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Benutzername: 
Lunamonique
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 413 Bewertungen
Bewertung vom 04.12.2016
Feuermuse
Gates, Robin

Feuermuse


sehr gut

Nach „Der Harfner und der Geschichtenerzähler“, „Runlandsaga“, „Dilmun –Jäger des ewigen Lebens“ und „Vaters unbekanntes Land“ ist „Feuermuse“ das neueste Werk von Robin Gates.

Der 15jährige David wird von seinen Klassenkameraden Thorsten, René und Patrick gemobbt. Als sie ihm seinen Skizzenblock stehlen, verfolgt er sie bis zu einer leer stehenden Villa. Die Bibliothek sieht aus wie in Davids Träumen. Wie kann das sein?

Der Prolog gibt Rätsel auf. Was hat es mit der Feuerechse auf sich, und was ist das für ein seltsames Feuerwesen? Handlungswechsel, David ist im Schulunterricht mit seinen Gedanken woanders. Bald wird klar, das Verbindungsglied zwischen den beiden unterschiedlichen Welten ist die Feuerechse. Eine originelle Idee! Nicht sehr überzeugend ist anfangs die Sprache. Sie wirkt hölzern, die Dialoge unecht. Bei Personenwechseln ist nicht immer klar, wer gerade z.B. mit „Er“ gemeint ist. Eine Wortwiederholung von dreimal „Wut“ stört. Im Laufe der Geschichte bessert sich der Eindruck. Nicht immer sind die Beschreibungen und Vergleiche treffend gewählt. „Feuermuse“ nimmt sich dem aktuellen Thema „Mobbing“ an. David ist anders und gerät in den Focus von Thorsten und Co. Er scheint ihnen hilflos ausgeliefert zu sein. Sein Mut, die Drei zu verfolgen, überrascht. David bringt sich in eine brenzlige Lage. In Fahrt kommt die Geschichte mit der anderen Welt. Hier hätte David mehr staunen müssen, denn die Ereignisse sind wirklich unglaublich. Erst fällt es etwas schwer, sich Eláras Welt vorzustellen. Je länger das Abenteuer andauert, desto greifbarer wird alles. Ein Geschichtenerzähler verzaubert mit seinem Märchen. Die Intensität nimmt zu. Ein kniffliges Rätsel lässt die Spannung ansteigen. Sehr gelungen! Autor Robin Gates überzeugt mit phantasiereichen Details und einem fesselnd gestrickten Plot. Cai, Elára und die Feuerechse sind die Highlights bei den Charakteren. Davids Talent sorgt für Unterhaltungswert. Schön, dass bald das Thema „Liebe“ eine wichtige Rolle spielt. Eine Figur weiß eigentlich über nichts Bescheid, fragt aber nicht nach. Insgesamt ist aber alles sehr schlüssig. Beim Showdown geht es etwas zu dramatisch zu. Eigentlich sind zwei Opfer in der gesamten Geschichte überflüssig. Eines macht traurig. Auf den letzten Seiten wirkt die Sprache gestelzt. Die Ereignisse passen nicht. Das Ende stellt zufrieden. Der innigst erwartete Zauber kann sich im abschließenden Kapitel nicht entfalten. Sehr schade.

Die Echse, die aus dem Papier krabbelt ist ein sehr gelungenes Coverdetail. Spiegel und Hintergrund bleiben dagegen zu blass. Mehr Ausdruck und Details wäre toll gewesen. Der Titel ist zu klein geraten und unauffällig. „Feuermuse“ spricht Jugendliche, aber auch Erwachsene an. Trotz kleiner Schwächen sollten sich besonders weibliche Fantasy-Liebhaber die Geschichte nicht entgehen lassen.

Bewertung vom 24.11.2016
Nenne drei Hochkulturen: Römer, Ägypter, Imker
Greiner, Lena;Padtberg-Kruse, Carola

Nenne drei Hochkulturen: Römer, Ägypter, Imker


ausgezeichnet

Nach „Nenne drei Nadelbäume: Tanne, Fichte, Oberkiefer“ ist „b.) Nenne drei Hochkulturen: Römer, Ägypter, Imker“ Band 2 der „Die witzigsten Schülerantworten“-Reihe von den Spiegel-Online-Redakteurinnen Lena Greiner und Carola Padtberg-Kruse.

