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Benutzername: 
TheSilencer
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 355 Bewertungen
Bewertung vom 22.04.2009
Der Baader-Meinhof-Komplex
Aust, Stefan

Der Baader-Meinhof-Komplex


ausgezeichnet

Tja. Viel wurde geredet und geschrieben, seit der Film in den Kinos startete. Bis zu diesem Zeitpunkt ging ich davon aus, daß Aust lediglich das Drehbuch geschrieben hatte; daß es einen 660 Seiten starken Wälzer schon viel eher gab, war mir neu.

Aust trägt Mosaik-Steinchen jener Zeit zusammen und zeichnet ein Bild in knackig-kurzen Abschnitten, die ein wenig ans MTV-Zeitalter erinnern. Das tut dem ganzen aber kein Abbruch, im Gegenteil.

Teilweise trockene Politik-Tristesse wird damit interessant. Für mich geradezu spannend.

Auch wenn Aust einige Mal ins Romanlastige abdriftet (nicht mal Zeitzeugen werden wissen, wer wann grinste, etc.).

Ich selbst bin an diesem Thema bisher recht desinteressiert vorbei gekommen. Irgendwo in meinem Hinterkopf trug ich sogar einen Promille-Satz an Sympathie für diese Menschen, die seinerzeit immerhin aus der Hüfte kamen und etwas taten, nicht nur seierten. Daß es die falschen Mittel waren, muß hier nicht erwähnt werden.

Aust bringt mir diese Gruppe um Baader, Meinhof und Ensslin verdammt näher: eine Trümmertruppe, die den Anspruch politischer Revolution vor sich hertrieb, die viel Schwachsinn von sich gab und letztendlich zu Mitteln griff, die ihre wahren Ziele offenbarten: Zerstören, was geht. Immer nach dem Motto: Wir sind dafür, daß wir dagegen sind.

Und das hielt nicht mal lange an. Die politische Motivation - wenn man sie denn als solche bezeichnen will - wich alsbald dem selbstverliebten Feiern der eigenen Größen und dem Ziel, die Mörder aus den eigenen Reihen freizupressen.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.04.2009
Tannöd
Schenkel, Andrea Maria

Tannöd


schlecht

So schwer kann es nicht sein, ein Buch verlegt zu bekommen. Wie man dann allerdings auch noch mit Preisen überhäuft werden kann, gelingt wahrscheinlich nur mit Vitamin B. Oder die anderen Bücher im Rennen waren noch schlechter.

120 Seiten netto. Der Text schön mit Absätzen und Zeilenabständen aufgeblasen.
Die ganze Geschichte wird für die ganz blöden Leser schon mal auf Seite 1 zusammengefaßt.

Um 1950. Einsamer bayerischer Bauernhof. Kalte, stürmische Nacht. Alle tot.

Das muß ja ein Hammer-Buch sein, wenn man sich so viel traut vorweg zu nehmen, denkt man.
Warum tut man es sich also an, den Zeitzeugen zuzuhören, wenn jeder mal so seine Version vom Nachruf der Toten zum besten gibt?
Richtig! Weil man noch die Mega-Wendungs-Überraschung erwartet.

Die Jungs und Mädels aus'm Dorf erzählen und die Autorin scheint darin eine Spannungskurve zu erkennen, wenn sie alle nur vom eigentlichen Massaker wispern. Hä? Steht doch auf Seite 1.

Die ganze Dorfliga kommt zu Worte und die Autorin kann sich nicht entscheiden, die Bayern bayerisch oder hochdeutsch sprechen zu lassen. So spricht jede Figur locker einen Mix.

Und dann - zack - auf Seite 116 kommt es dann endlich zur Bluttat von Seite 1. Und einen zweiten Zack später - man kann es erahnen - ist der Täter ermittelt.

Zumindest in dieser Taschenbuchausgabe folgt dann noch die Selbstbeweihräucherung der Autorin. Der Verlag hat einfach mal eine Reportage und ein Interview 'drangehängt. Natürlich mit Foto. Macht'n Buch ja auch gleich wieder ein bißchen dicker.

Völlig angeödet (ist "Öde" die Chiffre des Buchtitels und alles nur eine Verschwörung? ) legt man das Buch weg.

Einziger Trost: es war eben nur eine aufgeplusterte Kurzgeschichte.

8 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.04.2009
Angstspiel
Nasaw, Jonathan

Angstspiel


ausgezeichnet

FBI-Special-Agent Ed Pender hat noch drei Wochen vor sich. Dann erreicht er endlich seinen Ruhestand.

So wie ihm soll es auch seiner Abteilung ergehen. Die in den 70igern hochgejubelte Spezialeinheit zur Verfolgung von Serienkillern hat sich selbst überlebt und ist längst von einer Heerschar von Profilern ersetzt worden.

