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sommerlese
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Zu meinen Hobbies gehört Lesen einfach dazu. Meine Rezensionen erscheinen auch auf meinem Blog. Schaut doch bei Interesse mal rein! https://sommerlese.blogspot.com/
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Insgesamt 2518 Bewertungen
Bewertung vom 20.02.2023
Storchenherzen / Die Hebammen vom Storchennest Bd.1
Teichert, Fritzi

Storchenherzen / Die Hebammen vom Storchennest Bd.1


gut

Das Chaos zwischen Leben und Liebe
Helga ist gemeinsam mit Monika Hebamme im Geburtshaus Storchennest, sie bekommen Unterstützung durch die junge Kollegin Madita, die mit ihrer fröhlichen und energiegeladenen Art nicht nur frischen Wind in die Praxis bringt, sondern auch in Helgas eingefahrenes Leben. Beide Frauen sind völlig verschieden, Helga ist routiniert und erfahren, leider etwas ruppig, aber von Herzen Hebamme und auch Madita brennt für diesen Beruf. Mit ihrer flippigen, liebevollen Art und den esoterischen Vorschlägen eckt sie bei Helga an, doch in entscheidenden Momenten klappt die Zusammenarbeit.

Dieser Roman wird wechselweise aus Helgas oder Maditas Sicht erzählt, sodaß man ihnen näher kommt und ihre jeweilige Persönlichkeit kennenlernen kann.

In "Storchenherzen" wird durch den Arbeitsalltag der Protagonistinnen der Beruf der Hebamme in den Mittelpunkt gerückt und es werden Szenen mit Schwangeren gezeigt, die sich mit Vorsorge, der Geburt und der Nachsorge befassen. Dadurch erlebt man hier die natürlichen Vorgänge der Geburt mit, positive Momente und auch Probleme, die bei Geburten eben auftreten können. Madita und Helga werden sehr lebendig beschrieben und man merkt ihnen ihre Liebe zum Beruf an. Es gibt immer wieder Szenen, in denen Humor durchblitzt und die mich schmunzeln liessen. Beide Hebammen sollen mit ihrer Arbeit wieder dafür sorgen, dass sich die Beurteilungen des Geburtshauses wieder zum Positiven wenden, denn dank Helgas ruppiger Art haben einige Mütter schlechte Bewertungen abgegeben.

Doch es geht nicht nur um die Berufsausübung, wir erfahren auch wie das Privatleben der Frauen aussieht. Madita ist eine fröhliche junge Frau, deren Liebesleben zur Zeit recht chaotisch verläuft. Und auch bei Helga läuft es nach vielen Ehejahren nicht mehr wie früher, ihr Mann hat sich gerade von ihr getrennt.

Das Autorinnen-Duo beschreibt auf empathische Weise das große Wunder einer Geburt und den Ursprung neuen Lebens. Wir erfahren von den Besonderheiten der werdenden Eltern und es gibt viele trubelige und humorvolle Szenen aus dem Leben der Hebammen, die für gute Unterhaltung sorgen. Leider war mir in dieser Geschichte einfach zu viel Drumherum und ich hätte mir gewünscht, die Handlung wäre etwas mehr einem roten Faden gefolgt als flippig hin und her zu springen. Diesen unruhigen Effekt verstärken auch die reichlich vorkommenden Nebenfiguren, die jedoch schlüssig in die Handlung eingebaut werden. Die Männer der Geschichte konnten nicht bei mir punkten, ich hätte es gefeiert, wenn hier mal ein Mann als Hebamme aufgeschlagen wäre.

Übrigens hat mich gestört, dass die Geschichte mit offenen Fragen endet. Wobei das sicherlich dem Folgeband geschuldet ist.

Ich habe interessiert verfolgt, was hier über den Hebammenalltag geschrieben wurde und ich fand es toll, wie die doch so unterschiedlichen Frauen Helga und Madita zwischen Entbindungen und Terminen ihr privates Leben neu ordnen und sich anfreunden. Der lockere und leichte Erzählstil lässt sich angenehm lesen und bringt auch noch einigen Humor für unterhaltsame Lesezeit mit.

Ein leichter, etwas turbulenter Roman über die Aufgaben als Hebamme und über die Freundschaft zweier Frauen mit diesem anspruchsvollen Beruf. Die Verantwortung und die Sensibilität machen es so wichtig, das es weiterhin ausgebildete Hebammen gibt, die mit Herz und Seele für Mutter und Kind da sind.

