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anette1809 - katzemitbuch.de
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Sulzheim
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Mein Blog: https://katzemitbuch.de/

Bewertungen

Insgesamt 957 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2016
König Laurin
Thilo

König Laurin


sehr gut

Theodors Vater ist von ihm enttäuscht, weil er für seine sechzehn Jahre viel zu klein für sein Alter ist. Laut König Dietrich kann so aus ihm niemals ein richtiger Ritter werden. Schnell merkt man jedoch, dass Theodor zwar nicht viel an Körpergröße mit sich bringt, dafür aber Köpfchen hat, als er mit einer gewitzten Idee einen mageren Esel vor dem sicheren Tod rettet.
Eines Tages blamiert er sich dank seines hinterhältigen Vetters Wittich auf äußerst peinliche Art vor dem ganzen Volk. Auf der Flucht vor der Blamage stürzt er in den Bergen von einem Fels und wird dort von dem legendären Zwergenkönig Laurin gerettet. Früher hatten die Menschen und die Zwergen ein enges und freundschaftliches Bündnis geführt, zudem waren die Zwerge dafür verantwortlich, dass in König Dietrichs Reich alle Pflanzen und Blumen gut wuchsen und gediehen. Doch als Theodor acht Jahre alt war, starb seine Mutter an einem mit Tollkirschen vergifteten Kirschwein und König Dietrich gab den Zwergen die Schuld daran und verdammte sie aus seinem Reich. Seitdem starben die Pflanzen in seinem Reich und die Zwerge waren ein von den Menschen verhasstes Volk.
Zunächst lässt Zwergenkönig Laurin Theodor für die Ungerechtigkeit seines Vaters büßen, doch schon bald entwickelt sich zwischen den beiden eine Freundschaft, die Theodor jedoch durch eine dumme Tat aufs Spiel setzt...

Einige Textpassagen waren mir für den mittelalterlichen Inhalt sprachlich zu modern gehalten, allerdings spricht der Stoff in dieser Ausführung wohl eher das jugendliche Publikum an, als wenn eine veraltete Sprache Verwendung gefunden hätte. Als "Buch zum Film" hält sich die Geschichte natürlich eng an die Drehbuchvorlage, und durch die Filmfotos in der Mitte des Buches entwickelt sich keine eigene Vorstellung der Figuren und Schauplätzen der Geschichte in der Fantasie, wie man es bei anderen Büchern ausleben kann.

Bis auf die stilistischen Kritikpunkte ist "König Laurin" jedoch eine überzeugende Geschichte über den Wert von Freundschaft und darüber, dass wahre Größe nicht mit dem Maßband gemessen werden kann. Bis dies den Helden der Geschichte klar wird, ist es jedoch ein weiter Weg mit einigen spannenden Wendungen, "großen" Helden, hinterhältigen Fieslingen und witzigen Anspielungen auf Dinge aus unserer heutigen Zeit, die angeblich in der Geschichte um König Laurin und Theodor erfunden wurden.

Bewertung vom 23.08.2016
Flutlicht
Hart, Julius 't;Samson, Gideon

Flutlicht


sehr gut

An dem Abend des WM-Endspiels 2010 zwischen Spanien und den Niederlanden wird Pieter durch eine Freundschaftsanfrage auf Facebook blitzartig in seiner Erinnerung nach Sri Lanka katapultiert zur Zeit des Dezember 2004: Dort macht Pieter ein Auslandsjahr nach seinem Schulabschluss und unterrichtet an einer Schule blinde und taubstumme Kinder. An dem Wochenenden ist er häufig mit seinem Freund John in Touristengebieten unterwegs, die beiden genießen das faule Leben am Strand im Ausgleich zu ihrem Job während des Freiwilligenjahres. Im Dezember 2004 lernen sie an einem dieser Strandabende zwei schwedische Mädchen kennen, Elin und Isabelle, zwischen Pieter und Elin knistert es vom ersten Augenblick an. Doch irgendetwas muss in den nächsten Tagen vorgefallen sein, dass Pieter zwar Elin nie vergessen hat, aber über Isabelle und alles andere aus dieser Zeit am liebsten einen Mantel des Vergessens breiten würde:
Am 26. Dezember 2004 ereignete sich durch ein Erdbeben im Indischen Ozean eine der schlimmsten Tsunamikatastrophen der Geschichte. Durch einen zunächst ärgerlichen, aber letzten Endes sehr glücklichen Zwischenfall werden Pieter und Elin am nächsten Morgen des gemeinsam verbrachten Strandabends nicht direkt am Wasser vom Tsunami überrascht und in den Tod gerissen, sondern in ihren Guest Houses, die etwas weiter im Landesinneren liegen, aber nicht weit genug, um der Katastrophe entgehen zu können, aber immerhin weit genug, um mit dem Leben davon zu kommen...
Was folgt sind die Erlebnisse von Pieter und John, die den Tsunami in Sri Lanka erleben und ihm entkommen, Momentaufnahmen von glücklichen Wiedersehen und einzelnen geretteten Personen, im Gegenzug dazu jedoch die abertausenden Menschen, die auf Grund der Katastrophe ihr Leben verloren haben und die Zerstörung im ganzen Land. Der Autor benennt nicht jedes Grauen direkt, welches Pieter oder John unter die Augen kommt, aber durch die Kommunikation zwischen den beiden, die häufig ohne jedes Wort auskommt, kann man sich das Unheil trotzdem vor Augen rufen.

