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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 25.01.2024
Ostfriesenhass / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.18
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesenhass / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.18


sehr gut

Womit haben sich AKK und ihr Team nicht schon herumschlagen müssen! Diesmal, im 18. Fall, ist es eine Gruppe, die glaubt, Aliens wären gelandet, um die Menschheit zu retten. Gleichzeitig treibt ein Serienmörder, der in seinen Opfern Außerirdische zu erkennen glaubt und diese tötet, um die Menschen vor einer solchen Invasion zu retten. Klingt ziemlich verworren und abstrus!

„Denn für die einen waren UFOs Heilsbringer, die die Menschen retten wollten, für die anderen eine aggressive Besatzungsmacht.“ (S. 270)

Und dann gibt es noch einen ungustiösen Perversling, der gebrauchte Unterwäsche inklusiver benützter Slipeinlagen sammelt und Frauen mit Dickpics belästigt.

Meine Meinung:

Nach längerer Abstinenz von Ann Kathrin Klaasen (AKK) und ihrem Team habe ich wieder Lust bekommen, nach Ostfriesland zu reisen und AKK beim Ermitteln zuzusehen. Ich muss feststellen, dass die Truppe einen regelrechten verschleiß an Chefinnen und Chefs hat. Nun ja, mit der geradlinigen Ann Kathrin Klaasen als wichtigste Ermittlerin ist nicht leicht auszukommen, wie auch die aktuelle Polizeidirektorin Elisabeth Schwarz leidvoll erkennen muss. Sie scheint eine Bürokratin zu sein, was naturgemäß bei der eigenwilligen Ermittlertruppe nicht gut ankommt. Was bei einer Dienstbesprechung so richtig aufploppt (S. 341/342):

„Man kann diesen Laden hier überhaupt nicht richtig führen.“
„Führen vielleicht nicht, aber mit einer guten Idee überzeugen kann man hier immer. Haben Sie eine?“
„Diese Spitze geht ja wohl gegen mich.“
„Nein, das gilt für jeden von uns.“

Der Schlagabtausch zwischen Ann Kathrin Klaasen und Elisabeth Schwarz endet mit Ann Kathrins ehrlichen Worten:

„Warum, Frau Klaasen sitzen eigentlich nicht Sie auf meinem Stuhl? Warum haben Sie diesen Posten nicht?“
„Weil ich frei von Zwängen arbeiten möchte. Weil ich mich um diesen ganzen Verwaltungsapparat nicht kümmern will. Weil ich lieber nah an den Menschen, nah am Fall bin. Ich beneide Sie nicht, Frau Schwarz.“

Über das Wiedersehen mit Ann, ihrem Mann Frank Weller und Kollege Rupert habe ich mich sehr gefreut. Es gibt, mit Jessi Jaminski ein neues Gesicht, das ähnlich wie ihr Vorbild AKK Leidenschaft für Ermittlungsarbeit, Instinkt und Logik mitbringt. Eine vielversprechende Kollegin.

Der Handlungsstrang um Sabrina Weller und die UFO-Forscher ist mir persönlich ein wenig zu breit getreten. Ja, ich gestehe, ich habe in meiner Jugend auch Erich von Däniken sowie zahlreiche Bücher über UFO-Sichtungen bzw. Landungen aus den USA und der damaligen UdSSR gelesen.

Klaus-Peter Wolf hat seinen neuen Ostfriesenkrimi packend und mit viel Humor inszeniert und Rupert läuft mit seinen Sprüchen wieder zur Hochform auf. Bin schon gespannt, wie lange Elisabeth Schwarz als Polizeidirektorin in Aurich bleibt.

Einzig mit dem Titel bin ich nicht ganz zufrieden, aber das ist eine andere Geschichte.

Fazit:

Ein ziemlich schräger 18. Fall, der zeigt, wie leicht Menschen manipulierbar sind. Dafür gibt es 4 Sterne.

Bewertung vom 22.01.2024
Bronze und Stahl
Steffens, Sebastian

Bronze und Stahl


sehr gut

Über das kleinasiatische Volk der Hethiter, die sich selbst Hatti nannten, ist nicht allzu viel bekannt. Sie werden in der Bibel an wenigen Stellen genannt und sind während der Regierungszeit von Ramses II. (1303-1213 vor Christus) ernst zunehmende Feinde Ägyptens. Das kriegerische Volk hat Kenntnis von modernen Waffen. Und genau um die Erzeugung dieser modernen Waffen geht es hier in diesem historischen Roman.