Bewertung vom 19.02.2023
Feldpost
Borrmann, Mechtild

Feldpost


sehr gut

Dieser Roman ist spannend wie ein Krimi!
Im Droemer Verlag erscheint der historische Roman "Feldpost" von Autorin Mechtild Borrmann.

Die Anwältin Cara erfährt kurz vor Weihnachten im Jahr 2000 bei einem Kaffee von einer älteren Dame, dass sie eine gewisse Adele suche. Sie hinterlässt der überraschten Cara ein Bündel Feldpostbriefe aus dem 2. Weltkrieg und Unterlagen über den Verkauf einer Villa in Kassel zu einem symbolischen Preis. Aus Interesse beginnt Cara mit ihren Nachforschungen und deckt eine tragische, weil verbotene Liebe auf und auch einen bitteren Verrat.



"Man sagt, die Zeit heilt alle Wunden, aber das stimmt nicht. Es gibt Verletzungen, die unversorgt geblieben sind, die immer wieder aufbrechen... Auch verschwiegende Ereignisse, die wir längst vergessen glauben, ... verlangen nach erneuter Beachtung." Zitat Seite 7

Dieser fiktive Roman von Mechtild Borrmann verbindet auf spannende Weise eine gegenwärtige Handlung mit den Schrecken des Zweiten Weltkrieges und den Folgen von Gräueltaten und des Verrats aus dieser Zeit. Durch Recherchen im Tagebuch-Archiv Emmendingen wurde die Autorin auf diese wahre Geschichte aufmerksam, die sie zur Grundlage ihres Buches machte.

Bei diesem Buch haben mich die berührenden Schicksale von Anfang an gefangen genommen und ich wollte gemeinsam mit Cara herausfinden, was mit Adele geschah und und welche Gründe es für den Verkauf der Villa gab. Sehr schnell entwickelt sich eine dramatische Story, in der man in die Ereignisse aus der Vergangenheit von 1935-1945 eintaucht und wieder ins Jahr 2000 wechselt, um Caras Recherchen zu begleiten.

Der Schreibstil ist nüchtern, präzise und bringt besonders in den Dialogen die Dinge schnell auf den Punkt, die Schauplatzbeschreibungen sind schon ausführlicher und stellen bildhaft die Szenerie nach, sodass man als Leserin tiefer in das Geschehen eintauchen kann.

Nach und nach entwickelt sich eine tragische und dramatische Geschichte, die von der Freundschaft der Familien Kuhn und Martens erzählt. Nach der Machtergreifung durch die Nazis werden die Martens zu überzeugten Anhängern der Partei, doch Gerhard Kuhn kritisiert die Ansichten und das Handeln der Nazis. Als Folge seiner regimefeindlichen Haltung bleibt ihm und seiner Frau nur die Flucht ins Ausland. Um seine Kinder Albert und Adele soll sich sein Freund Martens kümmern.

Die kurzen Kapitel wechseln zwischen den Protagonisten hin und her, durch die Nennung der Namen und der Daten kann man den Geschehnissen gut folgen und wird immer wieder mit unerwarteten Wendungen überrascht. Die Briefe und Emotionen der Figuren werden nicht groß thematisiert oder überdramatisiert, sind aber aus der Handlung heraus offensichtlich und so erfährt man von einer großen Liebe, die nicht sein darf und von einem Verrat, der das Schicksal einiger Menschen besiegelt hat. Ich fand es sehr schade, dass sich die dramatischen Ereignisse zum Ende fast überschlagen und die Geschichte nicht in aller Ruhe auserzählt wird, sondern die einzelnen Schicksale wie in einer Aufzählung eher nebensächlich abgehandelt werden. Deshalb ziehe ich leider einen Stern ab.


Und wieder hat Mechtild Borrmann mit ihrem dramatischen Roman Zeitgeschichte zum Leben erweckt und mich mit einer tragischen Familiengeschichte gefesselt.

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Bewertung vom 17.02.2023
Wenn ihr wüsstet
Garrett, David;Linder, Leo G.

Wenn ihr wüsstet


ausgezeichnet

Vom Wunderkind zum Superstar
Die im Heyne Verlag erscheinende Biografie "Wenn ihr wüsstet" erzählt aus David Garretts Leben und Leo G. Linder hat es in Schriftform gebracht.

