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jam

Bewertungen

Insgesamt 407 Bewertungen
Bewertung vom 30.07.2018
Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren
Benjamin, Ali

Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren


ausgezeichnet

„… wir beide verstehen, dass giftige Wesen nicht böse sind. Gift bietet ihnen Schutz. Je verletzlicher das Tier ist, desto besser muss es sich schützen. Je giftiger also das Tier, desto mehr verdient es, dass wir ihm verzeihen. Denn es hat unsere Vergebung am meisten nötig.“



Su ist eine gewöhnlich- außergewöhnliche 12jährige, manchmal ein bisschen spleenig und interessiert sich für Dinge, die sonst keinen interessieren. Als ihre Freundin Franny ihren Freundeskreis erweitert, merkt sie, dass sie einfach nicht mehr dazupasst. Und nach deren Tod hört sie auf es zu versuchen. „Small talk“ warum reden, um nichts zu sagen? Dann kann man es gleich lassen. Und so hört sie auf, zu sprechen und sucht alleine nach einer Lösung. Denn „Manche Dinge passieren einfach“ reicht ihr nicht als Erklärung für das Ertrinken einer guten Schwimmerin und sie versucht, eine wissenschaftliche Erklärung für Frannys Unfall zu finden.

Mir fehlen fast ein bisschen die Worte, um dieses außergewöhnliche Buch zu beschreiben!

Jeder Leseabschnitt beginnt mit einem Zitat der außergewöhnlichen Biologielehrerin Mrs. Turton, in dem sie wichtige Punkte für ein erfolgreiches Projekt darlegt. Sus Suche nach einer Erklärung führt uns nahe an eine ganz besondere Spezies von Meereslebewesen, den Quallen. Daher sind auch immer Kapitel eingeschoben, die sich mit Fakten über dieses ungewöhnliche Tier beschäftigen. In Rückblenden dürfen wir teilhaben an dem Beginn, der Blüte und dem Absterben einer tollen Freundschaft.

Und dazwischen lässt Su uns ganz weit in ihre Welt des Andersseins, ein Gefühl, das wohl jeder kennt und ihre Versuche, mit dem schweren Verlust und ihren eigenen Schuldgefühlen umzugehen.

Ein sehr berührendes Buch übers Dazugehören, Verletzlichkeit, Verlust und Trauer, die eigene Wege geht! Ich war zutiefst bewegt und habe die letzten Seiten laut schluchzend gelesen!

Bewertung vom 28.07.2018
Nie wieder Amore!
Hennig, Tessa

Nie wieder Amore!


ausgezeichnet

„Wenn der Weg zum Discounter zum Highlight des Tages wird, ist irgendetwas faul an deinem Leben. Faul ist gar kein Ausdruck. Es stinkt zum Himmel.“
(Seite 5)

Schon die ersten Worte dieses Buches machen klar, so wirklich glücklich ist Moni nicht in ihrer Rolle als Rentnerin. Und in ihrer Seniorenwohnung, von deren Fenster aus sie sieht, wie das Hab und Gut der verstorbenen Mitbewohner in Säcken abtransportiert wird, erst recht nicht. Dafür ist sie noch viel zu rüstig, um hier auf den Tod zu warten!
Als Lena sie aus Sizilien anruft und ihr von alten Liebesbriefen erzählt, die sie gefunden hat, werden Erinnerungen wach, an eine grande amoro zu dem Sizilianer Vincenzo, die der Tod zu schnell beendet hat.
Doch Lena findet heraus, Monis Vincenzo soll noch leben! Schnell werden Flüge gebucht und mit ihrem Enkel Jan macht Moni sich auf die Suche…
In der Romantikerin Lena und ihrer Freundin Francesca finden sie starke Verbündete. Die beiden wollen eine Sprachschule aufmachen, doch als sich die Behörden querstellen und anscheinend die Mafia mitmischt, greifen auch Moni und Jan beherzt ein…

