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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1899 Bewertungen
Bewertung vom 25.02.2023
In blaukalter Tiefe
Hauff, Kristina

In blaukalter Tiefe


sehr gut

Mayday, Mayday, Mayday! von der Yacht Querelle

Der Anfang des neuen Romans von Kristina Hauff gibt sich rätselhaft. Die eigentliche Handlung setzt dann einige Wochen vorher an.
2 Paare fahren zusammen mit einem Skipper auf einen sommerlichen Segeltörn.
Die schwedische Schären bieten eine n vielversprechenden Schauplatz. Vielleicht hätte die Autorin daraus sogar noch mehr machen können. Doch einige ausgezeichnete Beschreibungen gibt es. Atmosphäre baut sich auf.

Ich finde die Figurenkonstellation interessant. Andreas und seine Frau Caroline,
Daniel und seine Freundin Tanja,m dazu der selbstbewusste, undurchschaubare Skipper Eric.

Die Stimmung an Bord ist fragil. Spannungen bauen sich auf.
Die Erzählperspektiven wechseln.

Die Figuren haben ihr Rollen, die den Erwartungen folgen. Zum Beispiel gibt sich Andreas als großer Macker, seine Frau unterwürfig und Tanja unsicher.
Sie hätte auch anders angelegt sein können, doch schließlich entwickeln sie sich.

Für das Buch spricht, das Thriller-Elemente nur latent eingesetzt werden, es bleibt doch eher ein Beziehungsdrama voller dichter Atmosphäre.

Bewertung vom 25.02.2023
Lichte Tage (eBook, ePUB)
Winman, Sarah

Lichte Tage (eBook, ePUB)


sehr gut

Wehmütige Stimmung

Lichte Tage ist ein besonderer Roman über tiefe Freundschaft.

Sarah Winmans Sprache hat einen warmen Sound, der das Buch bestimmt. Dazu passt auch das leuchtende Cover mit den Sonnenblumen und das vorangestellt Van Gogh-Zitat.

Schon die erste Passage 1950 mit Dora und ihrem Bild ist sehr stark.
Später steht ihr Sohn mehr im Vordergrund. Ellis und sein Freund Michael sind zusammen in England aufgewachsen.
Die Handlung schwebt durch die Zeiten. Mal sind sie Jungen, dann erwachsen.
Michael ist schwul, sein Freund ist an Aids gestorben. Das hinterlässt in ihm eine Furcht. Ein Gefühl, das vielleicht auch Teile der Gesellschaft der späten achtziger, neunziger Jahre war.
Höhepunkt des Buches sind für mich die Passagen in Südfrankreich. Man spürt, wie die Umgebung auf Michael wirkt.
Größtenteils ist aber Oxford Schauplatz der Handlung.
Seine Freundschaft zu Ellis und Annie ist tiefer denn je.
Dennoch ist der Roman von wehmütiger Stimmung und leichter Melancholie geprägt. Aber das bleibt in Waage mit dem Glücksgefühl der lichten Tage.

Bewertung vom 24.02.2023
Siegfried
Baum, Antonia

Siegfried


ausgezeichnet

Zustandsbeschreibung

Antonia Baum vermochte schon durch ihre Bücher Stillleben und Eminem zu beeindrucken, vor allen durch Präzession, Genauigkeit und der Fähigkeit Innenleben und Gemütszustände ihrer Protagonistinnen zu zeigen.
Das alles trifft auch auf ihren Roman Siegfried zu, der auch eine Art Familienroman ist. Jedoch ist es eine problematische Familiensituation.

Die Erzählerin ist Schriftstellerin, junge Mutter und schon lange mit Alex zusammen. Jetzt haben sie aber eine Beziehungskrise.
Siegfried war ihr Stiefvater, dem sie sich immer sehr nahe fühlte. Intensiv und ausführlich wird aber auch ihre schwierige Beziehung zu Hilde, Siegfried Mutter, gezeigt. Hilde war ziemlich exzentrisch.

Der Weg führte die Erzählerin in die Psychiatrie, denn sie fühlt sich überlastet, wobei auch das Vorgefallene in ihrer Kindheit eine große Rolle spielt. Der psychologische Unterbau der Handlung ist zwingend.

Antonia Baum hat ihren Roman geschickt gestaltet. Nicht alles ist auf den ersten Blick gleich verständlich, aber als Leser fühlt man mit. Durchaus eine große Qualität von Literatur!

