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Benutzername: 
dorli
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Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 14.11.2017
Das Flüstern im Watt
Kramer, Gerd

Das Flüstern im Watt


ausgezeichnet

Husum. Eine Entführungsserie hält die Polizei in Atem. Als Hauptkommissar Waldemar Flottmann und sein Kollege Gustav Hilgersen mit den Ermittlungen nicht vorankommen, bittet Flottmann den Musiker Leon Gerber um Unterstützung. Leon hat ein hochsensibles Gehör und ist in der Lage, anhand der Hintergrundgeräusche in einem Erpresservideo einen ungefähren Tatort zu bestimmen…

Gerd Kramer hat einen angenehm zu lesenden, sehr fesselnden Schreibstil – ich war schnell mittendrin im Geschehen und hatte schon nach wenigen Seiten das Gefühl, mit den Akteuren gut vertraut zu sein. Ich konnte durchweg prima mit den Ermittlern über Täter, Motive und Hintergründe mitgrübeln und miträtseln.

Besonders Leon Gerber hat mich mit seiner Begabung fasziniert und begeistert. Leons Umgang mit seiner Fähigkeit und die Art und Weise, wie er Töne und Laute entdeckt, empfindet und analysiert, werden vom Autor interessant und vor allen Dingen miterlebbar dargestellt. Der Musiker wird mit seiner intensiven Wahrnehmung von Geräuschen zu einer echten Bereicherung bei den Ermittlungen.

Die Kommissare Flottmann und Hilgersen bilden ein tolles Team. Das Miteinander des Ermittlerduos ist weder zu ernst noch zu locker, es wird viel geflachst, dennoch verlieren die beiden ihre Arbeit nicht aus den Augen.

Ganz hervorragend gelungen ist Gerd Kramer die Darstellung von Land und Leuten – nicht nur, dass ich mir dank der detailreichen Beschreibungen die Schauplätze in und um Husum sehr gut vorstellen konnte, der Autor hebt auch die Besonderheiten Nordfrieslands hervor und lässt lokale Begebenheiten sowie die Mentalität und die Eigenarten der Küstenbewohner in die Handlung einfließen. Ein paar plattdeutsche Einwürfe runden den Krimi perfekt ab.

„Das Flüstern im Watt“ hat mir sehr gut gefallen – ein abwechslungsreicher, gut durchdachter Krimi, der von der ersten bis zur letzten Seite kurzweilige, spannende Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 13.11.2017
Tod an der Wien
Maly, Beate

Tod an der Wien


ausgezeichnet

Wien, 1900. Im Johannesgymnasium, einem Internat für die Söhne reicher und angesehener Bürger, werden die Schüler auf das Übelste schikaniert und malträtiert. Eines Nachts stürzt der besonders gefürchtete Professor Johanni im Beisein zweier Schüler von der Galerie hinab in die Halle…

Zeitsprung. Im Februar 1923 wird im Theater an der Wien die neue Operette von Franz Lehár uraufgeführt. Am Morgen nach der Premiere wird die Hauptdarstellerin Hermine Egger tot im Schacht eines Bühnenaufzugs gefunden. Ernestine Kirsch ist fassungslos und will nicht glauben, dass die von ihr so bewunderte Operettendiva einem Unfall zum Opfer gefallen sein soll. Während die Polizei von einem tragischen Unglück ausgeht und den Fall schnell zu den Akten legt, entdeckt Ernestine einige Unstimmigkeiten - für die quirlige Hobbyermittlerin ist die Unfalltheorie schnell vom Tisch, sie ist davon überzeugt, das Hermine ermordet wurde…

In ihrem historischen Kriminalroman „Tod an der Wien“ nimmt Beate Maly den Leser mit auf eine spannende Reise in die 1920er Jahre nach Wien. Dank der detailreichen Beschreibungen der Schauplätze und den ausführlichen Schilderungen von Ereignissen und Stimmung ist man schnell mittendrin im Geschehen – sowohl der Charme, den Zeit und Ort zu bieten haben, als auch die Probleme, die die Menschen in der Zwischenkriegszeit beschäftigt und bewegt haben, werden in die Handlung miteinbezogen. Trotz der anhaltenden Armut, die der Große Krieg den Menschen beschert hat, blüht das kulturelle Leben der Stadt langsam wieder auf, es werden wieder Feste gefeiert, man geht ins Theater oder trifft sich in einem der zahlreichen Kaffeehäuser.