Die Freundschaftsanfrage auf Facebook stammt im Übrigen von Elin... Kann Pieter den Mantel von den Ereignissen des Dezember 2004 nehmen und der Freundschaft zu Elin eine zweite Chance geben?

Die Verknüpfung zwischen Gegenwart und Vergangenheit durch den stetigen Wechsel in der Erzählung und der Verknüpfung zu dem WM-Endspiel ist sehr gelungen und man kann das Buch kaum zur Seite legen, da man schnell erkunden möchte, wie sich Pieter und Elin in Sri Lanka kennengelernt haben und warum Pieter zwar immer an sie denkt, dabei aber Isabelle am liebsten vergessen möchte.
Pieter und John verarbeiten ihre Erlebnisse vor Ort und in den Folgejahren auf völlig unterschiedliche Art. Der Autor benennt dies nicht direkt, aber durch das Verhalten der beiden wird dem Leser klar, wie sie die Katastrophe verarbeiten. Ebenso haben mir die unterschiedlichen Momentaufnahmen aus den Leben verschiedener Personen gefallen, denen P. und J. nach der Katastrophe begegnen. Nur das Zusammentreffen zwischen den beiden mit Elin und Isabelle hätte ich mir ausführlicher gewünscht, für mich blieb das ganze zu blass, um die großen Gefühle zwischen Pieter und Elin zu verstehen oder um Isabelle zu vermissen.

Bis auf kleine Kritikpunkte ein sehr fühlbarer biographischer Zeitzeugenbericht und Roman, der den Leser das Grauen des Tsunami von 2004 hautnah spüren lässt. Die Geschichte in Anlehnung an ein Fußballspiel aufzubauen, lässt die Erzählung noch eindringlicher wirken, man hat das Gefühl die Zeit läuft ab... den Fußballspielern, um das entscheidende Tor zu schießen, den beiden Jungs in Sri Lanka ihr eigenes und das Leben von anderen zu retten. Zudem schafft der Bezug eine noch engere Bindung an ein jugendliches Lesepublikum, da Sri Lanka und der Tsunami zwar ferne und beinahe unbegreifliche Eindrücke bieten, das Ganze aber aus der Sicht eines normalen, fußballbegeisterten Jungen erlebt und erzählt wird, mit dem man sich leicht identifizieren kann.