Tessa Hennigs Protagonisten sind aus dem Leben gegriffen, sie haben Probleme und Hintergründe, Konflikte und Herausforderungen und wirken sehr authentisch! Die Entwicklung, die sie durchmachen ist spürbar und glaubwürdig. Wir dürfen eine leidgeplagte Obsthändlerin kennenlernen, ebenso wie einen ehemaligen Kinobesitzer und sogar Handlanger der Mafia…
Moni ist eine starke, mutige Frau, die in ihrem Leben vieles gemacht hat, was den Umständen geschuldet war. Jetzt folgt sie ihrem Herzen und ihrem Gefühl. Ihr Enkel Jan ist Architekturstudent und steif und verkopft wie seine Mutter Tanja. Erst folgt er ihre widerwillig, von Tanja als Aufpasser abkommandiert. Doch je mehr er das Land und Lena kennenlernt, umso lockerer wird er.
Von der ersten bis zur letzten Seite spürt man die große Liebe der Autorin zu Sizilien. So spannend und unterhaltsam die Geschichte auch ist, besonders wird sie durch die herrlich beschriebenen Schauplätze! Ich hatte richtiggehend den Duft der Orangenhaine in der Nase beim Lesen, den Elefantenbrunnen vor Augen und das Plätschern in der Grotta Azzura in den Ohren…
Bei all der Aufregung um Lenas und Francescas geplante Sprachschule gerät die Suche nach Vincenzo teilweise in den Hintergrund, das macht die Geschichte nur umso unterhaltsamer und vielschichtiger!
Gewürzt wird diese sizilianische Liebesgeschichte noch mit einer Prise Humor und Spannung, somit ein rundum gelungenes Sommer-Sonne-Strand-Buch!

Fazit: In die Badetasche und dann ab an den Strand!

Bewertung vom 20.07.2018
Gruppentherapie
Kalpenstein, Friedrich

Gruppentherapie


ausgezeichnet

„…entdeckte er, dass Sascha unter dem Mischpult mit dem Fuß zum Takt wippte. Na, bitte. Auch wenn man sich mit Händen und Füßen dagegen wehrte, irgendwann landete jeder beim Schlager.“
Seite 208

Nachdem Ben mit seinem Architekturbüro flöten ging, arbeitet er als kleiner Angestellter beim großen Architekten Zöllner – und hat eine Beziehung zu seiner Tochter Clarissa.
Doch zwei Mal die Woche sitzt er im Flieger auf dem Weg nach Mallorca, um dort als gefeierter Partykönig Benny Bieber die Menge mit Liedern wie „Gruppentherapie“ zum Beben zu bringen.
In seinem Umfeld darf niemand von dieser Einkommensquelle erfahren!

Cover:
Auf dem Cover sieht man den Torso und das halbe Gesicht eines durchschnittlichen Mannes, der wie Superman sein Hemd auszieht und darunter kommt ein Shirt mit dem Romantitel zum Vorschein. Gut umgesetzt!

Wie es mir dabei ging:
Schon auf den ersten Seiten hat mich der Humor Kalpensteins erwischt und ich musste das erste Mal laut loslachen. Ob seine Beschreibungen der Münchner Bau-Szene oder der feiernden Malle-Gäste, beides kommt glaubwürdig bei mir an und ist geprägt vom Humor zwischen den Zeilen. Besonders fällt der Respekt auf, mit dem beide Szenerien behandelt werden. Auf derbe Ballermann-Scherze wird verzichtet, dafür Münchens Baugiganten, das Leben als kleiner Angestellter und die Schlagerwelt mit einem Augenzwinkern beleuchtet.
Der Protagonist Ben ist hin- und hergerissen. Nach seiner Pleite möchte er natürlich seinen Ruf als Architekt wieder herstellen – aber bei seinen Auftritten brennt sein Herz… Eine reale Person mit einem ungewöhnlichen Zweitberuf, die mir schnell ans Herzen gewachsen ist!
Das Buch wird auch immer von den Songs, die Benny Bieber sing, durchzogen. Als Goodie kann man sich diese downloaden und so habe ich mir diese immer an der passenden Stelle angehört – was das Lesevergnügen zusätzlich bereichert hat!
Bens Entwicklung mit zu verfolgen hat sehr viel Spaß gemacht und ich werde in Zukunft nach dem Autor Friedrich Kalpenstein Ausschau halten!

