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Sikal
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Österreich

Bewertungen

Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 07.02.2021
Die Jungbrunnen-Küche
Fensl, Margit;Straubinger, P. A.;Karré, Nathalie

Die Jungbrunnen-Küche


ausgezeichnet

Motivation für ein gesundes Älterwerden

Dass es beim Älterwerden nicht um ein Fältchen oder graues Haar mehr oder weniger geht, müsste mittlerweile klar sein. Die meisten Menschen möchten einfach ohne „Wehwehchen“ bis ins hohe Alter fit und vital bleiben. Und hier setzt dieses Buch an – man kann einiges selbst dazu beitragen, um diesem Wunsch gerecht zu werden. Viele Alterungsbeschleuniger (Industrienahrung, Zucker, …) werden vorgestellt und deren Auswirkungen auf den Körper aufgezeigt.

Wer die „Jungbrunnen“-Bücher bereits kennt, weiß dieses Küchen-Buch als Ergänzung zu schätzen. Doch auch alle anderen Leser bekommen vom Autorenteam einen guten Überblick über das Intervallfasten geboten.

Ein Kapitel widmet sich den „Jungbrunnen-Werkzeugen“. Jeder hat es selbst in der Hand, wie intensiv er sich mit diesen auseinandersetzt und diese zulässt - beispielsweise werden Autophagie und Telomerase genauestens erklärt und wie man diesen entgegenwirken kann. Anti-Aging mit Mitteln der Natur und Reduktion von chronischen Entzündungen durch die Senkung des Blutzuckers – viele Tipps und praxistaugliche Anwendungen werden dazu vorgestellt.

Welche Jungbrunnen-Lebensmittel und Getränke es gibt erfahren wir natürlich ebenfalls. Anhand von Rezepten wird noch einmal zusammengefasst, welche Effekte genau dieses Rezept aufweist. Außerdem wird hier auf die jeweiligen Stoffwechseltypen (Eiweiß, Misch oder Kohlehydrattyp) besonders eingegangen und diese erfahren bei jedem Rezept noch Varianten, die genau für ihren Typ geeignet sind.

Im klappbaren Buchdeckel finden sich Übersichten, die den Inhalt in groben Zügen zusammenfassen. Zusätzlich bekommt man auch noch Links für ein umfangreiches Online-Bonusmaterial.

Ein umfassendes, informatives Buch zum Thema Ernährung, das neben Tipps und alltagstauglichen Rezepten viel Motivation mitliefert, um das Gelesene auch umzusetzen. 5 Sterne sind hier selbstverständlich.

Bewertung vom 31.01.2021
Afropäisch
Pitts, Johny

Afropäisch


ausgezeichnet

Eine besondere Reise durch Europa

Der Autor Johny Pitts hat für seine Reise durch das schwarze Europa eine besondere Wortkreation als Titel gewählt: Afropäisch. Er macht sich auf die Suche nach den schwarzen Menschen Europas, spürt sie in Großstädten auf und trifft dort auf Menschen unterschiedlicher Herkunft. Grundverschiedene Persönlichkeiten, die seit Generationen in Europa leben und denen zumeist eines gemeinsam ist: die fehlende Perspektive. Sie leben mit uns in unseren Städten und sind doch wie ein Schatten, der irgendwie dazugehört, aber eben doch nicht so ganz ins Zentrum rücken. Sie arbeiten fleißig (wenn es die Möglichkeit für sie gibt), bekommen zumeist diese Jobs zugeteilt, die sonst keiner will.

Johny Pitts reist nach Paris, Brüssel, Amsterdam, Berlin, Stockholm, Moskau, Marseille und Lissabon. Überall trifft er auf gleiche oder ähnliche Lebensentwürfe. Immer wieder schlägt er eine Brücke zu historischen Ereignissen, die oft bis in die heutige Zeit reicht und diese prägt. Pitts selbst stammt aus einer afropäischen Familie (schwarzer Vater, weiße Mutter) und wurde schon mehrfach mit Rassismus konfrontiert. Einige Beispiele zeichnet er in diesem Buch auf – und mehrere Situationen waren zum Fremdschämen. Es gibt – so scheint es – eine einfache Formel: Europa = weiß = gut. Alles andere gehört nicht hierher. Mauern müssen nicht immer sichtbar sein, viele tragen diese in sich.