David Garrett ist ein Virtuose auf der Violine, er zählt zu den weltbesten Geigenspielern und verzaubert seit vielen Jahren mit seiner Musik ein Millionenpublikum. Er ist ein Ausnahmetalent und wenn er spielt, sitzt jeder Ton und es gleicht einer musikalische Perfektion. Doch dieser Erfolg ist ihm nicht zugeflogen, er musste sich seinen Erfolg hart erarbeiten und das schon von Kindesbeinen an.

Schon als Zehnjähriger spielte David Garrett gemeinsam mit internationalen Orchestern die großen Werke der klassischen Musik und wurde als Wunderkind gefeiert, aus diesem Image löste er sich mit Anfang zwanzig und ging zum Studium nach New York. Er findet seinen eigenen musikalischen Weg, indem er den Crossover zwischen virtuoser Geigenmusik mit aktueller Popmusik verbindet.


Wunderkinder haben stets ein großes Talent, aber um dieses Talent zu fördern, braucht es Drill, Disziplin, Lernfähigkeit und viel harte Arbeit. Das Wunder hat aber einen entscheidenden Nachteil, denn diese Kinder verzichten dafür auf eine normale Kindheit mit freier Zeit.

Von frühester Kindheit an wurde David Garrett von seinem Vater zu stundenlangem Üben angehalten und durch die besten Privatlehrern gefördert. David berichtet ehrlich kritisch über diesen Zwang. Und dieser Druck im Kindesalter hinterlässt seine Spuren, der jugendliche Musiker wird krank. Später bewirbt er sich heimlich an der renommierten Juillard School in NY und muss einen harten Weg gehen, bis er im Crossover Erfolg hat und seine Karriere ihm ein Auskommen sichert und ein Leben, das von seinen eigenen Vorlieben geprägt ist.

Auf sehr ehrliche und offene Weise erzählt David Garrett aus seinem Leben, lässt seine Gefühle erkennen und hinter die Fassade seines musikalischen Talents blicken. Was ihm als Karrieresprung geholfen hat, ist gleichzeitig der Verlust der eigenen Kindheit. Doch mittlerweile kann er selbst entscheiden, wohin seine musikalische und persönliche Reise geht. Das Crossover bringt sein Talent auf hervorragende Weise zum Strahlen, denn David verbindet Rockelemente mit klassischer Musik und lässt damit etwas Einzigartiges entstehen, das Musikfreunde aus aller Welt begeistert.

Die kurzweilige Lektüre berichtet auch über berühmte Geigen und deren Besonderheiten und Erbauer. Wir erfahren von der Zusammenarbeit mit Yehudi Menuhin, vom Auftriff bei der Queen, von einem besonderen Erlebnis mit gefärbten Haaren für seine Rolle als "Teufelsgeiger" und von einem Mann, in dessen Leben auch Einsamkeit ein Problem war. Seine Liebe scheint er inzwischen gefunden zu haben, was ich ihm von Herzen gönne.
Diese lebendig geschriebene und interessante Biografie lässt sich gut lesen und wird durch zahlreiche Fotos aus David Garretts Leben in besonderer Weise vervollständigt. Außerdem gehört zu jedem Kapitel ein QR-Code, über den man viele unveröffentlichte Konzertmitschnitte und Aufnahmen, sowie Fotos abrufen kann. Diese Musikerlebnisse vervollkommnen das Buch und machen es auch musikalisch zu einem großartigen Erlebnis.

Eine lebendig erzählte, großartige Biografie über Höhen und Tiefen im Leben des Star-Geigers, die deutlich macht, wie aus dem Wunderkind ein Superstar wurde.

Bewertung vom 16.02.2023
Im Schatten des Turms
Anour, René

Im Schatten des Turms


sehr gut

Ein lesenswerter historischer Schmöker über Wien

Wien, 1787. Der Medizinstudent Alfred ist fasziniert vom sogenannten Narrenturm, dort werden die Irrsinnigen behandelt, es entsteht damit ein neuer Zweig der Medizin. Wie die Menschen behandelt werden, ist jedoch recht grausam und Alfred bekommt Einblicke, die ihn nicht wieder loslassen.
Die junge Adlige Helene Weydrich war noch nie am Wiener Hof, weil ihr Vater von den Intrigen und Machtspielchen weiß und Helene davor schützen möchte. Als er stirbt, bekommt Helene einen neuen Vormund und ihre Situation ändert sich gewaltig. Im Schatten des Narrenturms begegnen sich zwei diese zwei Menschen, wird es das Schicksal gut für sie meinen?