Seit dem Fall von Troja ist die Familie der Geschwister Paiawon und Iyalanda versklavt. Der Vater der beiden ist Schmied und daher für den Fürsten nützlich. Auch Paiawon ist bei seinem Vater in die Lehre gegangen und hofft, in der Schmied bleiben zu dürfen.

„...Die Bronze ruhte blasenfrei in der Vertiefung im Stein und erhärtete stabil, ohne porös zu werden, wie es bei einem reinen Kupferguss geschah...“

Sein mit viel Fachkenntnis geschmiedetes Bronzeschwert findet keine Gnade vor den Augen des Fürsten, da er statt eines Bronzeschwertes lieber eines aus Stahl hätte. Als er sich noch an Iyalanda vergreift, eskaliert die Situation. Der Vater wird hingerichtet und die Geschwister sehen, getrennt voneinander, einem ungewissen Schicksal entgegen.

Meine Meinung:

Ein Volk, über das wenige historische belegte Fakten existieren, eignet sich hervorragend für einen spannenden historischen Roman. Zwar ist die Schlacht von Kadesch 1275 v. Chr. In den ägyptischen Chroniken ausführlich beschrieben, aber ob die wirklich objektiv sind?

Die Charaktere sind gut herausgearbeitet. Natürlich gibt es viel „Personal“, das in einem Personenverzeichnis angeführt ist. Auch Kartenausschnitte sowie ein Ortsverzeichnis ergänzen diesen gelungenen Roman.

Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich gut lesen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der uns in die Zeit von Ramses II. entführt, 4 Sterne

Bewertung vom 21.01.2024
Das Flüstern im Eis / Commissario Grauner Bd.9 (eBook, ePUB)
Koppelstätter, Lenz

Das Flüstern im Eis / Commissario Grauner Bd.9 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Just als Commissario Grauner seinen Vorgesetzten über seinen Pensionsantrag informieren will, wird er zu einem Toten in einer Sporthalle gerufen, in dessen Brust eine Mistgabel steckt.

Gleichzeitig findet in Sulden am Fuße des Ortlers ein Bewerb im Eisklettern statt, bei dem die weltbesten Eiskletterinnen, eine Südtirolerin und eine Iranerin, sich messen. Der Gipfelsieg geht an die Iranerin, die beim Abstieg plötzlich verschwindet. Bei der Suchaktion entdeckt man ihren Eispickel am Rande einer Gletscherspalte. Ist sie dort hineingestürzt? Dafür findet man eine iranische Begleitperson, tot im Hotel.

Grauner, Saltapepe und Tappeiner müssen sich in die unwirtliche, aber faszinierende Welt der Bergsteiger begeben. Besonders der Neapolitaner und Meeresmensch Claudio Saltapepe erlebt hier einen wahren Höhenrausch.

Meine Meinung:

Diesen 9. Fall für das Ermittler-Trio habe ich sehr gerne gelesen. Ich habe ja nach dem 8. Fall befürchtet, dass Commissario Grauner seinen Beruf an den Nagel hängen wird. Doch er hat weder mit diesem fesselnden Fall noch mit den Vorstellungen seines Chefs gerechnet. So wird es wahrscheinlich (hoffentlich) noch einen 10. Fall geben.

Auch wenn sich bald die Hinweise verdichten, was hinter dem sportlichen Event steckt, ist die Auflösung rundum fesselnd und stimmig. Wir Leser dürfen am Seil mit Saltapepe und den Bergführern gehen und erleben die gefährliche Suche nach der vermissten Bergsteigerin auf dem Ortler, des höchsten Berg Südtirols, hautnah mit.

Die Charaktere dürfen sich weiterentwickeln und so kann der Neapolitaner Saltapepe, der die Enge der Südtiroler Täler und die hohen Berge so gar nicht leiden konnte, eine neue Heimat finden. Spannend finde ich, dass der immer gesetzestreue Grauner nun dieselben ein wenig zu beugen versucht.

Jedenfalls freue ich mich auf die angekündigte neue Krimi-Reihe von Lenz Koppelstätter rund um die Journalistin Gianna Pitti.

