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Benutzername: 
PMelittaM
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 428 Bewertungen
Bewertung vom 03.01.2022
Tod in Blau / Leo Wechsler Bd.2
Goga, Susanne

Tod in Blau / Leo Wechsler Bd.2


ausgezeichnet

Berlin 1922: Der Maler Arnold Wegner wird tot in seinem Atelier gefunden, verbrannt. Gewisse Umstände deuten auf Mord und Brandstiftung. Leo Wechsler und sein Team ermitteln. Ein Motiv zu finden, ist gar nicht so einfach, womöglich liegt es in den Arbeiten des unkonventionellen Malers verborgen?

Der zweite Band um Leo Wechsler bietet nicht nur einen interessanten Fall (eigentlich sind es ja zwei, aber der erste geht irgendwann unter und wird nicht weiter verfolgt, das ist ein bisschen schade), sondern führt auch das Privatleben Leos und seiner Schwester Ilse weiter, leider nicht immer zum Guten, man darf gespannt auf weitere Entwicklungen sein.

Leo ist mir sehr sympathisch und auch seinen Kollege Robert Walther, der ihm auch ein Freund ist, mag ich. Einige andere Charaktere aus Band 1, wie Pauls Familie und die Buchhändlerin Clara Bleibtreu trifft man ebenfalls wieder. Ein besonderes Highlight unter den Charakteren stellt in diesem Band aber der Junge Paul dar, der eine besondere Beziehung zu dem toten Maler hatte, und möglicherweise mehr über ein mögliches Motiv weiß. Aus armen Verhältnissen stammend, ist er aber auch misstrauisch, und versucht ein Versprechen, das er Wegner geben hat, unter allen Umständen zu halten. Mit ihm ist man als Leser:in sehr schnell emotional verbunden.

Auch Alfred Wegner lernt man zunächst kennen und mögen, so dass man seinen Tod sehr bedauert. Susanne Goga hat ein gutes Händchen für Charaktere, und so trifft man hier einige, die pointiert gezeichnet sind und auch gut in die Zeit passen, wie z. B. die Tänzerin Thea Pabst.

Apropos Zeit: Die Atmosphäre jener Zeit hat die Autorin ebenfalls gut in den Roman gebracht. Der historische Hintergrund spielt eine Rolle, die galoppierende Inflation, der aufkommende Nationalsozialismus, die schwierige politische Situation. Susanne Goga lässt uns nicht nur einen Blick in Glanz und Glamour des Berlins der 1920er Jahre werfen, sondern auch einen in die Hinterhöfe und die gesellschaftlichen Diskrepanzen.

Die Reihe um Leo Wechsler entwickelt sich zunehmend zu einer Lieblingsreihe, ich freue mich schon auf weitere Bände, einige sind bereits erschienen. Wegen des „vergessenen“ Toten vergebe ich „nur“ 4,5 Sterne (aufgerundet wo nötig), und eine Leseempfehlung (nicht nur) für alle, die (Kriminal)Romane mögen, die in den 1920er Jahren spielen.

Bewertung vom 30.12.2021
Die Magie der Eulen
Darlington, Miriam

Die Magie der Eulen


sehr gut

Die Autorin hat ein sehr persönliches Buch über Eulen geschrieben, sie erzählt, wie sie auf Eulensuche geht, wobei sie auch andere Länder (Serbien, Frankreich) besucht, wie sie allein oder mit einer geführten Gruppe auf Eulen trifft, lässt aber auch historische, kulturelle und wissenschaftliche Hintergründe nicht aus, inklusive der Probleme, die den Eulen durch die Menschen und die klimatischen Veränderungen entstehen können. Und schließlich verknüpft sie das Ganze auch noch mit ihrem Privatleben, u. a. der Krankheit ihres Sohnes (das Warum ist mir hier nicht ganz klar) – insgesamt findet man in diesem Buch vor allem die persönliche Annäherung der Autorin an die Eulen.

Im Mittelpunkt stehen acht ganz unterschiedliche Eulenarten: Schleiereule, Waldkauz, Steinkauz, Waldohreule, Sumpfohreule, Uhu, Sperlingskauz, Schneeeule. Vom Bartkauz findet sich lediglich eine Zeichnung zu Beginn des Buches.