Fazit: Ein sehr unterhaltsamer Roman, der auf platte Scherze verzichtet und dafür mit respektvollem Humor punktet…

Bewertung vom 19.07.2018
Planst du noch oder liebst du schon? / Happily Inc Bd.1
Mallery, Susan

Planst du noch oder liebst du schon? / Happily Inc Bd.1


ausgezeichnet

„Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich muss Sie bitten, Ihr Hemd auszuziehen.“
So beginnt das Vorstellungsgespräch, dass die Hochzeitsplanerin Pallas mit dem begabten und berühmten Künstler Nick führt. Und so beginnt einer der unterhaltsamsten Liebesromane, die ich seit Langem gelesen habe!
Aber zuerst zum Inhalt: Vor einigen Monaten hat Pallas überraschend die Firma „Wedding in a box“ geerbt. Eigentlich hat sie dort nur gearbeitet, um sich ihr Studium zu finanzieren und dann in der Bank mit ihrer Mutter Libby zu arbeiten. Eigentlich liebt sie die etwas schrägen Hochzeiten, die „Wedding in a box“ anbietet. Aber sie möchte Libby unbedingt stolz machen und ist deshalb hin und hergerissen, was sie mit dem Erbe anstellen sollte.
Doch dann tritt der Künstler Nick in ihr Leben und ein besonderes Paar mit dem Wunsch nach einer speziellen Trauung…

„Planst du noch oder liebst du schon?“ ist ein Liebesroman der besonderen Art. Die Autorin schafft eine ganz eigene Welt im Örtchen Happily Inc. Da treffen wir auf Giraffen und Zebras, besondere DJs, dürfen gemeinsame Spieleabende in einer Bar verbringen.
Die Protagonisten haben eine Vergangenheit und tolle Freunde, über die wir gerade genug erfahren, um auf eventuelle Fortsetzungen neugierig zu werden. Generell haben die Personen Tiefe, Ecken und glaubwürdige Kanten, und erleben zum Teil eine greifbare Entwicklung.
Irgendwie schafft Susan Mallery die Gradwanderung, mich toll zu unterhalten, unglaublich romantische Elemente einzubauen und – obwohl die Handlung im Großen vorhersehbar ist – mit Wendungen und tiefergehenden Emotionen zu überraschen und nebenbei noch eine Portion Humor einzustreuen.
Für mich das größte Meisterstück: Auch die (einzige) erotische Szene so geschmackvoll umzusetzen, dass ich sie gelesen und nicht wie sonst überblättert habe!
Eine rundum gelungene Rom-Com mit tiefergehenden Gefühlen und einer Prise Humor zwischen den Zeilen!

Bewertung vom 18.07.2018
Der will doch nur spielen / Traummänner und andere Katastophen Bd.2
Cabot, Meg

Der will doch nur spielen / Traummänner und andere Katastophen Bd.2


sehr gut

„Ich sollte noch hinzufügen, dass er Anwalt ist. Ich weiß, Sie haben gesagt, jeder Mensch besitzt einen Wert und Würde. Aber sind Sie sicher, das trifft auch auf Anwälte zu?“
(Seite 404)