„Spiegel Online hat Lehrer dazu aufgerufen, diesen Quatsch, die verzweifelten Antworten ihrer Schüler sowie lustige Anekdoten aus dem Schulalltag, einzusenden. Hunderte Lehrer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz schickten uns daraufhin ihre schönsten Stilblüten aus dem Unterricht von Grundschulen, Gymnasien bis Berufsschulen.“ Die Vielzahl der Zuschriften ermöglichte einen zweiten Band und vielleicht auch einen dritten?

Nach der informativen Einleitung geht es ans Eingemachte. Zusammengetragen werden in den nächsten drei Kapiteln die skurrilsten und erschreckendsten Fehler in den Fächern Englisch, Geschichte und Politik. Dank des kleinen Vogelprofessors wird das ein oder andere richtig gestellt, und das eigene Wissen lässt sich ein bisschen auffrischen. Die Schülerantworten-Sammlung versetzt in die eigene Schulzeit zurück. Wer die Antwort auf eine Lehrerfrage nicht weiß, setzt auf Kreativität. Witzig sind die Wortverwechslungen oder eine völlige Planlosigkeit. Das Fach „Biologie“ kann, wie jeder weiß, eine richtige Herausforderung sein. „Wie wirkt die Antibabypille? Sie frisst die Spermien auf.“ „Also, meine Hamster, die machen das anders als die Menschen: Die sind dabei wach, die schlafen nicht miteinander.“ Aber auch Religion ist für Aussetzer gut. „Nenne drei kirchliche Feiertage. Ostern, Western, Karneval.“ Nicht immer ist bekannt, welche Klasse oder Schule der Zitierte besucht hat. Steht die Information unter der Antwort, ist es jedes Mal sehr interessant nachzulesen, in welchem Stadium der Schulausbildung sich der Schüler befunden hat. Selten, dass ein Buch auf fast jeder Seite zum Lachen anregt. Hier fällt es schwer, aus dem Schmunzeln oder Gelächter wieder herauszukommen. Lehrer und Schüler bleiben anonym. Es wird also niemand an den Pranger gestellt. Vielleicht ist der ein oder andere sogar stolz, in diese Sammlung gelangt zu sein. Spaß und Unterhaltungswert stehen im Vordergrund. Wer hat nicht schon einmal selbst eine idiotische Antwort gegeben, weil er abgelenkt war oder über das Thema einfach nicht Bescheid wusste. Erdkunde war wahrscheinlich bei den Wenigsten ein Lieblingsfach. „Wattenmeer ist der Anfang von Ebbe. Das Wattenmeer ist ein Gebiet zwischen Ebbe und Flut.“ Gelungen ist der Aufbau des Buches, angefangen vom humorvollen Inhaltsverzeichnis, mit jeweils einem lustigen Beispiel über der Kapitelüberschrift. Dank der Gliederung nach Fächern, der kurzen Leseabschnitte und passenden Erklärungen und Überleitungen der Autorinnen bleibt der Unterhaltungswert konstant hoch. Einen schönen Abschluss bilden die Lehrergeständnisse und Anekdoten rund um Elternanliegen.

Das Cover in Gelb und Rot mit einer witzigen Schülerantwort macht neugierig aufs Buch und passt gut zum humorvollen Inhalt. „b.) Nenne drei Hochkulturen: Römer, Ägypter, Imker“ spricht ein breites Publikum fast jeden Alters an. Nicht nur für Lehrer und Schüler ein origineller Lesespaß.

Bewertung vom 20.11.2016
Nebelschrei
Baker, Sam

Nebelschrei


weniger gut

In „Nebelschrei“, Originaltitel „The Woman who ran“, von Autorin Sam Baker quält die Hauptfigur ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit.

Nach einem mysteriösen Brand flüchtet Helen unter falschem Namen in eine abgelegene Gegend Nordenglands. Sie erregt ausgerechnet die Aufmerksamkeit von Journalist Gil. Kann sie ihm trauen? Helen quälen Erinnerungslücken. Was genau ist vor dem Feuer passiert, und wer ist die Leiche?