Zu Beginn nimmt die Historie Wiens die bildhafte Hintergrundkulisse des Romans ein, die mich gedanklich nach Wien versetzt hat. Inhaltlich geht es im Roman um die Entwicklung der medizinischen Psychologie, die im sogenannten Narrenturm ihren Anfang hatte und um die Geschichte von zwei junge Menschen.

Protagonist Alfred ist ein mittelloser Medizinstudent, der sich sein Studium mit Arbeit finanzieren muss. Helene Weydrich gehört dem Hochadel an, bekommt vor ihrer Vorstellung bei Hofe privaten Unterricht in Naturwissenschaften und Latein. Um sein Studium zu finanzieren nimmt Alfred die Stelle als Lehrer bei Helene an und beide verlieben sich ineinander. Doch das Schicksal wendet sich gegen diese Liebe, Helene wird der Vormundschaft ihrer Tante unterstellt und Alfred als Soldat dem kaiserlichen Heer unterstellt.

Abwechselnd lässt der Autor die Figuren ihre Erlebnisse erzählen und stellt so die gesellschaftlichen Zustände vor und zeigt, welche Wünsche, Probleme und Lebensumstände Helene und Alfred bewegen.



Der lebendig beschriebene Schauplatz des historischen Wiens wirkt auf mich sehr authentisch und ich habe die Szenen gern verfolgt. Es war aber auch befremdlich, wie damals mit psychisch Erkrankten umgegangen wurde, von Respekt konnte da leider gar keine Rede sein.

Die beiden Protagonisten können mit ihren Charaktereigenschaften punkten, Alfred ist ein empathischer Arzt, der den schlechten Umgang mit den Erkrankten nicht mit ansehen kann. Und Helene ist eine starke Frauenfigur, die aus ihrer Adelsrolle ausbrechen und ihre Freiheit erreichen will.

Die Liebesgeschichte nimmt ihren Raum in der Geschichte ein und es war interessant, die Entwicklung der Charaktere zu beobachten, die sich gegen Intrigen und Ränkespiele häufig beweisen mussten. Das Paar hat viele Hindernisse zu überwinden, was mit einigen zeitlichen Einblicken auch gut nachzuvollziehen ist und ein Bild der damaligen Zeit abbildet.

Ich hatte mir allerdings mehr Hintergründe aus dem medizinischen/psychiatrischen Bereich erhofft, das Thema wurde aber nicht so sehr vertieft.

Wie es in historischen Romanen üblich ist, hat der Autor (recht lange) Kriegsschilderungen, Szenen der Liebe und des Ausbrechens in die Freiheit und einige Machtspiele/Intrigen in die Handlung eingebaut. Dadurch wird man abwechslungsreich unterhalten und erfährt auch die politischen Entwicklungen und das übliche Gebahren der damaligen Zeit aus nächster Nähe. Trotz der Länge des Buches blieb immer eine Grundspannung erhalten, die mich von einem Punkt zum nächsten folgen ließ. Einige Zufälle waren mir aber definitiv zu offensichtlich konstruiert.


Sehr anschaulich wird in diesem Roman das historische Wien beschrieben und bringt mit sympathischen Charakteren und widrigen Intrigen gute Unterhaltung mit sich. Ein Wien-Schmöker, der den Zeitgeist lebendig macht und eine Zeitreise bereit hält.

Bewertung vom 14.02.2023
Der kleine Ritter Kackebart
Safier, David

Der kleine Ritter Kackebart


gut

Kinder kringeln sich vor Lachen, ich bin zwiegespalten!

Der kleine Bauernjunge Kackebart träumt von einem heldenhaften Leben als Ritter. Als bei König Pipifax ein Ritterturnier stattfindet, ergreift Kackebart seine Chance und reitet mit seinem Einhorn Windelpups zur Burg. Doch die anderen Ritter machen sich über sein Aussehen lustig. Traurig begibt sich der kleine Junge nach Hause, wo die Familie ihn ermutigt, dass Anderssein auch positiv sein kann. Als dann aber der Dache Stinkerülps die Burg angreift und Prinzessin Tortenfee gefangen nimmt, ergreifen die Ritter vor Angst die Flucht. Nun ist Kackebarts Chance gekommen, um seinen Mut zu beweisen und zu zeigen, dass das Aussehen nicht darüber entscheidet, wie man wirklich ist.