Seit Kate ihren Ex-kiffenden Freund Dale auch zu ihrem Ex-Freund befördert hat, wohnt sie bei ihrer besten Freundin Jen auf der Couch. Was ja ganz lustig wäre, wenn die nicht mit ihrem Mann mit dem Projekt Baby beschäftigt wäre.
Gemeinsam arbeiten Kate und Jen beim New York Journal, ihre Vorgesetzte Amy in der Personalabteilung nennen sie nur die SBT - schreckliche Büro-Tyrannin.
Als die sympathisch-schrullige Kantinenmitarbeiterin Ida Lopez ausgerechnet Amys Verlobten Stuart ein Kuchenstück verweigert, muss Kate sie kündigen. Frau Lopez ficht die Kündigung an, und Stuarts Bruder, der Anwalt Mitch, der das Journal vertreten soll, hat es Kate angetan…

Was sofort auffällt ist die Erzählform dieses Buches. Die gesamte Handlung wird ausschließlich durch Mails, Chatverläufe, Notizen auf Speisekarten und Tagebucheinträgen übermittelt. Das macht das Lesen sehr abwechslungsreich und interessant, aber auch etwas hektisch. Die vielen Wechsel sind manchmal ein wenig anstrengend.

Kate ist 25, sieht sich aber schon als alte Jungfer, die dringend einen Ehemann braucht. Amy und ihr Verlobter sind wohl das personifizierte Böse, ihre Ansichten sind oft so fürchterlich, dass es beim Lesen in den Augen schmerzt. So intolerant und oberflächlich, dass die Glaubwürdigkeit etwas litt.
Mitch ist alles andere als der typische Anwalt, er war Pflichtverteidiger und das gerne, was seine Familie so gar nicht verstehen kann. Sein Bruder Stuart läuft bei jeder Kleinigkeit winselnd zur Mama, seine Schwestern sind einerseits herrlich alternativ und andererseits superhumorvoll. Der Vater hält sich aus dem ganzen einfach raus, egal wer sich in welcher Form an ihn wendet, die teils kindlichen Kabbeleien lässt er an sich vorbeiziehen.
Ein besonderes Highlight waren für mich die Dialoge zwischen Mitchs Familie unter einander, so egoistisch und weinerlich Stuart war, umso erfrischender und herzlicher waren die Mails zwischen Mitch und seinen Schwestern.
Das Buch erschien ursprünglich 2004, was man an manchen Kommentaren (zB über die Fernsehserien Friends und Charmed) aber auch an den Ansichten merkte. Ich fand das teilweise etwas mühsam zu lesen.
So innovativ die Erzählform ist, so einfach war die Geschichte gestrickt. Von Anfang an ist klar, wer bei wem landen wird, der Weg dahin fühlte sich manchmal ein bisschen nach Bridget-Jones an, chaotisch und etwas überzogen. Am Anfang war ich erstaunt, wie viel man auch ohne bildhafte Beschreibung rüberbringen kann, am Ende fehlte mir doch etwas.

Ein locker-flockiger Liebesroman, der vor allem durch die ungewöhnliche Erzählform auffällt, ansonsten nicht groß in Erinnerung bleibt.

Bewertung vom 14.07.2018
Das Glück wohnt im Kopf
Wunsch, Christine

Das Glück wohnt im Kopf


ausgezeichnet

„Aber denk mal darüber nach, wie viel Anstrengung und Energie du in deine Arbeit oder in die Kindererziehung steckst… Sollten du und ein glückliches Leben dir nicht mindestens genauso viel Anstrengung und Energie wert sein?“
(Seite 167)

„Das Glück wohnt im Kopf –DAS Trainingsbuch für mehr Glücksmomente im Alltag“ so lautet der volle Titel! Und genau das ist es auch, ein Trainingsbuch. Denn so wie jeder Muskel trainiert, jede Fähigkeit geübt werden muss, braucht auch unser Gehirn Training, wenn es die gewohnten (negativen) Bahnen verlassen will.