Dieses zeitgenössische Portrait ist eine wichtige Bestandsaufnahme der Situation im schwarzen Europa. Er zeigt die Toilettenfrau, Aktivisten, Künstler, Studenten, … Kolonial geprägte Leben, weit entfernt von Reichtum und Aufstiegsmöglichkeiten (mit einigen Ausnahmen).

Pitts schreibt mit viel Empathie und Sachwissen, mit einem lockeren und leicht zu lesenden Stil – trotz der ernsten Themen. Und damit schafft er es auch, dass man den Blickwinkel ändert. Denn mit erhobenem Zeigefinger würde er wohl das Gegenteil erreichen.

Ein sehr beeindruckendes Werk, dem ich viele Leser wünsche. Gerne vergebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

„Ich schaute noch einmal in den Nebel, der über dem Meer hing und Afrika verbarg, und schloss die Augen, um seine Präsenz zu spüren, während mir die Gischt der heftigen Brandung ins Gesicht spritzte. Dann drehte ich mich wieder zu dem stürmischen alten Kontinent herum, auf dem ich geboren und aufgewachsen war, und ging dahin zurück, wo ich herkam.“

Bewertung vom 30.01.2021
Die Modeschöpferin
Maybach, Katja

Die Modeschöpferin


sehr gut

Von Liebe, Tod und Spionage

Simonetta de Rosa gilt im Rom der 1960er Jahre als ganz große Modedesignerin. Tag und Nacht arbeitet sie mit ihrem Team, um die neue Kollektion pünktlich präsentieren zu können. Doch plötzlich wird ihr Leben durcheinander gebracht. Einerseits liest sie über eine angebliche Affäre ihres langjährigen Partners ausgerechnet mit ihrer Schwester Chiara, die plötzlich wieder auf der Bildfläche aufgetaucht ist. Andererseits muss sie sich mit Modespionage auseinandersetzen – ausgerechnet eines ihrer neuen Modelle ist bei einer Billigmarke als Massenware aufgetaucht. Wem aus ihrem Team kann sie noch vertrauen? Wer könnte sie dermaßen hintergangen haben? Als es auch noch einen Toten gibt, sind die privaten Probleme ganz schnell hintangestellt.

Die Autorin Katja Maybach hat die gesellschaftliche Stellung der Frau in den 1960er Jahren gut eingefangen. Sie schafft es, uns die Leichtigkeit und Aufbruchsstimmung zu vermitteln, aber auch die Nachwirkungen des Krieges werden aufgezeigt – Homosexualität ist beispielsweise noch verpönt.

Der häufige Perspektivenwechsel treibt die Handlung rasant voran, auch dort wo man vielleicht noch gerne verweilt hätte. Dass Liebe und Freundschaft nicht fehlen dürfen, versteht sich von selbst. Viele verschiedene Stränge scheinen in unterschiedliche Richtungen zu laufen, doch die Autorin schafft es, dieses Netz bis zum Schluss zu entwirren und alle offenen Fragen zu beantworten.

Ein unterhaltsames Buch über zwei Schwestern, die einiges aufzuarbeiten haben und letztendlich doch die Gemeinsamkeit erkennen. Gerne vergebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 09.01.2021
Lotte Lenya und das Lied des Lebens
Neiss, Eva

Lotte Lenya und das Lied des Lebens


sehr gut

Ein Ausflug in die 20er Jahre

Wir werden ins Berlin der 20er Jahre versetzt und begegnen der Schauspielerin Lotte Lenja (später Lenya) bei ihren ersten Bühnenerfahrungen. Erst als sie den musikbesessenen Kurt Weill kennenlernt und ihn heiratet, scheint sich ihre Künstlerkarriere zum Guten zu wenden und sie tourt von Engagement zu Engagement. Ihre Stimme ist einzigartig, obwohl (oder weil) sie nie gelernt hat Noten zu lesen. Letztendlich gelingt ihr der große Durchbruch mit der Seeräuber-Jenny in der „Dreigroschenoper“.

Die Liebe der beiden Künstler ist Höhen und Tiefen ausgesetzt, immer wieder kommen andere Liebschaften vor. Auch die aufkommende Naziherrschaft tut ihr übriges und so ist Weill als Jude gezwungen zu fliehen. Obwohl Lotte sich immer wieder mal von Weill trennt, weiß sie letztendlich doch was sie an ihm hat und bleibt mit ihm verbunden. Vermutlich spielt hier auch das Geld für die ehrgeizige Lotte eine Rolle, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt und der schillernden Welt der Reichen und Schönen wohl kaum den Rücken kehren möchte.

