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katikatharinenhof

Bewertungen

Insgesamt 998 Bewertungen
Bewertung vom 18.10.2023
Elbschatz
Wollschlaeger, Nicole

Elbschatz


ausgezeichnet

„Wer sucht der findet oft mehr als er zu suchen ging.“ Molière

Eigentlich sollte es ein schöner Nachmittag werden, aber dass ausgerechnet beim Geocaching eine Leiche als "Schatz" gefunden wird, stand eher nicht auf dem Plan. Auch in Kophusen läuft nicht alles rund, denn eine Reisegruppe sitzt wegen einem Totalschaden am Bus im kleinen Örtchen fest. Wie aber hängen ein weißer Kastenwagen, die Reisegruppe und die Koordinaten weiterer Caches miteinander zusammen ? Goldberg befindet sich mit seiner Truppe inmitten einer Schatzsuche, die er so garantiert nicht gewollt hat....


Nicole Wollschläger hat es einfach drauf, wenn es um Erfindungsreichtum, Spannung und coole Locations geht. Im 8. Fall von Phillipp Goldberg ist eben nicht alles Gold, was glänzt und so entpuppt sich der vermeintliche Schatz als eine arglistig geplante Racheaktion, um sich unliebsamen Menschen zu entledigen.

Doch bis zur Lösung des Falles genießen die Leser;innen jede Seite des amüsanten und spannenden Kräftemessens, das sich zwischen Täter und Polizei entwickelt. Die Autorin legt nämlich geschickt viele falsche Fährten und schickt ihre Leser;innen auf den Holzweg, damit diese auch wirklich richtig was zu tun haben, um eigene Vermutungen anzustellen und die Recherchearbeit wie eine gut angelegte Suche nach einem Cache voranzutreiben.

Dabei gelingt es ihr die Handlung so anzulegen, dass sich die Lesenden in einem Suchvorgang, ähnlich wie beim Geocaching, befinden und das Vorhaben der Beteiligten im Geheimen bliebt und lange Zeit nicht erkannt wird. Facettenreiche Charaktere geben sich in Kophusen plötzlich die Klinke in die Hand, wickeln den ein oder anderen mit ihrem Charme um den Finger und selbst eine Kuh mit ihren wunderschönen braunen Augen lässt ein Herz höher schlagen :)

Freche Pointen, deftige Schlagabtausche und eine rasante Handlung sind die Markenzeichen von Wollschläger und so ist es nicht verwunderlich, dass sie mit jedem Buch ihrer Kophusen-Reihe immer noch eine Schippe draufsetzt und ihre Leser:innen begeistert. Spannung von der ersten bis zur letzten Seite, schrullige und liebenswerte Charaktere und immer wieder frische Ideen machen auch "Elbschatz" zu einem echten Pageturner.

Phillipp ist einfach simply the best und dafür gibt es 5 Sternchen und eine klare Leseempfehlung !

Bewertung vom 18.10.2023
Die Welt war voller Fragen
Dutzler, Herbert

Die Welt war voller Fragen


ausgezeichnet

Wieso ? Weshalb? Warum ? - Siggi fragt...

Siggi sichtet den Nachlass seiner Mutter und soll binnen 4 Wochen die Spuren eines gelebten Lebens aufräumen. Klingt nach einer Aufgabe, die an und für sich machbar ist. Aber je mehr Siggi in den alten Büchern, Heften und Alben stöbert, desto mehr schweifen seine Gedanken ab in seine Kindheit, in der nicht immer alles leicht gewesen ist....


Herbert Dutzler dreht erneut das Rad der Zeit zurück und lässt mit seinem Alter Ego Siggi die 1960er-Jahre wieder aufleben. Siggi hat es nicht leicht, denn er interessiert sich zwar für Karl May und Abenteuerbücher, aber mit seiner Vorliebe fürs Kochen und Anrichten stößt er beim Vater auf Unverständnis. Ob Siggi gar aus der Art schlägt ?

