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miss.mesmerized
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Deutschland
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Bewertungen

Insgesamt 1245 Bewertungen
Bewertung vom 21.11.2020
Take Me Apart
Sligar, Sara

Take Me Apart


ausgezeichnet

Journalist Kate flees New York and her job and hopes to have a new start in Callinas close to San Francisco where she is staying with her aunt while working as an archivist for Theo Brand. He is the son of the famous photographer Miranda Brand whose legacy has been stored unattended in their home for more than two decades. Even though Theo is quite reserved, Kate gets on well immediately with his kids Oscar and Jemima; the deeper she digs into Miranda’s work and story, the more fascinated she becomes. Spending hours daily at the Brand home ultimately also brings her closer to Theo and makes her challenge her luck: he explicitly prohibited her from accessing some parts of the home which he considered strictly private. Kate cannot resist and thus finds Miranda’s diary which sheds a completely new light on the artist and her mysterious death.

It only took me a couple of pages to be totally enthralled by the story. Sara Sligar’s debut is a clever combination of an extraordinary artist’s (fictitious) biography, a crime novel and also feminist psychological thriller. Miranda’s death is the central aspect which Kate investigates, but what I found much more interesting was, on the one hand, how Miranda’s relationship with her obsessive-aggressive husband develops and, on the other, how Kate, herself just having recovered from an episode of mental struggles, reacts to it and becomes increasingly fixated. A brilliant study of two female characters who try to cope with psychological issues and being misunderstood by the world around them.

“I must figure out how to be exactly the right level of insane.”

The crime part of the novel is not that obvious from the beginning, it develops slowly and is surely reinforced by Kate’s prying in Theo’s home. It does not seem to make sense why he hides important information from her while paying her to sort out his mother’s legacy. Their getting closer over the time, not surprisingly, makes things even more complicated.

Even though some serious topics are addressed, Sara Sligar keeps a light tone and works on suspense rather than having the novel turn into a too melodramatic story. Added to this, her characters are not just black or white but give an authentic representation of the complex layers of grey which exist when it comes to relationships, violence and mental issues.

Bewertung vom 20.11.2020
Olympia / Kommissar Gereon Rath Bd.8 (eBook, ePUB)
Kutscher, Volker

Olympia / Kommissar Gereon Rath Bd.8 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

1936, die ganze Welt blickt nach Berlin für ein perfekt orchestriertes Spektakel: mit den Olympischen Spielen wollen Hitler und seine Gefolgsleute nicht den Geist des friedlichen gemeinsamen Wettkampfs feiern, sondern ihre Vorherrschaft zelebrieren. Gereon Rath und seine Frau Charly erkennen ihre Stadt nicht wieder. Statt der berühmten abweisenden Schnodderigkeit herrscht gespielte Freundlichkeit und Weltoffenheit. Dazu passt ein Mord an einem amerikanischen Schwimmfunktionär so gar nicht, weshalb Rath vom LKA in die Polizeistation im Olympiadorf versetzt wird, um unauffällig zu ermitteln. Bald schon ist es jedoch eine ganze Serie von auffälligen, tödlich endenden Unfällen, die den Oberkommissar beschäftigen; offenbar gibt es eine Verbindung zu seinem alten Bekannten, den Unterweltkönig Johann Marlow.

Im nunmehr achten Band um den widerspenstigen Berliner Ermittler steht alles im Licht des sportlichen Großereignisses. Was ein großer Spaß sein sollte, wird gnadenlos instrumentalisiert, um die globale Öffentlichkeit zu täuschen, während hinter der Fassade und für die Bürger durchaus sichtbar der große Plan der Weltherrschaft weitergetrieben wird. Für mich der atmosphärisch stärkste Roman der Reihe, zeigt er doch, wie einerseits die Spiele faszinieren und vergessen lassen und wie andererseits die Menschen trotz der sichtbaren Veränderungen nicht glauben können und wollen, was in Deutschland vor sich geht. Immer noch sind sie davon überzeugt, es nur mit einem temporären Phänomen zu tun zu haben, auch wenn Charly zu zunehmend klarer wird, dass für sie und Gereon in diesem Land kein Platz mehr ist und sie vorsorgen müssen.

Die beiden Kriminalfälle sind jeder auf seine Weise clever konstruiert, die Serie an Unfällen greift geschickt alte Handlungsfäden wieder auf, der Mordfall im Olympiadorf besticht durch seine Doppelbödigkeit, die lange versteckt bleibt und am Ende nochmals in tiefe menschliche Abgründe blicken lässt. Gewohnt stark die Figuren Gereon und Charlotte, die beide starrköpfig und clever auf ihre Weise mit der sich zuspitzenden Situation umgehen und das Regime unterwandern.