Fazit:

Gerne gebe ich Commissario Grauners 9. Fall 5 Sterne.

Bewertung vom 21.01.2024
Die rote Mütze
Roulet, Daniel de

Die rote Mütze


ausgezeichnet

Autor Daniel de Roulet hat von seinem Vater einen goldgerahmten Stich geerbt. Das Bild zeigt Jacques-André Lullin de Châteauvieux (1728-1816). De Roulet recherchiert das Leben seines Vorfahrens und fördert eine ziemlich unrühmliche Lebensgeschichte zutage.

Es stellt sich heraus, dass er Inhaber eines Söldnerregiments unter Ludwig XVI. war. Als die Söldner 1790 wegen des ausstehenden Soldes meutern, lässt er den Aufstand blutig niederschlagen und die Rädelsführer in ein Straflager nach Brest verfrachten.

Der Autor hat die Namen und Schicksale von insgesamt 41 Meuterern des Regiments Châteauvieux ausfindig gemacht und webt aus den Geschichten von sieben geschickt seinen historischen Roman.

Samuel Bouchaye
Josephe Boucher
Gédéon Viviand
Pierre Monnoye
Jacques Grosjean
François Besançon
François Harpin

Im Fokus dieser Geschichte steht der junge Samuel Bouchaye, ein Tischler aus Genf, der bereits als Kind mit den revolutionären Gedanken einer Helvetischen Republik in Kontakt gekommen ist und deswegen mit seinem Vater Genf verlassen muss.

„In Genf ist die Revolution gescheitert, aber bald wird ganz Europa unserem Beispiel folgen.“ sagt Samuels Vater Antoine Bouchaye in prophetischer Weitsicht. (eBook S. 12)

Samuel Bouchaye und seine Kameraden können dem Massaker an den Schweizern am 14. Juli 1789 gerade noch entkommen. Als sie 1790 wegen des ausstehenden Soldes meutern, greifen die Vorgesetzten hart durch. Einige Dutzend der Meuterer werden hingerichtet, für andere wie Samuel heißt das Urteil dreißig Jahre ab auf die Galeere nach Brest. Um sie von jenen zu unterscheiden, die eine lebenslängliche Strafe verbüßen, erhalten Samuel und seine Kameraden rote Mützen.

Im März 1792 werden sie wegen ihrer roten Mützen zu ungewollten Helden der Revolution, deren Symbol die phrygische Mütze ist und fahren, diesmal ohne Ketten, im Triumphzug nach Paris.

Meine Meinung:

Da ich von Autor Daniel de Roulet vor einiger Zeit den historischen Roman „Zehn unbekümmerte Anarchistinnen“ gelesen habe, der mich beeindruckt hat, war ich auf diesen hier sehr neugierig. Ich bin nicht enttäuscht worden.

Diese fesselnde Geschichte zeigt, dass die Revolution nicht ausschließlich mit jener in Paris begonnen hat, sondern dass es zuvor bereits Bestrebungen gegeben hat, sich der reichen Patrizier zu entledigen. Genf ist dabei die Hochburg, die die aufklärerischen Schriften eines Jean-Jacques Rousseaus von Freiheit und Gleichheit ernst nimmt. Über die Schweiz und ihren Weg in die heutige Form, weiß man im Allgemeinen viel zu wenig. Dieser historische Roman lüftet einen kleinen Zipfel der verdeckten Geschichte.

Dem Roman gehen, wie Daniel de Roulet im Nachwort schreibt, umfangreiche Recherchen in verschiedensten Orten und Archiven voran. Im Bagno von Brest entdeckt er die Namen der Verurteilten und setzt sieben von ihnen stellvertretend für die 41 Männer sowie André Soret, der übrigens der Letzte gewesen ist, der mittels der barbarischen Strafe des Räderns hingerichtet worden ist, ein literarisches Denkmal.

«Aus diesen Namen habe ich Figuren gemacht. Die Mächtigen erdrücken einen mit ihrem Erfolg. Ihren Sklaven, den weniger vom Glück Begünstigten, erteilt nur die Literatur das Wort.»