Gestaltung:
Was auf den ersten Blick auffällt, ist die besonders hochwertige Aufmachung des Buches. Schon das orange Cover sticht ins Auge, die Wohlfühlsymbole wie Sonne, Smiley, Herz im Hintergrund machen es auch auf den zweiten Blick reizvoll. Auch beim Aufschlagen bleibt der Eindruck, etwas Besonderes in Händen zu halten. Es erinnert mich ein bisschen an die bekannten GU-Ratgeber, viele tolle Bilder, zu den Kapitel passenden kleine Sprüche am Rande.
Man fühlt sich wertgeschätzt, wenn man so ein liebevoll gestaltetes Buch sein eigen nennen darf!

Inhalt:
Das Buch ist in 15 Trainingseinheiten eingeteilt, je eine Einheit für zwei Tage. Am Anfang stehen immer ein paar Seiten, die das Trainingsthema wie Glaube, Dankbarkeit, Sich-Vergleichen erläutern. Besonders daran ist die Aufarbeitung mit wissenschaftlich fundierten Studien. Jedes Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung und einer Aufgabe für die nächsten Tage, wie zB eine Liste erstellen über 50 Erfolge, die man in seinem Leben verbuchen kann oder ein Dankbarkeitstagebuch, die dabei helfen, positiver durchs Leben zu gehen.

Wie es mir dabei ging:
Ich habe mir für dieses Buch Zeit gelassen, habe es wirklich über zwei Wochen lang täglich in die Hand genommen und Einheit für Einheit „abgearbeitet“. Manche Aufgaben verlangten mir einiges ab. Es ist Training, es braucht Reflexion und Zeit, um die Botschaften sacken zu lassen. Mich hat es sehr zum Nachdenken eingeladen, zu Tränen gerührt und für einige AHA-Momente gesorgt.
Da die Aufgaben oft ganz schön fordernd sind, werde ich das Buch sicher noch einmal durcharbeiten, mir für manche Kapitel eine Woche Zeit lassen, um sie wirklich sacken zu lassen!
Ich bin mir sicher, dass Sie dieses Buch auch ein Stück ruhiger und glücklicher zurücklässt!

Fazit: Ein hochwertiger Ratgeber, wissenschaftlich fundiert, der Trainingseinheiten anbietet, die einem ein guter Begleiter auf dem Weg zu einem glücklicheren Leben sein können – wenn man es zulässt!

Bewertung vom 14.07.2018
Zoé & Adil - in Love
Rocholl, Susanne

Zoé & Adil - in Love


ausgezeichnet

„Also ich bin ja wirklich nicht fremdenfeindlich“ sagte ein Dicker hinter der Frau aus der zweiten Reihe. „Aber was sollen die Leute in der abgelegenen Kurklinik den ganzen Tag tun? Rumstrolchen? Dummheiten machen? (...)
(Seite 106)

Zoés Welt steht Kopf – sie fühlt sich durch ihre Narben entstellt, kann ihrem besten Freund, der sie verursacht hat, nicht verzeihen –und soll nun mit ihrer Mutter zu ihrem Onkel ans Ende der Welt ziehen.
Als in dem 5000 Seelen Ort auch noch 300 Flüchtlinge untergebracht werden sollen, gehen die Wogen hoch.

„Zoé & Adil in Love“ ist ein ungewöhnlich ehrlicher Liebesroman. Wir begleiten die 16jährige Zoé auf ihrem Weg von Berlin an den Niederrhein, erleben ihre Höhen und Tiefen, ihre Versuche, ihre Narben und auch sich selbst zu verstecken. Als sie den minderjährigen Flüchtling Adil kennenlernt, bringt sie das völlig durcheinander. Ein Flüchtling, ein Moslem? Sie hatte in Berlin viele Freunde mit Wurzeln in anderen Ländern, auch muslimische, aber als fixen Freund? Außerdem scheint er beinahe Angst vor ihr zu haben, wirkt traumatisiert.
Auch im Ort spürt man ein Auf und Ab, Vorurteile und Ressentiments machen den Neuankömmlingen und auch den Alteingesessenen das Leben schwer. Da werden Versammlungen organisiert und Zäune hochgezogen, um jemanden aus- oder sich selbst einzusperren?
Susanne Rocholl beschreibt sehr realistisch und ungeschönt, was derzeit (immer noch) in unserer Gesellschaft passiert. Obwohl kaum einer von uns Fluchtgründe nachvollziehen kann, erlauben wir uns alle ein Urteil über Wirtschaftsflüchtlinge, die „männlichen“ Bedürfnisse, die uns in Gefahr bringen (?!)…
Mit Zoé hat sie eine unglaubliche starke Protagonisten geschaffen, die ihre wahre Kraft und ihre Überzeugungen erst nach und nach finden muss. Es war schön, ihre Entwicklung zu beobachten und ihre Aufrichtigkeit hat mich wirklich gepackt.