Der Prolog gibt einen kurzen Einblick in die schicksalhaften Geschehnisse der Brandnacht. Die Ich-Perspektive macht Helens undurchsichtige, bedrohliche Lage greifbar. Offene Fragen sorgen für Spannung. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Der Leser lernt Gil kennen und im zweiten Handlungsstrang Helen. Nach dem Prolog nimmt das Tempo rasant ab. Es kommt trotz Helens Angst, ständigen Sicherheitsbedenken und verständlichen Ritualen keine Thriller-Atmosphäre auf. Das Buch lässt sich eher als Roman einordnen und läuft scheinbar mit Hindernissen auf eine Liebesgeschichte hinaus. Zwar ermöglicht der Erzählstil einen guten Lesefluss, aber die ersten über dreihundert Seiten erfüllen nicht annähernd die Thriller-Erwartungen. Warum entscheidet sich Helen ausgerechnet für ein viel zu großes elisabethanisches Herrenhaus, das allein aufgrund der Anzahl der Räume viel zu unübersichtlich für eine Schutzsuchende ist? Nicht nur die Unterkunft entspricht Klischees, auch die Lage nur einen Fußmarsch von den Klippen entfernt. Es lässt sich erahnen, dass beides von dem Täter ausgenutzt wird. Ein Highlight ist Kater Ghost, der auch mal für Schrecksekunden sorgt. Er lässt den Leser näher an die Hauptfigur heran. Nicht alles ist nachvollziehbar, z.B. Gils plötzliche Zweifel. Es gibt kaum Überraschungen. Das Meiste lässt sich erahnen. Ein Rückblick ist zwar interessant, bremst aber den Thriller aus. Erst zum Schluss, viel zu spät, kann der Leser mitfiebern. Selbst das Ende stellt nicht zufrieden, weil es eine Frage offen lässt.

Der Titel ist kreativ und lässt die Erwartungen hochschnellen. Leider kann der Inhalt nicht mithalten. „Nebelschrei“ enttäuscht. Allein auf das Schicksal einer Frau zu setzen, ist in diesem Fall zu wenig. Für Helens Handeln lässt sich nicht sonderlich oft Verständnis aufbringen.

Bewertung vom 17.11.2016
Das Vermächtnis des Alchemisten / Der Blackthorn Code Bd.1 (5 Audio-CDs)
Sands, Kevin

Das Vermächtnis des Alchemisten / Der Blackthorn Code Bd.1 (5 Audio-CDs)


ausgezeichnet

„Der Blackthorn-Code - Das Vermächtnis des Alchemisten“ ist das Debüt von Autor Kevin Sands. Das Kinderbuch bietet einen spannenden Einblick in die Welt der Alchimisten.

London 1665, der zwölfjährige Christopher arbeitet als Lehrling bei Apothekermeister und Alchemist Benedict Blackthorn. Eine rätselhafte Mordserie hält die Stadt in Atem. Die Opfer sind fast alle Alchemisten. Auch Meister Benedict und Christopher sind in Gefahr.

Die Geschichte beginnt humorvoll mit einem Experiment von Christopher, das anders endet als gedacht. Christopher ist ein eifriger Lehrling, der seinen Meister immer wieder in Erstaunen versetzt, sich und seinen besten Freund Tom aber auch in gefährliche Situationen bringt. Der Dialog zwischen Meister Benedict und Christopher lässt viel Atmosphäre aufkommen. Sehr gut ist die Sprache für die Zeit getroffen. Sprecher Oliver Rohrbeck lässt Emotionen durchklingen. Schärfe, Achtung, Zuneigung, vieles lässt sich aus wenigen Worten oder Sätzen heraus hören. Oliver Rohrbeck ist es auch zu verdanken, dass die Charaktere eine Portion mehr Persönlichkeit erhalten. Benedict wächst einem genauso ans Herz wie Christopher und Tom. Wer steckt hinter den Morden? Das Undurchsichtige, Rätselhafte sorgt für Spannung. Autor Kevin Sands setzt auf Tempo, verschlüsselte Botschaften und kniffelige Herausforderungen. Er schöpft den Spielraum für außergewöhnliche Lösungen seiner intelligenten und wissbegierigen Hauptfiguren Benedict und Christopher voll aus. Bewundernswert ist die Recherche, die hinter den Alchemistenszenen stecken muss.

Die Gegner kennen keine Skrupel. Oliver Rohrbeck beweist besonders bei den Bösen seine Wandelbarkeit. Er ist die ideale Besetzung für dieses Hörbuch. Es fällt leicht mit Christopher mitzufiebern. Wem kann er vertrauen? Als Waise und Lehrling steht er auf der untersten Stufe und hat wenige Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Die Geschichte ist raffiniert gestrickt und hat dank vieler packender und scheinbar aussichtsloser Szenen einen hohen Unterhaltungswert.