Solche und andere Voruteile der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, die Stellung der Frau in der Gesellschaft und politischeThemen finden isich m Roman wieder, die von Dutzler sehr gut beobachtet und mit feinem Humor belegt sind. Es ist ein Wiedersehen mit alten TV-Bekannten (u. a EWG mit Kulenkampff), Schlagern von Heintje, fetzigen Klängen der Beatles und der doch eher noch sehr einfachen Lebensweise.

Siggi strotzt nur so vor Wissensdurst und seine Fragen können schon mal den ein oder anderen wunden Punkt treffen. Aber genau das ist es , wo Dutzler uns den Spiegel vorhält: die engstirnige Denke, freie Entfaltung der Persönlichkeit, Ewiggestrige. Auch wenn die Handlung vor 60 Jahren angesiedelt ist, hat sie in manchen Teilen doch an Aktualität nichts eingebüßt.

Es ist eine humorvolle Reise, die von regionalen Schmankerln über Schulaufgaben bis hin zur Mondlandung reicht und in gewohnter Dutzler-Manier für gute Unterhaltung sorgt. Wunderbares Kopfkino, aromatische Düfte und den ein oder Seitenhieb inklusive, blättern sich die Seiten wie von selbst um, wenn Siggi in seinen Erinnerungen kramt.

Bewertung vom 17.10.2023
Das Wunder der kleinen Dinge
Burges, Audrey

Das Wunder der kleinen Dinge


sehr gut

Das ist meine kleine Welt (Waterloo & Robinson)

Myra öffnet täglich die magischen Türen zu ihrem kleinen Puppenhaus und verzaubert mit ihrer Miniaturwelt die Follower. Niemand ahnt, dass hinter den schönen Geschichten, den wundervoll eingerichteten Zimmern und den liebevoll dekorierten Gegenständen eine tragische Lebensgeschichte steckt. Denn Myra lebt seit einem Unfall in Kindheitstagen abgeschottet von der Außenwelt, weil sie nicht nur Narben auf der Seele, sondern auch sichtbare Spuren des Unglücks bis heute mit sich trägt. Das ändert sich, als Möbelhändler Alex zufällig auf Myras Blog aufmerksam wird und ihm die Zimmer unglaublich bekannt vorkommen...


Herbstzeit ist Märchenzeit und Audrey Birges entführt mit "Das Wunder der kleine Dinge" in die magische Welt von Myra und macht auf kleinsten Raum Großes möglich. Es sind die liebevoll beschriebenen Details, die nicht nur die Geschichte lebendig werden lassen, sondern auch den Leser;inne einen Blick in die Zimmer ermöglicht. Immer wieder dekoriert Myra neu und es ist ein Fest für die Sinne, die kleinen Kostbarkeiten zu bestaunen und in die Hand zu nehmen, selbst an den richtigen Platz zu rücken und sich vor dem inneren Augen vorzustellen, wie schön und gemütlich die einzelnen zimmer sind. Es wirkt so, als würde mit jeder Seite ein neuer Raum zugänglich gemacht werden, in denen sich die Leser:innen bewegen und auf Entdeckungstour gehen können.

Die Handlung ist eine Mischung aus magischen Elementen, Vergangenheitsbewältigung und Romanze und behandelt mit viel Einfühlungsvermögen auch schwierige Themen wie PTBS und Einsamkeit, aber auch bedingungslose Freundschaft und auch das zarte Band der Liebe webt die Autorin in ihre Geschichte mit ein. Es ist kein Drücken auf die Tränendrüse, aber mitunter sitzt doch der ein oder andere Kloß im Hals und lässt die Lesenden schlucken, wenn sie sich ganz und gar auf dieses Buch einlassen.

