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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1899 Bewertungen
Bewertung vom 19.02.2023
Saubere Zeiten
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten


ausgezeichnet

Familiengeschichte über 3 Generationen

Der Protagonist und Erzähler Jakob Auber hat seine Mutter schon früh verloren. Die Erinnerungen an sie und ihrem Tod in seiner Kindheit prägen die ersten Passagen des Buches, das ich als Hörbuch (erschienen bei Aufbau audio) gehört habe.
Dann in der Gegenwart liegt auch sein Vater im sterben.
Zurück im Elternhaus wird er wieder von Erinnerungen geflutet, auch an die seines Großvaters, der im Nachkriegsdeutschland mit einer Drogerie erfolgreich war, ein Waschmittel zu entwickeln. Auber mach Sauber wird zum geflügelten Wort, vergleichbar mit Rei in der Tube.

Die Geschichte seiner Familie lässt Jakob nicht los. Er beginnt weiter nachzuforschen, zum Beispiel anhand der Tagebücher und Tonbänder.
Einige Passagen stellen dadurch auch Jakobs Vater Hans in den Vordergrund, später auch den Großvater und zeigt den Werdegang.
Diese Erzählform hat auch seine Fallstricke, funktioniert aber.

Andreas Wunn hat mit Saubere Zeiten ein mehr als ordentliches, weitgehend undramatisches Romandebüt vorgelegt.

Bewertung vom 18.02.2023
Zeiten der Auflehnung
Mattioli, Aram

Zeiten der Auflehnung


gut

Zeiten der Auflehnung ist ein interessantes und umfangreiches Sachbuch mit gesellschaftlichen wie politischen Aspekten. Es will eine Geschichte des indigenen Widerstandes in den USA über eine Zeitraum 1911 bis 1992 zeigen.
Darin wird auch auf den Roman Der Nachtwächter von Louise Erdrich über ihren Großvater angespielt. Da ging es um den Protest gegen das Terminationsgesetz in den fünfziger Jahren. Dieser Roman hatte mich auch zu diesem Buch gelockt.
Es bietet viel, aber leider ist es kein erzählendes Sachbuch. Zwar werden viele Persönlichkeiten der Zeit erwähnt, aber nie so richtig vorgestellt. Streckenweise liest es sich wie ein Lehrbuch, also nicht unbedingt ein Lesevergnügen.
Aber vielleicht darf man da auch nicht zu viel erwarten. Der Autor Aram Mattioli ist in erster Linie Historiker. In seinem Vorwort erläutert e, was ihn zu dem Buch angestoßen hat. Ich halte ihn für einen motivierten Autor.
Schade, dass das Buch 1992 abbricht. Mich hätte die heutige Situation auch noch interessiert.

Bewertung vom 16.02.2023
Dschomba
Peschka, Karin

Dschomba


sehr gut

Leben in Eferding

Die Autorin Karin Peschka ist Tochter von Wirtsleuten und stammt aus Eferding, wo auch ide Handlung dieses Romans spielt.
Eine kleine Stadt in Oberösterreich. Wer hier lebt, wird davon geprägt.
Einer, der doch irgendwie immer fremd blieb, ist der Serbe Drankar Dzomba, phonetisch Dschomba genannt.

Karin Peschka erzählt in verknappter Sprache, die überflüssiges vermeidet. Das wird aber nicht so weit getrieben, dass die Lesbarkeit darunter leidet.
Im Gegenteil profitiert der Text davon, dass Karin Peschka einen ganz eigene Ton hat. Ein Ton, der mich anspricht und so folge ich der Handlung gerne.
Diese ist ganz offensichtlich autobiografisch beeinflusst, aber nicht in dem Sinne, dass ihr Leben erzählt wird. Doch sie kennt das Leben im Dorf und kann es adäquat wiedergeben.
Dabei bleibt die Handlung verhalten. Doch es gibt immer wieder Passagen, die zu berühren vermögen.

Bewertung vom 15.02.2023
Sunset City (eBook, ePUB)
Ginsburg, Melissa

Sunset City (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Im Taumel durch die Stadt

Sunset City ist ein atmosphärisch dichter Kriminalroman und ein Gesellschaftsporträt vom Leben in der Großstadt Houston.