Das Cover trumpft mit viel Liebe zum Detail und besonderer Kreativität auf. Szene, Farben und Titel sind sehr gelungen und stimmen auf eine spannende Geschichte ein. „Der Blackthorn-Code – das Vermächtnis des Alchemisten“ ist für Kinder ab 10 Jahren gedacht und reißt auch Erwachsene mit. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 15.11.2016
I.Q / Isaiah Quintabe Bd.1
Ide, Joe

I.Q / Isaiah Quintabe Bd.1


sehr gut

„I.Q.“ ist der Debütroman von Autor Joe Ide. Joe Ide setzt auf eine Hauptfigur mit besonderem Ermittlungstalent.

Isaiah Quintabe, Spitzname I.Q., ist als Detektiv ohne Lizenz im Untergrund tätig. Er braucht dringend einen lukrativen Auftrag. Ausgerechnet sein ehemaliger Mitbewohner Gangsta Juanell Dodson hat einen Klienten, bei dem das Geld locker sitzt. Zähneknirschend nimmt Isaiah das Angebot an. Auf Rapper Cal wurde ein ungewöhnlicher Mordanschlag verübt. Kann er den Fall aufklären?

Der Prolog gibt Einblick in die Welt eines Pädophilen, der nah dran ist, seine erste Entführung zu begehen. Es fehlt dem Täter eindeutig an Intelligenz. Boyds unberechenbarer Ehrgeiz, sich endlich ein Mädchen zu beschaffen, sorgt für Beklemmung. Die Geschichte beginnt unterhaltsam mit Isaiah, der von Deronda bedrängt wird. Was sind ihre wahren Gründe? Spannung kommt mit einer zufälligen Beobachtung I.Q.s auf. Das Tempo nimmt zu. Eine Verfolgung lässt den Atem stocken. Sehr gelungen inszeniert! Anhand von Rückblenden erfährt der Leser mehr übers I.Q.s Vergangenheit und einen schweren Schicksalsschlag, der ihn geprägt hat. Hat sich I.Q. aus dem dunklen Loch befreit? Bewundernswert sind seine Intelligenz, Beobachtungs- und Kombinationsgabe. Es ist fesselnd, ihm bei den Ermittlungen zu zuschauen. Isaiah Quintabe eignet sich perfekt für eine Thriller-Reihe. Er hat Charisma, Coolness und genügend Ecken und Kanten. Die Gegensätze I.Q. und Dodson haben Unterhaltungswert. Wer unterschätzt wen? Autor Joe Ide schafft es, die Geschichte sehr real erscheinen zu lassen. Mit viel Raffinesse schachtelt er besonders am Anfang die Ereignisse aneinander. Etwas viel Raum nehmen die Rückblenden ein. Das Tempo wird davon zu oft ausgebremst. I.Q.s Gegner erweist sich als kaltblütig und skrupellos. Die Gefahr für das Ermittler-Team I.Q. und Dodson nimmt zu. Nicht so passend ist die gestelzte Sprache von Junior. Auch das Verdächtiger-Wirrwarr geht nicht so gut auf. Zum Schluss wird es etwas langatmig mit geballten Infos. Gelungen ist eine kleine Überraschung am Ende. Besser wäre es gewesen, wenn sich das rasante Tempo vom Anfang durchweg gehalten hätte. Der Thriller hat zwar einige fesselnde Szenen aufzuweisen, verliert aber immer wieder an Atmosphäre. Sehr gut und Mittelmaß wechseln sich ab.

Das Cover mit dem übergroßen „IQ“ und Teil eines Gesichts passt perfekt zur Geschichte und zum Thriller-Genre. Es verrät wenig, macht aber neugierig. Das Buch hat seine Vorzüge. „I.Q.“ ist anders als andere Thriller, spielt in ungewöhnlichen Milieus. Für Band 2 wäre noch etwas Luft nach oben.

Bewertung vom 05.11.2016
Lucy Schröders gesammelte Wahrheiten
Rehlein, Susann

Lucy Schröders gesammelte Wahrheiten


gut

Nach „Alles Lametta“, „Bitte streicheln sie hier“, „Die erstaunliche Wirkung von Glück“ und „Auch die Liebe hat drei Seiten“ ist „Lucy Schröders gesammelte Wahrheiten“ das neueste Werk von Autorin Susann Rehlein.