Einmal mehr gelingt es Volker Kutscher historische Erlebnisse und Spannung überzeugend zu kombinieren und so fesselt der Roman trotz der Länge durchweg.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.11.2020
Wolfssommer / Hanna Wester Bd.1
Rosenfeldt, Hans

Wolfssommer / Hanna Wester Bd.1


sehr gut

Nahe der kleinen Stadt Haparanda im schwedisch-finnischen Grenzgebiet wird eine tote Fähe nebst Jungtier gefunden. Das allein ist schon ungewöhnlich, seltsamer wird es jedoch, als man in ihrem Magen menschliche Überreste findet. Diese gehören zu einem Opfer eines jenseits der Grenze eskaliertem Drogendeals, der sich nun nach Schweden verlagert und der ansonsten so beschaulichen Stadt nicht nur zahlreiche Tote, sondern auch eine ganze Reihe unangenehmer Zeitgenossen einbringt, die nur die vorher gegebene Ordnung wieder herstellen und sowohl die Drogen wie das auch das dazugehörige Geld zurück zu seinem Besitzer bringen wollen.

Hans Rosenfeldt zählt seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten schwedischen Thriller Autoren, mit Michael Hjorth hatte er die Reihe um den Profiler Sebastian Bergman erschaffen. „Wolfssommer“ ist sein erster Roman in Eigenregie, der als Auftakt zu einer Serie um die Polizistin Hannah Wester angekündigt ist. Diese ermittelt in den komplizierten Fall, wird dabei aber immer wieder auch von privaten Problemen überrollt.

Obwohl Haparanda mit seinen nicht mal 10.000 Einwohnern idyllisch im Norden Schwedens liegt, bleibt die Stimmung nicht lange friedlich. Rosenfeldt spannt den Leser nicht lange auf die Folter, sondern startet gleich brutal und setzt dies mit der Figur der russischen Profikillerin Katja auch noch fort. So abgebrüht diese ist, fand ich ihre lakonische Art, mit der sie die unerwarteten Rückschläge in ihrem Auftrag kommentiert, einfach herrlich. Statt unnahbar kalt zu wirken, verleiht der Autor ihr eine unerwartet menschliche Seite. Ebenso der Polizistin Hannah, bei der nicht so sehr die analytischen Fähigkeiten als ihre Fähigkeit für feine Schwingungen und Veränderungen hervorstechen.

An mancher Stelle empfand ich den Fall geradezu aberwitzig, was jedoch insbesondere mit der Figur von Katja durchaus gut zusammenspielte; ganz entfernt erinnert das Szenario an den herrlichen Film „Burn After Reading“ der Coen Brüder, in dem ebenfalls plötzlich Nobodys mit den großen Gangstern und Agenten mitmischen, zufällige Glückstreffer landen und so einiges daneben geht.

Eine komplizierte Geschichte mit interessant bis kuriosen Figuren, die spannend und mit hohem Tempo routiniert erzählt wird.

Bewertung vom 15.11.2020
Asterix - Der Goldene Hinkelstein
Uderzo, Albert;Goscinny, René

Asterix - Der Goldene Hinkelstein


sehr gut

Dorf-Barde Troubadix hat beschlossen, beim Wettbewerb um den besten Sänger Galliens teilzunehmen und träumt davon, als Sieger den Goldenen Hinkelstein mit nach Hause nehmen zu können. Asterix und Obelix ahnen Schlimmstes und begleiten den wenig talentierten Barden vorsichtshalber. Diese Weitsicht zahlt sich aus, denn bei Troubadix desaströsem Auftritt kommt es zugleich zu Tumult. Doch dies ist nur eine Gefahr, die dem Sänger droht: ein römischer General wünscht einen privaten Barden zu seiner Unterhaltung und schickt entsprechend Legionäre aus, die zielsicher den schlechtesten Sänger von Aremorica einpacken.

„Der Goldene Hinkelstein“ ist ein Sonderband innerhalb der Reihe um das widerspenstige gallische Dorf. Im Original erschien der Text 1967 mit dem Titel „Le Menhir D’Or“ als Schallplatte mit Begleitheft und wurde nun nach Jahren der Vergessenheit in zahlreichen Sprachen neu aufgelegt. Passend hierzu ist auch eine etwa halbstündige Hörbuchversion erschienen.