Und sein Vorfahr Jacques-André Lullin de Châteauvieux (1728-1816)? Wie man aus den Lebensdaten ersieht, hat er nicht nur das große Köpferollen überlebt, weil er den seinen rechtzeitig eingezogen hat, sondern hat sich Napoleon angedient, wird von ihm ausgezeichnet, nur um sich, just als der 1814 in die Verbannung nach Elba geschickt worden ist, um seine letzte Auszeichnung, das „Großkreuz des Militärverdienstordens“, von Ludwig XVIII. ratifizieren zu lassen.

Ein Opportunist, wie er im Buche steht.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser bislang wenig bekannten Facette der Geschichte der Revolution(en) 5 Sterne.

Bewertung vom 18.01.2024
Elmflüstern
Owczarski, Bettina

Elmflüstern


ausgezeichnet

Giovanni Beck, seine verstorbene Mutter war Italienerin, ist, wie man so schön sagt, aus der Art geschlagen. Sein Vater ein bekannter Schönheitschirurg, hätte es vorgezogen, wenn sein einziger Sohn in seine Fußstapfen getreten wäre und die Klinik übernommen hätte. Nein, der Giovanni musste ja unbedingt Kriminalpolizist werden, was Beck senior und junior nur mäßigen Gesprächsstoff beschert. Nun muss Giovanni mit dem eher mieselsüchtigen Kollegen Wagner Verbrecher jagen, der noch dazu Raucher ist.

Diesmal müssen sie vorerst einmal eine sechzehnjährige Schülerin suchen, die augenscheinlich dem häuslichen Elend in Form einer alkoholkranken und überforderten Mutter entfliehen will. Je mehr Erkundigungen die beiden höchst unterschiedlichen Ermittler über das Umfeld des verschwundenen Mädchens einholen, desto sicher sind sie sich, dass es nicht ganz freiwillig verschwunden ist.

Meine Meinung:

Dieser dritte Fall für KHK Giovanni Beck ist mein Erster von Autorin Bettina Owczarski. Gleich vorweg, die Autorin hat mich auf die beiden Vorgänger 'Elmfeuer' und Elmsühne' neugierig gemacht.

Sowohl Beck als auch Wagner stehen mit beiden Beinen im Leben, wenn auch mit unterschiedlichen Charakterzügen. Während es so aussieht, als ob Giovanni Beck vom Leben begünstigt aufgewachsen ist, hat Wagner einen etwas schwierigen Start ins (Berufs)Leben und beneidet Beck ein wenig. Wir Leser können uns ein eigenes Bild machen, ob wir lieber mit Beck oder Wagner tauschen wollten.

Doch nicht nur die beiden Ermittler sind sehr gut getroffen, sondern auch das „Hilfspersonal“ dieses Krimi. Da ist zunächst der achtjährige Philipp, der kleine Bruder des verschwundenen Mädchens, der weit über seine Jahre gereift scheint, weil das häusliche Umfeld, Kinder schnell erwachsen werden lässt. Die alkoholkranke Mutter, die niemals erwachsen wurde, ist das krasse Gegenteil zu ihren Kindern. Interessante Charaktere sind Sarah, Giovannis Freundin, und ihre beiden Tanten, die in einem kleinen, renovierungsbedürftigen Schloss leben. Die drei Frauen haben ihr Herz am rechten Fleck. Besonders die beiden Tanten sind echt patente Personen, die selbst die ungeplante Zwillingsschwangerschaft ihrer Nichte nicht aus der Ruhe zu bringen scheint.

Der Schreibstil ist flott und lässt sich gut lesen. Die Mischung aus Ermittlung, Gesellschaftskritik und Privatleben ist ausgewogen.

Fazit:

Diesem bodenständigen Regionalkrimi, der ein gelungener Mix aus Spannung, Liebe und Wortwitz ist, gebe ich gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 18.01.2024
Deine Welt wird brennen / Kommissar Völxen Bd.13
Mischke, Susanne

Deine Welt wird brennen / Kommissar Völxen Bd.13


ausgezeichnet

Dieser 13. Krimi rund um KHK Bodo Völxen hat mir wieder sehr gut gefallen. Was ist passiert?

Mitten in der Nacht wird Völxen von Feuerwehrsirenen aus dem Schlaf gerissen: Der Stadel auf dem Hof des als Hühner-Baron bekannten Nachbarn, der ihn an Arnold Becker, einen Hobby-Maler, vermietet hat, steht in Flammen. Als beim „Brand aus“ eine verkohlte Leiche in der „Fechter-Stellung“ gefunden wird, geht alle Welt davon aus, dass es sich um Arnold Becker, der im Brotberuf Teilhaber einer Fracking-Firma ist. Ist er ein Opfer einer radikalen Umweltschutzorganisation geworden?