Der 26jährigen Lucy droht die Psychiatrische Einrichtung, wenn sie sich nicht endlich wieder auf die Straße traut und Leute kennen lernt. Sie hat sieben Monate ihre Wohnung nicht verlassen. Für Lucy sind die ersten Schritte zurück in die Welt eine Riesenherausforderung. Zu viel Lärm, zu viele Menschen, zu viel Nähe. Erst als sie plant, eine Jeans im Kaufhaus zu kaufen, nimmt alles eine Wende.

Es fällt anfangs schwer, sich an Erzählstil und Hauptfigur zu gewöhnen. Das wiederholte „Sie“ für die Hauptfigur birgt Verwechslungsgefahren. Lucy hat einige Macken. Unbegreiflich, wie sich ein Mensch freiwillig sieben Monate in die Wohnung zurückzieht und sich stoisch weigert, am Leben teilzunehmen. Erst im Laufe der Geschichte werden die Gründe für Lucys Verhalten deutlich. Bald kommt die Frage auf, wovon Lucy eigentlich lebt. Zwar baut sie Schneekugeln mit Weissagungen drin, aber das Geschäft brummt nicht gerade. Interessant sind Lucys besondere Gaben. Ihre hellseherische Fähigkeit sorgt für amüsante Situationen. Witzig, wie sie mit ihren Weissagungen einfach herausplatzt und Leute vor den Kopf stößt. Lucys Ruppigkeit macht sie einzigartig. Nur langsam lässt sie auch ihre Herzlichkeit heraus. Humor und Unterhaltungswert der Geschichte nehmen mit einem wichtigen Gespräch zwischen Lucy und dem Geschäftsführer des Kaufhauses zu. Die Wende kommt überraschend. Im zweiten Buchdrittel entwickelt sich mehr Atmosphäre. Das liegt auch an Nebenfiguren wie Lea, Margarete, Dickie und Piepel. Es fällt leichter, für Lucy Verständnis aufzubringen und sie zu mögen. Mit einer Enthüllung und Lucys Liebesverwirrungen kommt sogar Spannung auf. Rührend wie Lucy auf ihre ganz eigene Weise immer mehr Einsatz für einen Menschen zeigt, der ihr am Herzen liegt. Die Themen Einsamkeit, Verletzlichkeit und Liebe werden anhand einer ungewöhnlichen Hauptfigur beleuchtet. Eine erahnte Weichheit nimmt zu und hüllt das letzte Buchdrittel ein. Das Ende erfüllt die Erwartungen und ist gelungen.

Die Coverszene passt sehr gut zum Buch. Dank fröhlicher Farben fällt das Buch ins Auge. Der Titel klingt ein bisschen nach Sachbuch. „Lucy Schröders gesammelte Wahrheiten“ reißt erst ab einem eher späten Moment mit, und das ist sehr schade. Punkte sammelt die Autorin nach einer ernsten Wahrheit mit originellen Ideen und Lucy typischen Sätzen.

Bewertung vom 23.10.2016
Anton hat kein Glück
Johansson, Lars Vasa

Anton hat kein Glück


ausgezeichnet

„Anton hat kein Glück“ ist der Debütroman des schwedischen Drehbuchautors und Musikers Lars Vasa Johansson.

Seinen 45. Geburtstag feiert Anton alleine auf einer Raststätte unterwegs zu einem Auftritt als Zauberer im Altenheim. Mit seiner großen Liebe hat er vor Jahren Schluss gemacht und sein bester Freund Sebastian ist als Zauberer wesentlich erfolgreicher als er. Ein Unfall lässt Anton in einer seltsamen Gegend stranden, in der nicht alles mit rechten Dingen zugeht.