Beate Maly kann nicht nur mit Zeit- und Lokalkolorit punkten, auch die Ermittlerin, die die Autorin ins Rennen schickt, hat mich durchweg begeistert. In feinster Miss-Marple-Manier versucht die pensionierte Lehrerin Ernestine Kirsch Licht in das Dunkel um den Tod der Operettensängerin zu bringen. Ernestine ist aufmerksam und umsichtig, sie weiß genau, wie sie ihren Mitmenschen die gewünschten Informationen entlocken kann, sie hinterfragt alles und kann zudem ausgezeichnet kombinieren und schlussfolgern. Unterstützt wird sie von ihrem guten Freund, dem Apotheker im Ruhestand Anton Böck. Anton, passionierter Hobbykoch und begeisterter Kaffeehausbesucher, lässt sich immer wieder breitschlagen, die abenteuerlustige Ernestine bei ihren vielfältigen und manchmal auch gefährlichen Unternehmungen zu begleiten.

„Tod an der Wien“ ist eine gut ausbalancierte Mischung aus Spannung und Historie - Ernestine und Anton sind ein herrliches Gespann, es hat großen Spaß gemacht, die Ermittlungen der beiden zu verfolgen.

Bewertung vom 10.11.2017
Bibergeil
Hirschmann, Inge

Bibergeil


sehr gut

Es könnte recht beschaulich zugehen in dem kleinen Markt Hallerbach an der bayerisch-tschechischen Grenze, wenn nicht ein nagendes Problem das Idyll stören würde: Biber treiben am Hallerbach ihr Unwesen. Sie zerstören den Uferdeich und sind besonders den Landwirten ein Dorn im Auge.

Altbauer Firmian Koberer hat die Nase voll von den ständigen Diskussionen darüber, wie man die lästigen Biester vertreiben könnte – er schreitet zur Tat und sprengt den Biberdamm mit einem gewaltigen Knall in die Luft. Womit er nicht gerechnet hat: aus dem talwärts rauschenden Gestrüpp ragt eine menschliche Hand samt Armknochen! Der Altbauer wähnt sich als Mörder. Als dann kurze Zeit später auf der Biberburg ein Toter gefunden wird, gerät die Welt der Hallerbacher vollends ins Wanken und Kommissar Karl Holzinger hat plötzlich alle Hände voll zu tun - dabei hat er eigentlich genug eigene Probleme…

Inge Hirschmann versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil ausgezeichnet, den Leser in ihren Bann zu ziehen, trotz mehrerer Handlungsstränge und einer Vielzahl an Akteuren war ich schnell mittendrin im Geschehen. Die Geschichte wird spannend erzählt und lädt zum Mitgrübeln und Miträtseln über Täter, Hintergründe und Zusammenhänge ein.

Der Krimi kommt zwar nicht mit nervenaufreibender Höchstspannung daher, kann dafür aber umso mehr mit ganz viel Humor und einer großen Portion Lokalkolorit punkten. Die Eigenarten und Besonderheiten von Land und Leuten werden von der Autorin unterhaltsam beschrieben und nicht nur die Schwierigkeiten, die das Zusammenleben von Mensch und Biber mit sich bringt, kommt zur Sprache, auch andere Probleme der Region werden hervorgehoben - der Drogenhandel im grenznahen Gebiet zu Tschechien ist zum Beispiel genauso ein Thema, wie die dreisten Machenschaften von Autoschieberbanden.

