einem völlig veränderten Licht.

Bastien Vivès hat also durchaus eine interessante und spannende Grundidee herangezogen, mich aber leider mit der Umsetzung nicht ganz überzeugen können. Es ist spannend zu betrachten, wie ein feines Kleidungsstück urplötzlich aus einer schüchternen und zurückhaltenden Persönlichkeit einen ganz anderen Menschen macht. Der Rollenwechsel hat schon etwas von einer Superheldin, die sich ihr Outfit überstreift und alleine durch die veränderte Kleidung ganz anders auftritt und ihre Kräfte nach außen hin bewusst zeigen kann.

Ich hätte mir allerdings sehr gewünscht das die Kraft des Female Empowerment sich auch in den Gefühlen der Protagonisten findet. Zu der Gedankenwelt von Séverine bekommt der Leser allerdings keinen Zugang gewährt und somit bleiben ihre Gefühle zu ihrer rasanten Entwicklung weithin im Dunkeln. Sicherlich hätte es der Handlung gutgetan, wenn der Autor dies etwas mehr herausgearbeitet hätte.

Sehr gut gefallen hat mir der unglaublich befreite Umgang mit der weiblichen Lust. Nachdem Séverine in der edlen Seidenbluse steckt geht sie ohne jede Bedenklichkeiten mit ihrer Sexualität um, probiert aus und entdeckt eine ganz neue Seite an sich. Manche Szenen mögen etwas überspitzt dargestellt sein und doch kommt die Botschaft genau durch diese Überspitzung deutlich an.

Die Zeichnungen Vivès passen in ihrer Schlichtheit und dem minimalistischen Stil, der nur das wesentliche preisgibt, sehr gut zur Story. Die Darstellung von Séverines Gefühlen in ihrer Mimik ist meist nur in feinen Nuancen angedeutet und überlässt es so oftmals dem Leser, welche Gedanken wohl in ihrem Kopf vorgehen mögen.

Fazit

In diesem Comic steckt sehr viel Potenzial, dass durch die stilistisch ansprechenden Zeichnungen des Künstlers hervorsticht. Von der Umsetzung des Themas hätte ich mir jedoch ein bisschen mehr Tiefgang bezüglich der Gedanken und Gefühle gewünscht.

Bewertung vom 23.08.2019
Batman: Damned
Azzarello, Brian;Bermejo, Lee

Batman: Damned


sehr gut

Meine Meinung

Im zweiten Teil der »Batman Damned« Comic-Trilogie aus dem DC Black Label ist der schwarze Ritter Gothams weiter auf der Suche nach der Wahrheit. Denn ihn treibt nur eines um: Wer hat den Joker getötet? War er selbst involviert und ist der Joker tatsächlich tot?

Als Batman bei seinen Nachforschungen durch Nachtclubs und die Straßen seiner Stadt zieht spitzt sich die Lage in Gotham City weiter zu. Nur gut, dass Deadman auf Bruce aufpasst, denn dieser verliert sich zusehends in den Gedanken an seine Kindheit. Die Rückblenden auf Bruce Kindheit finde ich auch am prägnantesten, sie haben mich fasziniert und schockiert zugleich. Hierin sehe ich bisher definitiv die Stärken des Comic-Albums gelegen, denn diese Rückblenden verleihen allem was man bisher über den Superhelden wusste einen neuen Anstrich.

Bezüglich der Ermittlungen über Jokers Tod arbeitet Brian Azzarello bisher nur an der Oberfläche und könnte hier sicherlich noch viel mehr aus der Story herauskitzeln. Auch über die Rolle von John Constantine bin ich mir noch nicht ganz schlüssig – er kommt mir wie ein böses Omen vor, dessen Einflüsterungen Batman in die Irre leiten. Den Leser im Dunkeln tappen zu lassen hat durchaus seinen Reiz und sorgt dafür, dass man sich auch nach dem Zuklappen des Comics weiterhin mit der Geschichte und den Bedeutungsmöglichkeiten beschäftigt.

Die düstere Stimmung, brennende Häuser, aufgeheizte Menschenmengen im Club – das alles fängt Lee Bermejo gekonnt in seinen atemberaubenden Bildern ein. Die Panels überzeugen durch Detailverliebtheit und laden dadurch zum längeren Betrachten ein. Am besten haben mir mitunter die Szenen gefallen, in denen Deadman seinen “Wirt” wechselt oder er sich zusammen mit Batman durch ein brennendes Haus kämpft.

Bei dieser durchweg grandiosen künstlerischen Arbeit ist es gar nicht so schlimm, dass die Handlung nur langsam vorangetrieben wird (und dennoch frage ich mich, wie die Geschichte bereits im nächsten Album ihren Abschluss finden will).