Der Fantasy-Prolog gibt einen ersten Hinweis auf das Magische in der Geschichte. Sehr gelungen ist der Einstieg mit dem Gebäckstück. Autor Lars Vasa Johansson beweist in seinem Debüt viel Humor und Ideenreichtum. Anton scheitert an einer ersten Herausforderung und weiß nicht, wie sehr er sich mit seiner Entscheidung ins Unglück stürzt. Es gelingt ihm nicht mehr den Ort zu verlassen. Was ist geschehen? Anton zweifelt am Außergewöhnlichen und findet anfangs noch für alles eine sinnvolle Erklärung. Die Hauptfigur wirkt sympathisch. Seine Unzufriedenheit ist nachvollziehbar. Plötzlich scheint er wie vom Pech verfolgt. Schnell kommt Mitleid mit Anton auf. Kann er Neid, Eifersucht, seine negativen Gedanken überwinden? Es sind die Charaktere, die mitreißen. Jede Figur hat etwas ganz Eigenes. Nichts scheint schon mal dagewesen. Welche Rolle spielen Gunnar und Greta? Sie wirken wie die Guten, könnten aber auch etwas im Schilde führen. Das Undurchsichtige und die lauernden Gefahren durch Fabelwesen wie den Tränentriefer sorgen für Spannung. Jeder magische Charakter hat einen ungewöhnlichen Namen, der im Gedächtnis bleibt. Der Schmunzelfaktor ist hoch. Anton lernt Jorma, der auf einer Liebesquest ist, auf verrückte Weise kennen. Zieht der junge Mann ihn noch mehr ins Verderben? Nach und nach kommen immer mehr Wahrheiten ans Licht. In Rückblicken erfährt der Leser mehr von Antons Vergangenheit. Warum ist er in Liebe und Job erfolglos geblieben? Kann sich das Blatt noch wenden? Der Plot ist mit viel Raffinesse gestrickt und hat einige Überraschungen parat. Es fällt leicht mit Anton mitzufiebern. Tücken, Fettnäpfchen und Gefahren, ihm bleibt nichts erspart. Die Odyssee nimmt ungeahnte Ausmaße an. Zum Showdown steigt die Spannung. Antons Gegner scheint unschlagbar zu sein. Gibt es ein Entkommen? Das Ende und auch der Ausklang sind gelungen.

Das Cover mit dem Zylindermann von hinten im Wald verströmt etwas Geheimnisvolles. Es passt zum Undurchsichtigen der Geschichte. Der Titel ist Understatement pur. Es lässt sich nicht erahnen, was für eine unterhaltsame Mischung aus Realität und Fantasy dahinter steckt. „Anton hat kein Glück“ hat ein paar Botschaften auf Lager und ist lehrreich. Wer nörgelnd, jammernd und egoistisch durch die Welt marschiert, wird bald ganz alleine da stehen. Ein außergewöhnlicher und sehr empfehlenswerter Roman für alle die originelle Geschichten lieben. Die Spannung steigt, was Lars Vasa Johansson demnächst aus der Fantasy-Kiste zaubert.

Bewertung vom 13.10.2016
Zärtlich
McKeon, Belinda

Zärtlich


weniger gut

Autorin Belinda McKeon veröffentlichte Essays, Reportagen und Theaterstücke. In „Zärtlich“ stehen die Emotionen der beiden Hauptfiguren im Focus.

Die 18jährige Studentin Catherine und den 20jährigen angehenden Fotograf James verbindet eine innige Freundschaft. Will James mehr? Als Catherine erfährt, dass James schwul ist, versucht sie ihren Schock zu überspielen. Warum fühlen sich beide so stark zu einander hingezogen?

Der Anfang der Geschichte spielt im Jahr 1997. Sprache und Zeit wollen nicht so richtig zueinander passen. Autorin Belinda McKeon scheint in Ausdruck und Erzählstil noch viele Jahrzehnte zurückzugehen. Catherine kommt sehr zurückhaltend rüber und kann z.B. mit der freien Art ihrer jüngeren Schwester nichts anfangen. Erst James bringt sie zum Auftauen, aber auch dann dauert es noch, bis sie sich traut, erste Liebeserfahrungen zu sammeln. Wie die Sprache fällt auch Catherine aus der Zeit. „Zärtlich“ wirkt über lange Strecken wie ein Endlostext, der dem Leser keine Atempause lässt. Die Kapiteleinteilung setzt erst spät ein. Auch dann bleibt noch das Gefühl, sich durch einen Kaugummitext zu bewegen. Der Gedanke kommt auf, das Lesen abzubrechen und das Buch endgültig aus der Hand zu legen. Unterhaltsam sind eher die männlichen Akteure der Geschichte wie James, Conor und Emmet. Sowohl Catherine als auch James sind eifersüchtig, wenn zu viel Nähe zu einem anderen entsteht. Was ist das zwischen ihnen, Freundschaft oder Liebe? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Anfangs wirkt alles geradlinig, bis sich James outet. Kann sich ein schwuler Mann in eine Frau verlieben? Der Widerspruch verwirrt. Beide benehmen sich als hegen sie für den anderen immer ernstere Gefühle. Das langsame Tempo, nebensächliche Ereignisse lassen keine Spannung aufkommen. „Zärtlich“ kommt nicht so richtig in Gang und pendelt sich irgendwann im Alltäglichen ein. Mehr Intensität hat das letzte Buchdrittel. Aufbau und Erzählstil verändern sich. Das Abgehackte, die Konzentration auf einzelne Sätze passt gut zur Wende in der Geschichte. Nicht alles ließ sich vorher erahnen. Gut gelungen ist der Schluss, wobei das Ende schon etwas abrupt eintritt.