In diesem Bilderbuch tragen die Figuren wirklich spezielle Namen, da gibt es das Einhorn Windelpups, einen König Pipifax und den Drachen Stinkerülps. Bei solchen Namen kringeln sich kleine Kinder vor lauter Lachen und wiederholen mit Inbrunst die sonst so verpönten Worte. Auch wenn ich diese Worte nicht so wiederholenswert finde, kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Ein kleiner Junge, der mit seinem Kackebart etwas eklig erscheint, wird am Ende der Geschichte zum Bezwinger des Drachens und erweist sich der toughen Prinzessin als ebenbürtig. Es zeigt, dass in jedem Menschen doch mehr Fähigkeiten stecken, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Ob man nun gerade Bärte voller Kacke haben muss, um anders zu sein, ist natürlich so eine Sache! Da hätte vielleicht auch schon ein anderes Merkmal gereicht, aber nun gut! Auf alle Fälle hat mich die Reaktion des Drachen leider nicht überzeugen können. Wer Feuer speien kann, erledigt so einen Kackebart doch ohne Probleme.

Die Illustrationen sind wirklich drollig anzusehen und bei der Familie des kleinen Kackebarts ist die Zusammengehörigkeit auch äußerlich gut zu erkennen. Das macht in gewisser Weise den liebenswerten Reiz aus, auch wenn die Vorstellung dieser Bärte sicher nicht jedem behagt.

Der Humor kommt bei Kindern gut an und ich finde es auch gut, dass hier die Prinzessin als mutiges Mädchen dargestellt wird, die sich selbst wehren kann.

Dieses Bilderbuch ist für Kinder natürlich eine witzige Sache und die Botschaft des Andersseins finde ich auch wichtig. Sie erscheint mir dann aber doch etwas zu albern umgesetzt. Aber Kinder werden dieses Bilderbuch lieben, ich feiere auf alle Fälle die wunderbaren Illustrationen.

Bewertung vom 14.02.2023
Helenes Stimme
Jellings, Sanne

Helenes Stimme


ausgezeichnet

Ein bewegender und einnehmender Roman über Helene Lange
Eningen, Schwäbische Alb, Sommer 1864: Im Pfarrhaus der Familie Eifert verbringt die 16-jährige Waise Helene Lange mit zwei weiteren jungen Frauen ein Pensionatsjahr. Dort geht es weltoffen zu, es wird mit Gästen über Politik, Literatur und Philosophie diskutiert, Frauen haben jedoch in diesen Runden kein Mitspracherecht, das empört Helene, denn sie hat einen wachen Geist und möchte mitreden. Sie freundet sich mit der sensiblen Pfarrerstochter Marie an, die sich als Frau bisher nur ein Leben in der Familie und im Haushalt vorstellen kann. Aber Helene will mehr und weckt auch in Marie den Wunsch nach einem selbstbestimmteren Leben. Gemeinsam mit Maries Bruder Max und dessen Studienfreund Ludwig unternehmen Marie und Helene etwas an den Wochenenden. Ludwig und Marie verstehen sich gut, Ludwig ermuntert Marie, Geschichten zu schreiben. Doch dann verändert ein Verrat das Leben der vier Freunde jäh.

Als Helene in die Pfarrfamilie kommt, freundet sie sich mit Marie an, der Helenes Art imponiert. Denn Helene ist ganz anders als die bisherigen jungen Frauen, die hier als Pensionsgäste auf ihre Ehe vorbereitet werden. Sie ist intelligent, hat eine eigene Meinung, liebt es zu diskutieren und findet es ungerecht, dass Mädchen häufig die Schulbildung verwehrt wird, sie selbst träumt von einem Zugang von Frauen an den Universitäten und möchten diesen ungleichen Zustand verändern.

Die sprachliche Umsetzung ist Sanne Jellings besonders authentisch gelungen, sie verfasst die Dialoge im der Zeit angepassten Sprachgebrauch und stellt auch die Umgangsformen und die Unterwürfigkeit der Frauen deutlich dar. Man erlebt in der Handlung sehr anschaulich wie die gängigen Konventionen in Bezug auf Alltagsgeschäfte, Religion und die Rolle der Frau in der Zeit gelebt wurden.

Bei dieser Romanidee verschmelzen reale Gegebenheiten und Personen mit dem fiktiven Part rund um Maries berührende Geschichte und die schwäbischen Sagengeschichten zu einem runden Ganzen. Gebannt habe ich die Handlung von Anfang an verfolgt und es ist gut möglich, dass die Vorgänge im Pensionatsjahr in Eningen Helenes Entschluss reifen ließen, um Lehrerin zu werden und sich für Frauenrechte und Bildungschancen für Mädchen stark zu machen.