Wer sich einen Naturführer oder einen Bildband mit Fotos erhofft, wird hier nicht fündig. Die verschiedenen Kapitel, die jeweils einer Eulenart gewidmet sind, werden lediglich durch eine Zeichnung eingeführt. Dennoch ist das Buch interessant, man erfährt viel nebenbei z. B. über Organisationen, die sich um diese Vögel bemühen oder die Therapieeule Murray. Sehr interessant finde ich auch das „Eulendorf“ in Serbien. Manchmal ist das Ganze etwas langatmig zu lesen, dann wieder sehr interessant, unterm Strich habe ich doch einiges mitgenommen.

Ich finde, dieses Buch ist für Eulenfans eine gute Ergänzung zu Naturführern, Bildbänden o. ä. über diese Raubvögel.

Bewertung vom 29.12.2021
Ich, Santa
Kay, Jay

Ich, Santa


ausgezeichnet

Frank Ward nimmt nach dem Tod seiner Schwester deren 16jährigen Sohn bei sich auf. Der Junge ist viel mit seinen Cousins unterwegs, und lernt eines Tages auf einem Rummel Jules Hazard kennen, zu dem er eine besondere Beziehung aufbaut.

Der Junge, den Frank Ward aufnimmt, wird nie beim Namen genannt (erst am Ende), erzählt aber selbst in Ich-Form. Ward ist Sammler außergewöhnlicher Dinge, und von Anfang an schwebt das Gefühl von Geheimnis und Phantastischem über dem Erzähler, über der Geschichte, und schnell auch über dem Leser. Der Junge lernt nicht nur Jules Hazard kennen, sondern auch andere Charaktere, bei denen man sich fragt, wer oder was der- bzw. diejenige ist. Ganz aufgelöst wird das nicht, man hat aber als Leser:in selbst die Möglichkeit zu deuten und zu interpretieren, sollte sich dafür aber auf die Geschichte einlassen können, und vor allem ein bisschen Erfahrung mit phantastischen Geschichten haben.

Mich hat die Geschichte sehr schnell gepackt, ich war gefesselt, gespannt, habe mit dem Jungen mitgefühlt. Jay Kay hat eine sehr eingängige Erzählweise, und schafft es, dem Jungen Charakter zu geben.

Meine Ausgabe hat mehrere Boni, u. a. eine Kurzgeschichte (der Autor nennt sie Vignette), in der ein anderer Charakter des Romans die Erzählerrolle übernommen hat, und die leider ein offenes Ende hat, aber Lust macht, noch mehr von dieser Welt zu lesen.

Mich hat der Roman auf besondere Weise berührt, ich habe ihn sehr gerne gelesen. Man muss sich auf ihn einlassen, er ist kein einfacher Weihnachtsroman, wie man es von Titel und Cover erwarten könnte, man sollte außerdem Interesse an Phantastik haben, wenn man ihn genießen möchte. Ich vergebe 4,5 Sterne, die ich, wo nötig, aufrunde.

Bewertung vom 29.12.2021
Der Fall Lazarus
Reef, Rob

Der Fall Lazarus


sehr gut

Weihnachten 1938: John Stableford und Perceval Holmes sind unterwegs, das Weihnachtsfest mit ihren Ehefrauen auf Hatton Hall zu feiern, als sie wegen eines Zugunglücks und starken Schneefällen ihre Fahrt unterbrechen müssen – und direkt mit zwei Leichen konfrontiert werden.

Die beiden sind im Tal von Gore gelandet, in dem man daran glaubt, dass Tote wieder auferstehen können, und als Wiedergänger oder andere unnatürliche Wesen umgehen. Und tatsächlich scheint es einen Toten zu geben, der auch nach seinem Tod durch die Gegend läuft. Doch die beiden Hobbydetektive sind davon überzeugt, dass es dafür eine natürliche Ursache geben muss. Wie es sich für einen guten klassischen britischen Kriminalroman gehört, gibt es eine überschaubare Menge Verdächtiger, auch das Setting ist begrenzt. Rob Reef erzählt atmosphärisch, ich hatte schnell das Gefühl mittendrin zu sein. Wer sich mit den Personen verzettelt, kann hinten im Personenregister nachlesen, dort findet sich auch eine Karte, falls jemand die Wege der Charaktere nachvollziehen möchte. Auch wenn der Roman Teil einer Reihe ist, kann man ihn gut ohne Vorkenntnisse lesen.