Die Figuren sind sehr agil, auch wenn Myra manchmal etwas weltfremd erscheint. Ich mag den witzigen Schlagabtausch per Mail, den Myra und Alex durch das Netz schicken und genau das braucht es ab und zu, um dem Roman wieder Leichtigkeit und ein bisschen Augenzwinkern zu verpassen.

Leider galoppiert der Schluss ein wenig davon und es wirkt so, als habe die Autorin gemerkt, dass sie jetzt zum Happy-End kommen muss, denn auf den letzten Metern fehlen die liebevollen Details und auch ein wenig die Herzlichkeit, die im Verlauf des gesamten Romans zu finden sind. Ansonsten eine wunderschöne Lektüre für kalte, nasse und graue Herbsttage.

Bewertung vom 16.10.2023
Der Duft von Marzipan
Husen, Anna

Der Duft von Marzipan


weniger gut

Honigsüß und reichlich verkitscht

Für Luise und Henry steht von ersten Augenblick an fest, dass sie von nun gemeinsam durch Leben gehen wollen. Doch dieser Wunsch gestaltet sich gar nicht so einfach, stehen die Zeichen zwischen ihren Familien doch eher auf Sturm. Zunächst steht des junge Paar vor einem Rätsel und kann sich nicht erklären, warum sich auf beiden Seiten ein abgrundtiefer Hass auf das jeweils Gegenüber breit macht. Ein Plan reift in beiden heran und bringt Ungesagtes und dunkle Geheimnisse ans Tageslicht...


Wie oft bin ich schon durch den Torbogen des Holstentors gegangen, immer voller Vorfreude auf den unendlich leckeren Marzipangenuss, der untrennbar mit der Stadt an der Trave verbunden ist. Für mich stand fest, dass ich an diesem Buch einfach nicht vorbei komme und es lesen muss, da auch bei mir ganz viele wunderschöne Erinnerungen mit der "Königin der Hanse" verbunden sind.

Leider wird aus der Romanze in der Nachkriegszeit ein honigsüßes Geschichtchen, das munter vor sich hinpilchert und mir so manches Mal die Haare zu Berge stehen lässt. Anna Husen holt sich viele Ideen bei dem wohl berühmtesten Liebespaar der Literaturgeschichte und macht aus Luise und Henry eine Art "Romeo und Julia" in den 1950er-Jahren. Eine Romanze, die von schwülstigen Dialogen so klebrig ist, dass sie sich nicht wirklich gut lesen lässt.

Husen verpasst ihren Leser;innen eine Gefühlsdusche mit vorhersehbarem Ausgang und lässt sie in einer seichten Handlung baden. Zwar bietet sie mit brieflichen Rückblenden etwas Abwechslung, aber die Story ist auch hier recht schütter, wie das ergraute Haar der beiden älteren Herren, die früher einmal eine innige Freundschaft verbunden hat. Das Marzipan selbst, sowie seine Herstellung und Bedeutung für die Stadt Lübeck, wird eher zur Nebensache degradiert und läuft am Rande mit.

Der Roman ist insgesamt honigsüß und reichlich verkitscht, nicht unbedingt als anspruchsvoll zu bezeichnen. Schnell gelesen und schnell wieder vergessen - schade um die schöne Lesezeit :(

Bewertung vom 15.10.2023
Tulpe
Letocha, Thomas

Tulpe


sehr gut

Die Welt braucht mehr Tulpen....

Kallemann ist ein richtiger Stinkstiefel - wo er auftaucht, herrscht schnell schlechte Stimmung, denn der ältere Mann weiß durch seine unbedachten Äußerungen jede gute Laune einfach in die Luft zu jagen. Doch dann steht plötzlich ein kleiner wuscheliger Hund vor ihm, der ihm nicht mehr von der Seite weicht. Zuerst denk Kallemann, dass er sich verhört hat, aber dann wird ihm bewusst, dass die kleine Fellnase nichts anderes ist als sein innerer Schweinehund und sein Gewissen. Tulpe krempelt das Leben seines Zweibeiners tierisch um...