Der Titel sagt alles und nichts aus. Fest steht, dass es emotionsgeladen zu gehen wird. Sehr gelungen ist der Schnitt im Papier mit dem Autorennamen. „Zärtlich“ bleibt hinter den Erwartungen zurück. Zu langatmig, zu ausufernd, zu wenig Ereignisse. Bei der Stange hält die Frage, wie es enden wird. Läuft alles auf eine Eskalation hinaus? Bei 447 Seiten Gesamtlänge ist Geduld gefragt.

Bewertung vom 08.10.2016
Was geschah um 16:08? / Travis Delaney Bd.1
Brooks, Kevin

Was geschah um 16:08? / Travis Delaney Bd.1


gut

„Travis Delaney – Was geschah um 16:08?“ bildet den Auftakt zur Thrillerreihe von Kevin Brooks. Inzwischen sind „Wem kannst du trauen?“ und „Um Leben und Tod“ erschienen.

Die Privatdetektive Jack und Izzy Delaney sterben bei einem mysteriösen Autounfall. Ihr Sohn, der 13jährige Travis, bemerkt auf ihrer Beerdigung einen Fremden mit versteckter Kamera. Mit Hilfe der Assistentin seiner Eltern Courtney stellt Travis Recherchen an. An welchem Fall haben seine Eltern zuletzt gearbeitet, und warum sind sie nicht wie geplant direkt nach London gefahren? Immer mehr Ungereimtheiten tauchen auf. Travis und Courtney bringen sich mit ihren Nachforschungen in Gefahr.

Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive aus Sicht von Travis erzählt und beginnt mit der Beerdigung der Eltern. Bald wird klar, dass es sich um keinen normalen Autounfall gehandelt hat, sondern mehr dahinter steckt. Band 1 basiert auf dem Rätsel um den Tod von Jack und Izzy. In was sind sie hinein geraten, und warum mussten sie sterben? Travis‘ Schicksal berührt. Er wird nicht als Überheld dargestellt, der den Tod seiner Eltern rächen wird. Ihn beschäftigen zu Recht Fragen, die mit dem mysteriösen Tod der Eltern auftauchen. Neugierig, aber nicht unüberlegt, fängt er an, der Sache auf den Grund zu gehen und erhält Gott sei Dank Unterstützung von der schlauen Courtney. Nicht ganz nachvollziehbar sind Travis Schwierigkeiten, schnell die richtigen Schlüsse zu ziehen. Am Anfang ist ihm der Leser immer ein bisschen voraus, und das trübt Unterhaltungswert und Spannung. Hier fehlt es an etwas mehr Raffinesse. Mit dem verschwundenen Boxer kommt ein zweites Rätsel ins Spiel. Interessant sind Travis‘ Befragungen und die Atmosphäre im Boxclub. Es braucht keine Andeutungen, um zu wissen, dass etwas faul ist und die Erklärungen der Familie nur Ausreden sind. Das Offensichtliche bremst das Tempo aus. Sehr schade, bei vielen Szenen wurde Potential verschenkt. Originelle Charaktere sind Courtney, Evie, Mason und seine Freunde. Mit ihnen erhält der Thriller Pepp und Travis steht nicht, wie anfangs befürchtet, alleine da. Etwas unübersichtlich wird es mit den Erklärungen zu den Schwierigkeiten, in die eine Person geraten ist. Auch hier lässt sich nicht jede Wendung nachvollziehen. Klug gesetzt sind die kurzen Kapitel, die am Schluß Fragen offen lassen oder eine Atempause in brenzligen Momenten ermöglichen. Im letzten Buchdrittel ziehen Tempo und Spannung an. Was ist Wahrheit, was Lüge oder Schein? Hat Travis den richtigen Riecher? Ein bisschen wird der Leser an der Nase herumgeführt. Am Ende gibt es keinen packenden Cliffhanger, dafür aber einen kurzen Einblick in Band 2.