Das Lesen und Mitermitteln hat Spaß gemacht - „Bibergeil“ ist ein humorvoller Krimi, in dem die eine oder andere Überraschung und vor allen Dingen ein nicht ganz alltäglicher Kommissar dafür sorgen, dass keine Langeweile aufkommt.

Bewertung vom 08.11.2017
Die Fallstricke des Teufels / Teufels-Trilogie Bd.1
Stöhr, Heike

Die Fallstricke des Teufels / Teufels-Trilogie Bd.1


ausgezeichnet

Pirna, 1541. Die 19-jährige Kaufmannstochter Sophia Weyner kehrt nach acht Jahren Aufenthalt bei Verwandten in Leipzig zurück in ihre Heimatstadt. Die Halbwaise sollte im Haushalt ihrer Tante die Tugenden einer ehrbaren und rechtschaffenen Hausfrau lernen, fand es allerdings viel spannender, sich von dem Vater ihrer Tante, einem alten Professor, in Latein, Astronomie und Philosophie unterrichten zu lassen. In Sophias Gepäck befand sich unter anderem ein altes Buch mit rätselhaften Schriftzeichen, dass sie einst aus dem Kontor ihres Vaters entwendet hat. Gemeinsam mit ihrem Großonkel hat sie versucht, die Worte zu entschlüsseln, die beiden sind jedoch gescheitert…

In einem zweiten Handlungsstrang lernt man Wolf Schumann kennen. Wolf erfährt von seinem leiblichen Vater, einem Mönch, dass dieser vier Kisten mit Kirchenschätzen und eine Kiste mit einem Buch, das angeblich ein Rezept für ewiges Leben enthält, im Weinberg des Klosters vergraben hat. Der alte Pater weist seinen Sohn an, die Kisten auszugraben und dem Bischof zu übergeben. Wolf beschließt, den Schatz als Entschädigung für seine freudlose Kindheit zu behalten und beginnt danach zu suchen, findet jedoch nur eine Kiste. Den Inhalt zu Geld gemacht, versucht er den Verbleib der anderen Kisten zu ermitteln, besonders das geheimnisvolle Buch will er unbedingt in seinen Besitz bringen…

Heike Stöhr wartet in ihrem historischen Roman „Die Fallstricke des Teufels“ mit einer tollen Mischung aus Spannung, Historie und Romantik auf. Die Autorin hat eine Fülle wahrer Begebenheiten in ihre Geschichte eingeflochten und zeichnet damit ein sehr facettenreiches und glaubwürdiges Bild von Zeit und Ort. Vieles, was die Pirnaer Mitte des 16. Jahrhunderts tatsächlich beschäftigt und bewegt hat, findet man in der Handlung wieder. Sei es nun das tägliche Allerlei, die Bräuche, die medizinische Versorgung, die Arbeiten auf der Baustelle der Marienkirche, die schwere Tätigkeit der Bomätscher, die Aufgaben des Rates und besonders des Stadtschreibers oder auch der Ablauf einer Hinrichtung oder die Gestaltung von Hochzeiten. Auch die politische Lage und den Aberglauben der Menschen spart die Autorin nicht aus, selbst die rätselhaften Todesfälle, in deren Ermittlungen Sophia im Verlauf der Handlung unversehens rutscht, hat es wirklich geben.

Heike Stöhr erzählt sehr unterhaltsam, jede Szene wirkt lebendig und ist fesselnd, so dass ich nicht nur ruckzuck mittendrin im Geschehen war und mir die Handlungsorte und die vorherrschenden Gegebenheiten bestens vorstellen konnte, ich konnte auch durchweg prima mit den Akteuren mitfiebern und miträtseln.