Es gibt Bücher, die schleichen sich ganz langsam aber beständig in das Herz der Leser;innen und nisten sich dort ein. Und genau so ein Buch ist "Tulpe", das mit einem vorwitzigen Vierbeiner namens Tulpe für gute Unterhaltung sorgt. Der kleine Hund ist nämlich das Gewissen von Kallemann und sorgt dafür, dass aus dem griesgrämigen Kotzbrocken ein liebenswerter Mensch wird, der das Herz auf dem rechten Fleck hat.

Auch wenn das Büchlein sprachlich und stilistisch nicht unbedingt auf höchsten Niveau angesiedelt ist, so trägt es doch eine wichtige Botschaft in sich: Deine innere Stimme, dein Gewissen, dein Bauchgefühl meldet sich und zeigt dir den Weg, wenn du Entscheidungen treffen musst. Das Leben lebt sich leichter, wenn du freundlich zu deinen Mitmenschen bist und auch ab und ab mal 5 gerade sein lässt.

Eine süße kleine Geschichte, die uns allen zeigt, dass die Welt mehr Tulpen braucht :)

Bewertung vom 15.10.2023
Gipfelglück
Hoeksema, Monika

Gipfelglück


weniger gut

Schüttet bei mir leider keine Glückshormone aus

Monika Hoeksema ist Reisejournalistin und kann dem Ruf der Berge einfach nicht widerstehen. Was liegt da also näher, als eine Art "Gebrauchsanweisung für Wanderungen in den Bergen" zu schreiben und diese dann mit einer Prise Lebensweisheiten und Achtsamkeits-Mantras zu spicken.

Was auf den ersten Blick wirklich nach einer erfrischenden Lektüre aussieht, wird schon bald zu einer Therapiestunde am Berg und führt die Leser:innen nicht nur in die Grundzüge des Bergwanderns ein, sondern gibt ihnen auch ungefragt Tipps und Kniffe an die Hand, um die Berge des täglichen Lebens mit Gelassenheit zu meistern.

Wenn der Berg ruft ist das nicht nur eine gute Gelegenheit, diesem Ruf zu folgen, sondern auch mit jedem Schritt die Sorgen, Ängste und Nöte in den schroffen Fels anzugeben. Klingt sehr esotherisch, ist es manchmal auch und ich frage mich immer wieder, was mir dieses Buch sagen möchte. Hoeksema verwandelt sich nämlich von der Bergsteigerin zur Lebensberaterin und nutzt ihr Buch als Plattform, um mit gut gemeinten Ratschlägen als Motivationstrainerin von Kapitel zu Kapitel zu stapfen.

Sie nutzt zwar viele Metaphern, um die Bewältigung des Alltags-Berges mit einer echten Bergtour zu vergleichen, aber trotzdem packt mich nicht das "Gipfelglück" bei diesem Buch. Ich hatte mir keine Lebensberatung, sondern eher etwas Süffiges, Anregendes und Verlockendes aus den Bergen erhofft.

Es wird sicherlich Leser;innen geben, die auf genau so ein Buch gewartet haben und es richtig, richtig gut finden. Da Geschmäcker bekanntlich verschieden sind, kann ich einfach nicht anders, als 2 Sterne zu vergeben, da bei mir das Ausschütten der Glückshormone leider nicht funktioniert hat.

Bewertung vom 15.10.2023
Lost In the Alps 2
The Alpinists;Bäni, Marco;Bonderer, Nicola

Lost In the Alps 2


ausgezeichnet

Lebe für die Momente, die du nicht in Worte fassen kannst

Bereits mit "Lost in the Alps" haben "The Alpinists das Bergweh geschürt, aber mit dem Folgeband setzen sie nochmal einen drauf und zeigen, dass die Bergwelt immer wieder fasziniert, beeindruckt und voller atemberaubender Momente steckt.