Die Autorin Eva Neiss beschert uns einen ansprechenden Ausflug in die Welt der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts und lässt uns in die Künstlerszene eintauchen. Wie vernetzt alle untereinander sind, kommt immer wieder hervor. Der Schreibstil ist locker, ruhig und sehr angenehm zu lesen. Vielleicht sind einige Passagen etwas zu detailliert und ich hätte mir das ein oder andere Mal etwas Straffung gewünscht. Das Bühnenspektakel bevor die „Dreigroschenoper“ endlich Premiere feiern durfte, ist ziemlich ausschweifend und auch die Diskurse zwischen Weill und Brecht sowie so manche Liebschaft hätte man vermutlich knapper halten können.

Die „Dreigroschenoper“ kenne ich natürlich und auch den Namen Lotte Lenya hatte ich bereits gehört. Doch irgendwie habe ich die beiden nie miteinander in Verbindung gebracht (oder es hat mich schlichtweg zu wenig interessiert).Nun durfte ich diese Romanbiografie lesen und vermute, dass ich die Verbindung in Zukunft immer wieder herstellen werde – die Autorin Eva Neiss hat mir ein angenehmes Leseerlebnis beschert. Gerne vergebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 03.01.2021
Immer wieder Ostwärts
Finkernagel, Julia

Immer wieder Ostwärts


sehr gut

Amüsante Reiseberichte

In letzter Zeit sind sämtliche Reisewünsche bereits im Keim erstickt worden. Gerade deshalb finde ich solche amüsanten Roadtrips herrlich erfrischend und habe die Reise „Ostwärts“ mit Julia Finkernagel und ihrem Team gerne unternommen.

Die Autorin Julia Finkernagel ist ja eher zufällig in dieses „Reisemoderations-Metier“ gestolpert. Als Quereinsteigerin ist sie mit Herz, Mut und einer gesunden Portion Neugierde unterwegs, um Land und Leute kennenzulernen, Geschichten mit Herz und zum Schmunzeln hervorzubringen. Sie schafft es, auf Menschen zuzugehen und mit einer unkomplizierten Art über Pannen hinwegzusehen und gerade diese in berührende Anekdoten umzumünzen.

Mittlerweile ist es bereits mehr als ein Jahr her, dass ich durch das Baltikum reisen durfte. Leider nicht so intensiv wie die Geschichten der Autorin erzählen, sondern nur auf normalen Touristenrouten. Und doch musste ich das ein oder andere Mal schmunzeln und in Erinnerungen schwelgen, als ich von den Erlebnissen der Autorin gelesen habe.

Doch wir dürfen hier nicht nur den Reiseberichten quer durchs Baltikum folgen, sondern auch noch die beeindruckende Landschaft Montenegros kennenlernen. Ebenso fängt sie die Eigenheiten der montenegrinischen Bevölkerung ein, genießt mehr oder weniger die kulinarischen Köstlichkeiten und frönt sportlichen Aktivitäten bevor es nach Moskau geht, um mit der Transsibirischen Eisenbahn quer durch Sibirien zu reisen. Auch hier treffen wir nicht nur auf die Besonderheiten der unterschiedlichen Passagiere sondern auch auf die ungleichen Unterbringungsmöglichkeiten. Toll, dass die Autorin zwischen Zarengold-Suite und Platzkartny wechseln durfte. So bekommt man eine ungefähre Vorstellung welche Standards in diesem Zug möglich sind. Doch der Höhepunkt ist sicherlich der Drink am Eis des Baikalsees bevor es wieder Richtung Deutschland geht.

Die Reiseberichte sind ursprünglich für eine Reisesendung entstanden und nunmehr als Buchform zusammengefasst. Der Schreibstil der Autorin ist amüsant und lässt Seite um Seite verfliegen. Einige Bilder ergänzen diese Geschichten und runden das Bild perfekt ab. Manches Mal fand ich den Humor etwas zu gewollt und aufgesetzt, da wäre öfter mal weniger mehr.

Im Großen und Ganzen ein interessanter Reisebericht, den ich sehr gerne gelesen habe und dem ich gerne 4 Sterne gebe.