Die Figuren wirken allesamt echt, sie sind ausdrucksstark und haben Persönlichkeit, zeigen Emotionen und handeln entsprechend ihren Eigenheiten. Es war äußerst spannend, ihre Wege zu verfolgen und es hat Spaß gemacht, ihr Miteinander und Gegeneinander zu beobachten.

„Die Fallstricke des Teufels“ hat mich rundum begeistert. In ihrem Nachwort schreibt die Autorin, dass sie eine spannende Geschichte erzählen und sich dabei möglichst eng an belegbare historische Fakten halten wollte – das ist ihr eindrucksvoll gelungen. Absolute Leseempfehlung für alle, die gerne gut recherchierte historische Romane lesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.11.2017
Veilchens Rausch / Valerie Mauser Bd.4
Fischler, Joe

Veilchens Rausch / Valerie Mauser Bd.4


ausgezeichnet

Innsbruck/Umbrüggler Alm. Nach einem rauschenden Fest der Immobiliengesellschaft Tyrovalue wird die Kellnerin Victoria Schwarz ermordet aufgefunden. Ein mutmaßlicher Täter ist schnell gefunden: Landeshauptmann Hubertus Freudenschuss. Der Landesvater soll kurz vor Ende der Feier einen heftigen Streit mit dem Opfer gehabt haben…

Valerie „Veilchen“ Mauser - nach ihrem letzten Fall auf Bewährung in den Polizeidienst zurückgekehrt - muss sich im LKA ihrem ehemaligen Partner und jetzt Vorgesetzten Nikolaus Geyer unterordnen. Geyer, dem seine neue Leitungsfunktion zu Kopf gestiegen ist, bremst Veilchens prompt erwachten Spürsinn zunächst einmal aus, muss dann jedoch erkennen, dass es in dem neuen Fall ohne Veilchen einfach nicht geht…

„Veilchens Rausch“ ist bereits der vierte Fall für die toughe Ermittlerin des LKA Tirol und ihre muntere Ermittlertruppe - und auch in diesem Band ist Joe Fischler die Verknüpfung von Spannung und Humor hervorragend gelungen.

Der Autor erzählt die Geschichte mit viel Pep und Schwung und präsentiert eine lebhafte Ermittlerin, die mich mit der Art, wie sie die Dinge anpackt, einmal mehr rundum überzeugt hat. Veilchen stößt bei den Mordermittlungen auf einen Sumpf aus Korruption, Amtsmissbrauch, miesen Finanzgeschäften und Betrug – die erfahrene Polizistin bekommt es mit einem fast übermächtigen Gegner zu tun, lässt sich jedoch von der geballten Macht der örtlichen High Society nicht beeindrucken und weiß sich am Ende durchzusetzen. Das große Finale offenbart schließlich einen Täter, mit dem ich ganz und gar nicht gerechnet habe.

Ausnehmend gut gefallen hat mir wieder der lässige Umgangston zwischen den Akteuren. Die Dialoge sind mit viel Wortwitz gespickt und besonders Veilchen wurden viele lockere Sprüche und bissige Kommentare in den Mund gelegt.

„Veilchens Rausch“ hat mich durchweg begeistert – ich konnte mit Veilchen & Co. mitfiebern und miträtseln und wurde zudem durch eine großzügige Portion Humor bestens unterhalten.

Bewertung vom 19.10.2017
Mausetot im Mausoleum
Minck, Lotte

Mausetot im Mausoleum


ausgezeichnet

Loretta Luchs hat ganz arg an der Trennung von Pascal zu knabbern. Das bemerken auch ihre Freunde und versuchen, Loretta für ein neues Hobby zu begeistern: Fotografieren! Auf der Pirsch nach besonders schönen Motiven begegnet ihr im nebligen Park Hobbyfotograf Stefan. Die beiden kommen ins Gespräch und verabreden sich für eine Fotosession auf einem uralten Friedhof. Als Loretta am Treffpunkt erscheint, liegt Stefan umgeben von Grablichtern auf einer Steinbank im Mausoleum. Loretta vermutet eine grandiose Inszenierung ihres neuen Bekannten und knipst munter drauf los - bis sie begreift, dass Stefan kein Theater spielt, sondern mausetot aufgebahrt vor ihr liegt…