Die vorgestellten Touren sind für Bergneulinge ebenso gehbar wie für echte Bergfexe, denn es lässt sich auf einen Blick erkennen, welcher Fitness/Konditionslevel und wie viel Bergerfahrung notwendig sind, um die Route zu gehen. Gehzeit, Streckendistanz und Höhenmeter vervollständigen die kurze Infoübersicht. Auch Tipps zum Einkehren und Verweilen dürfen nicht fehlen und reihen sich in die Rubrik Wissenswertes ein.

Die Beschreibungen der einzelnen Touren stecken voller Enthusiasmus und dieser wirkt ansteckend, schürt das Bergweh und verführt regelrecht dazu, in die Wanderschuhe zu schlüpfen, den Rucksack zu schultern und genau das zu erleben, was im Buch echte Wow-Momente hervorruft. Versteckte Bergseen, die wie türkisblaue Diamanten zwischen den schroffen Felsen funkeln; das Adrenalin schießt durch die Adern, wenn die Hängebrücke überquert wird; Wasserfälle, die zu glitzernden Vorhängen aus flüssigem Silber werden und das überwältigende Schauspiel bei Nacht, wenn Myriaden von Sternen die Berge in eine märchenhafte Kulisse verwandeln.

Die Schweizer Bergwelt darf in diesem Buch Hauptdarstellerin sein und mit jeder Seite öffnet sich ein neue Naturbühne, die mit eindrucksvollen Panoramen ein 360-Grad-Kino der Extraklasse bietet. Eingefangen in spektakulären Aufnahmen, wirkt die Begeisterung der "Alpinists" ansteckend und so steht der Planung einer Mehrtages- oder Hochtour nichts mehr im Weg.

Bewertung vom 14.10.2023
Ausleben
Kost, Mena

Ausleben


ausgezeichnet

Einfühlsame Gespräche über das Unausweichliche

Es ist immer noch das Tabu-Thema Nummer 1 und es fällt Vielen schwer, darüber zu reden. Dabei gehört der Tod und das Sterben zum Leben dazu, wie geboren werden und leben. Mena Kost stellt in 15 einfühlsamen Porträts Menschen jenseits der 80 vor, die in erkenntnisreichen Gespräche über ihre Einstellung zum Tod erzählen.

Mal ist es ein bewusstes Auseinandersetzen, mal das Akzeptieren des Unausweichlichen, aber immer steht das langsame "Ausleben" eines ereignisreichen Lebens im Vordergrund. Es sind Spuren eines gelebten Lebens, die sich in den Lebenslinien auf Gesicht und Händen eingegraben haben. Es sind Menschen, die ihr Alter mit Würde tragen, dankbar für das Gewesene sind und mit wachem Blick und frohem Herz in den Tag starten

Erfahrungen, die mal schwer, mal leicht zu tragen gewesen sind und die Vita der Porträtierten nachdrücklich beeinflusst haben. Manchmal sitzt ein Kloß im Hals, der beim Lesen der Zeilen einfach nicht verschwinden will. Manchmal lässt eine einzelne betagte Person die Sonne zwischen den Zeilen scheinen oder das Herz vor Liebe überfließen.

Es sind Gedanken zum Tod, die Erfüllung im Glauben an Gott finden, auch mal mit dem Schicksal hadern, aber immer den Fokus auf das Leben gerichtet haben, das da hoffentlich noch lange in vollen Zügen genossen werden kann.

Ein Buch, das irgendwie gut tut, weil es eventuell vorhandene Ängste nimmt und zeigt, dass wir von den Betagten noch eine Menge lernen können.