Bewertung vom 24.02.2023
Koller
Büsing, Annika

Koller


sehr gut

Koller ist ein Roman über eine Beziehung. Chris hat Koller kennen gelernt und sie haben sich ineinander verliebt.
Das Buch ist einerseits Porträt von Koller, der eine vielschichtige Persönlichkeit ist. Aber auch Chris als Erzähler und sensibler Beobachter trägt das Buch. Diese Perspektive stärkt auch die Figur von Koller, den Chris bewundert. Sie gehen auf eine gemeinsame Reise, da Koller gerade herausgefunden hat, dass er ein 4jähriges Kind hat..

Annika Büsing hat einen sehr zeitgenössisches Buch geschrieben, in der Corona gerade am abklingen ist. Ein leicht ironischer Wortwitz durchzieht den Roman.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.02.2023
Ohne mich
Schüttpelz, Esther

Ohne mich


gut

Die Trennung

Die namenlose Erzählerin macht gerade ein Trennung durch. Sie war jung verheiratet.
Sie wirkt orientierungslos, als wenn sie nicht genau weiß, was sie will.
Dieser Zustand wird lang und breit von ihr beschrieben. Das nimmt viel Raum ein, die Handlung 
Selbst ist alltäglich.
Aber der intensive Erzählton bewirkt, das man mit empfindet.

Ich bezweifle, dsss sie und Ehemann wirklich schon ganz miteinander fertig sind.
Ich denke, eigentlich hat die Protagonistin schon viel geschafft, so ist sie zum Beispiel Anwältin. Aber sie interessiert auch anderes, ihre Musik, das Reisen usw.

Die Beschreibungswut der Autorin  Esther Schüttpelz sehe ich kritisch, ihr Stil ist aber nicht schlecht. Man vermutet ein paar autobiografische Einflüsse, da Esther Schüttpelz auch Juristin ist.

Bewertung vom 22.02.2023
Kochen im falschen Jahrhundert
Präauer, Teresa

Kochen im falschen Jahrhundert


gut

Ein gediegenes Buch von Teresa Präauer, die als Autorin schon öfter zu überraschen vermochte.
Roman kann man es nicht nennen. Ob es ein Essay ist, bleibt auch fraglich.
Doch Teresa Präauer scháfft es immer wieder mit wenigen Worten Anklänge zu finden, zum Beispiel mit dem, Erwähnen zahlreicher Jazz- und RythmBlues-Musiktitel.
Im Vordergrudn stehen aber natürlich das Kochen und diverse Gerichte.
Sprachlich schafft sie entsprechende Bilder.
Doch leider wird man davon so überflutet, das man als Leser orientierungslos durch viel Rezepte taumelt.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.02.2023
Rote Sirenen
Belim, Victoria

Rote Sirenen


ausgezeichnet

Riss durch die Familie

Victoria Belim stammt aus der Ukraine, lebte in den USA und hat Politikwissenschaft studiert.

Wie der Untertitel schon verrät erzählt die Autorin Victoria Belim über ihre Familie und ihre alte Heimat Ukraine. Ihre Familie hat russische wie ukrainische Wurzeln. Das sorgt für Konflikte, die durch die Familie gehen, zum Beispiel diskutiert Victoria heftig mit einem Onkel, der eine prorussische Haltung hat. Er trauert der Sowjetunion hinterher, das kann sie nicht verstehen. Schließlich gab es unter der Sowjetherrschaft auch Verluste, ein Urgroßonkel verschwand 1937 spurlos im Hahnenhaus, einer KGB-Zentrale.
.
Das war unter anderen ein Anlaß für dieses Buch.

Man kann sich gut vorstellen, dass das seit letztem Jahr bei vielen Familien so ist und einen Riss durch die Familie verursacht.

Victoria kehrt 2014 für eine Spurensuche zurück in die Ukraine, besucht ihre Großmutter. Durch ihre Schilderungen bekommt man einen Eindruck von der Ukraine.

Die Autorin hat einen journalistischen wie privaten Ansatz. Sie versteht es, gut zu formulieren und neben den Beobachtungen auch sensibel die Emotionen dazu mitzuteilen.

Bewertung vom 21.02.2023
With All My Heart
Young, Samantha

With All My Heart


gut

Die McKenna-Familie

Das schüchtere Pflegekind Jane trifft als 13jährige auf eine Familie aus Boston, die gerade nach Kalifornien gezogen sind. Es die gleichaltrige Lorna, die ältere Schwester Sky und Jamie McKenna, in den Jane sich sofort verliebt. Ihre Beziehung beginnt aber erst in ein paar Jahren.
Jane ist als Waise sehr alleine und sehnt sich nach Liebe.
Jamies Familie ist leider auch dysfunktional. Die Mutter gestorben, der Vater weg, die ältere Schwester nimmt Drogen und Lorna strotzt vor Egoismus.