Die Trauer um Becker hält sich sowohl bei Tochter und Bruder in Grenzen. Aus vorerst nicht nachvollziehbaren Gründen ist Arnold plötzlich vom Saulus zum Paulus geworden und engagiert sich für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.

Blöderweise stellt sich wenig später heraus, dass die verkohlte Leiche eine Frau ist. Die Aufregung um Arnold Becker scheint umsonst zu sein, nur wer ist die tote Frau?

Meine Meinung:

Die Völxen-Reihe, von der ist noch nicht alle Bände gelesen habe, kommt ohne rasante Verfolgungsjagden und Ähnlichem aus. Vielmehr setzt Autorin Susanne Mischke auf solide Polizeiarbeit im Team, auch wenn das vielleicht ein wenig langweilig klingen mag.

Der Krimi punktet durch unterschiedliche Charaktere, die hin und wieder auch ziemlich schrullig daherkommen. Daneben wird dem Privatleben aller Ermittler Raum gegeben. Dass der Arbeitsplatz die größte Partnerbörse ist, hat zusätzlich seinen Reiz, denn dadurch kommen und gehen immer wieder Mitarbeiter ohne große Aufregung.

Schmunzeln musste ich darüber, dass der Staatsanwalt, der ja in vielen Krimis der Widersacher der Ermittler ist, gemeinsam mit einem anderen Mitarbeiter Bodo Völxen beim Schafe scheren hilft.

Es bleibt auch Platz für aktuelle Themen wie Restitution von geraubten Kunstschätzen oder Klimaklebern. Wie sich die Umweltschutzdebatte in den letzten Jahren verändert hat, kann anhand des Gesprächs zwischen Bodo und seiner Tochter, die eine Vergangenheit als Umweltschützerin hat, beobachtet werden. Show, don’t tell! Das ist hier die Devise der Autorin.

Die Autorin schickt sowohl Ermittler als auch Leser in die eine oder andere Sackgasse. Die Auflösung dieses Mordfalls durch das Team um Bodo Völxen ist stimmig.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Krimi, der ohne allzu viel Action auskommt, 5 Sterne.

Bewertung vom 18.01.2024
Rügentod / Dorothee von Stresow ermittelt Bd.1
Frank, Sylvia

Rügentod / Dorothee von Stresow ermittelt Bd.1


sehr gut

Die in Berlin erfolgreiche Krimi-Autorin Dorothee von Stresow besucht im Jahr 1920 auf Einladung ihrer früheren Schule die Insel Rügen, die sie nach dem Brand und dem Tod ihrer Eltern vor achtzehn Jahren verlassen hat. Nach der Lesung trifft sie nicht nur ihre alten Schulkameradinnen, darunter auch die wenig beliebte Margarethe von Klippholm, sondern auch Albert, ihren Freund aus unbeschwerten Kindertagen, wieder.

Margarethe macht Dorothee mit der Nachricht, Informationen über den Brand des Streswo‘schen Anwesen zu haben, neugierig. Man verabredet sich für den nächsten Tag. Blöderweise liegt Margarethe erschossen vor dem Jagdhaus und Dorothee wird hinterrücks niedergeschlagen.

Wenig später werden Schafe von einem Wolf gerissen, was naturgemäß auf der Ferieninsel Rügen für Panik sorgt. Gemeinsam mit Albert, der nun der Tierarzt der Insel ist, sowie dem Kriminalbeamten Gustav Breesen beginnt Dorothee zu ermitteln.

Natürlich steht Breesen den Nachforschungen der Schriftstellerin äußerst skeptisch gegenüber, muss aber Abbitte leisten, als sie zielführende Hinweise liefert.

Allerdings und das lässt auf eine Fortsetzung hoffen, kommt sie ihrem Ziel, Näheres über den Brand und den Tod ihrer Eltern herauszufinden, nicht näher.

Meine Meinung:

Dieser Auftakt zu einer neuen historischen Krimireihe auf der Insel Rügen hat mir gut gefallen. Er führt uns nach Binz, das mit seinen mondänen Hotels und seinen illustren Gästen punktet.