Bewertung vom 02.01.2021
Russland und wir
Portisch, Hugo

Russland und wir


ausgezeichnet

Russlands Politik auf den Punkt gebracht

Wer den österreichischen Journalisten Hugo Portisch kennt, kennt auch seine Analysen und seine Fähigkeit, scheinbar komplizierte historische oder politische Vorgänge auf den Punkt zu bringen. Dies ist ihm mit dem Buch „Russland und wir“ wieder hervorragend gelungen. Wie europäisch ist Russland? Was verbindet uns, was trennt? Diese und andere Fragen werden aufgeworfen und interessant und aufschlussreich beantwortet.

Wir erfahren einiges über alte und neue Grenzen, die Kosaken, der Besiedelung Sibiriens. Wir lesen über Moskaus Rohstoff-Reserve, Sibiriens Lebensader, über die Kirche, Machtpositionen und Machtwechsel in der Politik und auch das Drama der Kursk sowie den Ukraine-Konflikt.

Interessant finde ich, dass es eine hochmoderne Akademikerstadt mitten in Sibirien gibt. Das war mir neu. Für mich steht Sibirien in Verbindung mit Kälte und Strafe.

Die historischen Hintergründe lesen sich sehr aufschlussreich und man kann Putin kritisch gegenüberstehen oder ihm Avancen machen – Hugo Portisch rät zu einem Brückenschlag und einer Zusammenarbeit mit Russland. Welche Fehler von Europa bereits gemacht wurden und was in Zukunft vermieden werden sollte, ist ebenso Thema dieses Buches. Dabei kritisiert er nicht nur Europas Politik sondern auch jene von Putin. Er versucht (soweit dies überhaupt möglich ist) ein objektives Bild aufzuzeigen.

Dass Hugo Portisch ein Kenner und Verfechter der historischen und politischen Gegebenheiten ist, ist bekannt. Durch seine Reisen konnte er sich auch vor Ort von diversen Konstellationen überzeugen und zeigt uns den roten Faden, den historische Entscheidungen auf heutige Situationen und Ereignisse haben.

Ein guter Überblick zur Politik Russlands mit Rückblicken in die Geschichte und Schlussfolgerungen für die heutige Lage. 5 Sterne sind hier selbstverständlich

Bewertung vom 28.12.2020
Der Preis der Rache / Lupe Svensson und Otto Hagedorn Bd.1
Berg, Mathias

Der Preis der Rache / Lupe Svensson und Otto Hagedorn Bd.1


sehr gut

Altes und Neues

Der Krimi „Der Preis der Rache“ ist ein Einstieg in eine neue Krimireihe, bei dem sich ein alter Kriminalfall mit einem aktuellen Fall vermischt. Ebenso vermischt werden die junge Lupe Svensson und der erfahrene Otto Hagedorn. Doch alles der Reihe nach.

Als die forensische Psychologin Lupe Svensson gleich am ersten Praktikumstag beim LKA Düsseldorf mit einem besonderen Fall konfrontiert wird, ahnt sie noch nicht welch komplexe und gefährliche Geschichte auf sie zukommt. Ihr zur Seite gestellt wird der erfahrene Ermittler Otto Hagedorn. Bei Abrissarbeiten einer Tankstelle wird eine Leiche entdeckt, der ein Fuß fehlt. Hagedorn fühlt sich sofort wieder an einen Fall aus den 70er Jahren erinnert, als der „Fußmörder“ nicht gefasst werden konnte. Haben Lupe und Otte nun gemeinsam mehr Erfolg bei der Jagd nach dem Täter? Und wer hätte ein Interesse daran, nach so langer Zeit noch alles zu verschleiern?

Der Krimi spielt auf zwei verschiedenen Zeitebenen. Einerseits darf man in die Vergangenheit eintauchen und den jungen Otto in den 70ern kennenlernen sowie auch die damaligen Ermittlungen begleiten. Andererseits darf man den aktuellen Ermittlungen folgen - die technischen Fortschritte sind hier allgegenwärtig und beeindruckend.

Der Autor Mathias Berg schafft es, den Spannungsbogen hoch zu halten und gegen Ende noch an Tempo zuzulegen. Wobei für meinen Geschmack am Ende zu viele Zufälle sich häufen. Der Schreibstil ist flüssig und lässt die Seiten nur so verfliegen.