Noch eine weitere Angelegenheit beschäftigt Loretta derzeit: sie erhält rätselhafte Blumengrüße – eigentlich eine nette Geste, doch als sich der geheimnisvolle Blumenbote als hinterlistiger Stalker entpuppt, der vor nichts zurückschreckt, wird Loretta angst und bange…

„Mausetot im Mausoleum“ ist bereits der neunte Fall für Loretta Luchs – diese Krimödie kommt im Gegensatz zu ihren Vorgängern etwas weniger turbulent daher. Aber das Ende einer Beziehung ist eben kein Spaß und daher passen die ruhigeren Töne in dieser Geschichte ganz wunderbar. Lorettas trübselige Stimmung wirkte sehr authentisch und natürlich auf mich. Trotz Liebeskummer hat Loretta aber ihren Wortwitz nicht verloren und wartet immer wieder mit den für sie typischen lockeren Sprüchen auf.

Eigentlich wollte Loretta ja die Finger vom Ermitteln lassen, aber das ist leichter gesagt, als getan. Die Kriminalfälle scheinen es einfach auf sie abgesehen zu haben, da gibt es kein Entrinnen. Und so schlittert sie auch diesmal unversehens in eine äußerst gefährliche Situation und ist auf die Hilfe ihrer Freunde angewiesen.

Loretta wird in diesem Band nicht nur mit der Sprache der Blumen konfrontiert, sie macht auch einen Ausflug in die Astrologie. Sie lernt Stella Albrecht kennen, die – anders als von Loretta vermutet – nicht mit wirren Prophezeiungen und Hokuspokus aufwartet, sondern Loretta und damit auch dem Leser einen durchaus interessanten Einblick in die Welt der Sterne bietet.

„Mausetot im Mausoleum“ hat mir sehr gut gefallen. Es hat großen Spaß gemacht, Loretta durch ihren neunten Fall zu begleiten - ich freue mich jetzt schon auf ihr nächstes Abenteuer.

Bewertung vom 18.10.2017
Miss Daisy und der Tote auf dem Eis / Miss Daisy Bd.1
Dunn, Carola

Miss Daisy und der Tote auf dem Eis / Miss Daisy Bd.1


sehr gut

England, Januar 1923. Die 25-jährige Daisy Dalrymple arbeitet als Journalistin für die Zeitschrift „Town and Country“ und soll einen Bericht über das idyllisch gelegene Gut Wentwater Court schreiben. Am Morgen nach ihrer Ankunft nimmt Daisy eine Einladung zum Schlittschuhlaufen auf dem nahe gelegenen See an. Kaum dort angekommen, machen Daisy und ihre Begleiter eine grausige Entdeckung: im Schatten einer Brücke ist das Eis gebrochen und ein Mann hängt kopfüber im dunklen Wasser – tot. Was zunächst wie ein Unfall aussieht, lässt nach genauerem Hinsehen einen Mord vermuten. Daisy nimmt gemeinsam mit Chief Inspector Alec Fletcher von Scotland Yard die Ermittlungen auf…

In ihrem historischen Kriminalroman „Miss Daisy und der Tote auf dem Eis“ nimmt Carola Dunn den Leser mit auf eine Reise in die Goldenen Zwanziger. Ruckzuck ist man mittendrin im Geschehen und fühlt sich dank der detailreichen Beschreibungen und ausführlichen Schilderungen von Landschaft, Gesellschaft und Stimmung an einen Ort versetzt, der an das klassische englische Landleben erinnert.