Charlotte erfährt vom Tod ihrer unsteten Freundin Danielle. Danielle wurde ermordet. Das wirft Charlotte aus der Bahn. Hinzu kommt, dass sie gerade von ihrem Freund verlassen wurde.
Orientierungslos geht Charlotte der Spur ihrer Freundin nach, sucht deren Freunde auf und taucht wie diese ab in einen Taumel von Alkohol, Drogen und Sex.
Es wird in erster Person aus Sicht von Charlotte erzählt, dadurch ist man dicht bei der Figur.

Es handelt sich nicht um einen stringenten Krimi mit Ermittlungen, obwohl es auch einen Detective gibt, der ermittelt. Doch man ist immer bei Charlotte und ihr Weg ist vom Zufall geprägt.Es ist nicht der raffinierteste Kriminalroman, aber die Noir-Motive funktionieren. Melissa Ginsburg Stil sagt mir sehr zu.

Der Roman schafft es, mich als Leser zu packen und ich habe ihn nahezu am Stück durchgelesen.

Bewertung vom 09.02.2023
Malvenflug
Wiegele, Ursula

Malvenflug


gut

Brünn, Graz und Davos

De Roman ist genau geschrieben, wirkt etwas statisch.
Es ist eine Familiengeschichte in zwei Teilen. Zunächst in Zeiten des Krieges, verteilt auf Brünn, Graz und Davos. Im zweiten Teil wird die Nachkriegszeit betrachtet.
Im Mittelpunkt stehen Emma, ihr geschiedener Mann Pavel, die Kinder, die jüngsten unter ihnen sind die Zwillinge Lotte und Fritz. Dann noch Helga, die älteste Tochter.
Die Kapitel sind kurz, manchmal zu kurz. Dann wird man schon wieder an den nächsten Schauplatz gespült. Mit ein Grund, warum man den Figuren nicht zu nahe kommt. Manche hätten auch einfach noch weiterentwickelt werden, bleiben aber leider zu schematisch.
Hilfreich ist das Personenverzeichnis am Anfang des Buches. Jedoch ist es auch kein gutes Zeichen, wenn ein Roman ein solches überhaupt benötigt.
Ursula Wiegele hat durchaus einen ordentlichen Roman geschrieben, der aber passagenweise zu trocken geraten ist. Das gilt aber nicht für das gesamte Buch. Immer wieder gibt es durchaus emotionale Szenen.
Vielleicht bietet sich Malvenflug für einen zweiten Lesegang an.

Bewertung vom 04.02.2023
Mein Leben in deinem (MP3-Download)
Moyes, Jojo

Mein Leben in deinem (MP3-Download)


gut

Sam und Nisha

Ein ganzes halbes Jahr war ein wirklich packendes Buch. Das Niveau wieder zu erreichen ist schwierig.
Das neue Buch handelt von zwei unterschiedlichen Frauen, deren Leben sich durch einen Vertausch ihrer Taschen verändert.
Den Handlungsstrang um Sam bin ich ganz gerne gefolgt, die Geschichte um Nisha wirkte zu konstruiert, Das liegt auch an dem merkwürdigen Weltbild, das Jojo Moyes hat.
Luise Helm spricht das Hörbuch routiniert, wie immer. Aber sie hat durch den leicht rudimentären Stil der Autorin zu kämpfen.
Stärken entwickelt die Handlung, wenn es dramatische, spannende Passagen gibt und als Unterhaltungsroman funktioniert das Buch schließlich doch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.02.2023
Benedikts Vermächtnis
Seewald, Peter

Benedikts Vermächtnis


sehr gut

Das Erbe des deutschen Papstes für die Kirche und die Welt

Benedikts Vermächtnis ist das erste Buch über Papst Benedikt nach seinem Tod und es ist von seinem langjährigen Biografen Peter Seewald verfasst, der weiß wie man schreibt.
Es ist in keinster Weise kritisch, nicht die Spur einer Abrechnung mit Ratzingers katastrophalen Fehlern. Das sollte man zum jetzigen Zeitpunkt nicht erwarten. Das Buch zeigt Joseph Ratzingers Leben. Sein Aufwachsen in Bayern, der Kriegsbeginn. Sein Vater ein Nazigegner. Ratzinger wurde im Krieg Luftwaffenhelfer, kommt schließlich ins Kriegsgefangenschaft.
1951 wird er Priester.
Diese frühen Passagen über das Leben des deutschen Papstes haben mich sehr interessiert.