Bewertung vom 23.08.2016
Mordskater. Ein Fall für Elvis
Zadow, Max

Mordskater. Ein Fall für Elvis


sehr gut

Die Abenteuer von Elvis und Max gehen weiter: Mord in der Roosevelt-Siedlung! Der Graupapagei Goethe von Max' Nachbarn Hillers ist in seinem Käfig aufs Brutalste gemeuchelt worden. Nicht zuletzt auf Grund der krallenförmigen Spuren verdächtigt Dr. Hiller Elvis des Mordes, es ist schließlich kein Geheimnis, das Max und Hillers nicht das beste Verhältnis zueinander pflegen und Dr. Hiller kein Katzenfreund ist.
Bevor Max Zadow jedoch mit Elvis' neuem Abenteuer loslegt, nimmt er sich in einer Art Vorwort "Eine Kritik von Dr. Ferdinand Hiller" selbst auf die Schippe, in dem er seinen Debütroman kritisiert und sich über die beiden Cover lustig macht, die beide Male einen Schildplattkater zeigen, wo Schildplattzeichnungen doch eigentlich dem weiblichen Katzengeschlecht vorbehalten sind, und diesen jeweils spiegelverkehrt abbilden.
In der zweiten Geschichte trifft man alte Bekannte aus "Elvis hat das Gebäude verlassen" wieder, nicht nur Max und dessen Freundin Laura sowie die Hillers, auch der Hausmeister Jupp Boor und weitere Figuren sind wieder mit von der Partie. Trotzdem lässt sich der Roman auch ohne Kenntnis des ersten lesen und verstehen.
Max ergeht sich in Ermittlungen, um sowohl Elvis, als auch den "Klingonenkater" Kevin von Hausmeister Jupp Boor vom Verdacht der Ermordung Goethes rein zu waschen. Was dabei ans Tageslicht kommt ist unglaublich!
Anspielungen auf Bücher und Filme treffen eigentlich immer meinen Humornerv, wenn auch die geistigen Selbstgespräche - in denen diese zumeist auftauchen und die Max während der Ermittlungen mit sich führt - nicht unbedingt mein Fall sind. Ein fortlaufender Lesefluss in einer Geschichte ist mir doch meist lieber.
Jupp Boors kölsches Platt sorgt für Lokalkolorit und macht den Lesern aus diesem Raum sicher jede Menge Spaß, ich für meinen Teil war doch wieder froh im Anhang die Übersetzung seiner Ergüsse lesen zu können ;)
Wer "Elvis hat das Gebäude verlassen" mochte, beziehungsweise generell gerne Katzengeschichten oder skurrile Kriminalgeschichten liest, hat mit "Mordskater" sicher seinen Spaß, auch wenn Max Zadow damit sicherlich nicht das Rad neu erfunden hat, so lebt die Geschichte von ihren schrägen Figuren und seinem besonderen Humor.

Reihen-Info:
Elvis hat das Gebäude verlassen
Mordskater: Ein Fall für Elvis

Bewertung vom 23.08.2016
Mord ist nichts für junge Damen / Ein Fall für Wells & Wong Bd.1
Stevens, Robin

Mord ist nichts für junge Damen / Ein Fall für Wells & Wong Bd.1


sehr gut

"Mord ist nichts für junge Damen" ist der Auftakt zu einer bislang fünfteiligen Krimireihe, die in einem englischen Mädcheninternat in den 1930er Jahren spielt.
Hazel Wong und Daisy Wells führen eine Detektei, die bislang jedoch keinen spektajuläreren Fall zu lösen hatten als den um die verschwundene Krawatte. Dies ändert sich jedoch schlagartig, als Hazel die Leiche ihrer Lehrerin Miss Bell entdeckt, die jedoch auf unerklärliche Weise wie vom Erdbeben verschluckt ist, als Hazel den Vorfall meldet. Für die Schulleitung steht fest, dass Miss Bell lebt und verschwunden ist, einen möglichen Mordfall tut sie als Hirngespinst der Schulmädchen ab. Hazl und Daisy lassen sich jedoch nicht verunsichern, zumal das mysteriöse abhandenkommen der Leiche den Mordverdacht noch untermauert. Wie es sich für eine professionelle Detektei gehört erstellen Hazel und Daisy eine Liste der Verdächtigen, die im Laufe der Ermittlungen zusammenschrumpft und letzten Endes offenbart sich hinter den Mauern des erfürchtigen Mädcheninternats ein Geheimnis, mit dem niemand gerechnet hätte...

Wer historisch angehauchte Kriminalfälle des beginnenden 20. Jahrhunderts mit außergewöhnlichen Ermittlern mag, sollte unbedingt die Reihe um Hazel Wong und Daisy Wells ausprobieren. Die Autorin erzählt das erste Abenteuer der beiden sehr unterschiedlichen Heldinnen sehr charmant und witzig. Neben dem typisch englischen Setting spielt auch ein Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen eine Rolle, da Hazel Chinesin ist und auf Wunsch ihres englandliebenden Vaters auf das Internat geschickt wurde. Aus ihrer Sicht lernt der Leser so typisch englische Sitten und Rituale eines Mädcheninternats der 30er Jahre kennen.

Das wunderschöne und altmodisch angehauchte Cover wurde von der Originalausgabe übernommen. Auch das Innere des Buches überzeugt mit einer liebevollen Ausstattung: bevor die eigentliche Geschichte beginnt, findet der Leser einen Grundriss des Erdgeschosses und des ersten Stocks des Inernatsgeäudes und eine Übersicht über die Protagonisten der Geschichte. Am Ende ist außerdem ein Glossar angehängt, in dem typische englische Begriffe sowie spezielle Ausdrücke der Schülerinnen des Internats erklärt werden. Die Liste der Verdächtigen ist in einer handschriftlichen Typografie ausgeführt im Design von Notizblättern.