Der Einstieg in den Roman gestaltete sich für mich etwas schwierig, und ich hatte schon die Befürchtung, dass es langweilig werden könnte, denn Holmes stellt Stableford, der auch Autor von Detektivgeschichten ist, vor die Frage, ob und wie Kriminalromane nicht etwas phantastischer, und dadurch mit mehr Tiefe, gestaltet werden könnten. Doch dann nimmt der Roman an Fahrt auf, lässt sich gut lesen, und hat einiges an Spannung zu bieten.

Man kann als Leser schon mitraten, aber eine gute Chance, das Rätsel zu lösen, hat man nicht, dazu hat der Autor zu viele falsche Fährten auf Lager. Das ist aber nicht schlimm, denn die Auflösung, oder, wie es hier heißt das Dénouement nimmt einigen Raum ein, Stableford erklärt uns, ganz im Stil von Poirot, ausführlich Hergang und Verbindungen, auch wenn er dieses Mal nicht ganz sicher sein kann, aber alles dafür tut, den oder die Täter/-in aus der Reserve zu locken.

Mich hat der sechste Band der Reihe wieder gut unterhalten. Ich habe ihn passend zur Weihnachtszeit gelesen und hatte spannende Lesestunden. Gerne vergebe ich 4 Sterne und eine Leseempfehlung, vor allem für Fans klassischer Whodunnits.

Bewertung vom 27.12.2021
Der 21. Juli
Ditfurth, Christian von

Der 21. Juli


gut

Am 20.07.1944 wird Adolf Hitler bei einem Attentat getötet. Im Mai 1945 fällt eine Atombombe auf Minsk. Im Frühjahr 1953 soll der ehemalige SD-Offizier Knut Werdin Heinrich Himmler töten.

Man erkennt es sofort, hier handelt es sich um Alternate History, eine Was-wär-wenn-Geschichte, was wäre passiert, wenn die Attentäter rund um Claus Schenk Graf von Stauffenberg erfolgreich gewesen wären, ihr „Tyrannenmord“ gelungen wäre? Wie hätte sich die Geschichte dann weiterentwickelt? Der Autor versucht eine Antwort zu geben.

Ich war sehr gespannt auf diesen Roman, aber ehrlich gesagt, auch schnell enttäuscht. Erzählt wird in zwei Zeitebenen, wobei die Geschehnisse der Jahre 1944 und 1945 von denen des Jahres 1953 eingerahmt werden. Zunächst trifft man Knut Werdin im texanischen Asyl, wo er für den Mordauftrag angeheuert wird, erfährt dann, was ihn überhaupt dazu bewogen hat, in die USA zu gehen, inklusive der damit verbundenen fiktiven historischen Ereignisse, um dann mitzuerleben, ob Werdin das Attentat gelingt. Leider konnten mich die Ereignisse des Jahres 1953 nicht so recht überzeugen, langweilten mich gar. Etwas interessanter waren die im Jahrzehnt zuvor, die mich dann doch bei der Stange hielten.

Knut Werdin steht zwar im Mittelpunkt der Erzählung, aber er ist nicht der einzige, aus dessen Perspektive berichtet wird. Neben ihm gibt es noch Irma Mellenscheidt, eine junge Frau aus aufgeschlossener Familie, die zwischen zwei Männern steht, Werner Krause, ein echter Nazi mit Folterleidenschaft, Boris Michailowitsch Grujewitsch, der für den sowjetischen Geheimdienst arbeitet, sowie der Pilot Helmut von Zacher, dem eine besondere Aufgabe zufällt. Das Schicksal dieser Menschen ist eng mit den fiktiven historischen Ereignissen und auch auf gewisse Weise miteinander verknüpft. Weitere Charaktere sind eine Reihe historischer Persönlichkeiten, deren Leben hier anders verläuft als in der Realität.

Ich finde alternative Realitäten immer sehr interessant, leider ist es hier weder so spannend, noch so interessant, wie ich es mir erhofft hatte. So kommen hätte es aber vielleicht wirklich können.

Der Roman hat meine Erwartungen leider nicht erfüllt, obwohl ich die 1944/45er Ereignisse nicht ungern gelesen habe. Insgesamt kann ich gerade noch 3 Sterne vergeben.

Bewertung vom 25.12.2021
A Runaway Christmas (eBook, ePUB)
Crockham, Tiffany

A Runaway Christmas (eBook, ePUB)


sehr gut

Kairo, Weihnachten 1924: Sir Tiny verschwindet spurlos, und es ist an Miss Kitty ihn wiederzufinden.