Die Ruhe und Beschaulichkeit dieses Idylls spiegelt sich auch in dem Kriminalfall wider. Keine atemlose Höchstspannung oder bluttriefende Details – die Ermittlungen verlaufen in ruhigen Bahnen und es geht eher gemütlich zu. Fragen stellen, Hinweisen nachgehen, beobachten und spekulieren – so versuchen Daisy und Inspector Fletcher nach und nach dem Täter auf die Spur zu kommen.

Daisy ist mir schnell ans Herz gewachsen. Sie stammt aus wohlhabendem Hause, lässt sich aber nicht in eine vorbestimmte Rolle pressen. Sie will ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, ist gewieft, voller Tatendrang und unterstützt den sympathischen Inspector Fletcher ganz ausgezeichnet. Es hat Spaß gemacht, dieses ungleiche Ermittlerduo kennenzulernen, sie bei ihrer Spurensuche zu begleiten und mit ihnen mitzurätseln und mitzugrübeln.

„Miss Daisy und der Tote auf dem Eis“ hat mir sehr gut gefallen. Die gut ausbalancierte Mischung aus Spannung, Historie und ein bisschen Romantik eingebettet in das behagliche Ambiente des englischen Landadels lässt sich angenehm flott lesen und hat mir ein paar unterhaltsame Lesestunden beschert. Leser, die die Krimis von Agatha Christie mögen, werden auch von Miss Daisy begeistert sein.

Bewertung vom 18.10.2017
Heimat meines Herzens
Pella, Judith

Heimat meines Herzens


ausgezeichnet

„Heimat meines Herzens“ ist der vierte und abschließende Band der Sturmzeiten-Reihe. Die letzte Etappe der Geschichte rund um Cameron, Blair und Jackie Hayes beginnt im April 1946 - der Kalte Krieg greift um sich, die Spannungen zwischen Westmächten und Ostblock werden immer stärker.

Für Cameron und Alex bedeutet dies, dass sie, durch den Eisernen Vorhang getrennt, ihren ersten Hochzeitstag nicht gemeinsam verbringen können. Die zahlreichen von Alex gestellten Ausreiseanträge wurden abgelehnt, Cameron hat auf ihre vielen Visaanträge nicht einmal eine Antwort erhalten. Als sich für Alex unerwartet eine Möglichkeit auftut, die Sowjetunion zu verlassen, zögert er daher nicht und lässt sich auf einen folgenschweren Handel ein…

Jackie vermisst Sam immer noch sehr. Sie fühlt sich allein und sehnt sich nach einem Mann, der ihre Einsamkeit vertreibt und ihrer halbjapanischen Tochter Emi ein guter Vater ist. Trotz vieler Verabredungen stellt es sich jedoch als schwierig heraus, jemanden zu finden, mit dem sie sich eine Beziehung vorstellen könnte…

Blair lebt mittlerweile mit ihrem Mann Gary in Washington. Gary hat nach Kriegsende schnell eine Stelle im Pentagon bekommen. Finanziell geht es den beiden gut, doch die grausigen Erlebnisse während ihrer Zeit auf den Philippinen wirken nach und der bisher unerfüllte Wunsch nach einem weiteren Kind macht besonders Blair zu schaffen…

Judith Pella hat ihre Protagonisten im Laufe der Jahre viel durchmachen lassen und hört auch in diesem Band nicht damit auf, ihre Akteure in Extremsituationen zu katapultieren. Diesmal ist es Alex, der, nachdem er bei einer geheimdienstlichen Aktion aufgeflogen ist, Gewalt und Folter zu spüren bekommt. Für Cameron, die überraschend eine Möglichkeit bekommt, nach Moskau zu reisen und von ihren Schwestern und Gary begleitet wird, beginnt eine lange Zeit des Hoffens und Bangens.

Neben den Hauptprotagonisten bereichern auch zahlreiche Nebenfiguren die Handlung – einer sticht dabei besonders hervor: Oberst Anatoli Bogorodsk. Der Beamte des MWD entpuppt sich als ein Mann, dem die menschlichen Tugenden und Werte wichtig sind und der sich trotz möglicher persönlicher Konsequenzen gegen ein fast übermächtiges System stellt.