Die Charaktere sind sympathisch, allen voran Lupe, an deren eigenwillige Art man sich erst gewöhnen muss. Auch ihre Kollegen am LKA werden zugänglicher und betrachten Lupe mit der Zeit nicht mehr als „Protektionskind“, sondern erkennen, dass sie durchaus was im Oberstübchen hat.

Für einen Krimiauftakt gibt es sehr viele Informationen rund um den Fall (nicht nur den Fall betreffend), um die Charaktere einzuführen und einen Überblick zu schaffen. Es gibt auf jeden Fall noch Luft nach oben und so hoffe ich auf die Fortsetzung.

Alles in allem ein gelungener Auftakt zu dieser neuen Krimireihe mit einem sympathischen Ermittlerduo. 4 Sterne

Bewertung vom 27.12.2020
Lass Gott aus dem Spiel
Lüders, Harald

Lass Gott aus dem Spiel


sehr gut

Mitch Bergers dritter Fall

Islamismus und Ausländerhass sind in Harald Lüders Krimi an der Tagesordnung. Was aber steckt wirklich dahinter? Die Luft scheint in Frankfurt zu kochen als der Journalist Mitch Berger im Bahnhofsviertel eine Story recherchieren soll – leider nicht alleine. Die Redaktion hat ihm diesmal einen Wachhund zur Seite gestellt, um seinen impulsiven Stil ein wenig unter Kontrolle zu halten. Aber ist Enis, der als sein Kompagnon abgestellt wurde, überhaupt in der Lage, ihn zu kontrollieren? Mitch, zuerst wütend über die Vorgehensweise seiner Redaktion, geht aber ganz gegen seine Gewohnheit gelassen an die Sache heran.

Die Gelassenheit die er Enis gegenüber zur Schau stellt, macht die Zusammenarbeit für beide leichter, verfliegt aber schnell als in ihrem Recherchegebiet ein Anschlag verübt wird und Mitch scheinbar mitten drin steckt.
Geld, Macht und Gier sind im Rotlichtviertel häufige Motive für Messerstechereien und so manchen Verletzten – aber jetzt geht es um mehr als nur Körperverletzung. Mehrere Tote und ein Anschlag mitten ins Herz der islamistischen Glaubensgemeinschaft in Frankfurt heizen die Atmosphäre noch weiter auf. Wird es Mitch und Enis gelingen Licht in die Sache zu bringen ehe die Polizei Mitch aus dem Verkehr ziehen kann?

Die Geschichte die der Autor hier entworfen hat, liest sich beinahe wie eine Story aus der Zeitung. Man ist sich während der Lektüre nicht ganz sicher ob es sich um einen Krimi handelt oder um die Nacherzählung einer wahren Geschichte.

Der Ausländerhass der dem Leser entgegenschlägt, gespaltene Gesellschaften in allen Schichten, sind in der Geschichte des Autors nicht erfunden worden sondern überall vorzufinden wenn man nur die Augen dafür öffnet. Aber ist es wirklich der Zwist zweier Volksgruppen die hier die Lage eskalieren lässt?

Die Recherchen der beiden Journalisten schlagen plötzlich eine andere Richtung ein. Eine Spur, die heißer zu sein scheint als alle Glaubenskonflikte zusammen. Stecken hinter dem ersten Anschlag mehr als religiöse Ansichten?

Harald Lüders fesselt seinen Leser bis zum Schluss. Wenngleich so manches an der Geschichte nicht ganz schlüssig zu sein scheint, blickt man angesichts der packenden Geschichte gerne darüber hinweg. 4 Sterne

Bewertung vom 27.12.2020
Für die Ewigkeit
Krausser, Helmut

Für die Ewigkeit


sehr gut

Spannende Geschichte

Südamerika, 1902: Der aus Deutschland stammende Jörg Jäger nennt sich nunmehr Jorge Jega und trifft in Buenos Aires als Klavierlehrer auf die gut betuchte 17-jährige Fabrikantentochter Francisca. Doch Cis (wie sie genannt wird) liegt weniger am Klavierspiel als an Jorge, den sie mit allen Raffinessen verführt. Bei der gemeinsamen Flucht quer durch Südamerika sind ihnen diverse Verfolger auf der Spur: Einerseits hat Cis Vater Detektive engagiert, die seine Tochter zurückbringen sollen. Andererseits ist ihnen Cousin Fredo Torres auf der Spur, der Cis für sich erobern will und mit unlauteren Mitteln kämpft. Doch so schnell geben Cis und Jorge nicht auf, verdienen ihren Lebensunterhalt als Barpianist und Kellnerin bevor es plötzlich einen Toten gibt und nichts mehr so scheint wie es war.