Der Krimi selbst ist gut strukturiert und zeigt, dass auch ohne DNA-Analysen oder großartige Forensik à la CSI Mordfälle gelöst werden können. Man braucht dazu eine schnelle Auffassungsgabe, eine Portion Menschenkenntnis sowie ein bisschen Fantasie. Über das alles verfügt Dorothee. Daher kann sie die Erkenntnisse, die sich ihr und Albert erschließen, Kommissar Gustav Breesgen schlüssig erklären.

Der Krimi lässt sich locker und flüssig lesen. Allerdings finde ich den Schreibstil hin und wieder ein wenig zu modern.

Ich hatte recht bald eine Idee, wer der Täter sein könnte, und habe mit meiner Hypothese recht behalten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe 4 Sterne.

Bewertung vom 18.01.2024
Das Geschäft der Toten (eBook, ePUB)
Mabanckou, Alain

Das Geschäft der Toten (eBook, ePUB)


sehr gut

Der kongolesische Schriftsteller Alain Mabanckou lässt in seinem Roman "Das Geschäft der Toten" die Verstorbenen aus ihren Gräbern steigen, um sich an korrupten Lebenden zu rächen.

Wir begleiten Liwa Ekimakingaï, den Küchengehilfen im Hotel Victory Palace in Pointe-Noire, der am Abend des kongolesischen Nationalfeiertag die geheimnisvolle Adeline in einem Nachtklub trifft. Ganz Gentlemen, begleitet er sie nach Hause und findet sich am nächsten Morgen in einen Sarg, auf dem Weg Richtung Friedhof Frère-Lachaise wieder.

Seiner eigenen Beerdigung zuzusehen? Klingt doch ein wenig schräg, oder?

"Von Weitem siehst du deinen Leichnam unter einem Unterstand aus Palmblättern liegen, umgeben von weinenden Frauen im fortgeschrittenen Alter. Der Anblick einer solchen Körperhaltung gefällt dir gar nicht, und du weigerst dich, zu glauben, der Leichnam, an dem hier Totenwache gehalten wird, sei deiner, der von Liwa Ekimakingaï."

Wer jetzt noch irritiert den Namen des Friedhofs liest und an den in Paris denkt, hat recht, denn dieser Roman ist auch eine bitterböse Satire auf die französische Kolonialzeit.

"Diese Erde gehörte den Schwarzen, die anderen Rassen sind gekommen, um uns auszulöschen, weil wir schön, stark, tapfer und gastfreundlich waren. (…) Der Herr ist hier bei uns, mit uns! Die Weißen haben alles auf der Erde verdorben mit Kriegen, Sklaverei, Nazismus, Kolonialismus und seinen bizarren Auswüchsen!"

Der Autor Alain Mabanckou kehrt mit diesem Buch erneut in seine Heimatstadt Pointe-Noire in der Republik Kongo zurück, aus der er Ende der 1980er-Jahre zwecks Jura-Studium nach Paris aufgebrochen ist.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Roman, der skurrile Begegnungen im Zwischenbereich von Diesseits und Jenseits beschreibt, 4 Sterne.

Bewertung vom 18.01.2024
Arthrose endlich heilen
Feil, Wolfgang;Homburg, Tobias

Arthrose endlich heilen


weniger gut

Als Betroffene (Arthrose Stadium IV in beiden Kniegelenken) war ich natürlich auf dieses Buch sehr neugierig. Ich finde den Titel schon recht provokant und frage mich daher, ob das Buch, das halten kann, was er verspricht. Denn so überbordende Beschreibungen wie "bahnbrechend", "perfekt", "revolutionär" oder gar "wundervoll" wirken auf mich reißerisch und befremdlich.

Der Beginn liest sich wie ein Auszug aus dem Chemie-Buch und die Autoren sind keine Ärzte. Wolfgang Feil ist Biologe und Tobias Homburg Physiotherapeut.

Die Tabellen sind zum einen Teil interessant, zum anderen aber, wenn man wenig naturwissenschaftliche Kenntnisse, kaum zu verstehen. Da braucht es schon einen "Übersetzer" wie Arzt, Apotheker oder Ernährungsberater.