Es ist gut vorstellbar, dass das ergreifend geschilderte Schicksal Maries, die sich aus den engen Vorstellungen ihrer Familie befreien will, von Helenes Bildungswillen ermutigt und dabei zum Spielball männlicher Macht das "schuldige" Opfer wird. Die Männer sind in ihrem Verhalten immer frei von Schuld. Sanne Jellings beschreibt in ihrem Roman sehr klar die Unterwürfigkeit und Abhängigkeit von Frauen und macht deutlich, dass Helene anders ist und den Frauen den Weg zur Unabhängigkeit freimachen möchte. Das ist ihr später auch gelungen!

Ein bewegender Roman über die junge Helene Lange, eine treibende Kraft der deutschen Emanzipation, die das Bildungswesen für Mädchen reformierte.

Bewertung vom 13.02.2023
Großvaters Walnuss
Paquette, Ammi-Joan

Großvaters Walnuss


sehr gut

Was bleibt nach dem Leben?

Die kleine Emilia bekommt eines Tages eine Walnuss als Geschenk von ihrem Großvater. Er erzählt ihr, wie er selbst so eine Nuss aus seiner alten Heimat mitnahm und eingepflanzt hat. Gemeinsam pflanzen sie die Nuss ein und er zeigt Emilia, wie sie das Pflänzchen hegen und pflegen muss. Die Nuss wächst und gedeiht, während der Großvater immer älter und schwächer wird. Als er stirbt ist die Walnuss groß genug, dass Emilia sie in den Garten neben den großen Baum des Großvaters pflanzen kann. Nun hat sie auch einen eigenen Baum.

Die Geschichte handelt von Emilia und ihrem Großvater und soll mittels des Motivs des Walnussbaums daran erinnern, dass geliebte Menschen immer ein Teil von uns bleiben.

Die einfach zu verstehenden Texte deuten den Tod eines Menschen eher auf indirekte Weise an, da ist es Ermessenssache, wie man kleineren Kindern den Inhalt näher bringt und ob man auf den Tod näher eingeht oder eher auf den Abschied und das Geschenk des Großvaters, die Walnuss. Die Bilder verdeutlichen mit den dunklen und helleren Farben auch die Bedeutung von Trauer und Hoffnung. Aber dennoch ist es ein Buch, dass man nach dem Vorlesen mit Erklärungen oder Gesprächen aufarbeiten sollte. Denn vieles ist nicht so offensichtlich, wie es größeren Kindern erscheinen mag. Das Thema Migration hat mein Lesekind z. B. gar nicht groß beachtet. Sie sieht mehr den Wachstumsprozeß der Walnuss und den Tod des Großvaters und erkennt, was nach dem Leben die Erinnerung bleibt, den Kreislauf von Vergehen und neu Entstehen.

Migration, Trauer und die Hoffnung auf neues Leben werden in diesem Kinderbuch mit einfühlsam wirkenden Illustrationen deutlich gemacht. Und es wird deutlich gemacht, dass jeder Mensch in einer neuen Heimat neue Wurzeln bilden kann.

Bei diesem Buch über den Lebenskreislauf mit Tod und Vergehen bietet sich das gemeinsame Gespräch über den Inhalt an. Und es ist auch abhängig von der Reife der Kinder, ob man ihnen dieses Buch anbieten sollte. Einfühlsames Buch über Trauer, dass Hoffnung gibt durch den Kreislauf des Lebens.

Bewertung vom 12.02.2023
Frau Sonntagsimmerzwei - Ein Huhn in Hollywood
Hundertschnee, Nina

Frau Sonntagsimmerzwei - Ein Huhn in Hollywood


sehr gut

Heiterer Hühner-Oster-Eier-Spaß
Das Bilderbuch "Frau Sonntagsimmerzwei - Ein Huhn in Hollywood" von Nina Hundertschnee erscheint im Schneider Verlag. Die Illustrationen stammen von Nina Hammerle und es ist für Kinder ab vier Jahren geeignet.

Frau Sonntagsimmerzwei ist ein fleißiges Legehuhn und wird ausgerechnet an Ostern aus Versehen zum gefeierten Hollywood-Star und genießt den California Dream am Palmenstrand.