Judith Pella gelingt es ganz hervorragend, die vorherrschende Stimmung der Nachkriegszeit wiederzugeben und auf den Leser zu übertragen. Die beängstigende Atmosphäre des Kalten Krieges ist durchweg deutlich zu spüren, besonders die Skrupellosigkeit der Geheimdienste wird von der Autorin intensiv geschildert.

„Heimat meines Herzens“ hat mich genauso begeistert, wie auch schon die vorhergehenden Bände. Die Sturmzeiten-Reihe hat mir nicht nur spannende, unterhaltsame Lesestunden beschert, sondern mir auch facettenreiche Einblicke in den Verlauf des Zweiten Weltkrieges ermöglicht. Es war interessant und mitreißend, die Hayes-Schwestern kennenzulernen, sie auf ihrem Weg durch eine ereignisreiche, aufwühlende Zeit zu begleiten und Verzweiflung, Angst und Schrecken, aber auch Glück und Freude mit ihnen zu teilen.

Bewertung vom 16.10.2017
Luzerner Totentanz
Mansour, Monika

Luzerner Totentanz


ausgezeichnet

Luzern zur Weihnachtszeit. Im Männliturm wird ein junges Mädchen gefunden - betäubt, auf Stroh gebettet, wie ein Engel zurechtgemacht. An den Wänden des Turms befinden sich mit Blut gemalte okkulte Zeichen und Symbole. Das Mädchen erholt sich schnell, spricht jedoch nicht. Noch während die polizeilichen Ermittler Cem Cengiz und Barbara Amato gemeinsam mit dem Journalisten Marius van Roijen, einem Experten für Okkultes und Hexentum, versuchen, Licht in das Dunkel dieses mysteriösen Falls zu bringen, wird ein weiteres Entführungsopfer entdeckt…

„Luzerner Totentanz“ ist bereits der vierte Fall für das Ermittlerteam rund um Cem Cengiz – obwohl ich die vorhergehenden Bände nicht kenne, war ich schnell mit den Figuren vertraut und hatte nicht das Gefühl, dass mir Informationen zum Verständnis dieses Krimis gefehlt haben.

Monika Mansour versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil ausgezeichnet, den Leser in den Bann ihrer Geschichte zu ziehen. Ruckzuck war ich mittendrin im Geschehen und habe alles geboten bekommen, was für mich zu einem unterhaltsamen Krimi dazugehört: eine fesselnd erzählte Geschichte, deren Spannungskurve durchgehend auf einem hohen Niveau bleibt und die mir durch offene Fragen und unerwartete Wendungen viel Platz zum Miträtseln und Mitgrübeln über Täter, Motive, Zusammenhänge und Hintergründe gegeben hat.

Nicht nur der spannende Kriminalfall hat mich schnell gepackt, auch das Personal, das Monika Mansour ins Rennen schickt, hat mich begeistert. Die Autorin verleiht ihren Figuren schnell eine Persönlichkeit, die Akteure werden ausnahmslos interessant und vielschichtig präsentiert und handeln durchweg entsprechend der ihnen zugeschriebenen Eigenschaften. Außerdem gelingt es Monika Mansour hervorragend, die Emotionen ihrer Protagonisten wiederzugeben, so dass ich mit allen Akteuren mitfühlen und mitfiebern konnte. Die Dialoge sind lebhaft und aufgrund des verbalen Kräftemessens zwischen Cem und Marius zudem äußerst amüsant.

Ganz besonders punkten kann Monika Mansour mit dem Lokalkolorit. Nicht nur, dass ich mir dankt der ausführlichen Beschreibungen alle Schauplätze sehr gut vorstellen konnte, die Autorin hebt auch die Besonderheiten Luzerns hervor, indem sie aus historischen Sehenswürdigkeiten Tatorte macht. Hinzu kommt die Einbindung einer Sage des Kantons Luzern, laut der in uralter Zeit eine Hexe - die Sträggele - in den dunklen Nächten vor Weihnachten kleine Mädchen geraubt hat.