Fazit

Lee Bermejo knüpft mit seinen beeindruckenden Illustrierungen im zweiten Band der »Batman Damned« Trilogie an seinem vorgelegten hohen Niveau an und Brian Azzarello entführt in die tiefen Abgründe der Familie Wayne.

Bewertung vom 09.08.2019
Batman: Damned
Azzarello, Brian;Bermejo, Lee

Batman: Damned


sehr gut

Meine Meinung

Das neue Black Label der DC-Comics ist für Erwachsene gedacht und schürt alleine schon durch das hochwertige optische Erscheinungsbild die Neugier auf die Story zwischen den Buchdeckeln. Den Auftakt des Labels bestreiten das Künstler-Duo Brian Azzarello und Lee Bermejo, die bereits bei Alben wie z. B. »Batman: Joker« und »Batman: Deathblow« Hand in Hand arbeiten, nun mit einer dreiteiligen »Batman Damned« Serie.

Der erste Band machte durch eine nachträgliche Zensierung des Geschlechtsteils des dunklen Ritters aus Gotham City Schlagzeilen, was mich nur ungläubig mit den Augen rollen lässt, schließlich wollte das Black Label doch gerade einen neuen Maßstab für die Sparte der Erwachsenen-Comics setzen und nicht als Sinnbild der unglaublich kindlichen amerikanischen Prüderie eingesetzt werden. Ob sich DC mit dieser außerordentlich peinlichen PR nur Aufmerksamkeit sichern wollte und einen Markt für die wenigen Hefte mit Bruce-Stück anheizen wollte möchte ich gar nicht näher verfolgen. Der Comic hätte einen solchen Mini-Skandal jedenfalls nicht nötig gehabt und ist auch in der zensierten Fassung eine richtige Augenweide.

Die edle Hardcover-Ausgabe aus dem Panini Verlag kommt in einem übergroßen Format daher und bietet auch für DC-Comic-Einsteiger, wie mich, einen guten Punkt, um in die düstere Welt von Gotham City einzutauchen und den bekannten Fledermaus-Ritter Bruce Wayne ein Stück zu begleiten. Der erste Teil von »Batman Damned« beginnt mit einem verletzten Batman, der nach seinem Unfall vom Tod des Jokers erfährt und sich nun der Frage stellen muss, ob er selbst etwas mit der Ermordung seines Erzfeindes zu tun hat.

Brian Azzarello zeigt in der Geschichte eine wahrhaftig düstere Episode aus Batmans Leben und lässt dabei sehr viel Spielraum für die eigenen Gedanken und welche Schlüsse man aus der Handlung zieht. Der Leser bleibt über die Vorgänge genauso im dunkeln wie der Titelheld selbst und ist somit auf die fragwürdigen Informationen des gaunerhaften Detektive John Constantine angewiesen, den Batman neben der Magierin Zatanna und Deadman zur Seite gestellt bekommt.

Die Story an sich kann noch nicht viel handfestes bieten, außer dem mysteriösen Tod des Jokers und dem Hinweis auf die Kindheit von Bruce Wayne, der in diesem Comic überhaupt nichts von ihrem Bilderbuchdasein anhaftet, bekommt der Leser noch nicht viel Handlung geliefert. Der Comic lohnt sich allerdings schon alleine aufgrund Bermejos beeindruckender Zeichenkunst, die vor allen Dingen auf den übergroßen Doppelseiten mit vielen Details und den realen Darstellungen brilliert. Ich bin auf jeden Fall schon sehr gespannt, was sich Azzarello und Bermejo für den Dreiteiler noch haben einfallen lassen und ob es ihnen gelingt der Handlung in den folgenden beiden Alben mehr Tiefe zu verleihen.

Fazit

Das Design des erste Bandes der »Batman Damned« Comic Trilogie überzeugt mit den grandiosen Zeichnungen Bermejos in düsteren und absolut mitreißenden Panels und hat lediglich storytechnisch etwas Nachholbedarf.

Bewertung vom 08.08.2019
Das Labyrinth des Fauns
Funke, Cornelia;Del Toro, Guillermo

Das Labyrinth des Fauns


ausgezeichnet

Beschreibung

Nach dem spanischen Bürgerkrieg ist Ofelias neuer Stiefvater mit seiner Truppe in einer Mühle, die in einem dichten Wald in den Bergen steht, stationiert. Zusammen mit ihrer hochschwangeren Mutter zieht Ofelia zu ihm auf die Station mitten im Nirgendwo. Fidal ist der erbarmungslose Capitan der Armee Francos und zeigt sich gegenüber Ofelia und ihrer Mutter betont gefühllos.