Frau Sonntagsimmerzwei legt täglich ein Ei und sonntags immer zwei. Doch am Ostersonntag findet sie kein Ei im Nest, sondern ein rosarotes komisches Etwas. Sie startet eine einzigartiges Abenteuer und landet am Strand von Hollywood, das ist doch etwas anderes als ihr Hühnerstall. Vor Aufregung legt sie gleich ein paar Eier, die fabelhaft gut und kunterbunt aussehen und durch die sie eine Ausstellung erhält. Sie wird zu einer berühmten Eier-Künstlerin und überall im glamourösen Hollywood wird sie gefeiert. Anfangs genießt sie den Ruhm, aber irgendwann wird ihr der Trubel zuviel und sie vermisst ihren Hühnerstall.

Die farbenfrohen Bilder sind einfach toll, sie verdeutlichen wunderbar, was in den kurzen Texten beschrieben wird. Das Hühnervolk wirkt sehr lustig, man kann sogar ihre Mimik erkennen und es gibt noch andere Tiere im Buch zu entdecken, die mit lustigen Details und fröhlichen Farben gute Laune machen. Da stolziert Frau Sonntagsimmerzwei vor vielen Fotografen über den roten Teppich in einem zauberhaften Kleid mit Spiegeleiern. Herrlich! Oder sie liegt mit einem wichtigen Tier in Form eines Schweins im Liegestuhl, das ihr das Blaue vom Hollywood-Himmel verspricht. Aber irgendwann findet sie die Fotografen nur noch nervig und möchte einfach nur noch nach Hause. Wie sie das schafft, müsst ihr selbst rausfinden.

Mir hat dieses Buch gut gefallen, denn es zeigt auf lustige Weise, wie gern man von Abenteuern träumt, sich aber auch freut, wieder nach Hause zu kommen.

Ein kunterbunter Bilderbuch-Oster-Eier-Spaß, oder Hühner-Eier-Spaß oder doch eher Hühner-Hollywood-Ausflug? Ach, das findet doch am besten selbst heraus! Auf alle Fälle ein tolles Buch zu Ostern!

Bewertung vom 09.02.2023
Wo Drachen wachen
Lloyd, Susannah

Wo Drachen wachen


ausgezeichnet

Ein lustiges Buch mit Rollentwist
Bei Dragonfly erscheint das Bilderbuch "Wo Drachen wachen" von Susannah Lloyd mit Illustrationen von Paddy Donnelly. Das Buch wird empfohlen für Kinder ab vier Jahren.

Es war einmal ein Ritter, der sich aufmacht, um einen Drachen zu bezwingen. Die anderen Ritter lachen ihn aus, aber er will es ihnen beweisen und nimmt sein Pferd und die Drachenkarte, die ihm den Weg zum Drachen weisen soll. Doch so sehr er auch sucht, er kann einfach keinen Drachen entdecken und die Geschichte nimmt einen ganz anderen Verlauf als gedacht.

Üblicherweise erzählen Rittergeschichten von tollkühnen Helden, die jeder Gefahr trotzen und hilflose Jungfern und Prinzessinnen aus den Klauen von gefährlichen Drachen befreien. Aber hier wird eine Geschichte erzählt, die völlig anders verläuft und damit das Rollenbild vom mutigen Ritter und der hilflosen Prinzessin mal auf den Kopf stellt. Denn dieser Ritter redet zwar gestelzt wie ein Ritter, aber er ist alles andere als klug, denn er erkennt die Gefahr nicht und nimmt hier keine Heldenrolle ein. Ganz im Gegenteil! Dafür erweisen sich die Jungfrau und das Pferd des Ritters als wahre Helden, die der Geschichte zu einem guten Ausgang verhelfen. Und gerade die Naivität und Dösigkeit des Ritters verleiht der Story einen witzigen Effekt, der selbst den Kleinsten schon deutlich macht, dass hier nicht die männliche Hauptrolle, sondern in diesem Fall eine mutige Jungfer (steht für Frauen und Mädchen), die wahre Heldin darstellt.

Die farbigen Illustrationen zeigen neben den agierenden Figuren auch die Landschaft in herrlichen Bildern und die liebevollen kleinen Details laden zum Entdecken ein. Mit viel Humor, tollen Bildern und einer gut vorlesbaren Geschichte kann dieses Buch wirklich gut unterhalten. Es startet mit einer sehr aufregenden Suche nach einem Drachen, die fast aus dem Ruder läuft, wäre da nicht eine mutige Prinzessin und ein schlaues Pferd.

Das Buch nimmt uns mit auf eine abenteuerliche Drachenbezwingung, die mit einer starken Protagonistin den Spieß vom heldenhaften Ritter mal umdreht. Für Kinder ist das ein großer Spaß und damit werden sowohl tolle Mädchen als auch tolle Jungen ihre Freude an der Story haben.

