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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
MB
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Rösrath

Bewertungen

Insgesamt 390 Bewertungen
Bewertung vom 02.01.2021
Sterbewohl (eBook, ePUB)
Monti, Olivia

Sterbewohl (eBook, ePUB)


sehr gut

Ziemlich geniale Idee...
Olivia Monti, selbst Jahrgang 1960, hat sich im Krimiformat Gedanken darüber gemacht, ob sich der deutsche Staat die riesengroße Gruppe der Senioren, die sehr zeitnah aus der Babyboomer-Generation erwachsen wird, überhaupt noch wird leisten können. Dabei hatte sie die ziemlich genial-erschreckende Idee, die Handlung in eine nhe Zukunft zu verlegen, eine rechte Partei an der Macht sein zu lassen und den älteren und alten Menschen ein sanftes, pseudofreiwilliges Dahinscheiden in schön ausgestatteter Umgebung auf der Nordseeinsel Fehmarn zu ermöglichen - dies mit Hilfe geschickt-subtiler Beeinfussungstechniken und mit ans Dritte Reich angelehnten 'Euthanasie-Strategien'. Eine kleine Gruppe befreundeter Alter werden zu einem sogenannten 'Sterbeseminar' auf die Insel eingeladen. Haben sie anfangs noch das Gefühl, auf einer Art kostenlosen Wellness-Urlaub auf Staatskosten eingeladen zu sein und glauben auch noch an ihre Freiheit der Wahl, so verdichtet sich für die Protagonist*innen immer mehr der Verdacht, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht und dass es sich hier wohl tatsächlich um ein riesengroßes Verbrechen an den alten Menschen handelt. Was den Krimi auszeichnet ist neben der guten Lesbarkeit vor allem das erschreckende Gedankenspiel und die gut gezeichneten Figuren. Einen Punktabzug gibt es allerdings für den am Ende (die geglückte Rettung und Offenlegung des Skandals) etwas flachen und auch vorhersehbaren Spannungsbogen. Aber eines muss ich doch sagen: Die Story hat noch einige Zeit in mir nachgehallt...

Bewertung vom 29.12.2020
Die Farbe von Glück
Bagus, Clara Maria

Die Farbe von Glück


weniger gut

man mag es, oder auch nicht...

Wer das Buch "Das Cafe am Rande der Welt" von John Strelecky mag, der wird auch "Die Farbe von Glück" mögen - eine von Lebensweisheiten gespickte Erkundung innerer Welten inmitten romantisierender Landschaftsbeschreibungen. Dabei geht es eigentlich um hochbrisante Themen: Eine Mutter verlässt ihr Kind; ein Richter erpresst eine Kinderkrankenschwester Neugeborene zu vertauschen, nachdem seine ersten beiden Kinder früh gestorben sind und zu befürchten ist, das auch das Dritte nicht lange überleben wird - von der Angst geleitet, dass sine Frau dies emotional nicht verkraften würde... Eigentlich also ein toller Stoff für unzählige innere und äußere Konflikte. Zudem ist die Autorin Psychologin! Hätte also richtig was werden können! Statt dessen ein ziemlich schwülstiges, fast schon esoterisch anmutendes Selbstrettungsgesäusel: In einer anderen Rezension war von der Aneinanderreihung von Kalendersprüchen die Rede - gut getroffen. Aber ich will dem Buch nicht Unrecht tun - es wird seine Zielgruppe finden; offenbar gehöre ich nicht dazu. "Lange hatten sie nicht so gut geschlafen. Eine bloße Bastmatte auf dem harten Steinboden. Mehr brauchte es nicht. Das Morgenlicht kroch so behutsam heran, wie es am Abend zuvor entwichen war. Sie blickten zum Fenster hinaus auf eine Landschaft, die in weiches, buttriges Licht getaucht war. Auf Gräsern und Reisfeldern funkelten Wassertröpfchen. Überall glänzte der Farn. Duftete das Grün. In der Ferne begannen sich die ersten Häuser in der Dämmerung abzuzeichnen. Hier würden sie bleiben." "Die Tragik von Schmerz und Trauer hatte sich auf einmal verflüchtigt. Das war sie: Die Farbe von Glück. Ganz langsam formte sich ein Lächeln auf seinem Gesicht. Und tastend erwachte in ihm der Glaube an Wunder."