Ich habe das Buch als Hörbuch gehört. Samatha Youngs frühe Bücher wurden genial eingelesen. Das gilt für dieses Hörbuch leider nicht. Es sind zwei Sprecher für die männliche und die weibliche Hauptrolle. Die Sprecherin geht ja noch, aber die männliche Stimme ist grenzwertig.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Geschichte zu konstruiert ist und die Figuren relativ schwach im Vergleich zu Youngs anderen Helden. Vor allen jamie ist als junger Mann mit Machoallüren ausgestattet, die eigentlich unerträglich sind. Für einen erfolgreichen Erwachsenen würde es ja noch gehen. Jamie ist außerdem sehr selbstgerecht.
Schon in ihren frühen Romanen Dublin Street und London Roads hatte Samantha Young psychologische Ansätze und zeigte soziale Probleme. Das strebt sie hier auch an, aber insgesamt wirkt es schwächer, macht das Buch aber dennoch etwas interessanter als die durchschnittliche Romancelektüre.
Die Thrillerelemente entwickeln sich leider auch sehr schwach.
Überraschenderweise ist Samantha Youngs Sprache in diesem Roman ungewöhnlich rüde. Das hat mich sehr gestört.

Ich kann das Buch insgesamt wirklich nicht empfehlen. Schade!

Bewertung vom 20.02.2023
Macht
Furre, Heidi

Macht


sehr gut

Der Vorfall

Macht, ist im Original unter dem Titel Magta 2021 im Norwegischen erschienen.
Der Roman zeigt eine Frau im Ausnahmezustand, der jedoch schon jahrelang anhält. Liv wurde als Studentin vergewaltigt. Das lässt sie auch jetzt als verheiratete Frau und Mutter nicht los. Ihre ständige Überlegung: Jeder zehnter Frau ist das passiert.
Manisch zählt sie die Frauen in ihrer Umgebung ab.
Erst spät im Buch wird der Vorfall genauer betrachtet.
Es wird darüber reflektiert, wo die Macht liegt, wo man sie abgibt oder wieder findet. Liv will kein Opfer sein, aber der Vorfall bestimmt ihr Leben. Es ist eine Wunde, die ständig neue Formen annimmt.Kann Liv wieder eine normales Leben führen?
Die Stärke der Norwegischen Autorin Heidi Furre ist, dass sie eine Sprache für Livs Zustand findet. Sprachlich gibt es so einige besondere Sätze. Es ist ein dichter Text, streckenweise unbequem, aber mit Atmosphäre.

Bewertung vom 19.02.2023
Der Inselmann
Gieselmann, Dirk

Der Inselmann


ausgezeichnet

Hans, der Starke

Der Inselmann von Dirk Gieselmann ist ein Leseerlebnis.

Ein Mann und eine Frau sowie ihr 10jähriger Sohn Hans ziehen auf eine abgelegen Insel.
Dieses Buch ist sprachlich stark und ausdrucksvoll. Für mich ist es eine Überraschung, dass jemand heute noch über so eine Sprache verfügt, die wie eine imposante, kraftvolle Mischung aus Siegfried Lenz und Christoph Ransmayr wirkt.

Beispiel: Die Insel ist der Gipfel eines Bergs, der aus dem Wasser ragt, geformt von einem Gletscher im Winter der Welt.

Mich hatte der Autor schon dadurch, dass er seinem Roman ein Zitat von Tomas Tranströmer voranstellte.
Dirk Gieselmann verzichtet auf einen journalistischen Stil und setzt dafür auf Naturbeschreibungen. Die Umgebung und die Kälte sind übermächtig.
Getragen wird der Roman durch die Eindrücke, die auf den Jungen einwirken. Er ist von der Insel fasziniert. Der Blick eines 10jährigen wird hier glaubhaft wie selten gezeigt.
Doch dann wird er für Jahre von der Insel in ein Internat verfrachtet.

Ort und Zeit werden nicht direkt benannt, aber vermutlich sind es die sechziger Jahre. Das kann man aus Sprache und dem Verhalten der Figuren schließen.

Mit 176 Seiten ist der Roman nicht umfangreich, aber er ist doch prall gefüllt mit sinnlichen, eindrucksvollen Beschreibungen.
Ich denke, dass Buch ist nicht für jeden das Richtige, aber es gibt eine relevante Leserschaft, die ausgehungert nach so einer wuchtigen, melancholischen Sprache ist.