Dieses Buch ist ein besonderes Lesevergnügen, es lässt sich prima vorlesen und ansehen und sorgt mit dem überraschenden Rollentwist und Widerspruch zwischen Text und Bildern auch für wunderbare Unterhaltung.

Bewertung vom 08.02.2023
Untu und das Geheimnis des Lichts
Surojegin, Nora

Untu und das Geheimnis des Lichts


ausgezeichnet

Wundervolles Zusammenspiel von Sprache und Illustrationen
Bei Urachhaus erscheint "Untu und das Geheimnis des Lichts" von Nora Surojegin mit Illustrationen von Pirkko-Liisa Surojegin. Das Buch wird empfohlen für das Lesealter von sechs bis acht Jahren.

Untu ist ein grauhaariges Männchen, das lange Jahre zur See gefahren und die Weltmeere bereist hat. Eines Tages findet er am Ufer des Meeres eine Postkarte, die von einem geheimnisvollen Licht des Winters erzählt. Ist das etwas das Licht der Winternacht? Das Licht, dass hier im hohen Norden die dunkle Winterschwärze vertreiben könnte? Untu will das Geheimnis aufdecken und macht sich zu einem großen Abenteuer auf. Er trifft hilfreiche Tiere und Fabelwesen, lernt ihre Eigenarten und Lebensweisen kennen und gewinnt ihre Freundschaft. Und schließlich lüftet sich ein großes Geheimnis und er lernt das Licht der Freundschaft kennen und hört vom Wesen der Weihnacht.

Bei dieser abenteuerlichen Geschichte begegnet man der nordischen Natur und ihren Sagengestalten und es geht um das Wesen der Weihnacht. Die gesamte Geschichte setzt sich aus verschiedenen Erzählungen zusammen.

Der Schreibstil ist anspruchvoll und sehr bildhaft beschreibend, etwas poetisch und einfach wunderschön zu lesen. Besonders die Natur wird häufig Teil der Geschichte und macht das nordische Flair im Kopfkino sichtbar. Kleinere Kinder werden sich mit der Erzählweise vielleicht etwas schwer tun, beim Vorlesen werden sie es aber schnell verstehen.

Für mich macht der wunderbare und etwas ausgefallene Erzählstil den speziellen Effekt aus, der mich in diese Zauberwelt entführt und mir die Gegend und die märchenhaften Gestalten deutlich vor Augen führt, sodass man sich in eine Traumwelt versetzt fühlt. Die Figuren hat die Illustratorin einfach wunderschön und mit vielen Details gezeichnet und in zauberhaften Farben koloriert. Die damit erreichte Wirkung ist einfach perfekt und passt zu den Stimmungen der Figuren und der jeweiligen Naturszene.

Dieses fantasievolle Buch eignet sich durch die etwas längeren Texte der vierzehn Kapitel gut zum Vorlesen als Gutenachtgeschichte, aber auch für märchenbegeisterte Erwachsene, die in die nördliche Winterwelt mit dem Brauchtum des Nordens eintauchen möchten. Dabei werden in die Texte Reime oder Lieder eingearbeitet, die der Geschichte einen poetischen Anstrich verleihen.

Einen Eindruck von der nordischen Sagenwelt haben die fantasievollen Figuren geschaffen, die Muppel, die Dämmerlinge, Lontti und Trolle, die der Geschichte einen märchenhaft, magischen Touch verleihen. Zusätzlich begegnet Unto aber auch den Tieren des Nordens wie Elch, Fuchs, Bär und Möwe, die den Lesern die Natur und die Sagenfiguren der Gegend näher bringen.

Am Ende gewinnt Untu eine wichtige Erkenntnis, die ihm zeigt, was wirklich zählt und wichtig ist. Für solche Botschaften sind Kinderbücher eine wunderbare Plattform.

Ein beeindruckendes Kinderbuch mit märchenhaften Figuren und wunderschönen, winterlichen Naturbeschreibungen und besonderen Begegnungen mit Tieren, magischen Wesen und besonderen Erlebnissen, die die nordische Sagenwelt und die Brauchtümer näher beleuchten.

Zauberhafte, märchenhafte Story, die mit wunderschönen Illustrationen einfach stimmig umgesetzt ist. Diese Geschichte entführt in den hohen Norden und erklärt das Wesen der Weihnacht auf eine ganz neue Weise. Ein einzigartiges und besonderes Buch für Groß und Klein.