Kleine Kritikpunkte finden sich für mich nur in der Figurenzeichnung, da ich mich mit Daisy bei weitem nicht so stark identifizieren konnte wie mit der Ich-Erzählerin Hazel, und den stellenweise zu blaß agierenden Nebenfiguren, die soweit sie auf der Liste der Verdächtigen auftauchen doch etwas stärker im Fokus hätten stehen sollen. Ansonsten ist der erste Fall der Detektei Wells & Wong jedoch ein witziges Lesevergnügen, welches durchaus für erwachsene Krimiliebhaber geeignet ist, für Englandfans und Freunde von skurril-charmanten Reihen wie beispielsweise den Geschichten um "Flavia de Luce".

Reihen-Info:
Murder most unladylike (Mord ist nichts für junge Damen)
Arsenic for tea (Teestunde mit Todesfall, Frühjahr 2017)
First class murder
Jolly foul play
Mistletoe and murder

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.08.2016
Das hier ist kein Tagebuch
Sassen, Erna

Das hier ist kein Tagebuch


sehr gut

"Das hier ist kein Tagebuch" ist von der Aufmachung aber eben wie eines aufgemacht: das Cover fühlt sich an wie ein fester Tageskalender und die ebenen Kanten des Buchblocks zum Einband vermitteln ebenfalls diesen Eindruck.

Der Inhalt besteht aus den Gedanken Boudewijns genannt Bou, der einige Zeit nach dem Freitod seiner Mutter jeglichen Lebenswillen aus den Augen verliert. Da sein Vater lange genug mit der depressiven Mutter sein Leben geteilt hat, erkennt er die Anzeichen zum Glück frühzeitig und zwingt Bou seine Zeit wenigstens stundenweise täglich mit Inhalt zu füllen: Musik hören und Tagebuch schreiben. Die Worte, die Bou auf die Vorsatzseiten seines Tagebuch schreibt, findet man auch auf den Vorsatzseiten dieses Romans: FÜR UNBEFUGTE VERBOTEN.
Bous Gedanken sind von Hass erfüllt. Für Leser, die noch nie mit Depressionen konfrontiert waren, mag dies unglaublich klingen, aber genau dies sind die bestimmenden Gedanken, die man monate- oder jahrelang mit sich herumträgt. Keine Trauer über den Verlust, sondern grenzenloser Hass auf die Person, die den vermeintlich einfacheren Weg gewählt hat. (Manche Menschen tragen diesen Hass sogar für den Rest ihres Lebens im Herzen, meine Schwester ist dafür ein Paradebeispiel, die alle Menschen mit Depressionserkrankungen als Geisteskranke abstempelt und laut eigener Aussage froh über den Selbstmord unserer Mutter ist.) Zum Glück besitzt Bou einen Vater, der nicht die Augen vor seinem Schicksal und dem seiner Kinder verschließt, so dass Bou irgendwann vielleicht wieder ein glücklicher Mensch wird. In der schweren Zeit gibt es zwei Anker, die Bou in einem einigermaßen ruhigen Gewässer halten: seine Tante, die trotz oder vielleicht auch wegen des eigenen Verlusts Verständnis für Bous Hass auf die verstorbene Mutter zeigt, und seine siebenjährige Schwester Fussel, die zu klein war, um den Verlust der Mutter wirklich zu betrauern und vor allen Dingen zu klein war, um ihre depressive Erkrankung bewusst zu erleben. Die Schwierigkeiten sich sozial zu binden für einen Menschen, der depressive Züge in sich trägt wie Bou, erkennt der Leser an der aufkeimenden Freundschaft zu seiner Schulkameradin Pauline, die beinahe schneller endet als sie beginnt.