Auch dieses Jahr gibt es zur Buchreihe wieder einen Weihnachts-Kurzroman, der abwechselnd aus Sicht der beiden Tiere in Ich-Form erzählt wird, so erfährt der Leser auch immer direkt, was mit Sir Tiny überhaupt passiert ist, und was Miss Kitty alles auf sich nimmt, um ihn wiederzufinden. Sogar mit ihrer alten Katzengang muss sie sich wieder auseinandersetzen, und auch Brutus spielt erneut eine Rolle.

Man kann die Geschichte auch gut lesen, wenn man die Reihe nicht kennt, aber natürlich ist es viel schöner, wenn man schon etwas über die Personen und vor allem die Tiere weiß.

Zusätzlich zur Geschichte gibt es wieder zwei Rezepte, mit denen man Hund und Katze auch etwas leckeres zur Weihnachtszeit bieten kann.

Tiffany Crockham hat wieder eine schöne Weihnachtsgeschichte mit den beiden aus der Reihe bekannten Tieren geschrieben, die von Freundschaft und Zusammenhalt erzählt und daher gut in die und zur Weihnachtszeit passt.

Bewertung vom 24.12.2021
Morgen, Klufti, wird's was geben
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Morgen, Klufti, wird's was geben


ausgezeichnet

Da seine Ehefrau Erika beim Christbaumschmücken von der Leiter fällt und ins Krankenhaus muss, hat Kluftinger die Weihnachtsvorbereitungen alleine zu regeln – mit ein bisschen Unterstützung des Schwiegervaters seines Sohnes, Yoshifumi Sazuka, der aus Japan zu Besuch ist.

Ich bin froh, dass ich mir den Roman noch vor Weihnachten besorgt und gelesen habe, denn ich habe mich köstlich amüsiert. Die 24 (!) Kapitel sind überschrieben mit „1. Katastrophe“, „2. Katastrophe“ usw., und ja, Katastrophen gibt es genug, aber am Ende haben die Kluftingers ein friedvolles Weihnachtsfest – naja, zumindest irgendwie.

Klufti zeigt sich hier von seiner „besten“ Seite, und Erika hat mir während des Lesens durchgehend leid getan. Für den Haushalt und Vorbereitungen für Weihnachten ist Klufti einfach nicht geschaffen, dafür brilliert er mit so manchen abwegigen Ideen, die mich abwechselnd zum Kopf schütteln und heftigen Lachanfällen brachten, oft beides gleichzeitig, und mit einem sehr speziellen Englisch („Dear Joschi, from us out can you immer come when you will. Wir … täten uns enjoyen“, Seite 9). Ja, mein Humor wurde voll getroffen, womöglich aber nicht jedermanns Humor.

Einen Kriminalfall sucht man dagegen vergeblich, finde ich aber gar nicht schlimm, Klufti mal ganz privat hat doch auch etwas.

Ich habe mich köstlich amüsiert, und wer Klufti mag, und/oder sich eine weihnachtliche und humorvolle Geschichte vorstellen kann, kann bedenkenlos zugreifen. Volle Punktzahl für einen Roman, an den ich mich sicher noch länger erinnern werde.

Bewertung vom 19.12.2021
Meeressarg / Fabian Risk Bd.6
Ahnhem, Stefan

Meeressarg / Fabian Risk Bd.6


ausgezeichnet

In Kopenhagen wird die Leiche des Leiters des Polizeinachrichtendienstes gefunden, mit einer nackten Frau auf dem Rücksitz. Kim Sleizner setzt Jan Hesk als Leiter der Ermittlungen ein, der nicht auf Offensichtlichkeiten hereinfällt, tiefer ermittelt und in ein Wespennetz sticht.

Fabian Risk und seine Familie müssen einen schweren Verlust verkraften. Auch hier scheint nicht alles so zu sein, wie es auf den ersten Blick scheint, und Fabian macht sich auf die Suche nach der Wahrheit.

Dunja Hougaard ist weiterhin untergetaucht und sucht mir ihren Verbündeten Fareed und Qiang nach Beweisen gegen Kim Sleizner, ein gefährliches Spiel.