Das Mädchen Ofelia sucht Zuflucht im magischen Wald und folgt einem bezaubernden Feenwesen bis zu einem Labyrinth, wo sie dem mysteriösen Faun begegnet, der ihr drei Aufgaben stellt. Nur wenn sie die Prüfungen meistert, kann Ofelia als Prinzessin in das verzauberte Königreich zurückkehren.

Meine Meinung

Die phantastischen Bücher von Cornelia Funke begleiten mich schon seit der Kindheit und begeistern mit immer wieder mit abenteuerlichen Geschichten und kreativen Welten. Funkes neuer Roman »Das Labyrinth des Fauns« kann man zwar nicht mit anderen Werken der Autorin wie z. B. »Igraine Ohnefurcht« oder mit den »Tintenwelt« Büchern vergleichen und dennoch wohnt diesem Buch ein ganz besonderer Zauber inne. »Das Labyrinth des Fauns« entstand in Zusammenarbeit mit dem oscarprämierten Regiseur Guillermo del Toro und basiert auf seinem bereits 2006 veröffentlichten Fantasy-Filmes »Pans Labyrinth«.

Es mag ungewöhnlich erscheinen, dass in diesem Fall zuerst der Film entstand und auf dessen Grundmauern nun das Buch aufbaut, denn normalerweise basieren Filme zumeist auf einer Romanvorlage. Cornelia Funke hat sich der Herausforderung gestellt und ein ganz zauberhaftes Buch kreiert, bei dem sie sich zwar stark an den bekannten Film hält und dennoch mit ihren märchenhaften Einschüben ihren Stil in die Geschichte mit einbringt. Besonders brillant ist die Buchgestaltung zu diesem düsteren und fabelhaften Roman gelungen, unter dem dunklen blau-grünen Schutzumschlag der ein Mädchen im Wald zeigt auf dessen einen Seite die düstere Realität mit der Figur des Stiefvaters abgebildet ist und auf der anderen Seite die magische Welt mit dem Abbild des Faun zu sehen ist, kommt ein großes aufgedrucktes Bild der engen Umarmung von Faun und Mädchen zum Vorschein.

Die Story trägt sich zur Zeit nach dem spanischen Bürgerkrieg und der Machtergreifung durch den faschistischen Diktator General Francisco Franco zu. Ganz im Sinne der schrecklichen Zeit der nationalsozialistischen Diktatoren in Europa wird die Geschichte von einer unglaublich düsteren Atmosphäre durchflutet der man sich nicht entziehen kann. Die Brutalität und Gewalt im Kampf gegen die Rebellen ließ mir den Atem stocken und übertrifft in meinen Augen sogar noch die Grausamkeiten im Film. Daher komme ich zu einem Kritikpunkt bezüglich der Vermarktung des Romans, die das Buch Jugendlichen ab 14 Jahren empfiehlt. In meinen Augen ist die Geschichte aufgrund ihrer zahlreichen brachialen Szenen in der physische wie auch psychische Gewalt ausgeübt wird erst Lesern ab 16 Jahre zu empfehlen. (Die Filmvorlage ist übrigens auch mit einem FSK 16 Hinweis versehen.)

Die junge Ofelia fürchtet sich sehr vor ihrem neuen Stiefvater und kann überhaupt nicht verstehen warum ihre Mutter sich in eine solche Bestie verliebt hat. Auf sich alleine gestellt folgt das Mädchen einem feenartigen Wesen in den Wald und taucht in eine faszinierende und magische Fantasiewelt ein die ebenfalls durch die düstere Realität geprägt ist. Der Faun stellt Ofelia vor drei Prüfungen die sie zu meistern hat, bevor sie als unsterbliche Prinzessin in ihr Reich zurückkehren kann. Cornelia Funke ist es gelungen die magische Fantasiewelt noch mehr zum leuchten zu bringen als es der Film vermochte.

Das krönende Tüpfelchen sind auf jeden Fall die eingeflochtenen Märchenhaften Erzählungen, die Hand in Hand mit der Ursprungsgeschichte gehen und die phantastische Aura zusätzlich unterfüttern.

Fazit

Ein grandioser Roman der die Düsternis von Realität und kindlicher Fantasie ineinander verschwimmen lässt.