Der Autor Helmut Krausser hat hier ein kunstvolles Kleinod geschrieben. Ein historischer Roman, der mit einer skurrilen Geschichte, einer Flucht, vielen abenteuerlichen Wendungen und einem spektakulären Showdown einhergeht. Dabei vergisst er nicht die historischen und gesellschaftlichen Begebenheiten der damaligen Zeit einzufangen, untermalt das Geschehen mit Musik und Leidenschaft.

Krausser gelingt es mit einer gehörigen Portion Sprachkunst, ein reizvolles Porträt zu schreiben und zaubert bildhaft die Flucht der Beiden dem Leser in die Gedanken. Man meint, den Verliebten über die Schulter zu schauen und fiebert mit, wenn wieder einem eine ungewöhnliche Wendung die Spannung aufbrausen lässt.

Die Charaktere sind der Zeit angepasst und durchaus sympathisch. Man hofft, dass für Cis und Jorge der Traum gelingen möge, obwohl doch von Anfang an klar ist, dass dies nicht der Fall sein wird. Dass Jorge sich etwas naiv auf Cis einlässt, zeigt bereits wie Cis ihn manipuliert und seine Treue ausnützt. Für ihn zählt in erster Linie die Musik, von der Macht der Frauen hat er nicht die geringste Ahnung – was ihm bereits bei einer Politikergattin in Uruguay zum Verhängnis wurde.

Eine subtile Geschichte über Liebe und viele Komplikationen, die ich sehr gerne gelesen habe. 4 Sterne

Bewertung vom 27.12.2020
Die Djurkovic und ihr Metzger
Raab, Thomas

Die Djurkovic und ihr Metzger


ausgezeichnet

Neues von Thomas Raab und seinem Metzger

Was hat der Metzger nicht schon alles durchmachen müssen – aber immer hat ihm seine Danjela zur Seite gestanden. Immer war sie für ihn da, wenn er einen ihrer Ratschläge benötigte. Immer waren ihre Worte besonnen, nie herausfordernd oder gar hetzerisch. Sie wusste wie sie mit dem Metzger umgehen musste – sogar wie sie ihn zu seiner eigenen Hochzeit überreden konnte.

Aber jetzt, wo es so weit ist - der Metzger vor den Altar treten soll, lässt sie in plötzlich fallen.

Wie konnte es nur so weit kommen? Was hat der Metzger alles falsch gemacht und vor allem, wer sind die fremdem Männer in seiner eigenen Wohnung?

Leicht hatte es der Metzger nie, aber hier stellt der Autor seinen Protagonisten auf die Probe wie es nur selten in den vorangegangenen Geschichten der Fall war. Schon, dass der Metzger nicht der eigentliche Protagonist ist sondern Danjela, ist ungewöhnlich. Aber was der Metzger alles herausfinden muss, lässt ihn schon ein wenig an seiner Menschenkenntnis zweifeln. Kann man sich wirklich so in einem Menschen täuschen? Was hat ihm seine Muse alles verschwiegen? Was hat er nur alles übersehen?

Thomas Raab gelingt es wie immer eine Geschichte zu spinnen, die an Subtilität kaum zu überbieten ist. Man rechnet ja mit vielen verworrenen Situationen, in die sich der Metzger manövriert. Hier aber hat er mit Sicherheit eine Glanzleistung geschaffen.

Elefanten, die dem Metzger zu Hilfe kommen oder einige Vögel wie Adler, Habicht sowie eine Taube sind nur die Spitze des Eisberges. Die kriminellen Machenschaften rücken dadurch aber nicht in den Hintergrund – und auch nicht die Machenschaften seiner Braut.

Wird Thomas Raab seinen Protagonisten am Schluss auch diesmal wieder als schüchternen Helden dastehen lassen? Eines sei verraten, der Metzger kommt auch in diesem Roman nicht weniger sympathisch rüber als in den Geschichten davor…

Humorvoll und spannend liest sich der Krimi in einem Zug – es fällt wirklich schwer, das Buch aus der Hand zu legen… 5 Sterne