Der sechste Band der Reihe – und dieses Mal geht es Sleizner hoffentlich endlich an den Kragen? Hier zeigt er wieder einmal seine ganze Bösartigkeit, und auch, wie gefährlich er auf Grund seiner Position ist – man hofft, dass in der Realität derartige Menschen nicht in solche Positionen kommen können, doch bleibt dies wahrscheinlich ein frommer Wunsch.

Der Roman ist, wie erwartet, sehr spannend, und manchmal war ich einfach nur baff von den Entwicklungen, mit manchem hatte ich einfach nicht gerechnet. Erzählt wird mit vielen Perspektivewechseln, was die Spannung erhöht, aber auch die Möglichkeit bietet, das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln zu verfolgen. Die meisten Charaktere kennt man mittlerweile gut, man fühlt mit ihnen, zumindest in den meisten Fällen. Besonders Fabian trifft es dieses Mal gewaltig, er hatte es ja in den Vorgängerbänden schon nicht leicht, aber hier kommt es richtig schlimm. Manche Szenen sind nicht leicht zu ertragen, aber wer die Reihe kennt, weiß was ihn erwartet. Übrigens: Wer die Reihe noch nicht kennt, sollte zunächst die Vorgängerbände lesen. Die Bände bauen stark aufeinander auf, und man sollte nicht nur die Charaktere bereits kennen, sondern auch wissen, was sie bisher erlebt haben. Nur dann kann man die Geschehnisse dieses Romans wirklich verstehen.

Der sechste Band der Reihe bringt gewisse Erzählstränge zum Ende. Ob das auch das Ende der Reihe sein wird, bleibt abzuwarten. Der Roman ist gewohnt spannend, aber auch wieder sehr brutal. Da die Bände stark aufeinander aufbauen, sollte man sie der Reihe nach lesen, vor allem dieser Band funktioniert ohne die Kenntnis der vorherigen Ereignisse wohl nicht. Wer die Reihe bisher mochte, sollte unbedingt zugreifen.

Bewertung vom 18.12.2021
Commissaire Le Floch und das Geheimnis der Weißmäntel / Commissaire Le Floch Bd.1
Parot, Jean-François

Commissaire Le Floch und das Geheimnis der Weißmäntel / Commissaire Le Floch Bd.1


sehr gut

Der junge Nicolas de Floch bekommt auf Empfehlung seines Patenonkels eine Ausbildung bei der Pariser Polizei – bereits nach ca. eineinhalb Jahren, im Februar 1761 wird er von Polizeipräsident de Sartine mit der Aufklärung zweier brisanter Fälle beauftragt: Sein Ausbilder, Commissaire Lardin, ist verschwunden, ebenso wie Briefe des Königs, die in den falschen Händen fatal sein könnten.

Der Roman ist der Start in eine Reihe, sein Setting, das französische 18. Jahrhundert, zur Regierungszeit Louis XV. ist interessant, und es ist dem Autor sehr gut gelungen, die Atmosphäre der damaligen Zeit wiederzubeleben, zumal er auch viel gesellschaftlich/politischen Hintergrund und eine ganze Reihe historischer Persönlichkeiten einbezieht, einige davon als handelnde Personen, wie z. B. den schon erwähnten Polizeipräsidenten oder sogar den Pariser Henker Charles-Henri Sanson, über andere wird, zum Teil ausführlich, gesprochen. Wer sich ein bisschen mehr über die historischen Hintergründe informieren möchte, kann zum – kostenlosen – Ebook „Die Welt des Commissaire Le Floch“ greifen.

Nicolas bleibt, auch wenn man viel über ihn und seine Gedanken und Emotionen erfährt, nicht ganz greifbar für mich, was schade ist, was aber auch ein bisschen neugierig auf die weiteren Bände macht, in denen man ihn vielleicht (noch) besser kennenlernt. Er ist mir aber schnell sympathisch, vor allem, weil er so schnell nicht aufgibt, und weil er ein offenes Herz für alle Menschen hat. Ihm zur Seite steht Pierre Bourdeau, dessen Vorgesetzter er ist, dessen Meinungen und Ratschläge er aber auch anerkennt, hat Bourdeau doch mehr Erfahrung – es entwickelt sich ein vertrauensvolles und fast freundschaftliches Verhältnis. Insgesamt hat der Autor einige interessante Charaktere geschaffen bzw. einbezogen.