Titel und die effektvoll inszenierte Szene machen neugierig. Der schwarze Hintergrund und das feuerähnliche Licht hinter der Hauptfigur passen gut zum Thriller. Ein gelungenes Cover. Leider bleibt die Geschichte hinter den Erwartungen zurück. Der Unterhaltungswert pendelt sich im Durchschnitt ein. Aus der Idee hätte sich mehr machen lassen. So mancher Charakter bleibt jedoch im Gedächtnis.

Bewertung vom 12.09.2016
Eden / Eden Archer & Frank Bennett Bd.2
Fox, Candice

Eden / Eden Archer & Frank Bennett Bd.2


ausgezeichnet

„Eden“ ist nach „Hades“ der zweite Teil der Trilogie von Candice Fox. Frank Bennett und Eden Archer ermitteln auf gefährlichem Terrain.

Im Großraum Sydney sind drei Frauen verschwunden. Ihre einzige Verbindung ist die Farm von Jackie Rye. Jackie hat 80 Angestellte. Jeder auf der Farm könnte der gesuchte Serienmörder sein. Eden arbeitet unter dem Decknamen Eadie auf der Farm, um dem Täter auf die Spur zu kommen. Frank leitet das Überwachungsteam. Es dauert nicht lange und die Lage spitzt sich zu.

„Eden“ wird in drei verschiedenen Perspektiven erzählt. Einmal aus Sicht von Frank in der Ich-Perspektive. Frank ist seit dem Tod von Martina Alkohol- und tablettensüchtig. Hades und Eden setzen alles daran, damit er sich wieder in den Griff kriegt. Der Fall der vermissten Frauen ist seine Chance. Aus einem anderen Blickwinkel werden Edens Erlebnisse geschildert. Als verdeckte Ermittlerin auf der Farm geht sie ein hohes, unkalkulierbares Risiko ein. Frank und Eden sind Partner. Der eine profitiert vom anderen. Hades und Eden haben beide einen sehr speziellen Charakter. „So funktioniert Hades. Immer ist er allen anderen zehn Züge voraus, bewegt die Schachfiguren auf einem Spielbrett, von dessen Existenz du nichts geahnt hast, dabei stehst du selbst auf diesem Schachbrett.“ Eden ist eine Jägerin, die eigenmächtig Abschaum ausschaltet. Frank hat vor Vater und Tochter großen Respekt und wird, ohne sich dagegen wehren zu können, zu ihrem Spielball. In der dritten Perspektive geht es um ein Straßenkind, das dem falschen Menschen vertraut und in Gefahr gerät. Der Thriller trumpft mit ungewöhnlichen Facetten und fesselnden Handlungssträngen auf. Hades hat einen kniffeligen Auftrag für Frank. Wo liegen die Verbindungen zwischen den Ereignissen? Nur langsam wird deutlich, was es mit dem Straßenkind auf sich hat. Autorin Candice Fox hat einen kniffligen Plot gestrickt, der den Leser zeitweilig den Atem anhalten lässt. Überraschend lassen Tempo und Spannung zur Mitte des Buches hin nach. Es ist das Undurchsichtige, was weiterhin fesselnd. Wer hat Killerpotenzial, wer rastet jeden Moment aus? Der Leser wird in die Irre geführt bis zum Schluss die Bombe platzt. Mit der Wendung war nicht zu rechnen. Mehr als eine Wahrheit haut einen vom Hocker. Das Ende, das Zuspitzen gleich mehrerer Situationen ist grandios gemacht. Gänsehaut und Entsetzen, Spannung auf höchstem Niveau.

Der Vergleich von Top-Cop Eden mit einem Raubtier trifft es haargenau. Perfekt, dass sie in Band 2 im Mittelpunkt steht. Der Titel und die Szene geben einen Vorgeschmack auf den Inhalt. Durch die weiße und rote Schrift und das Düstere hat das Cover Anziehungskraft. Band 2 ist ein Thriller, der auch für sich alleine stehen kann. Vorkenntnisse aus Teil 1 sind nicht notwendig. Wer „Eden“ jedoch gelesen hat, wird automatisch zu dem Rest der Trilogie greifen und auch keine anderes Werk der Autorin mehr verpassen.