Auf Grund des Tagebuchstils und Bous Widerwillen ist das Buch teilweise sehr sperrig zu lesen. Zudem hätte ich mir am Ende zu manchen Dingen mehr Details gewünscht beziehungsweise noch eine gewisse Weiterentwicklung der Personen, um zu ahnen, wie es mit Bou, seiner Familie und mit Pauline weitergeht, der Schluss ist doch recht offen. Gerade in die Gefühlswelt seines Vaters hätte ich sehr gerne einige Einblicke mehr gehabt. Wie hat er den Tod seiner Frau bislang verarbeitet, so dass er nun die Kraft hat seinen Sohn vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren?
Trotzdem bin ich mehr als froh, dass es Bücher wie "Dies hier ist kein Tagebuch" gibt, um unsere Gesellschaft für das Thema Depressionserkrankungen zu sensibilisieren, dass leider noch viel zu häufig - ein makaberes Wortspiel - totgeschwiegen wird.

Bewertung vom 23.08.2016
Krebsmeisterschaft für Anfänger
Looman, Roy;Vendel, Edward van de

Krebsmeisterschaft für Anfänger


ausgezeichnet

"Krebsmeisterschaft für Anfänger" ist ein ganz besonderes Buch über eine Krebserkrankung eines Jugendlichen, denn der Autor Edward van de Vendel erzählt keine fiktive Geschichte, sondern hat zusammen mit Roy Looman ein Buch über dessen tatsächliche Erkrankung im Alter von fünfzehn Jahren geschrieben.

Eines Tages stellt Max aka Roy einen Knubbel an seiner Schulter fest, der von den Ärzten zunächst als voraussichtlicherweise harmlos eingestuft wird und deshalb auch einige Tage oder Wochen ins Land ziehen, bis das Gewebe an dieser Stelle untersucht und Krebs festgestellt wird.
Max ist ein Junge, der mit beiden Beinen mitten im Leben steht. Egal ob Fußball oder sein Job als Regaleinräumer: er gibt immer mehr als 100% und auf die Frage bei der Einstellung im Supermarkt, was seine schlechteste Eigenschaft sei, antwortet er dem Geschäftsführer: "Ich bin ein schlechter Verlierer" (S.79), woraufhin dieser lachte und erwiderte: "Das könnte mitunter auch ein Vorteil sein". Und eben das ist sie bei Max' Krebserkrankung!

"Das hier wird vielleicht mein bisher kränkstes Spiel, aber ihr wisst ja, ich bin ein unglaublich schlechter Verlierer. Das heißt, ich sterbe auf gar keinen Fall." (S.29)

Max kämpft vom ersten Tag an, für sich, seine Eltern und kleinen Brüder, für seine Freunde und seine Zukunft, nicht ein einziges Mal hat man beim Lesen das Gefühl, er gibt sich auf, egal wie schlecht es ihm wegen der Chemotherapie geht. Eine große Unterstützung sind dabei seine besten Freunde, denn die behandeln ihn kein bisschen anders als vor seiner Erkrankung. Ich hatte immer den Eindruck, dass es gerade dieser normale Alltagstrott war, der Max in seinem Kampf bestärkt und unterstützt hat. Aber natürlich ist in dem Roman nicht immer alles eitel Sonnenschein. Die Kinder und Jugendlichen, die Max im Krankenhaus kennengelernt hat, überleben zwar ebenfalls ihre Krebserkrankung, aber sein Fußballteamleiter erliegt einige Jahre nach Max' Erkrankung seinem Leiden.
Wegen der Authenzität der Geschichte und der Sicht von Max als Ich-Erzähler geht die Story besonders nahe, auch wenn die lustigen Momente die traurigen überwiegen oder ihnen zumindest die Waage halten. Außerdem ist die Mischung zwischen Alltag und Krankenhaus perfekt abgestimmt, so dass man Einblick in die Therapie gegen eine Krebsbehandlung gewinnt und trotzdem so viele persönliche Geschichten zu lesen bekommt, dass der Unterhaltungswert des Romans nicht geschmälert wird.

Sein Schicksal hat Roy Leeman im Übrigen so geprägt, dass er nach der Schule den Berufswunsch verfolgt Onkologe zu werden in der Kinderabteilung eines großen Krankenhauses. Und ich bin mir sicher, er wird eines Tages einer der besten sein, denn verlieren kommt für ihn nicht in Frage.