Dass Reduktion von Alkohol- und Fleischkonsum Entzündungen im Körper verringern bzw. erst gar nicht entstehen lassen kann, ist jetzt keine bahnbrechende Neuigkeit. Auch regelmäßige, gelenkschonende Bewegung hilft, chronische Schmerzen zu verringern. Beides habe ich unter (fach)ärztlicher Aufsicht selbst ausprobiert und gute Erfolge damit erzielt.

Nicht glauben kann ich, dass Knorpeldefekte (sogenannte Knorpelglatzen) nur durch eine entsprechende Ernährung von selbst heilen und der Knorpel nachwächst. Aufgrund seiner Beschaffenheit (fehlende Blutversorgung) kann sich der Knorpel nicht selbst reparieren.

Witzig finde ich die "Frolox-Familie", diese Zeichnungen sollen gute Bausteine der Nahrung symbolisieren. Die fünf (!) Basis- und neun (!) Einstiegsrezepte zeigen in die richtige Richtung, sind aber für eine komplette Ernährungsumstellung viel zu wenig.

Was bei mir aber einen schalen Nachgeschmack hinterlässt und mich wirklich stört, sind die drängenden Empfehlungen zur Einnahme von teuren Nahrungsergänzungsmitteln, die - oh Wunder - von einer im Familienbesitz befindlichen Firma vertreiben werden. Das stellt für mich persönlich die Glaubwürdigkeit der Methode infrage. Da helfen auch noch so viele Erfahrungsberichte dankbarer Patienten nicht. Im Gegenteil, die wirken wie bezahlte Anzeigen aus der Werbung.

Conclusio:

Dass eine allgemein gesunde Lebensführung mit einer vernünftigen, entzündungssenkenden Ernährung sowie gezielten Bewegungsübungen, ergänzt von einer evtl. erforderlichen Gewichtsreduktion einer Arthroseerkrankung vorbeugen oder eine Verschlimmerung verhindern kann, wird wohl ohnehin niemand abstreiten wollen. Dass man durch Einnahme von teuren Nahrungsergänzungsmitteln eine „Heilung“ von Arthrose herbeiführen kann, muss ich mit einem Zitat aus Goethes Faust quittieren:

„Die Botschaft hört ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ (Faust I/J. W. Von Goethe)

Fazit:

Diesem Buch, das bei vielen von Arthrose geplagten Schmerzpatienten vermutlich nicht erfüllbare Hoffnungen weckt, kann ich wegen der unsäglichen subtilen Werbung für Nahrungsergänzungsmittel aus der eigenen Firma nur 2 Sterne geben.

Bewertung vom 18.01.2024
Die Hoffnung der Chani Kaufman
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman


ausgezeichnet

Nachdem Chani Kaufmann gegen alle Widerstände (und ohne jüdischen Heiratsvermittler) ihren Baruch Levy geheiratet hat, warten alle Verwandten (und vor allem Baruchs Mutter) auf die erlösende Bekanntgabe einer Schwangerschaft. Denn, was ein geachteter Rabbi sein will, der muss viele Kinder haben. Nun ja, sein Anteil an einer Schwangerschaft ist relativ gering. Leidtragende sind immer die Frauen in der jüdisch-orthodoxen Welt, die im Durchschnitt jedes Jahr ein Kind zur Welt bringen. Aufgrund der zahlreichen religiösen Vorschriften, die auch das Eheleben reglementieren, sollte es eigentlich bei nahezu jedem Geschlechtsverkehr zu einer Schwangerschaft kommen, denn Sex ist nur während des engen Zeitfensters rund um den Eisprung gestattet. Doch ein Kind will und will sich nicht einstellen.

In ihrer Verzweiflung wenden sich Chani und Baruch an eine nicht-jüdische Fruchtbarkeitsklinik. Hier erfährt Chani das erste Mal Grundlegendes über ihren Zyklus aus medizinischer und nicht aus religiöser Sicht. Nach verschiedenen Tests ist klar, Chanis Eisprung ist viel zu früh, nämlich schon am achten Tag nach der letzten Blutung.

„Aber Gott kann sie nicht schwängern, meine Liebe. Das kann nur Sex.“
Chani biss die Zähne zusammen:
„In meiner Welt kann Gott alles. Und IHM muss man gehorchen. Was einen frühen Eisprung zu einem echten Problem macht.“

Denn die jüdischen Gesetze verlangen, dass sich der Mann seiner Frau erst nach dem 12. Tag und der rituellen Reinigung nähern darf. Wie sollen die beiden den Teufelskreis unterbrechen?