Bewertung vom 08.08.2019
Die Nickel Boys (eBook, ePUB)
Whitehead, Colson

Die Nickel Boys (eBook, ePUB)


sehr gut

Beschreibung

Der sechzehnjährige Elwood Curtis wächst in den 1960er Jahren in der rassistischen Gesellschaft Amerikas bei seiner Großmutter auf und ist großer Bewunderer von Martin Luther Kings Reden und Botschaften. Der junge Elwood ist ein guter Schüler und für ihn geht ein Traum in Erfüllung als er einen Platz am College der Schwarzen in Aussicht gestellt bekommt. Doch durch eine unglückliche Fügung gerät Elwood in ein gestohlenes Fahrzeug und wird ohne eine angemessene Gerichtsverhandlung in die Besserungsanstalt der Nickel Academy gesteckt. In der Anstalt steht neben dem offensichtlichen Rassismus jede Menge Gewalt und Missbrauch auf der Tagesordnung.

Meinung

Colson Whitehead bot seinen Leserinnen und Lesern bereits mit seinem fiktionalen Roman »Underground Railroad« eine Geschichte über den Rassismus zur Zeit der Sklaverei in Amerika, der tief unter die Haut geht. In seinem neusten Werk »Die Nickel Boys« behandelt der Autor noch einmal das Thema Rassismus, dieses Mal rückt die Geschichte allerdings etwas näher an die Gegenwart heran, denn Whitehead erzählt eine Geschichte, wie sie sich in den 1960er Jahre in Amerika zugetragen haben könnte.

Hauptprotagonist der Geschichte ist der junge Elwood Curtis, der mir mit seiner klugen, aufgeweckten und herzlichen Art sofort ans Herz gewachsen ist. In einer nüchternen und dennoch sehr ergreifenden Weise berichtet Colson Whitehead von dem Leben des Jungen Elwood, der sein Ziel, etwas aus sich zu machen und am College zu studieren fest vor Augen hat. Das Schicksal spielt im jedoch böse mit, als er unverschuldet in der Besserungsanstalt der Nickel Academy gesteckt wird. Der Schein eines Erziehungscamps trügt zuerst und wiegt Elwood gleichermaßen wie den Leser in Sicherheit. Schnell bekommt der Putz dieser scheinbaren Heile-Welt-Fassade jedoch Risse und beginnt zu bröckeln.

Schonungslos schildert Whitehead den Alltag, den Elwood Tag für Tag über sich ergehen lässt und skizziert die grässliche und willkürliche Gewalt, die nicht nur durch das Personal ausgeübt wird, sondern auch im Zusammenleben zwischen den Insassen aufflammt. Anstatt zielstrebig seine Träume realisieren zu können sitzt Elwood nun neben ungebildeten Mitschülern in Unterrichtsstunden fest, die meilenweit von seinem Wissensstand entfernt sind und verrichtet harte Arbeit auf dem Feld. Elwood lässt den Hass über sich ergehen und hält an seinem Optimismus fest, irgendwann einen Weg aus der Hölle des Nickel zu entkommen. Schon nach kurzer Zeit findet er in dem pragmatischen Waisenkind Turner einen guten Freund und gemeinsam schaffen sie sich Zeiten außerhalb des Nickel, wenn sie dem Personal dabei helfen die staatlichen Zuwendungen für die Anstalt schwarz weiterzuverkaufen.

Der Rassismus ist ein ständiger Begleiter zwischen den Zeilen. Besonders durch die leisen Töne kommt der Unterschied zwischen Schwarz und Weiß in der amerikanischen Gesellschaft in den 60er Jahren eindrücklich zum tragen. Seien es Extra Colleges für die Schwarzen oder Vergnügungsparks, Restaurants und Hotels die nur für die Weißen vorbehalten waren. Elwood hatte schon vor dem Nickel den Unterschied zwischen Schwarz und Weiß nur zu deutlich verspürt.

Colson Whitehead berichtet in einem Nachwort über die Entstehung des fiktionalen Romans und führt aus wie die realen Fakten auf der sein Roman beruht, erst 2014 der Öffentlichkeit offenbart wurden. Auf dem Gelände der ehemaligen Arthur G. Dozier School for Boys wurde bei archäologischen Ausgrabungen festgestellt, dass die Besserungsanstalt für jugendliche Straftäter nicht nur einen offiziellen Friedhof für die Leichen der Schüler besaß, sondern auch etliche Leichen geheim verscharrt wurden. Dieser Fund untermauert die Hinweise überlebender Schüler, die bereits seit Jahren auf die grausame Geschichte der Besserungsanstalt aufmerksam zu machen versuchten um den Tätern einer gerechten Strafe zuzuführen.

Fazit

Mit pointierten Worten trifft Colson Whitehead den Nerv des Lesers.