Bewertung vom 28.12.2020
Kreuzberg Blues / Georg Dengler Bd.10
Schorlau, Wolfgang

Kreuzberg Blues / Georg Dengler Bd.10


sehr gut

Zeitaktuelle Spannung...
"Kreuzberg Blues" ist mein erster Schorlau - und er wird garantiert nicht mein letzter sein! Eigentlich hatte ich gar nicht so wahnsinnig viel Zeit zum Lesen, habe 'Denglers zehnten Fall' aber an einem Wochenende verschlungen! Woran das gelegen hat? An dem ungeheuer flüssigen Schreibstil von Wolfgang Schorlau, an der aktuellen Brisanz des Themas (explodierende Miet- und Immobilienpreise), an den Haupt-Personen - dem privaten Ermittler Georg Dengler und seiner Freundin Olga aus Rumänien -, an der Einbindung der Corona-Pandemie in die Story, an den klugen Gedanken 'zwischendurch', am hervorragenden Spannugsbogen, an den ganz nebenbei in die Story eingeflochtenen 'Wissensbausteinen' und an der Haltung, die Schorlau seinen Protagonisten zu aktuellen gesellschaftspolitischen Phänomenen einnehmen lässt.
Es gibt 'Vorfälle', auch Tote, brisante und verzwickte Situationen, turbokapitalistische Immobilienkonzerne und noch gößere, internationle Finanzgiganten als skrupellose Strippenzieher dahinter, Coronaleugner und eine rechte Bewegung, die nach Wegen sucht, ihren Einfluss zu stärken. (die genaue Handlungsbeschreibung bitte dem Klappentext entnehmen!). Ein Kriminalroman mitten aus unserer aktuellen gesellschaftspolitischen Lage heraus. Absolute Leseempfehlung!!!

Bewertung vom 25.12.2020
Die Republik
Voland, Maxim

Die Republik


gut

Gute Idee...
In "Die Republik" betreibt Maxim Voland in der Tat ein höchgst interessantes Gedankenspiel... und ich finde Gedankenspiele grundsätzlich äußerst wertvoll, weil sie uns zu einem Wechsel der Perspektive einladen und nachdenklich stimmen wollen. Und die Vorstellung, dass es sich im Jahre 1949 auch alles ganz anders hätte entwickeln können im geteilten Deutschland ist eine durchaus faszinierende. Und auch die Vorstellung, dass Geschichte nicht immer auf der öffentlichen Bühne gemacht wird, sich Vieles im Hintergrung, im Untergrund, im Verborgenen und fernab des öffentlichen Bewusstseins abspielt ist wahrscheinlich zutreffend und auch ein wenig beängstigend. Ich denke, dass es dem Autor vor allem darum ging, auf der Basis des Gedankenexperiments, die DDR hätte sich - bis auf Westberlin - im deutschen Staatsgebiet durchgesetzt, einen spannenden und unterhaltsamen Roman zu schreiben. Das ist ihm auch durchaus gelungen, weil das Buch an keiner Stelle langweilig ist; das spricht für handwerklich solide Arbeit und inkludiert die Elemente Spannung, Überraschung, eingängige Figuren Showdown, kleines Nachspiel und ein wenig Liebe. Insgesamt hat es mich aber nicht vollständig überzeugt; vielleicht hätte der Stoff noch ein wenig reifen müssen, um die politischen und gesellschaftlichen Implikationen dieses Gedankenspiels weiter auszudifferenzieren. Dann hätte der Stoff das Zeug zu einem hochklassigen Spionagethriller im Stile John le Carree's.

Bewertung vom 20.12.2020
Love & Bullets
Kolakowski, Nick

Love & Bullets


gut

Spannung mit viel Humor!!!
Beste Unterhaltung über die gesamten gut 420 Seiten. Mit 'Love & Bullets' Ist Nick Kolakowski ein Thriller in kinoreifem Format gelungen. Es gibt sie nämlich noch, die Helden in der Tradition von Bonnie & Clyde: Ein geniales, mörderisches Verbrecherpaar beklaut einen noch größeren Verbrecher, ist permanent auf der Flucht, ohne dabei aber auf andere lukrative Aufträge zu verzichten; Bill und Fiona verbindet dabei eine verquere Form der Liebe - so macht Bill Fiona gegen Ende der Story einen Antrag, indem er ihr den Sicherungsring einer Handgranate über den Ringfinger zieht... Eine starke Reihung wilder und blutiger Abenteuer, bei denen die Leserschaft genau weiß, dass die Helden aus jeder noch so verzwickten Situation einen Ausweg finden werden... und stets passiert Unerwartetes. Und so ganz nebenbei tauchen dann so Hammersätze auf wie: "Du bist ein unbedeutendes Kohlenstoffkörnchen in einem riesigen, gefühllosen Universum, dachte ich. Du weißt, dass Gefühle nichts als eine Illusion sind, ein elektrischer Trick, den alle 'Bewusstsein' nennen." Oder: "Liebe ist etwas Sonderbares, dachte Fiona. Vielleicht ein Trick der Evolution, der dafür sorgt, dass wir unsere Partner nicht umbringen, ehe wir zur Reproduktion gekommen sind." Also - zugreifen! Selten bei einem Thriller so oft geschmunzelt!!!