Der Rabbi, den Chani und Baruch um Rat fragen, verschanzt sich hinter den Vorschriften. „Nur HaSchem kann diese Dinge entscheiden.“ Daraufhin platzt Chani der Kragen und schnauzt den Rabbi an „Aber das stimmt nicht! Ihr Rabbis seid diejenigen, die die Gesetze machen!.“

In einem zweiten Handlungsstrang begleiten wir die ehemalige Rebbetzin Rivka Silbermann, die selbst genügend Probleme hat: Sie hat ihren Mann Chaim und die Kinder verlassen, weil eben genau die vielen Vorschriften das weitere Zusammenleben mit dem ultra-orthodoxen Ehemann, der sie anlässlich einer Fehlgeburt beinahe verbluten hat lassen, weil blutende Frauen als unrein gelten, für sie unmöglich machen.

Sie lebt, wie vor ihrer Hochzeit mit Chaim, säkular und wird deswegen von der ultra-orthodoxen Gemeinde angefeindet. Die Einmischung der Gemeindemitglieder geht so weit, dass man Rivka auflauert und ihr die Finger bricht, damit sie endlich in die Scheidung von Chaim einwilligt. Chaim soll nach Willen der Gemeinde eine respektable Witwe aus der Nachbarschaft heiraten. Die Gemeinde verbietet den Kindern den Umgang mit Rivka.

Da trifft es sich gut, dass Chani der verfemten Rebbetzin Rivka Silbermann über den Weg läuft. In Rickas winzigem Apartment, das nun ohne jüdische Merkmale wie die Mesusa am Türstock, auskommt, führen Chani und Rivka ein Gespräch, das Chani einen Weg finden lässt, HaSchem (also Gott) auszutricksen.

„Die Rabbis machen die Regeln. Nicht HaSchem. Männer sagen dir, wann du Sex haben darfst und wann nicht! Also hast du die Wahl. Lass zu, dass die Regeln dich und deine Ehe zerstören, oder beuge sie ein wenig und lebe.“

Meine Meinung:

Wie schon im Vorgänger sorgen die zahlreichen, für Nichtjuden unbekannten Regeln und Vorschriften, für so manches Kopfschütteln. Einige davon sind „hausgemacht“ wie der Druck von Baruchs Mutter, die ihre Schwiegertochter von Beginn abgelehnt hat. Immerhin hat Baruch hier Zivilcourage bewiesen und Chani gegen den Widerstand geheiratet hat. Also darf gehofft werden, dass die beiden die Vorschriften im richtigen Sinn beugen.

Gut gefallen haben mir die vielen eingestreuten jüdischen Begriffe, die in einem ausführlichen Glossar gut übersetzt und beschrieben sind.

Das Buch ist sehr einfühlsam geschrieben und erklärt völlig unaufdringlich die Reihe von jüdischen Geboten und Verboten, die das Eheleben bestimmen. Ich war bis jetzt nicht ganz unbelesen, was diese Vorschriften anbelangt, doch die Vielzahl dieser oft für Nichtjuden barbarisch anmutenden Regeln, lassen mich tiefes Mitgefühl mit den Frauen haben. Erschreckend ist, wie unvorbereitet junge Menschen wie Chani und Baruch in eine Ehe gestoßen werden. Da muss schon auch den Müttern der Vorwurf gemacht werden, dass sie zumindest ihre Töchter nicht besser aufklären. Immerhin haben sie selbst Ähnliches durchgemacht. Die Mütter hätten es in der Hand, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Für die Jungs wäre die gute alte Tradition so mancher Adeliger oder Großbürger, die ihre Söhne ins Bordell geschickt haben, auch nicht schlecht.

Über diese Selbsthilfegruppen, die jüdischen Frauen dabei hilft, aus ihrer orthodoxen Ehe zu entkommen, habe ich schon gelesen bzw. eine TV-Doku gesehen.

Meine persönliche Meinung ist, Fundamentalismus – egal in welcher Religion – ist meistens für die Frauen menschenverachtend und daher entschieden abzulehnen.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen Fortsetzung wieder fünf Sterne und eine Leseempfehlung.