Keinen der Beteiligten wundert es, daß ausgerechnet eine durch Multiple Sklerose eingeschränkte Agentin zu seiner Nachfolgerin ernannt wird. Das Endstadium der Krankheit und das Ende der Abteilung dürften zeitgleich eintreten.

Als ein Brief eintrifft, in der die Schreiberin vermutet, ein Serienmörder suche sich seine Opfer unter Phobie-Kranken, lassen sich weder Pender noch die lieblos abgeschobene Agentin davon abhalten, der Frau Glauben zu schenken.

Der zweite Pender lebt von der Entwicklung seiner Figuren. Keine hippen Jungstars, sondern gebrechliche Charaktere jenseits der Fünfzig.

So wie Pender bereits im ersten Roman ("Die Geduld der Spinne") eingeführt wurde und jenseits allen Krimi-Helden-Klischees alt, groß, klobig und glatzköpfig beschrieben wurde, so werden ihm Mitspieler auf Augenhöhe zur Seite gestellt.
Durchsetzt mit mehr oder weniger schwarzem Humor läßt sich der Krimi um einen Mörder, der seinen Opfern teuflische Angst einflößt, genießen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.04.2009
Die Kinderdiebin
Lippke, Mila

Die Kinderdiebin


gut

1879. Als das ehemalige Dienstmädchen einen Sohn in der Charité entbindet, ist Cecilie Blum zur Stelle, ist das Kind doch von ihrem Vater, der davon jedoch nichts wissen will. Ehe sich die Mutter richtig freuen kann, wird der Sprößling entführt.

Cecilies Arbeitgeber, der Gerichtsmediziner Hektor von Thorwald, unterstützt sie bei der Suche nach dem Kind, die sich recht kompliziert gestaltet, tauchen doch plötzlich Frauenleichen und andere, nicht zuzuordnende Säuglinge auf.

Die Fortsetzung von "Der Puppensammler" ist solide gelungen. Mehr aber auch leider nicht.

Bis auf die Figur des Doktor von Thorwald bleiben die anderen Charaktere im Ansatz des ersten Teiles stecken. Die unklare Beziehung zwischen Blum und von Thorwald war im ersten Teil noch charmant; im zweiten Teil strengt sie etwas an.

Wie immer, wenn der zweite Teil nicht zünden will, hoffe ich auf den typischen Zweiten-Teil-Hänger und eine Besserung in Folge drei.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.04.2009
Hartmut und ich Bd.1
Uschmann, Oliver

Hartmut und ich Bd.1


schlecht

Ich bin ein Opfer. Ein Opfer ausgeklügelter Werbung gegen Abhängigkeitsleser.

Was tut man, wenn man endlich wieder einen Tommy Jaud lesen will, alle gelesen hat und die nächste Neuerscheinung noch auf sich warten läßt? Richtig. Man sucht eine Ersatzdroge.
Und schon tappt man in die Falle einfachster Werbepsychologie.

Da gibt es seit geraumer diese Hartmut-Romane, die in jedem Buchladen ausliegen und geradezu herausbrüllen: "Hier gibt es 'was zu lachen!" Wenn dann aber auch noch auf dem Buchrücken eben jener vermißter Tommy Jaud sein Urteil abgibt ("saugut", "sehr witzig", "neuer Lieblingsautor") ... ja, Herrgott, wie kann dann ein einfaches Licht wie ich dem widerstehen?

Ich habe mich durch alle Kapitel gequält. Ich habe konzentriert gelesen, denn irgendwas mußte ich ja nicht kapieren.

Da ziehen zwei Kerle in eine Bruchbude von Wohnung und in Ich-Form wird das Zusammenleben mit Harmut beschrieben. In Kurzgeschichten.

Mein einziges Fazit ist, daß Hartmut ein nervtötender Zeitgenosse mit hohem Frauenverschleiß ist, der abgefahrene Blöd-Ideen sofort umsetzt und seine Umwelt tyrannisiert - vermutlich als Produkt antiautoritärer Erziehung, dem man mal anständig eine auf's Maul hauen müßte. Das alles in einem öden Geschwafel niedergeschrieben und vermutlich nur für jene komisch, die zum Lachen in den Keller müssen.

Jedesmal, wenn man denkt, jetzt endlich kommt Schwung in die Sache, wird die jeweilige Kurzgeschichte abgewirkt. Um dem allem noch die Krone aufzusetzen, wird auch der Kardinalsfehler nicht unterlassen: man bleibt immer chic politisch korrekt.

Drei Fortsetzungen gibt es zu diesen Gähn-Abenteuern von "Hartmut und ihm". Möge man mich verschonen.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.