Bewertung vom 14.10.2023
Living Wunderkammer
Häner, Andreas

Living Wunderkammer


ausgezeichnet

Willkommen in einer magischen Welt

Wenn aus alten, verlassenen Mauern plötzlich kleine Schatzkammern werden, dann ist wohl Andreas Häner am Werk, der mit ganz viel Leidenschaft und Herz den vernachlässigten Räumen ein neues opulentes Leben einhaucht. Ein altes Kino, dessen Geschichte ebenso schillernd und aufregend ist, wie die Filme, die in ihm gezeigt wurden und eine alte Schmiede werden durch die Hand von Häner zu leidenschaftlichen Bühnen des Lebens.

Auf jeder Seite des Buches sind sind erstaunte Ausrufe quasi vorprogrammiert, denn erfinderische Details und historische Dekoration gehen eine wunderbare Symbiose ein. Es ist die Mischung aus Antiquitäten und und anspruchsvollem, komfortablen Lebensgefühl, die in prachtvollen Bildmomenten festgehalten wird. Die visuelle Entdeckungsreise ist eine Begegnung mit einer verlorenen Zeit, die eine Verschmelzung von geschichtsträchtigem Interieur, Luxus und verspielten Details mit Hinweisen auf die historische Dekoration und Nutzung bedeutet.

Großformatige Aufnahmen von kostbaren Stoffen zeigen mit Silberfäden durchwirkte Seide, Applikationstickerei aus Goldfäden oder funkelnde Pailetten auf Seidengarn, die regelrecht zu Handschmeichlern werden und zum liebevoll Darüberstreichen verleiten. Prachtvolle Elfenbeinschnitzereien, glänzende Einlegearbeiten in antiken Kabinettschränken oder der geschickt eingesetzte Farbkombinationen von üppig fallenden Stoffen geben jedem Raum einen Hauch von lebenswertem Luxus, in dem Gastgeber und Besucher:innen einfach nicht anders können, als sich rundherum wohl zu fühlen.

Es öffnet sich eine magische Welt, in der eine Fülle von Kostbarkeiten aus den alten Mauern ein gemütliches Zuhause machen. Es ist eine begehbare Wunderkammer mit einer Mischung aus Licht, Farben, Stoffen und Kunstgegenständen, die auf alle Sinne wirkt und irgendwie das Herz berührt.

Bewertung vom 14.10.2023
Flaneur der Präzision - Peter Heman
Röllin, Peter

Flaneur der Präzision - Peter Heman


ausgezeichnet

Die vielen Gesichter eines Fotografen

Welch wunderbares altmodisches Wort - Flaneur. Und doch drückt es auch, was Peter Heman bei seinen beruflichen Streifzügen mit der Kamera eingefangen hat. Das Seufzen und Ächzen, Singen und Träumen, Aufbäumen und Erliegen einer Stadt, die im Verlauf der Jahrzehnte ihr Gesicht im Wandelt der Zeit immer wieder neu anpasst.

Dabei ist Peter Heman kein gemächlicher Schlenderer, vielmehr ein präziser Beobachter, der die Architektur (s)einer Stadt lesen kann. Auch gelingt es ihm, seine Werbeaufträge mit einer eigenen Bildsprache zu versehen, die das Auge der Betrachtenden erfreut, aber auch unmissverständlich die Botschaft des beworbenen Produkts transportiert.

Heman wirft einen Blick über den Stadtrand hinaus, schaut aber dabei Basel ganz tief ins Herz und lässt die Bewohner:innen zu belebenden Figuren seiner eindrucksvollen Fotografien werden. Spielende Kinder, Einkaufen auf dem Wochenmarkt oder nachdenklich stimmende Kontraste zwischen Hochhaussiedlung und üppig blühenden Schrebergärten - das Leben pulsiert und Heman fängt dies in der Vergänglichkeit des Augenblicks ein. Licht und Schatten nicht nur als Konturen auf den Fotos, sondern auch im Verlauf der städtebaulichen Entwicklung, bilden auf seinen Aufnahmen starke Kontraste.

Ein sehr erkenntnisreiches Buch über Leben, Wirken und fotografisches Erbe von Peter Heman.