Zu dem Autor Peter Seewald fasst man schnell Vertrauen, da er ein so langer Kenner Benedikts war und er schreibt souverän.
In der Mitte des Buches verzettelt er sich einseitig in die Auseinandersetzungen Hans Küngs mit Ratzinger, doch die Beschreibungen der Verbindung Ratzingers mit Karol Wojtyła überzeugen. Später wird etwas sehr versucht, Benedikts angekratzten Ruf rein zu waschen.

Eigentlich gibt es, denke ich, einen Konsens darüber, dass Ratzinger ein Hardlliner und als Benedikt IVI der schwächste Papst seit Jahrzehnten war.
Aber unsympathisch war er nicht.
Und dieses Buch war alles andere als langweilig!

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.01.2023
Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen
Blum, Isaac

Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen


sehr gut

Intelligente Jugendliteratur

Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen ist ein intelligentes Jugendbuch mit einem Jungen im Mittelpunkt, der orthodoxer Jude ist.
Er trifft das Mädchen Anna-Marie. Das sich ein orthodoxer Junge mit einer Schickse abgibt, ist für die jüdische Gemeinschaft ein Problem. Erst Recht für seine Eltern.

Isaac Blum hat mit dem 16jährigen Hoodie eine originelle Figur geschaffen, der mit den zwängen und Sitten seiner Herkunft auf gewitzte Art umgeht. Dabei mangelt es nicht an Ironie und Selbstironie. Er ist nicht an sarkastischen Bemerkungen verlegen.
Das macht den Witz des Buches aus.
Nebenbei erfährt man einiges über das orthodox-jüdische Leben. Aber auch von Spannungen in der amerikanischen Gesellschaft, die bis zum Extremismus reicht.

Unbedingt erwähnenswert ist das Cover, das gut gezeichnet in relativ dunklen Farben das Paar des Buches samt kleinen Hund zeigt. Das ist sehr atmosphärisch.

Fazit: Ein Buch, das wirklich Spaß macht, aber auch einige wichtige Themen auf unverkrampfte Art anpackt.

Bewertung vom 26.01.2023
Falls ich dich überlebe
Escoffery, Jonathan

Falls ich dich überlebe


gut

Jamaikanische Wurzeln

Jonathan Escoffery wählt für seinen Roman anfangs die Erzählform der zweiten Person. Das ist nicht unbedingt von mir bevorzugt und erschwert das Lesen, aber ich verstehe, dass dieses Du auch eine Einladung ist, nahe an die Figuren zukommen.

Thematisch vermag das Buch mich sofort sehr zu interessieren.
Nachvollziehbar werden von den Erfahrungen erzählt, in den USA als Kind jamaikanischer Einwanderer aufzuwachsen.
Hauptfigur ist der in den USA geborene Sohn Trelawny
Herkunft und Hautfarbe und Lebensbedingungen bestimmen seine Identität mit.
Schließlich tritt ein zweites Du auf. Der Vater von Trelawny wird Erzähler. Er reflektiert Trelawnys Aufwachsen in Miami.

Schließlich wechselt die Form zwischenzeitlich in die Ich-Perspektive, auch andere Figuren rücken in den Mittelpunkt und die Handlung wird immer komplexer.

Es ist ein Buch, das mich beim Lesen nicht kalt lässt.

Bewertung vom 26.01.2023
Die Frau in den Bäumen (eBook, ePUB)
Plessen, Elisabeth

Die Frau in den Bäumen (eBook, ePUB)


sehr gut

Das Flair Italiens der siebziger Jahre

Am Anfang kann die Figurenkonstellation irritieren. Die Protagonistin Anna fährt mit ihrem Freund Leo in die Ferien nach Italien. Da gibt es dann den guten Freund Robert und den jungen Geliebten Matteo. Mit der Zeit liest man sich ein.

Was mich überzeugt ist weniger der Plot an sich als die Gedanken der Protagonistin, die ein Faible für alte Filme, Thomas Mann, Beethoven hat. Sie ist eine interessante Persönlichkeit, steht aber in einer Situation zwischen mehreren Männern und scheint sich nicht entscheiden zu können.

Der Roman schöpft seine Atmosphäre aus dem Italienflair der siebziger Jahre und ist unbedingt lesenswert.