Bewertung vom 23.08.2016
Ich, Tessa und das Erbsengeheimnis
Hach, Lena

Ich, Tessa und das Erbsengeheimnis


ausgezeichnet

"Ich", das ist Paul, Hobbydetektiv. Tessa, das ist sein neuestes Observierungsobjekt. Und das Erbsengeheimnis... darauf stößt Paul im Laufe seiner Ermittlungen.
Da in der Akazienstraße, in der Paul wohnt, nichts los ist - die Müllers sind so langweilig wie sie heißen und der uralten Frau Hasel kann man ebenfalls nichts vorwerfen - kommt ihm der Neuzugang gegenüber seinem Haus gerade recht, um sich in seinem Hobby zu üben. Glücklicherweise entpuppt sich die ZP - Zielperson - als Pauls neue Mitschülerin, so kann er sie jeden Tag beobachten, ohne dafür auf einen Baum klettern zu müssen. Schon bald observiert Paul Tessa aber nicht mehr nur für seinen Berufswunsch Detektiv zu werden, sondern weil er sich bis über beide Ohren in sie verknallt hat. In kurzer Zeit macht er die Entdeckung, dass Tessa irgendein Geheimnis haben muss. Warum steht sie sonst in aller Herrgottsfrühe auf und läuft einen Umweg zur Schule in einer komischen Abfolge von Trippel- und Hopserschritten? Doch das ist nicht die einzige seltsame Angewohnheit von Tessa.
Bis die verschlossene Tessa sich Paul gegenüber öffnet und ihm ihr Geheimnis anvertraut, vergeht eine Weile, manch ein Leser mag vielleicht schneller hinter Tessas Fassade blicken können und enträtseln, für was das Erbsengeheimnis im Titel steht, ich kam tatsächlich erst im vollen Rahmen dahinter als Paul das erste Mal bei Tessa zuhause zu Gast ist und die Erbsen aus dem Titel ihren Auftritt haben.

"Ich, Tessa und das Erbsengeheimnis" ist Pauls Observierungstagebuch und komplett aus seiner Sicht geschrieben, trotzdem kann man sich gut in Tessas verquere Gefühlswelt eindenken. Lena Hach behandelt mit einer psychischen Erkrankung ein schweres und ernstes Thema für ein Kinderbuch, sie schafft es jedoch dies leicht und oftmals sogar humorvoll dem Leser zu vermitteln, nicht zuletzt dank dem jugendlichen Schreibstil aus Pauls Perspektive und seinem Freund Sefa, der ihm immer mit Rat und Tat in Sachen Frauen zur Seite steht und für manch einen Lacher sorgt.
In der Geschichte wird durchaus thematisiert wie eine betroffene Person mit ihrer psychischen Erkrankung lebt, im Vordergrund stehen aber die Angehörigen und Freunde, wie diese das Zusammensein mit einer psychisch erkrankten Person erleben und wie sie ihr helfen können.
Ich finde es sehr wichtig, das ein solches Thema in einem Kinderbuch behandelt wird, da psychische Erkrankungen immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft sind, obwohl so viele Menschen darunter leiden. Lena Hach hat das schwierige Topic hervorragend kindgerecht aufgearbeitet und neben ihrem lockeren Schreibstil sorgen nicht zuletzt Kerstin Meyers Illustrationen für eine humorvolle Note in dieser ganz besonderen Freundschafts-Liebes-Detektiv-Geschichte, die nicht nur für die Leserschaft im Alter der Hauptprotagonisten absolut empfehlenswert ist!

Bewertung vom 23.08.2016
Im Labyrinth des Rupert von Raffzahn / Die drei Superbrillen Bd.2
Krüger, Thomas

Im Labyrinth des Rupert von Raffzahn / Die drei Superbrillen Bd.2


ausgezeichnet

Im ihrem ersten Abenteuer mussten die drei Superbrillen Chip, Kiste und Nudel Professor Nitroglitz, den Erfinder des Supersprengstoffs, aus den Händen skrupelloser Entführer retten. Ihr zweites Abenteuer führt sie in das Labyrinth des Rupert von Raffzahn, denn dieser hat Chips Erfinder-Vater entführt. Schnell machen sich die drei im U-Boot Torpohin auf den Weg Raffzahns Festung zu kapern und Chips Vater zu befreien. Dort wird ihnen klar, dass sie dessen uneinnehmbare Festung nur bezwingen können, wenn sie sich unentdeckt dort einschleichen und ihn im allerletzten Moment überrumpeln können. Dies kann nur gelingen, in dem sie sich kleinschrumpfen wie ein Bakterium und in Raffzahns Körper eindringen...