Fazit: Ein ungewöhnlich realistischer Liebesroman, der nicht (ver)urteilt oder beschönigt und unserer Gesellschaft einen Spiegel vors Gesicht hält.

Bewertung vom 07.07.2018
Familie und andere Trostpreise
McDonagh, Martine

Familie und andere Trostpreise


ausgezeichnet

„Vermutlich fragst Du Dich, was ich für ein Schriftsteller sein will, wenn ich nicht einmal beschreibe, was um mich herum vor sich geht. Was soll ich sagen? Ich stehe unter Schock. Hier sind Hunde, Bäume, Menschen. Lasst mich doch einfach alle in Ruhe.“

(Seite 139)



Als Sonny 21 wird, erfährt er, dass er ein Riesenvermögen von seinem Vater geerbt hat, an den er sich kaum erinnern kann. Er macht sich auf den Weg nach England. Von seinem Vormund bekommt er Briefe, Tonbänder seines Vaters und eine Liste mit Namen mit. Namen von Personen, die Sonnys Eltern kannten. Auf der Suche nach den Schauplätzen seines Lieblingsfilmes „Shaun of the dead“ besucht er auch die Personen auf der Liste, hört so einiges über seinen Vater, hofft auf einen Hinweis auf den Verbleib seiner Mutter aber vor allem erfährt er viel über sich selbst und seine Vergangenheit!



Was für ein außergewöhnliches Buch!

Da hätten wir mal die Erzählform: Das ganze Buch ist ein gigantisch langer Brief von Sonny an seine Mutter. Er erzählt ihr Schritt für Schritt, was von seinem 21. Geburtstag an passiert ist. Die Details seiner Reise, seine Phobien und Flashbacks, die Gespräche mit den Leuten, die er aufgezeichnet hat.

Die Sprache ist dabei locker, oft spricht er sie direkt an, manchmal merkt man ihm seine Emotionen stark an. Sehr ungewöhnlich und interessant:

Der Protagonist: Sonny ist so etwas wie ein Anti-Protagonist ;). Er hat eine schwere Drogenvergangenheit, einige merkwürdige Phobien, zB kann er keine Umschläge öffnen, das Geräusch, wenn Menschen essen oder sich küssen kaum aushalten. Und eine absolute Fixierung auf den Film „Shaun of the dead“ – was ich verstehen kann, der ist einfach Kult.

Der Roadtrip: Abgesehen von den Film-Schauplätzen werden auch viele andere Orte sehr lebhaft und echt beschrieben. Auch kleine Erlebnisse sind detailliert und interessant. Der Kreis schließt sich erst sehr langsam, manche Dinge bleiben offen und gerade das gibt dem Buch sehr viel.

Auch wenn Sonnys Suche sehr skurril und ungewöhnlich ist, hat die Geschichte neben den schrägen Roadtrip-Momenten auch viele traurige, zum Nachdenken anregende. Wir erfahren erst Mal auch viel über die Kindheit seines Vaters, seinen Werdegang, über Sekten und selbsternannte Gurus.

Das alles macht dieses Buch zu einem wirklich bemerkenswerten und ungewöhnlichen Lesevergnügen!