Bewertung vom 11.12.2020
Rache, auf ewig / Grall und Wyler Bd.3
Schütz, Lars

Rache, auf ewig / Grall und Wyler Bd.3


sehr gut

Spannung pur!!!
Lars Schütz hat einen ungeheuer ansprechenden Thriller geschrieben; Spannungsbogern - stimmt; Idee - stimmt; Figuren - stimmig... Einziges Manko: war zu schnell ausgelesen und mit seinen knapp 370 Seiten schlichtweg zu kurz für ein verregnetes Wochenende! Man könnte aber genausogut behaupten: Auf den Punkt gebracht - ohne großen Schnickschnack, nur um einen dicken Wälzer zu schreiben. Der Autor lässt mich zurück in der gespannten Erwartung eines weiteren Falles rund um die Profiler Jan Grall und Rabea Wyler. Ich liebe Täter mit abstrusen Vorstellungen - hier plant der Täter einen Neubeginn der Menschheit, angestoßen durch seine stark symbolträchtigen Taten, nämlich Menschen zu ermorden, die damit Geld verdienen, die Umwelt und damit auch unseren Planeten zu Grunde zu richten. Natürlich spielt auch die Familiengeschichte auf Täterseite eine Rolle, aber wie gesagt - es bleibt alles kurz und präzise auf den Punkt gebracht. Selbstverständlich sind die Taten zu verurteilen, aber für die Botschaft kann man als Leser*in durchaus Sympathie entwickeln! Jetzt fängt das Warten auf den nächsten Fall an...

Bewertung vom 06.12.2020
Wer auf dich wartet / DCI Jonah Sheens Bd.2 (eBook, ePUB)
Lodge, Gytha

Wer auf dich wartet / DCI Jonah Sheens Bd.2 (eBook, ePUB)


gut

Sehr solide Kost!!!
"Wer auf dich wartet" ist Gytha Lodge's Krimi-Erstling! Was man auch merkt. Weil eigentlich geht es um Beziehungen, mit all ihren Verflechtungen, Abhängigkeiten und Eifersüchten. Und genau das ist - nach meinem Empfinden als Leser - die große Stärke des Buches! Der rein literarisch Interessierte hätte sich ein wenig mehr Beschreibung und Analyse der Beziehungsgeflechte, Hinter- und Untergründe der persönlichen Geschichten der Protagonist*innen gewünscht, hätte seine Freude daran gehabt, die Phänomene Dominanz und Abhängigkeit gespiegelt zu sehen, hätte Nachdenkstoff zum Thema 'toxische Beziehung' bekommen. Die reinen Krimileser*innen werden vermutlich die Spannung bis zur letzten Seite vermisst und ein von den Persönlichkeiten her etwas 'blass' bleibendes Ermittlerteam erlebt haben. Aber die Grundidee, anhand eines Mordfalles die Lupe auf ein eigentlich verstricktes, aber nach außen hin zunächst einmal voll intaktes Beziehungsfeld zu richten und nach und nach dessen Destruktivität zu enthüllen - diese Grundidee ist schon ziemlich genial!

Bewertung vom 27.11.2020
Funkenmord / Kommissar Kluftinger Bd.11
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Funkenmord / Kommissar Kluftinger Bd.11