Die aktuelle „Sträggele“ agiert nicht nur äußerst raffiniert und folgt einem perfekt ausgeklügeltem Plan, sie führt mit ihrem Tun auch Ermittler und Leser gleichermaßen an der Nase herum, so dass bis zum Schluss nicht klar ist, wer hier wirklich für die Taten verantwortlich ist.

„Luzerner Totentanz“ hat mich durchweg begeistert. Die abwechslungsreiche, gut durchdachte Handlung bietet spannende, kurzweilige Unterhaltung.

Bewertung vom 04.10.2017
Die Salbenmacherin und die Hure / Die Salbenmacherin Bd.3
Stolzenburg, Silvia

Die Salbenmacherin und die Hure / Die Salbenmacherin Bd.3


ausgezeichnet

Nürnberg im Sommer 1409. Eine ungewöhnliche Hitzeperiode lässt die Nürnberger schwitzen. Die dadurch schon gereizte Stimmung bekommt zusätzlichen Zündstoff, als eine bestialisch zugerichtete Leiche am Ufer der Pegnitz an Land gespült wird. Als wenige Tage später von einem Werwolf die Rede ist, schlägt die Aufregung in Panik und Hysterie um. Selbsternannte Werwolfjäger haben schnell einen Schuldigen gefunden. Der angebliche Dämon wird ruckzuck verurteilt und hingerichtet – doch nach kurzer Zeit des Aufatmens verkünden die schrillenden Alarmglocken ein weiteres Opfer und versetzen die Bürger erneut in Aufruhr…

„Die Salbenmacherin und die Hure“ ist bereits der dritte Band rund um die Salbenmacherin Olivera – dieser Teil der Reihe ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Silvia Stolzenburg wartet auch in diesem Band wieder mit einer tollen Mischung aus Historie, Spannung und Abenteuer auf. Mit ihren detailreichen Beschreibungen und ausführlichen Schilderungen zeichnet die Autorin ein facettenreiches und glaubwürdiges Bild der damaligen Zeit. Jede Szene wirkt lebendig und ist fesselnd, so dass ich nicht nur schnell mittendrin im Geschehen war, sondern auch durchweg bestens mit den Akteuren mitfiebern und miträtseln konnte.

Olivera tritt diesmal - zumindest was die Suche nach dem Mörder angeht - ein wenig in den Hintergrund. Es sind vor allem ihr Laufbursche Jona und dessen Freund Casper, die sich auf die Suche nach dem vermeintlichen Werwolf machen. Die Jungs sind so euphorisch und übermütig, wie es Halbwüchsige wohl in jedem Jahrhundert sind, wenn sich ein spannendes Abenteuer auftut. Trotz offensichtlicher Gefahren können die beiden ihren Tatendrang nicht im Zaum halten und sind davon überzeugt, den Werwolf rasch dingfest machen zu können.

Auch die 16-jährige Gerlin hat einen Verdacht, um wen es sich bei dem Werwolf handeln könnte. Doch wer glaubt schon einer Hure? Selbst die stets aufgeschlossene Olivera will zunächst nicht wahrhaben, was die junge Frau ihr erzählt…

In einigen Kapiteln kommt der Werwolf selbst zu Wort. Man erfährt, was diesen grausamen Kerl antreibt und wie er tickt, während man ihn bei seinen Missetaten begleitet. Nur seine wahre Identität, die bleibt natürlich bis zum Schluss verborgen.

„Die Salbenmacherin und die Hure“ hat mich durchweg begeistert. Die abwechslungsreiche, glaubwürdige Handlung ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend und hat mir ein paar sehr unterhaltsame Lesestunden beschert.