Mit "Im Labyrinth des Rupert Raffzahn" ist Thomas Krüger und dem Anton eine wunderbare Hommage in Text und Bild an die Kinderserie "Es war einmal der Mensch" und den Film "Die phantastische Reise" aus den 60ern gelungen. Ich liebe ja Anspielungen auf alte Serien und Filme und amüsiere mich dann bei Kinderbüchern ganz besonders, wenn ich Klassiker entdecke, mit denen ich selbst groß geworden bin. Natürlich ist das Abenteuer aber auch für die heutigen Kindern ein ganz besonders großer Lesespaß und dazu noch lehrreich, denn wie im ersten Band "Wo ist Professor Nitroglitz?" hat Thomas Krüger wieder kurze Sachbuchpassagen eingestreut, in denen wissenschaftliche, hier besonders biologische, Begriffe lustig und kindgerecht erklärt werden, z.B. das Blut, das Herz und Venen und Arterien. Wenn der Biologieunterricht in der Schule nur halb so lustig gewesen wäre, hätte Biologie Potential zum Lieblingsfach gehabt. Ansonsten bieten Thomas Krüger und der Anton ein kunterbuntes Sammelsurium an Nonsensideen, die Geschichte soll ja nicht in erster Linie etwas beibringen, sondern vor allen Dingen Spaß machen, oder ;)

Wer gerne Kinderabenteuer schmökert, in denen nicht immer alles erziehungstechnisch korrekt zugeht und mal wieder herzhaft lachen möchte, ist mit den gemeinsamen Werken von Thomas Krüger und dem Anton auf jeden Fall an der richtigen Adresse! Ich für meinen Teil freue mich sehr auf eine Fortsetzung und bin gespannt, auf welche Mission die drei Superbrillen von dem Autorenduo dann geschickt werden.

Reihen-Info:
Wo ist Professor Nitroglitz?
Im Labyrinth des Rupert von Raffzahn
Teil 3 noch ohne Titel und Erscheinungstermin

Bewertung vom 23.08.2016
Die Stadt der Überlebenden / Evolution Bd.1 (MP3-CD)
Thiemeyer, Thomas

Die Stadt der Überlebenden / Evolution Bd.1 (MP3-CD)


ausgezeichnet

Jem und Lucie sind Teil einer Austauschgruppe auf dem Weg in die USA, fast hätten sie ihren Flug verpasst, was sich im Nachhinein als Glücksfall herausgestellt hätte. So kommen sie jedoch noch rechtzeitig an Board des Fliegers, der zu einem späteren Zeitpunkt auf Grund von Turbulenzen in Denver notlanden muss. Doch irgendwas stimmt mit der Welt nicht... An Board befinden sich Personen, die bereits in Denver waren, aber der Flughafen wird im Gegensatz zu dem ihnen bekannten Denver einerseits futuristisch, andererseits so, als wäre er bereits seit Jahrzehnten, wenn nicht gar Jahrhunderten verlassen. Wo, oder besser: wann zum Teufel ist das Flugzeug gelandet?

Am Anfang fühlte ich mich etwas von der Vielzahl an Personen überfordert, in der für alle gänzlich neuen Situation kommen jedoch schnell die Stärken jedes einzelnen zum Vorschein, so dass man die Jugendlichen, und die wenigen hauptagierenden Erwachsenen bald auseinanderhalten kann. Was folgt ist ein Zurechtkommen in einer völlig fremden Umgebung, Suche nach Hilfe in einer scheinbar menschenlosen Welt und für einige sogar ein Kampf ums Überleben.

Mark Bremer hat die Charaktere sehr abwechslungsreich und einnehmend eingelesen, so dass man zu jedem Zeitpunkt weiß, wer mit wem agiert, auch wenn der Geprächspartner in einer Situation wechselt. Dabei wird er stimmlich stark gefordert, nicht nur durch die gänzlich verschiedenen menschlichen Charaktere.

Zuviel darf man vom ersten Teil der Evolution-Trilogie von Thomas Thiemeyer nicht verraten, sonst lassen sich Spoiler nicht vermeiden. Sehr gut haben mir wiederum die vielen Zitate auf klassische Filme aus den Genres Science Fiction und Abenteuer gefallen, mit denen Thiemeyer bereits gerne in seiner Weltensucher-Reihe gespielt hat, wobei ich diese Verweise mehr für Easter Eggs für erwachsene Leser halte, ich bezweifle, dass viele Leser der angesprochenen Zielgruppe noch die alte Verfilmung der Zeitmaschine kennen oder den 80er Jahre Film "Wargames". Sehr aktuell zu Beginn dahingegen der Bezug auf das neue Game "Pokemon Go". Da kommt der technischversierte Autor durch, der mit "Evolution" genau sein Thema entdeckt hat, dass er nach allen Künsten bedient und zu einem interessanten und fesselnden Lesestoff (beziehungsweise Hörstoff) macht, der nach den immer mehr werdenden Fragen gegen Ende und dem recht abrupten Schluss den Leser nach einer baldigen Fortsetzung gieren lässt.