Der Fall ist sehr komplex, und es gibt viele Wendungen, manches scheint zunächst ziemlich klar, ist es aber dann doch nicht. Nicolas ist oft skeptisch, und hat damit oft Recht, allerdings muss auch er manchmal umdenken. Als Leser mitzuraten ist nicht einfach, ich habe es irgendwann sein, und mich von der Geschichte führen lassen. Am Ende gibt es eine logische Erklärung, und Nicolas erhält sogar eine Audienz bei Louis XV., die die Weichen für seine weitere Zukunft stellt.

Ich brauchte ein bisschen, um in den Roman eintauchen zu können. Der Autor schreibt manchmal sehr ausschweifend, das ist oft zwar interessant, weil seine umfangreiche Recherche hier Ausdruck findet, aber manchmal habe ich dadurch auch ein bisschen den Faden (und die Spannung) verloren. Insgesamt ist der Roman nicht immer einfach zu lesen und erfordert Konzentration. Erzählt wird aber auch sehr bildhaft, was vor allem bei den sehr deutlichen Beschreibungen der Leichen, manchmal etwas abstoßend sein kann, es trägt aber auch sehr zur Atmosphäre bei. Erzählweise und Sprache sind passend zur Zeit gewählt, wer nicht jedes Wort kennt, findet am Ende ein Glossar, ebenso wie eine Vorstellung der historischen Persönlichkeiten, handelnde und erwähnte. Das hat mir sehr gut gefallen. Abgerundet werden diese Boni noch mit einer Karte des Paris jener Zeit und einem Personenregister. Den Titel allerdings finde ich nicht ganz passend.

Unterm Strich finde den Roman gut, man muss sich auf ihn einlassen, man lernt einiges über die Zeit und über manche historische Persönlichkeit, es hapert allerdings etwas an Spannung. Ich vergebe 4 Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die gut recherchierte historische Kriminalromane mögen und sich auf einen Roman einlassen können, der womöglich nicht sofort packt, und nicht immer leicht zu lesen ist.

Bewertung vom 10.12.2021
Das Geschenk
Bronsky, Alina

Das Geschenk


gut

Früher waren die beiden Ehepaare Almut und Klaus, Kathrin und Peter eng befreundet, doch seit Almuts Tod vor vier Jahren ist der Kontakt abgebrochen. Als Klaus Peter und Kathrin überraschend zu Weihnachten einlädt, kann Kathrin nicht Nein sagen, offenbar braucht der Witwer Trost. Umso überraschender ist, dass sie Klaus nicht alleine antreffen, er hat eine neue Lebensgefährtin, die wesentlich jüngere Sharon.

Die kurze Erzählung wird in Ich-Form von Peter erzählt, ist daher subjektiv gefärbt, und voller Missverständnisse und Vorurteile, vor allem Sharon gegenüber. Doch im Laufe der Zeit kommen auch andere Probleme zum Vorschein, und vieles entwickelt sich anders, als zunächst gedacht bzw. zeigt sich auch die Vergangenheit in einem anderen Bild.

Obwohl, gerade bei der Hauptprämisse war mir schnell klar, dass es anders sein muss, als Peter es sich vorstellt. Peter und Kathrin erschienen mir schnell als schwierige Menschen, und sie waren mir, vor allem Kathrin, wenig sympathisch. Doch genau das braucht die Geschichte auch, denn es geht ja um Konflikte, Konflikte, die vielleicht aufgelöst werden können.

Auch wenn die Erzählung über Weihnachten spielt, viel weihnachtliche Stimmung kommt nicht auf, aber wie sollte es auch, bei der Stimmung, die herrscht. Dabei hat sich vor allem Sharon wirklich Mühe gegeben. Ganz wird nicht klar, warum Klaus Peter und Kathrin bei diesem Fest dabei haben wollte.

Letztlich fehlt es der Geschichte dann doch an Tiefe. Lesen lässt sie sich aber kurzweilig, und schon wegen der Kürze ruckzuck. Man kann sich als Leser schon seine Gedanken machen, und vielleicht auch über seine eigene Situation nachdenken, vor allem, wenn man schon etwas älter ist, wie drei der Protagonisten. Dennoch bleibt vieles oberflächlich, und gerade das Ende hätte mehr hergegeben.

„Das Geschenk“ ist ein Kurzroman, der sich flott lesen lässt und einen zum Nachdenken bringen kann, etwas mehr Tiefe und vor allem ein runderes Ende hätten aber nicht geschadet. Ich vergebe 3,5 Sterne.