Schlägt man den Band auf, fällt sofort die ungewohnte Gestaltung auf, der Text findet sich nämlich nicht in Sprechblasen, sondern ist neben den Bildern platziert, was dem Comic seinen bekannten Stil nimmt und eher zu einem Bilderbuch werden lässt. Diese Darstellung setzt jedoch die Zeichnungen Uderzos deutlich mehr in Szene als dies in den anderen Bänden der Fall ist.

Das empfohlene Lesealter ist ab 5 Jahren, was mir sehr passend erscheint, die Geschichte ist überschaubar komplex und gewohnt unterhaltsam. Was ihr jedoch fehlt, sind die feinen Anspielungen und Doppeldeutigkeiten, die die Serie auch für Erwachsene so attraktiv macht. Haben gerade die aktuellen Bände viel Bezug zum Tagesgeschehen und Figuren der Gegenwart, bleibt dieser auf der Ebene von Anspielungen an bekannte Lieder beim Gesangswettbewerb stehen.

Bewertung vom 13.11.2020
Ohne Schuld / Polizistin Kate Linville Bd.3
Link, Charlotte

Ohne Schuld / Polizistin Kate Linville Bd.3


ausgezeichnet

Detective Seargant Kate Linville freut sich auf ihren neuen Job bei der Polizei von North Yorkshire und vor allem sieht sie der Zusammenarbeit mit Chief Inspector Caleb Hale mit Freude entgegen, vor allem ihm ist ihr Entschluss bei der Scotland Scotland Yard zu kündigen geschuldet. Im Zug von London Richtung Norden gerät Kate in einen mysteriösen Zwischenfall: ein Mann versucht Xenia, die auf dem Rückweg von einem Wochenende bei einer Freundin ist, zu erschießen. Kate kann mit ihr in die Toilette flüchten und sie so schützen. Der Fall bleibt rätselhaft, noch mehr Fragen löst jedoch ein zweiter Anschlag auf eine junge Frau aus, die allseits beliebte Lehrerin verunglückt mit dem Fahrrad wegen eines heimtückisch gespannten Drahts, bevor auf sie ebenfalls Schüsse abgefeuert werden – aus genau jener Waffe, die auch im Zug verwendet wurde. Die Frauen kennen sich nicht, es scheint keine Verbindung zwischen beiden zu geben. Statt die letzten Urlaubstage zu genießen, muss Kate direkt ihren neuen Job antreten.

Charlotte Links dritter Fall um Kate Linville stellt die Ermittler vor eine scheinbar unlösbare Herausforderung: zwei Anschläge innerhalb kürzester Zeit, keine erkennbare Verbindung und zahlreiche Zeugen, die offenkundig einiges zu verheimlichen haben. Hinzu kommt die Suspendierung von Caleb Hale, so dass sein unerfahrener und unsicherer Kollege die Leitung spontan übernehmen muss.

Der Fall ist spannend von der ersten Seite an, als Leser bekommt man nicht die Zeit, sich langsam in die Geschichte einzufinden, man ist unmittelbar im Geschehen. Gleich mehrere Verbrechen finden parallel statt, neben den Anschlägen auf die beiden Frauen gibt es noch eine Geiselnahme und ein offenbar länger zurückliegendes Verbrechen, das sich lange Zeit nicht wirklich einordnen lässt.

Die Geschichte ist clever konstruiert und lässt den Leser lange im Dunkeln tappen und mitfiebern, der Autorin gelingt es jedoch, eine überzeugende Auflösung zu liefern, die glaubwürdig motiviert ist, zu den Charakteren passt und aus ihrer Biografie heraus stimmig wirkt. Was mich insbesondere begeistern konnte, war die Tatsache, dass nicht das schlicht Böse regiert, sondern dass Notlagen und Ausnahmesituationen zu den drastischen Handlungen führen und verdeutlichen, wie schnell in einer Überforderungssituation kein Ausweg mehr gefunden wird und Menschen sich gezwungen sehen, drastische Entscheidungen zu treffen.

Ein spannender Kriminalroman, der unmittelbar mitreißt und einem nicht mehr loslässt. Vielleicht ein bisschen zu viel Eigensinn der Protagonistin, aber dies zeichnet sie wiederum auch aus und lässt sie erfolgreich ihren Job machen. Charlotte Link kommt ohne 08/15 Versatzstücke aus, die leider in der Massenware Krimi heute sehr gängig geworden sind, und bildet damit eine sehr empfehlenswerte Ausnahme im Genre.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2020
Push
McGowan, Claire

Push


ausgezeichnet

What do good parents do before the baby arrives? They prepare. And what could be better than a prenatal baby group? This is how six very different couples meet. Monica and Ed are already a bit older, but obviously they have everything under control and quickly take over the lead. Kelly is by far the youngest, insecure while her boyfriend and the baby's father, Ryan, is mainly absent. Anita and Jeremy cannot have a baby but have planned an adoption, whereas Hazel and Cathy opted for a donor. Aisha and Rahul keep mainly to themselves while Jax feels judged since she is more than ten years the senior of her partner Aaron. Nina is leading the group and preparing the future parents for the upcoming events. Yet, what they a not prepared for is a fatality at their baby welcoming barbecue.