sehr gut

Gerne wieder!!!
Funkenmord ist mein erster 'Kluftinger'... Im ersten Viertel dachte ich "Wo bleibt der Kriminalfall" und "Warum zieht der Autor die Story so in die Länge?" Zugegeben - alles recht amüsant, schräge Figuren, man möchte fast sagen 'nicht so ganz von dieser Welt, die Figuren' - Niederbayern halt... Kluftinger hat noch nicht abgeschlossen mit einem Kriminalfall, den er als als junger Polizist zu lösen hatte, rollt ihn nach 35 Jahren wieder auf und bekommt dabei eine junge Kollegin an die Seite gestellt. Aber wie gesagt, der Fall lässt sich Zeit. Vorher erfahren wir von diletantischen Teambildungsmaßnahmen, vom Versuch, im Team einen Weihnachtsbaum zu erstehen, von Kluftingers Versuch, sich als Hausmann zu betätigen und die Wäsche zu machen, von seiner Begegnung mit einem Thermomix; wir dürfen erleben, wie Kluftinger in nahezu jedes Fettnäpchen reintappst, welches nur irgendwo liegt - so hat er noch nicht verstanden, was Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau bedeuten könnte und Multikulti ist auch noch nicht zu ihm durchgedrungen. Als Kommissar wirkt er nicht nur leicht hinterwäldlerisch, offenbart aber am Ende einen columbo-artigen Spürsinn... Dachte ich in der ersten Hälfte des Buches noch "wie eine seichte Vorabendserie" - gefiel mir das Werk nach seiner Hälfte mehr und mehr, die Handlung nahm Fahrt auf und ganz nebenher sind mir auch einige Schmunzler entlockt worden... und: Ja, Kluftinger ist mir ans Herz gewachsen! so dass ich jetzt einfach bekennen muß: Gerne mehr.

Bewertung vom 20.11.2020
Lars Eidinger

Lars Eidinger


sehr gut

Mit seinen scheinbar beiläufig festgehaltenen Momenten und Augenblicken entlarft Lars Eidinger unseren Alltag, hält uns unsere kleinen Sehnsüchte vor Augen und irritiert, indem er zuweilen Widersprüchliches miteinander kombiniert. Ein Kuschelkissen mit herzförmigen Augen und Lachen, was gespiegelt wirkt, als würde es sich selbst als peinliches Objekt unserer Sehnsucht auslachen. Die Hässlichkeit unserer Städte - und wie sich der Pflanzenwuchs den grauen Asphalt zurückerobert. Sämtliche Bilder ohne Titel; der Betrachter ist selbst gefordert, das Betrachtete zu benennen und es sich auf diese Weise anzueignen. Notlösungen: eine Plastikflasche hält den Spalt zwischen Fenstersims und Rollo offen. Der Rahmen auf dem Sperrmüll, der unser weggeworfenes Leben rahmt. Die 'Thriller-LP' als Mousepad. All die kleinen Weltverschönerungsversuche. Die Madonnenfigur neben dem Telefon - der direkte Draht in den Himmel. Die Schlafstätten der Aussortierten mit ihren Schlafsäcken. Und schlussendlich eine wilde Sammlung von Hotelbetten - hat die Lars Eidinger alle belegt?
Eine wunderbare Sammlung! Erschreckend nahe dran!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.11.2020
Aus dem Schatten des Vergessens / Victor Lessard Bd.1
Michaud, Martin

Aus dem Schatten des Vergessens / Victor Lessard Bd.1


gut

Verdammt gute Story!!!
Nach den ersten Seiten von Martin Michauds 'Aus dem Schatten des Vergessens' ahnt man noch lange nicht, in welche Richtung die Handlung sich entwickeln wird... und am Ende - mit einem kleinen showdown - erschließt sich dann alles und man mag dem Autor ein dickes Kompliment machen für seine hervorragende Konstruktion des Kriminalfalls. Und ein weiteres Kompliment dafür, dass er uns als Leser*innen gut durch die 600 Seiten begleitet. Sergent-Détective Victor Lessard und seine Kolegin Jacinthe Taillon sind ein fantastisches Duo mit persönlichen Eigenarten (Alkohol, Essen); im aktuellen Fall stellen sie einmal mehr unter Beweis, dass die Vergangenheit stets bis in die Gegenwart hinein wirkt und vergangenes Unrecht nicht einfach vergessen werden kann. Eingebunden in reale historische Ereignisse rund um die Ermordung von John F. Kennedy (nur ein kleines Puzzlesteinchen im Verhältnis zur gesamten Handlung) entwickelt die Story eine vollkommen eigene Dynamik, die verdeutlicht, dass alles im Hier & Jetzt eine Vorgeschichte, einen Hintergrund und einen Untergrund hat. Fast möchte man glauben, dass sich hinter vielen Vorkommnissen ein vielschichtiger Kriminalfall verbirgt. Was das Buch und den Autor zudem ausgesprochen sympathisch machen: Der weitgehende Verzicht auf 'Blutrünstigkeit' und die Einblicke in die Autorenwerkstatt... so erfahren wir am Schluss, welche Musikstücke, mit welchem Kopfhörer und wie oft gehört, den Autor während des Schreibvorgangs begleitet haben.
So - ich muss jetzt meinen nächsten 'Michaud' beginnen...

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.