Bewertung vom 28.07.2016
Bissig! / Bitte nicht öffnen Bd.1
Habersack, Charlotte

Bissig! / Bitte nicht öffnen Bd.1


ausgezeichnet

Nemo wohnt mehr oder weniger am Arsch der Welt - in dem Städtchen Boring, in dem nie etwas passiert. Das ändert sich jedoch mit dem Erhalt eines sehr seltsamen Paketes, das an "niemand" (Nemo bedeutet Niemand), wo der Pfeffer wächst (Nemo wohnt in der Pfeffergasse) am Arsch der Welt (Boring könnte man kaum besser umschreiben) adressiert ist. Leider steht eine Warnung darauf, dass man es nicht öffnen soll. Doch sobald Nemos Eltern weg sind und sein Freund ihm zuredet UND sich das Paket bewegt, als ob der Inhalt lebendig ist, öffnet er es dennoch und danach passieren seltsame Dinge...
Ein Plüschyeti befindet sich im Paket, der jedoch urplötzlich zum Leben erwacht, ständig an Größe zunimmt und ein Wetterchaos in Boring hervorruft, mitten im Sommer fängt es an zu schneien! Das ganze Leben in Boring ist lahmgelegt. Da Nemo und sein Freund Frederik den Yeti nicht zuhause lassen können, nehmen sie ihn notgedrungen in einer Kühlbox mit zur Schule, dort können sie ihn vor fast allen verbergen, nur Nemos heimliche Liebe Oda bekommt ihn zu sehen, und so ist es nun ein Dreierbund aus Kindern, der versucht das Geheimnis um das lebendig gewordene Plüschtier zu lüften, Boring aus dem Chaos zu retten und den Yeti zurück zu seinem rechtmäßigen Besitzer zu bringen.

Die Geschichte beginnt bereits sehr spannend, als ein Unbekannter im Prolog den Plüschyeti einem kleinen Jungen klaut und ihn anschließend an die ominöse Adresse versendet. Dieser Kreis schließt sich, da man am Ende von Band 1 "Bissig!" erfährt, dass in der Fortsetzung "Schleimig!" einem Jungen ein Schleimi gestohlen wird, der wiederum an die bekannte Adresse versendet wird und wie der Plüschyeti bei Nemo landet. Außer dem immer noch unbekannten Dieb, spielt auch wieder der gleiche Spielzeugladen eine Rolle, in dem bereits der Plüschyeti gekauft wurde. Der Auftakt der "Bitte nicht öffnen"-Reihe bietet neben Spannung und rätselhaften Entwicklungen vor allen Dingen einen großen Lesespaß! Die Wortspielereien wie "Nemo = Niemand" und dem Rest der Adresse setzt sich in vielen Namen von Personen und Orten in der Geschichte weiter fort. Icy-Ice Monsta ist einfach liebenswert und der Rest der Protagonisten eine kunterbunte Sammlung aus netten, verrückten und auch mysteriösen Charakteren. Außer, dass der Plüschyeti wieder an seinen Besitzer zurückvermittelt werden kann und die Ausnahmesituation zumindest vorerst ihr Ende findet, bleiben die weiteren Rätsel der Reihe offen und versprochen auch im zweiten Band einen großen Rätselspaß und jede Menge Spannung!

Cover und Illustrationen sind sehr ansprechend gestaltet für die angesprochene Zielgruppe, aber auch als Erwachsener hat mich die Gestaltung angesprochen. Das Hardcover ist ein besonders fester Einband, es ist von allen Seiten perfekt einem Paket nachempfunden, das Klebeband wird dank Spottlacktechnik sehr real. Durch ein Loch im Paketdeckel kann man den Inhalt bereits erahnen, den man auf der Vorsatzseite dann komplett zu Gesicht bekommt: den Plüschyeti Icy-Ice Monsta. Der Text lässt sich leicht und schnell lesen und ist so spannend und skurril, dass sicher auch Lesemuffel davon gefesselt sein werden. Der Ausblick auf den zweiten Band weckt definitiv die Lust darauf, diese Reihe weiter zu verfolgen.