I have been a huge fan of Claire McGowan's novels for quite some time and also her latest mystery did not disappoint me. A very diverse set of characters who all have their secrets they try to hide from the others but who, ultimately, have to give up and face reality. Narrated alternatingly between the time of the prenatal course and the eventful barbecue, we get to know the characters at two different points of time which is especially interesting because so much happens in between and, as a reader, you have to put together the single bits and pieces. Plus, it takes some time just to figure out what exactly happened during the barbecue and who the victim actually is.

What I admired most was how the characters were created and how each becomes a lively and authentic individual. Even though the number is quite high, they all get some specific traits and secrets which make them not only interesting but add to the overall suspense. There is a murder case but much more interestingly is to figure out the characters' little white or big fat lies.

At the same time, the author shows all the fears and insecurities which come with becoming a parent for the first time. A constant feeling of not being good enough and not caring enough accompanies the future mothers. The group pressure in the supposedly help group also plays an important role, some just seem to always be at the head of the class while others always fail. Much more than supportive, the group becomes highly competitive.

I thoroughly enjoyed the read, a perfect page-turner for me which brilliantly combines suspense with sarcastic humour and also serious moments.

Bewertung vom 08.11.2020
The End of the Day
Clegg, Bill

The End of the Day


sehr gut

Dana Goss, a wealthy heiress only a couple of years shy of 70, decides to visit Jackie, once her best friend with whom she shared everything, but whom she has not seen for almost five decades. Jackie sees Dana approach but hides and does not open the door. It triggers memories of a time long long ago. At the same time, a young man meets his father to tell him about his new-born granddaughter, soon after, the father dies from an aneurysm, not only leaving his son behind but also many questions. His mother Alice might answer them but this would mean revealing a secret she has kept to herself for so many years that she cannot reveal it now. Taxi driver Lupita Lopez in Kauai is also unexpectedly confronted with the almost forgotten past when she receives a phone call. All these lives are connected by events that each of them has ignored successfully.

Bill Clegg’s story is set in the fictional town of Wells in Connecticut where the old farm house is the starting point of some live changing events. The different characters narrate their stories thus filling gaps the other leave and adding another perspective to what has been told before. They all try to hide things they do not want to think about, but those secrets push to the surface to be ultimately revealed.

At first, the different accounts seem only loosely connected, it takes some time to understand how they are linked and why after all those years, the memory of that time is still that hurtful. The characters are all complex in themselves and presented in detail thus giving insight in their state of mind and thinking. There is not the ultimate good guy and the bad guy; it is lives having taken a turn which is not to be undone, decision that have been made which also had consequences, good ones as well as bad ones. Thus, a wonderful illustration of how life on earth works sometimes.

Bewertung vom 08.11.2020
Aus dem Schatten des Vergessens / Victor Lessard Bd.1
Michaud, Martin

Aus dem Schatten des Vergessens / Victor Lessard Bd.1


sehr gut

Nur wenige Tage vor Weihnachten wird Judith Harper, angesehene Psychologin Montreals, auf brutale Weise ermordet. Zeitgleich verschwindet der Anwalt Nathan Lawson, jedoch nicht ohne noch eine alte Akte aus den Archiven holen und diese ebenfalls verschwinden zu lassen. Der Selbstmord eines Obdachlosen, der die Brieftaschen der beiden bei sich trug, wirft weitere Fragen auf. Sergent-Détective Victor Lessard und seiner Kollegin Jacinthe Taillon stehen keine ruhigen Feiertage bevor, denn der Fall liefert viele Spuren, die jedoch nicht zu einem stimmigen Bild führen. Bald schon werden auch scheinbar abstruse Ideen wie eine Verbindung zur Ermordung Kennedys verfolgt, das einzige, dessen sich die Ermittler sicher sind, ist, dass da draußen jemand Rache nimmt und es immer weitere Opfer zu beklagen gibt, die grausam hingerichtet werden.

In Deutschland als Band 1 der Serie um Victor Lessard geführt, ist „Aus dem Schatten des Vergessens“ von Martin Michaud tatsächlich schon der dritte Teil um den kanadischen Ermittler, es wird auch immer wieder auf vorausgegangene Ereignisse Bezug genommen, der Roman lässt sich jedoch auch ohne Kenntnis dieser problemlos lesen. Das Ermittlerduo bietet einen interessanten Kontrast, so richtig gut harmonieren der etwas sucht-geneigte Lessard, der permanent gegen seine inneren Dämonen ankämpfen muss, und die ruppige, scheinbar wenig empathische Taillon nicht miteinander. Gerade die beiden sehr verschiedenen Haltungsweisen und Perspektiven machen sie jedoch zu einem erfolgreichen Team.

Viele Opfer, eine grausame Mordmethode und unzählige Spuren und Hinweise lassen den Fall schnell zu einer hochkomplexen Angelegenheit werden. So manches Mal strauchelte ich auch dabei, alles im Blick zu behalten und die Querverbindungen zu überschauen. Eingeschobene Ereignisse aus der Vergangenheit werfen zusätzliche Fragen auf und sind lange Zeit nicht wirklich deutbar. Trotz der Länge von fast 650 Seiten bleibt der Thriller durchgängig spannend und wird am Ende überzeugend gelöst. Das Privatleben Lessards nimmt durchaus einen relevanten Teil der Handlung ein, was jedoch gut gelungen ist, da der Protagonist so authentisch und vielschichtig wirkt.

Mich hat der Roman neugierig auf die anderen Bände gemacht, Michauds Schreibweise und Konstruktion sind überzeugend. Weitere Bände sind auf Deutsch angekündigt, jedoch nicht die mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Vorgänger, die man dann wohl auf Französisch lesen muss.

Bewertung vom 06.11.2020
Zeiten der Heuchelei
Markaris, Petros

Zeiten der Heuchelei


ausgezeichnet

Gerade ist Hauptkommissar Kostas Charitos zum ersten Mal Großvater geworden als eine unglaubliche Mordserie Athen erschüttert. Das erste Opfer ist Paris Fokidis, Besitzer einer großen Hotelkette und offenkundiger Wohltäter, der in der Garage seines Hotels durch eine Autobombe getötet wird. Das Bekennerschreiben wird gezeichnet mit „Das Heer der Nationalen Idioten“, einer bis dato unbekannten Gruppierung. Nur wenige Tage später trifft es Lasaros Kaplanis, Abteilungsleiter im Statistikamt, der zwar kein angenehmer Zeitgenosse war, aber ihn deshalb gleich zu töten? Es folgen EU Mitarbeiter und ein fehlgeschlagener Anschlag auf eine Bankenmitarbeiterin. Statt den Enkel zu knuddeln muss Kostas Charitos nun eine perfide Bande jagen.

„Früher haben wir uns bessere Lebensbedingungen der Armen eingesetzt. Jetzt konkurrieren die Armen untereinander um einen 300-Euro-Job.“

Petros Markaris bleibt seiner Linie treu, spannende Kriminalfälle um seinen Athener Ermittler, die gesellschaftskritische und politische Themen aufgreifen. Im aktuellen Fall sind die wirtschaftlichen Entwicklungen Griechenlands, die strengen Vorgaben seitens der EU und die damit verbundenen Folgen für die Bevölkerung Auslöser der Tötungsserie.

Der Fall beginnt diffus und liefert wenig Ansatzpunkte für die Ermittler, durch den zweiten Mord wird die Lage nicht klarer. Hier setzt wieder der Charakter des Protagonisten an, der mit seiner Beständigkeit und stoischen Ruhe unbeirrt den Spuren nachgeht und sich stetig in Richtung Lösung des Falles bewegt.

„Wenn wir jetzt in den Massenmedien und später beim Prozess im Mittelpunkt des Interesses stehen, wachen vielleicht ein paar der „Nationalen Idioten“ auf und begreifen, was ihnen bevorsteht“

Wissend um die Lage vieler Griechen ob der katastrophalen Zustände und wechselhaften, schwachen Regierungen, fällt es beim Motiv nicht leicht, die Gruppierung zu verurteilen. Es sind Verzweiflungstaten, das wird recht schnell offenbar, die Täter haben nichts mehr zu verlieren, im Gegenteil: Im Gefängnis ist wenigstens die nächste Mahlzeit gesichert. So bleibt letztlich ein fahler Beigeschmack, ist Athen doch nicht vor unserer europäischen Haustür, sondern Mitglied unserer europäischen Familie.